《22》

PoV Manu
Noch gestern Abend hatte ich mir einen Plan zurechtgelegt. Alles war durchgeplant. Als erstes würde ich Mr Mayer freundschaftlich begegnen, bis er sich wohlfühlte und seine Schutzhülle fallen ließe, dann würde ich mit flirten, sodass er sich in mich verliebte und schon hatte ich so gut wie gewonnen. Jemand Interesse oder Liebe vorzugaukeln, war eine meiner leichtesten Übungen. Obwohl, der Wärter mit den braunen kurzen Haaren gefiel mir eigentlich doch ganz gut, vielleicht käme ich auch auf meine Kosten. Ich grinste bei dieser Vorstellung. "Was soll dieses Grinsen?" Ich drehte mich zu der Stimme um. Ohne dass ich es bemerkt hatte, war der Mann, über den ich eben noch fantasiert hatte, in meine Zelle getreten. "Ach, ich hatte mir vorgestellt wo ich nach meinem Tod hinkomme." Der Wächter zog eine Augenbraue hoch. "Nachdem Tod? Dein Körper wird im Hinterhof auf ein Karren geworfen und irgendwo vergraben."
"Ich meine meine Seele." Wieder hob er die Augenbraue an. "Die Seele? An sowas glaubst du?" Er lachte. "Dann hatt sich deine einen dauerhaften Platz im Fegefeuer reserviert."
"Ich glaube, ich werde dort nicht schmoren. Der Teufel oder was auch immer wird mich zu sich holen und quäle ich andere Seelen und verbringe dann heiße Nächte mit dem Teufel." Der Mann vor mir schüttelte den Kopf. "Von Religion hast du keine Ahnung. Zum Beispiel heißt es 'läutern' und nicht 'quälen'."
"Ich habe meine eigene Auffassung und Meinung. Aber mal zu dir. Wo landet deine Seele nach deinem Tod." Gespielt interessiert lehnte ich mich weiter vor. "Es heißt immer noch 'Sie'!" Mit diesen harsch ausgesprochenen Worten stellte er meine Verpflegung für den heutigen Tag nicht gerade sanft ab und verschwand wieder. Mit einem lauten Knall rastete die Tür ins Schloss ein. Ich seufzte. Der heutige Tag wies keinen Erfolg auf, so dachte ich zumindest, doch am Nachmittag kam Mr Mayer zurück. Mit einem lauten Ruck sprang die Tür auf. Neugierig schaute ich zur Öffnung. Mr Mayer kam mit einer ernsten Miene herein. Mit festen Schritten kam er auf mich zu, während ich ihm mit meinem Blick folgte. Als er vor mir stand, begann er zu sprechen: "gestern Abend ist es der Polizei gelungen eine junge Frau fest zu nehmen, die behauptet deine Schwester zu sein." Ich zog eine Augenbrauen hoch. "Ein Kind, das alleine auf der Straße aufgewachsen ist, hast keine Familie." Der Brünette nickte. "Vielleicht sieht sie dich als Bruder an, weil sie auch auf der Straße aufgewachsen ist und du ihr geholfen hast?" Ich war dem Wächter einen bösen Blick zu. "Ich sagte: "alleine"."
"Und du hast keine Ahnung woher sie dich kennt und weshalb sie dich als Bruder bezeichnet hat?" Grimmig schüttelte ich den Kopf. Seine Fragerei nervte mich, solange sie mich nicht näher an meine Flucht heran brachte. Meine Flucht. Plötzlich kam mir ein Gedanke. "Ich kenne das Mädchen doch. Kurz bevor ich gefangen wurde, lernte ich sie kennen." Mr Mayer zog misstrauisch eine Augenbraue hoch. "Und wo?"
"Ich habe ihre Familie ermordet. Eine ganz lustige Geschichte. Sie haben sich abgöttisch geliebt." Gehässigkeit schwang in meiner Stimme mit. "Sie liebten sich soooo sehr, aber die Liebe zu ihrer Tochter war noch größer und umgekehrt war es genauso." Ich lachte. "Zumindest bis ich sie von mir überzeugt hatte. Ach, Menschen sind so leicht zu Manipulieren." Ich einen Blick zu dem brünetten Wächter, welcher mich unverändert mit ernster Miene anblickte. Ich räusperte mich. "Zumindest die meisten." Mr Mayer zeigte noch immer keine Reaktion, weshalb ich mit meiner Erzählung fortfuhr: "beide Ehepartner riefen immer wieder, dass ich doch jeweils sie neben solle und ihrer Partner in Ruhe lassen solle. Lächerlich, den Tod brachte ich ihnen beiden, das stand bereits fest, als ich das Haus betrat. Doch ich spielte mit. "Wenn ihr euch nicht entscheidet wer von euch stirbt, dann trifft es eben eure Tochter", rief ich. Und ihr Blick darauf hin war unbezahlbar. So viel Furcht und Entsetzen hatte ich noch nie in den Augen eines Lebewesens gesehen." Ich lachte wieder. Die Erinnerung an diese Tat ließ mich wieder richtig lebendig fühlen. "Plötzlich bettelten sie nicht mehr darum, dass ich ihren Ehepartner am Leben lasse, sondern ihre Tochter. Dem Wunsch kam ich mit Freude nach und brachte beide um."

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