Tres - Familia


Zendaya

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Nach einer halben Stunde war das Essen beendet. Alle erhoben sich und verließen den Saal - bis auf das Familienoberhaupt und Macario. Sie saßen schweigend am Tisch, tranken Tequila und nahmen keinerlei Notiz von mir - als wäre ich unsichtbar.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Aufstehen? Gehen? Aber wohin?
„Was passiert jetzt mit uns?", brachte ich leise über die Lippen.

„Ihr werdet vorerst hier bleiben", erklärte mir der alte Mann.

„Und wie lange?" Er sah mich einige Sekunden nachdenklich an.

„Bring sie in ihr Zimmer, Macario. Es ist spät." Er war ein Mann, der überlegt handelte, der mir nichts tun würde, aber ich wusste, dass ich ihm mit Respekt gegenüber treten musste, dass ich ihn nicht provozieren sollte - denn er hatte mit Sicherheit auch eine ganz andere Seite. Er war nicht umsonst Mexikos größter und gefährlichster Mafiaboss.

„Vielen Dank für das Essen, Señor." Ich erhob mich und folgte Macario durch den Saal, das Wohnzimmer und eine Treppe hinunter. Er lief so schnell, dass ich kaum hinterher kam und er machte auch keine Anstalten auf mich zu warten.

„Ich will mitkommen, wenn du und Carlos zurückfahrt", rief ich hinter seinem Rücken, woraufhin er stoppte und mich ansah. Sein Gesicht war das reinste Pokerface und ich wusste nicht, ob er mich gleich anschreien, auslachen oder weiterhin ignorieren würde.

„Ich möchte mich von meinen Eltern verabschieden", fügte ich mit gefestigter Stimme hinzu und ließ mir meine Trauer und Wut nicht anmerken.

„Sie sind tot." Die Kälte, die er versprühte, ließ mich hasserfüllt mit dem Kopf schütteln. Er war kein Mensch, sondern ein Zombie oder ein Roboter.. und selbst die besaßen mehr Gefühle als er.

„Ja, dank deines Psycho Bruders", keifte ich ihn an und vergaß für einen Moment, wer hier vor mir stand.
Und ehe ich mich versah, packte er mich am Hals und drückte mich gegen die Wand.

Er beugte sich zu mir herunter, sodass sein Gesicht nur noch wenige Millimeter von meinem entfernt war und ich konnte seinen nach Alkohol riechenden Atem auf meiner Wange spüren.

„Richtig, mein Bruder hat das getan. Nicht ich!", knurrte er. Seine Finger schlossen sich mit jeder Sekunde fester um meinen Hals, bis ich kaum mehr atmen konnte und um mich herum alles verschwamm.

Erst als ich zu röcheln begann, ließ er mich los. Ich sackte auf den Boden und schnappte nach Luft.

„Du bist nicht besser als er." Ich rieb mir den Hals und brachte die Worte nur schwer und unter Husten hervor.

Er blickte von oben auf mich herab. „Vielleicht hast du recht. Also mach mich nicht wütend und beweg deinen Arsch in dieses scheiß Zimmer." Er packte mich am Arm, zog mich hoch und schleifte mich einen Gang entlang, bis zu einer Tür ganz am Ende.

Er öffnete sie, zerrte mich hinein und verschwand ohne auch nur ein Wort zu sagen. Ich hörte, wie er sie von außen verschloss und seine Schritte immer leiser wurden, bis es so ruhig war, dass ich nur noch meinen eigenen Atem hören konnte.

Ich stand eine Weile in diesem Raum, welcher mehr einem Verlies glich, als einem Zimmer. Es gab nur ein Metallbett in der Ecke und einen kleinen Tisch daneben. Oben an der Wand war ein ovales Fenster, durch das etwas Licht von den Scheinwerfern auf dem Gelände hereinschien.

Als ich die kleine Lampe auf dem Tisch anmachte, fiel mir eine weitere Tür auf - welche zu einem Badezimmer führte. Es gab eine Toilette und eine Dusche und neben dem Waschbecken hing ein Handtuch.

Ich schloss die Tür wieder, legte mich auf das Bett und starrte an die Decke.

Ich wusste weder wie spät es war, noch wo meine Schwestern sich aufhielten, aber irgendetwas sagte mir, dass es ihnen gut ging. Doch schlafen konnte ich trotzdem nicht, denn meine Gedanken arbeiteten - obwohl mein Körper müde war von den Schmerzen, die mir zugefügt wurden.
Vorsichtig hob ich das T-Shirt. An der linken Seite unterhalb der Rippen war ein großer, roter Bluterguss von dem Tritt, den mir dieser scheiß Cyrus verpasst hat. Auch meine Oberarme waren mit roten Abdrücken übersät.

Ich strich mit den Fingern über die schmerzende Haut, als ich plötzlich einen Schlüssel im Schloss hörte. Augenblicklich spannte sich jeder Muskel in meinem Körper an.

Zwei Sekunden später öffnete Yago die Tür. Automatisch ballte ich meine Hände zu Fäusten. Doch er blieb im Türrahmen stehen.  Seine plötzliche Zurückhaltung überraschte mich. Dennoch traute ich ihm nicht.

„Was willst du?" Seitdem ich in diesem Haus angekommen war, war ich jede Sekunde wachsam wie ein Adler.

„Ich wollte mich entschuldigen? Ich wusste nicht, was Cyrus vorhatte. Zumindest nicht, dass er jemanden töten wollte."

Mit starrem Blick musterte ich ihn. Meine Menschenkenntnis war sehr gut. Trotzdem wusste ich in diesem Moment nicht, was ich davon halten sollte - denn nur sein Anblick machte mich wütend und voller Hass.

„Davon werden sie auch nicht wieder lebendig", zischte ich.

„Ich weiß."

Er stand immer noch im Türrahmen und blickte in die Leere. Eine merkwürdige Stille legte sich in den Raum.

„Wenn es dir wirklich leid tut, dann hilf mir und meinen Schwestern hier raus." Er hob seinen Kopf und sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren - aber gleichzeitig schien er nachzudenken.

„Das ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst." Erst jetzt betrat er das Zimmer und setzte sich ans Ende vom Bett. Das er bewusst Abstand von mir hielt, zeigte mir, dass er in keiner bösen Absicht hier war.

„Du musst sie nur holen und uns raus bringen. Es gibt doch bestimmt irgendwelche Geheimgänge."

Er lachte kurz auf, bevor er mich erneut mit ernster Miene ansah.

„Von diesem Gelände kommt niemand unbemerkt runter - auch ich nicht. Dieses Grundstück ist ein Hochsicherheitstrakt. Hier sind nicht nur Wachen, sondern auch überall Kameras", machte er deutlich und nahm mir jegliche Hoffnung.
Niedergeschlagen lehnte ich den Kopf an die kalte Mauer und schloss die Lider.

„Aber selbst wenn ich euch hier rausbringen könnte. Wo wollt ihr hin?" An seiner Stimme war zu hören, dass er diese Frage nur ungern stellte.

Nachdenklich schaute ich hoch zum Fenster. Er hatte nicht unrecht, wie sollte ich mich um ein Baby und ein Kleinkind kümmern? Mein Onkel und meine Tante haben zusammen mit meinem Cousin Mexiko verlassen und ihr Glück in den USA probiert. Sie haben unsere Großeltern mitgenommen und die anderen sind bereits vor einigen Jahren gestorben.

„Kannst du mich wenigstens zu Tahis und Amaia bringen?"

„Sie schlafen. Aber ich verspreche dir, dass du sie morgen sehen kannst."

Ich nickte stumm, während ich ihn mit aufmerksamen Blick beobachtete.

„Warum habt ihr uns entführt?"

„Das kann ich nicht sagen."

„Du kannst nicht? Oder willst nicht?"

„Ich darf nicht. Es ist keine gute Geschichte", fügte er noch hinzu, als mein Blick sich weiter in ihn hineinbohrte.

„Muss ich Angst haben?"

Seine Pupillen weiteten sich, als er mich mit ernster Miene ansah. „Du solltest vorsichtig sein - vor allem bei Cyrus und Macario. Carlos ist okay, aber er führt jeden Befehl von Macario aus. Und Álvaro ist ein Draufgänger, er kann ziemlich lustig sein - doch auch er gehört zur Familie und tut letztendlich, was man von ihm verlangt."

Nachdenklich lauschte ich seinen Worten. Seine Beschreibungen passten zu dem, was ich bisher mitbekommen habe.

„Tu einfach nichts unüberlegtes", mahnte er mich eindringlich.
Kurz darauf verließ er das Zimmer.

Mit dem Gedanken, dass ich Tahis und Amaia morgen endlich wiedersehen durfte, schlief ich wenig später ein.

......................

Geplagt von Albträumen wachte ich schweißgebadet auf, als die Sonne durch das kleine Fenster schien. Mein ganzer Körper tat weh und ich schleppte mich nur mit Mühe ins Badezimmer.

Irgendwann tauchte Yago auf und ich begleitete ihn auf eine Terrasse, wo wir gemeinsam frühstückten. Draußen liefen, wie bereits gestern, schwer bewaffnete Männer herum. An diesen Anblick musste ich mich erst noch gewöhnen. Im Haus war es ungewöhnlich still. Auch beim Mittagessen waren wir allein.

Am späten Nachmittag löste Yago sein Versprechen ein. Wir gingen in einen wunderschönen Garten hinter dem Haus und meine Augen wurden feucht, als ich Tahis bereits von weitem dort spielen sah.

„Zendaya!", rief sie freudestrahlend und kam auf mich zu gerannt. Ich hockte mich herunter und schloss sie so fest ich konnte in meine Arme.

„Wo warst du die ganze Zeit?"

„Ich war hier, mi Amor." Ich hob sie hoch und lief mit ihr über den Rasen zu einer großen Decke auf der Amaia lag und fröhlich mit einem Teddy spielte.

Yago nickte dem Kindermädchen zu, woraufhin sie uns allein ließ und zurück ins Haus ging.

„Es ist so toll hier. Wir haben ein großes Zimmer mit ganz vielen Spielsachen. Können wir bitte Mamá und Papá holen und für immer hier bleiben?" Ihre Augen strahlten vor Freude und ich war so erleichtert, dass es ihnen gut ging.

Doch gleichzeitig brach es mir das Herz und es fiel mir schwer, meine Traurigkeit zu verbergen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, sie war gerade so glücklich.

„Was hast du heute früh gemacht, mi Vida?" Sanft strich ich ihre braunen Locken aus dem Gesicht.

„Ich habe mit Amaia gespielt und wir haben mit Juanita Obstsalat gemacht." Sie sprang fröhlich um mich herum und redete mit Händen und Füßen. Mein Herz wurde ganz warm... sie  so zu sehen.

Doch kurz darauf stoppte sie und ihr Lächeln verschwand. „Aber dann kam eine Frau in unser Zimmer. Sie hatte ganz schwarze Sachen an. Und als sie mich gesehen hat, hat sie ganz dolle geweint und ist ganz schnell weggerannt." Fragend schaute sie mich mit ihren dunklen Kulleraugen an.

„Warum hat sie Angst vor mir gehabt, Zendaya?"

Ich blickte Yago über den Kopf von Tahis hinweg an. Sein Gesicht sprach Bände. Doch er sagte nichts.

„Ich denke nicht, dass sie Angst vor dir hatte. Wie kann man sich denn vor so einem kleinen, bezaubernden Mädchen...wie dir...fürchten?" Ich knuffte sie mit einem breiten Grinsen in den Bauch und sie fing sofort zu kichern an.

Wie ein Wirbelwind rannte Tahis auf der Wiese herum und selbst Yago ließ sich nach einer Weile von ihrer guten Laune mitreißen.

Ich nahm Amaia, die fröhlich vor sich her gluckste, von der Decke und spazierte mit ihr zwischen den bunten Blumen entlang. Die Sonne stand hoch am blauen Himmel und überall zwitscherten Vögel. Und für einen Moment vergaß ich, was passiert war und genoss das Zusammensein mit meinen Schwestern.

Von weitem beobachtete ich Yago, wie er mit Tahis herumtollte. Er schien plötzlich wie eine andere Person - und ich konnte nicht glauben, dass er der Mann war, der mich gestern noch an den Haaren über den Boden schleifte. Bei dem Gedanken schluckte ich schwer.
Wie konnte er nur sowas tun?

Mit Amaia im Arm lief ich durch den Garten, sang ihr ein Lied vor und blickte hin und wieder mit einem Lächeln zu Yago und Tahis.

Bis ich plötzlich Macario entdeckte. Er stand an einem der oberen Fenster und schaute zu mir herab. Unsere Blicke trafen sich - und intuitiv drückte ich Amaia fest an mich.
Die Erleichterung die ich eben noch verspürte, verschwand von einer Sekunde zur anderen und das Blut gefror in meinen Adern. 
Wie angewurzelt stand ich zwischen den Rosen und traute mich nicht einmal zu atmen.

Ich wusste nicht, was in seinem kranken Hirn vorging - aber es war mit Sicherheit nichts Gutes.

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Warum ist Yago wohl plötzlich so nett? 🤔

Und was geht  in Macario vor? 😏

Wie bereits im Vorwort erwähnt, schreibe ich die Geschichte mehr oder weniger schnell nebenbei ☺️ also falls Fehler drin sind, sagt mir gern Bescheid 🤓

Ich weiß, noch ist es recht langweilig, aber ich hoffe, dass Kapitel hat euch trotzdem gefallen 🥰

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