Epilog
Juni stand vor dem mächtigen Tor. Er setzte alles auf diese eine Karte. Seine Finger vergruben sich in den Leinensack, den er an seiner Seite trug. Der Inhalt stank bestialisch. So war die dünne Schicht des Beutels nicht dicht genug, den Duft im Inneren zu halten. Ein widerwärtiger riechender Tropfen bahnte sich soeben den Weg durch die Leinen und landete auf dem weißen Marmor am Boden. Alles lief geschmiert, wie geplant. Lex war in seine Falle gelaufen. Nun war es einfach ihn anzuklagen, dass er einen Gläubigen verletzt und einen getötet hatte. Er würde sich das Vertrauen von Orobous erschleichen in seine Dienste eintreten und endlich nach so langer Zeit nach dem Strohhalm greifen - eine Möglichkeit selbst einer der Gläubigen zu werden nehmen. Sein Lächeln kehrte zurück. Er atmete tief ein, dann öffnete er die wundersam verzierte goldene Pforte.
Der Raum vor ihm war wie erwartete riesig. Ein monströses Bett mit rot-goldenen Seidenvorhängen, Tische auf denen halb aufgegessene Kuchenstücke lagen und gar einen Kamin in dem knisterndes Feuer wohlige Wärme spendete.
Und obwohl die dicken gewellten Vorhänge den atemberaubenden Blick über die Häuser der Stadt versperrten. Saß Orobous aufrecht in dem viel zu großen Bett und beobachtete den Gast.
Ein Verband war sauber und professionell um seine Hüfte gebunden. Das Blut schwappte dennoch durch ihn hindurch. Zumindest verschmutzte es die weißen Lacken.
„Wer bist du?", fragte er.
Doch Juni stand nur vor ihm und lächelte.
„Wie kannst du einfach hier herein spazieren? Es sollten überall Wachen stehen!"
„Es kam mir keine entgegen", sprach Juni nur und betrat den Raum vollständig. Dann ließ er sich auf eine der Sitzgelegenheiten nieder, nachdem er die aufwendig mit Stickmuster verzierten Kissen beiseite geräumt hatte. „Es ist keiner eingeteilt für Euch im Moment. Offenbar schien die Liste kurzzeitig in meine Hände gefallen zu sein."
Orobous verstand die Situation schneller als Juni erwartet hatte. Der Alte war zäh und klug was ihn zu einem gefährlichen Gegner machte, aber im besten Fall zu einem perfekten Verbündeten.
„Nimm die Waffe runter! Lass mich erst hören, was er zu sagen hat. Er hat so viele Mühe auf sich genommen hier her zu kommen. Und ich muss sagen ich bin beeindruckt."
Junis bemerkte erst jetzt den Fäustling an seiner Schläfe. Das kalte Metall, wie es geduldig wartete, dass der Hebel betätigt wurde und mit Ruß und Rauch eine Kugel zu befreien. Wann sich der Mann mit der Rabenmaske und dem auffälligen schwarzen Federgewand neben ihn schlich, konnte er nicht sagen. Der rote Handschuh leuchtete bedrohlich.
„Sprich!", forderte die verzehrte tiefe Stimme. Voller Gier nach Blut sprenkelte Speicheltropfen durch die leichte Öffnung des gezahnten Mundes.
„Ich will in deine Dienste!", sagte Juni. Er wusste das Orobous die Situation vollkommen kontrollierte. Ein falsches Wort und er würde hier sterben. Deswegen ließ er sein Gelächter über sich ergehen.
Juni öffnete den Leinensack und warf ihn zu Boden. Heraus rollte der Kopf der Richterin. Inzwischen hatten Verwesungen und Maden sich ihren Weg durch die Wangen gefressen. Ein abscheulicher Geruch erfüllte den aromatisierten Raum. Die leeren toten Augen verfingen sich auf Orobous.
„Ich bringe dir ihren Kopf. Ich habe sie gerichtet!", sagte Juni.
„Nenne mir einen Grund weshalb ich dich nicht auf der Stelle umbringen lassen sollte? Du wirfst mir den Kopf der Richterin zu Füßen?"
Die Rote Hand ließ die Sicherung der Waffe geräuschvoll zurückschnippen.
„Ich weiß, sie war dir ein Dorn im Auge. Sie hat ihre Nase in Dinge gesteckt, die sie nicht sollte und fast hätte sie dein tiefstes Geheimnis gelüftet. Unter dem Vorwand den Posten nicht einer Frau zuweisen zu wollen, hast du ihr Steine in den Weg gelegt, aber in Wirklichkeit bist du froh, dass sie nicht mehr ist. Außerdem habe ich Informationen habe, die dir sicherlich gefallen könnten. Bezüglich deiner Verletzung!", sagte Juni.
Orobous verstummte mit einer Handbewegung signalisierte er der Roten Hand zu verschwinden und während er leise war, begann Juni weiter mit seiner Erzählung.
„Ich weiß wer Razarak getötet hat. Lex! Oder sollte ich lieber sagen die Personifizierung des Lucifers. Des abscheulichsten Dämons der jemals die Erde bewandert hat, die selbe Person, die dir diese Verletzung zugefügt hat. Sie flieht gerade mit dem Jungen, den du begehrt hast aus deiner Stadt", sagte Juni.
Er wartete bis sich seine Worte entfalteten. „Außerdem, hat diese Person in deinen Wäldern gewütet und einen der Riesenwolfshunde in seinem Besitz. Er ist gerissen, der Sohn der Hexe, die ihr verbrannt habt. Es wird nicht einfach sein ihn zu fangen."
Orobous stand auf. Fast problemlos, obwohl diese Verletzung ihn ans Bett binden würden sollte. Dann stand der vor Juni, der sich ebenfalls erhoben hatte. Auf Augenhöhe betrachteten sie sich.
„Angenommen, ich lade dich in meine Dienste ein? Was willst du von mir?", fragte er mit überlegenem Blick.
„Ich will Macht! Diese Macht, die ich sehen durfte."
„Und was sagt mir, dass du die Suche nach dieser mysteriösen Macht nicht einfach aufgeben würdest?" Orobous Blick traf ihn prüfend, denn darauf würde Juni sicherlich keine Antwort finden.
„Weil, ich alles tun würde, um meine Ziele zu erreichen!", sagte Juni. Offenbar war Orobous überrascht von dieser Antwort.
Alles war ein weiter Begriff. Juni verriet seine Freunde ohne mit der Wimper zu zucken. Natürlich hatte er Lex auflaufen lassen. Er lockte ihn in diese Situation, in der er unausweichlich von seinen Gefühlen überwältigt worden war. Alles war optimal vorbereitet gewesen, der goldene Brieföffner, den er extra nochmal schärfte, Razaraks Leichnam in dem Gebetsstuhl, sogar Orobous Lust auf Liam - es stand zwischen jenen tief vergrabenen Zeilen in der Brache. Und nun müsste er ihn nur noch aus den Händen des Großen Dons abholen. So viele Wege gab es nicht für diesen Jungen die Stadt zu verlassen und neue Sachen waren mit hoher Wahrscheinlichkeit am ehesten im Viertel der Kolzkranken zu finden.
„Kannst du es beweisen", fragte der Gläubige.
Ohne zu antworten, kam Juni der Aufforderung nach. Er ging auf die Knie und entledigte Orobous' Hose. Nichts daran erfreute ihn oder machte ihn glücklich. Im gegenteil er nahm diese Schmarch auf sich, um seine Ziele zu erreichen, um die Macht die er sich ersehnte in seine Hände zu bekommen.
Mit einem erfreuten Lächeln blickte Orobous auf den Jungen herab.
„Von nun an sollst du den Namen Sasasel tragen! Willkommen, mein Anwärter. Entledige diese Welt von diesem Lucifer, koste es was es wolle!"
Dann legte er den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und genoss Junis Zunge.
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