《30》
PoV Paluten
Entsetzt stolperte ich zurück, blickte den Größeren für einen Moment verwirrt an und bahnte mir dann stolpernt meinen Weg auf den Flur. Dort brach ich zusammen. Langsam realisierte ich, was gerade geschehen war. Mit zitternden Fingern fast ich mir an die Lippe, an die Stelle, auf der eben noch die Lippen Manuels lagen. Ich konnte es noch nicht richtig begreifen. Er hatte mich geküsst. War das überhaupt ein richtiger Kuss? Schließlich hatte ich ihn nicht erwiedert. Ich blickte zurück zur Zell des brünetten Insassens. Mit zitterden Beinen erhob ich mich. Sollte ich wirklich zu ihm zurück gehen? Eigentlich gab es keinen erstrebenswerten Grund dafür, mehr noch, eher gleich es einem Selbstmord und doch wollte etwas in mir, dass ich zurückkehrte. Unschlüssig stand ich auf dem langen Gang. Schlussendlich entschied ich mich dazu, meinen übrigen Aufgaben nach zu kommen.
"Wieso hast du dich dazu entschlossen freiwillig zum Crumlin Road Gaol zu kommen?", fragte der Wärter das Mädchen, das angeblich Manuels Schützling war, beim Verhör, welchem ich gerade beiwohnte. "Wie gesagt: er ist mein großer Bruder!", entgegnete die junge Dame. "Wir haben Informationen, dass du ihn unterstützt hast."
"Selbstverständlich!" Sie klang empört. "Bei allen Angelegenheiten?", harkte mein Kollege nach. "Ja, bei allem!"
"Das heißt, du hast Beihilfe zum Mord geleistet?"
"Ja!" Der Wärter nickte. "Damit ist es beschlossen, ab Heute wirst du im Frauentrakt des Crumlin Road Gaols untergebracht. Die Gerichtsverhandlung erfolgt später." Sie blieb ruhig, als hätte sie auf diesen Ausgang spekuliert. "Habe ich dann die Möglichkeit meinen Bruder zu sehen?"
"Nein." Nun war ihr Gesichtsausdruck doch entsetzt. "Wie..., aber ich muss doch zu ihm!" Ich wurde hellhörig. "Wieso willst du zu ihm?", fragte ich, während ich mich aus der Ecke des Verhörraumes löste und auf den Tisch in der Mitte zu ging, an welchem das Mädchen und mein Kollege saßen. "W-w-weil er mein Bruder ist!"
"Nur deshalb? Nur 'Weil er dein Bruder ist'? Das ist kein richtiger Grund." Sie schwieg. Ich beugte mich zu dem Mädchen herunter. "Ich frage dich noch einmal: Wieso willst du zu Manuel?" Meine Stimme klang ruhig und zugleich bedrohlich. "Ich will ihn nun mal sehen, schließlich ist er mein Bruder und deshalb fühle ich mich ihm verbunden und will ihn sehen", nuschelte sie, während sie auf ihre Finger herab blickte, welche nervös mit einander spielten. "Schau mich an", fordert ich. Sie gehorchte. "Ist Manuel Büttinghaus dein leiblicher Bruder?" Der Blick der jungen Frau glitt von mir weg. "Ja."
"Und du bist nicht im Auftrag von jemanden hergekommen?"
"Nein, natürlich nicht!" Sie blickte mich empört an. Sie hatte sich und den Plan endgültig verraten. "Ich habe in meiner Laufbahn als Wärter dieses Gefängnisses schon viele törichte Fluchtpläne mitbekommen, keiner ist geglückt, aber noch nie ist mir ein so dummer Plan untergekommen wie eurer. Ein weiblicher Interesse bekommt niemals die Chance einen männlichen zu sehen, egal in welcher Beziehung sie zu einander stehen. Und selbst wenn? Was dann? Wolltest Manuel sagen, wann deine Komplizen kommen um das Gefängnis zu stürmen? Das Eindringen ist genauso unmöglich wie das Fliehen. Jeder, der eine der beiden eben genannten Fälle probiert hat, ist tot." Ich lachte trocken über die Törichtkeit dieses Planes. "Demnächst wohl wieder Särge gefüllt werden." Ich wendete mich vom Verhör ab. Bevor ich den Raum verließ, gab ich meinem Kollegen noch letzte Anweisungen: "Foltere aus ihr den vollständigen Plan und alle Komplizen heraus, danach kannst du mit ihr machen, was du willst." Ich kannte meine Kollegen. Wenn dieser ihr nichts schlimmes antat, dann tat es ein anderer. "Nein, bitte nicht!", flehte das Mädchen kreischend, doch mich interessierte es nicht. Ich verließ den Raum. Dass das junge Mädchen den nächsten Tag erleben würde, bezweifelte ich stark. Bereits jetzt ertönten ihre Schreie. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss.
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