Dos - Sobrevivir
Zendaya
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Wie paralysiert saß ich auf der Rückbank und starrte aus den verdunkelten Seitenfenstern des Wagens. Alles rauschte an mir vorbei - doch ich nahm nichts davon wirklich wahr. Mein Körper war taub und meine Seele tot - ich konnte nicht einmal um Mamá und Papá weinen.
Nach einer Weile spürte ich eine kleine Hand auf meinem Oberschenkel und ich blickte in die runden, braunen Augen von Tahis. Sie war tapferer als ich in diesem Moment - sie sagte kein Wort und nicht eine Träne war in ihrem Gesicht zu sehen.
Yago, der Junge, der kaum älter war als ich hatte Amaia in seinen Armen. Er saß auf dem Beifahrersitz und spielte mit ihren kleinen Fingern, während er sie anlächelte. Ich ballte meine freie Hand unbewusst zu einer Faust. Ihre Eltern wurden gerade erschossen - sie wird sich später nicht einmal an sie erinnern können - und dieser Mistkerl tat so, als würden wir geraden einen netten Sonntagsausflug machen.
Wir fuhren quer durch das Land - es gab nichts außer Sand und Kakteen. Die Sonne hing tief am Horizont. Ich hatte keine Ahnung, wohin sie uns brachten oder was uns dort erwarten wird. Aber mir war klar, dass ich alles tun werde, um meine Schwestern zu beschützen.
Ich verdrängte den Tod unserer Eltern so gut es ging und versuchte mich zu konzentrieren. Es waren nur zwei Männer, wenn ich sie irgendwie überwältigen könnte bevor wir - wo auch immer - ankommen, wäre das das Beste. Denn wer weiß, wie viele es später sein werden.
Ohne mich zu rühren, sah ich mich mit den Augen im Wagen um, und entdeckte dann ein Messer an der Seite des Fahrersitzes stecken.
„Denk nicht mal drüber nach", knurrte der Mann am Steuer augenblicklich und tötete mich förmlich mit seinem Blick über den Rückspiegel. Er zog das Messer heraus und legte es in ein Fach neben dem Lenkrad.
Draußen war es mittlerweile dunkel, als wir eine lange, gepflasterte Straße entlangfuhren und geradewegs auf ein riesiges Tor zu, welches mehr Wachen hatte, wie der Präsidentenpalast.
Zwei bis an die Zähne bewaffneten Männer öffneten es und wir fuhren hindurch. Scheinwerfer leuchteten uns den Weg. Überall standen Palmen und Blumen, so wunderschön - wie ich sie noch nie gesehen habe. Es schien wie ein Paradies - doch ich wusste, dass es für mich die Hölle auf Erden werden wird.
Überall liefen Männer mit Maschinengewehren herum. Hier wieder herauszukommen, schien unmöglich. Doch ich werde niemals aufgeben.
Kurz darauf hielten wir vor einer riesigen Villa im Kolonialstil. Dieses ganze Grundstück musste Milliarden wert sein - und ich wollte nicht darüber nachdenken, womit sie ihr Geld verdienten.
Die Tür ging auf und ich wurde aus dem Wagen gezogen. Er griff so fest um meinen Oberarm, dass sich das Blut staute und ich nach kurzer Zeit ein Kribbeln in meinen Fingern spürte.
Yago lief mit meinen Schwestern auf den Eingang zu, während mich dieses Arschloch zurück hielt. Eine ältere Frau kam ihnen entgegen. Sie lächelte als sie Amaia und Tahis sah.
„Oh, was für hübsche kleine Mädchen ihr seid. Kommt mit rein, ich habe etwas leckeres gekocht." Sie nahm Yago das Baby ab und griff nach der Hand von Tahis. Dann verschwanden sie in diesem Haus.
„Wohin bringt sie sie?"
„Das hast du doch gehört. Sie werden essen", brummte dieser Kerl und zog mich neben sich her - ebenfalls in die Villa.
Die Eingangshalle war größer als unser gesamtes Haus und überall hingen Kunstwerke an den Wänden. An den Seiten führten zwei große Treppen hinauf in die oberen Etagen und ein riesiger Kronleuchter hing über mir.
Doch ich lies mich nicht blenden von diesem Reichtum und blieb konzentriert. Meine Gedanken - mein Körper - alles war auf Überleben und Flucht eingestellt. Und so sah ich mich mit wachsamen Augen um.
„Könntest du mich vielleicht losbinden? Meine Arme schlafen schon ein", fauchte ich diesen Typ an.
„Halt dein Maul oder ich stopfe es dir gleich mit meinem Schwanz."
„Mach doch. Aber ich schwöre dir, dass ich ihn dir abbeißen werde." Anstatt clever zu sein und meinen Mund zu halten, giftete ich ihn an und ließ ihn meinen ganzen Hass spüren.
Seine flache Hand landete mit voller Wucht in meinem Gesicht. Mein Kopf flog zur Seite und ich stürzte zu Boden.
Das Blut schoss in meine Wange und mein Gesicht wurde heiß. Doch wenn er dachte, dass er mich so einfach brechen könnte, dann hat er falsch gedacht. Mit den Händen auf meinen Rücken gefesselt, hob ich meinen Körper und stand kurz darauf wieder vor ihm, als wäre nichts geschehen.
„Hijo de Puta", zischte ich zwischen meinen bebenden Lippen hindurch und hielt seinem irren Blick stand.
„Cállate! Mierda!" Seine wütende Stimme hallte durch das gesamte Haus. Er zog seine Pistole und richtete sie auf meine Stirn. Dieser Typ war ein Psychopath und wirkte total überfordert mit der Situation - und das machte ihn gefährlich.
"Was ist das hier für ein Geschrei, Cyrus? Und wer zum Teufel ist dieses Mädchen?" Ein alter Mann an einem Krückstock betrat die Eingangshalle. Er humpelte, aber strahlte trotz seines gebrechlichen Aussehens Stolz und Macht aus.
„Disculpe Padre. Ich regle das gleich." Er packte mich erneut am Arm und zog mich zum Ausgang.
„Lass mich los, du Bastard", schrie ich ihn an und riss mich los.
„Cyrus! Ich möchte, dass du mir sofort erklärst, wer sie ist und was du schon wieder angestellt hast." Der strenge Ton von seinem Vater ließ ihn von seinem Vorhaben stoppen und er wandte sich zu ihm.
„Señor. Ihr Sohn hat meine Eltern kaltblütig erschossen und mich und meine zwei kleinen Schwestern entführt." Die Worte sprudelten nur so aus meinem Mund, aber dieser Mann schien vernünftig im Gegensatz zu seinem Psycho Sohn. Er gab mir die Hoffnung hier gemeinsam mit meinen Schwestern wieder raus zu kommen.
Schweigend kam er auf mich zu und betrachtete mich einen Augenblick nachdenklich.
„Wie alt bist du, mi hija?"
"Siebzehn, señor." Er nickte, während er mich weiterhin mit seinen grünen Augen observierte. Seine Hand zitterte leicht am Stock und seine Haut war faltig und dunkel von der Sonne. Die grauen Haare lagen quer über seinem Kopf und verdeckten die kahlen Stellen. Er trug einen weinroten Bademantel mit einem goldenen Rand über seiner beigen Chino Hose und dem weißen Hemd. An einem Finger funkelte ein weißgoldener Ring mit einem großen, blauen Diamanten.
„Und wie alt sind deine Schwestern?"
„Fünf Jahre und neun Monate." An seinem Blick konnte ich erkennen, dass er über etwas nachdachte. Irgendetwas bewegte ihn. Und dann schlug er vollkommen unerwartet Cyrus mit der Rückhand ins Gesicht.
„Was hast du dir dabei gedacht? Seit Monaten machst du nur Ärger, anstatt dich um die Geschäfte zu kümmern."
Ich hatte also recht mit meinem Gefühl. Dieser Typ hatte nicht alle Tassen im Schrank - selbst sein Vater war dem bewusst.
„Binde sie los und bring sie ins Esszimmer. Alles weitere besprechen wir danach", befahl er ihm und kehrte uns den Rücken zu, um zu gehen.
Ich grinste Cyrus frech an, als dieser gehorsam das Seil von meinen Handgelenken löste.
„Bilde dir nichts drauf ein, Puta", knurrte er und schubste mich vorwärts.
Als ich den großen Saal betrat, saßen bereits alle an dem langen Esstisch. Wie bei einer Königsfamilie saß der Vater am oberen Ende und ich vermutete, dass es deren Mutter war, die an der gegenüberliegenden Seite saß.
Ich erkannte Yago, den jüngsten Sohn wieder und blickte dann in die Gesichter von weiteren drei Männern und einer jungen Frau.
„Setz dich mein Kind", forderte der Vater mich auf und deutete mit der Hand auf einen freien Platz neben ihm.
Ich gehorchte wortlos und ging mit einem mulmigen Gefühl rüber zum Tisch.
Mehrere Haushälterinnen kamen herein und servierten das Essen. Nervös knetete ich meine Finger, welche auf meinem Schoß lagen. Ich schaute nach unten, doch ich spürte all ihre Blicke auf mich gerichtet.
Erst als sie begannen zu essen und sich anfingen zu unterhalten, atmete ich erleichtert auf und nahm den Löffel in die Hand.
Mein Magen knurrte und die Suppe duftete köstlich, aber ich bekam sie nur schwer herunter.
Ich spürte die gesamte Zeit über die Blicke des Mannes gegenüber von mir auf meinem Körper. Er sagte im Gegensatz zu den anderen kein Wort, und betrachtete mich ohne jeglicher Mimik.
Ich zwang mich ihn nicht anzusehen, sondern konzentrierte mich auf die Suppe. Sein Schweigen bereitete mir ein ungutes Gefühl.
„Macario! Ich möchte, dass du und Carlos die Sauerei beseitigt die Cyrus hinterlassen hat. Es war nicht unser Territorium und ich möchte keinen Ärger haben."
Ich wusste, dass sie über meine Eltern sprachen, die in diesem Moment tot auf dem Grundstück lagen und wahrscheinlich von irgendwelchen wilden Tieren angefressen werden. Ich schnappte nach Luft bei der Vorstellung und kämpfte gegen die Tränen an.
„Ja, Vater", war alles, was er dazu sagte - so gleichgültig und kalt, als war der Befehl ... einen Wagen zu reparieren oder den Müll rauszubringen.
Erneut spürte ich Hass und Wut in mir aufsteigen. Ich hob mein Kinn und blickte in die finsteren Augen von Macario. Er schien der älteste von allen zu sein - ich schätzte ihn auf Ende zwanzig oder vielleicht dreißig Jahre. Er hatte einen Dreitagebart und seine welligen, schwarzen Haare waren perfekt gestylt. Er trug ein weißes Hemd, an dem die oberen Knöpfe geöffnet waren und ich konnte die Tätowierungen auf seiner Brust erkennen, welche sich bis über seinen Hals zogen. Über dem Hemd trug er ein schwarzes Jackett, als würde er gleich zu einem wichtigen Geschäftsessen gehen.
Seine Augen funkelten wie schwarze Diamanten und ich spürte wie meine Hände feucht wurden vor Nervosität. Ich versuchte seinem Blick stand zu halten. Doch mein Herz raste so sehr, dass ich nach wenigen Minuten aufgab und wieder auf den Tellerrand sah.
Es gibt Menschen, denen sieht man an, dass sie freundlich sind - und man hat ein gutes Gefühl in ihrer Nähe. Manchen Menschen sieht man an, dass sie egoistisch sind und man hält sich von ihnen fern.
Doch einige Menschen sind undurchschaubar - so wie Macario. Keine Ahnung warum, aber etwas in mir warnte mich vor diesem Mann. Vielleicht lag es an seiner finsteren Ausstrahlung- welche förmlich Gefahr schrie.
Erneut trafen sich unsere Blicke - und ja, ich war mir sicher, dass er der Schlimmste von allen war.
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Ob Macario wirklich der Schlimmste von allen ist? 😏
Und wird sie es schaffen mit ihren Schwestern zu fliehen? 😟
Ich hoffe auch das zweite Kapitel hat euch gefallen. 🥰
Ich wünsche euch morgen einen guten Start in die neue Woche ❤️
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