Kapitel 48
Ich wurde gesucht. Von allen übrigen Einsatzkräften. Das waren nebenbei nicht mehr viele.
Warum versteckst du dich? Wir sollten sie alle töten. Jetzt!
Ich dachte nach.
Warum versteckte ich mich? Warum brachte ich sie nicht um?
Ich glaubte, dass ich das alles nicht mehr wollte. Was brachte es mir, wenn Tausende von Menschen starben? Unschuldige Menschen. Sie hatten mir nie etwas getan.
Letztens erst war ich noch dagegen andere, unschuldige Menschen zu töten. Und was tat ich jetzt? Ich brachte sie eigenhändig um. Alleine.
Wollte ich das wirklich? Würde ich damit glücklich werden?
Nein.
Nein, das würde ich nicht. Es würde mir kurz Freude bereiten. Das tat es auch. Aber das war's dann auch schon. Ich fühlte mich weder glücklich, noch beglückte ich andere mit meinem Verhalten. Das einzige, was ich in diesem Moment fühlte, war Macht.
Macht, die mich langsam immer verrückter machte.
Macht, mit der ich immer weniger klarkam.
Macht, die ich nicht mehr haben wollte.
Macht, die mich wieder zerstörte.
Ich wollte diese Macht nicht mehr!
Diese ganze Verantwortung!
Ich wollte all das nicht mehr. Ich wollte, dass ich keine Kräfte besaß. Dass ich unwichtig war. So, wie früher. Nur ohne die Schuldgefühle.
*******************
,,Es tut mir leid...... es tut mir so leid."
,,Pshhh... alles ist gut. Das warst nicht du. Du kannst nichts für dein Verhalten."
,,Doch. Das war ich. Ich hatte die Kontrolle über meinen Körper erst verloren, als ich im Krankenhaus war. Davor hab ich meine Entscheidungen getroffen. Ich alleine habe Menschen getötet. Dafür kann ich niemandem die Schuld geben."
,,Aylin. Es hat einen Grund, weshalb ich nicht gestorben bin, als du mich eingefroren hast."
,,Welchen?"
,,Du wolltest es innerlich nicht. Du hast deine Kraft unbewusst bei mir gemildert."
,,Das stimmt nicht. Glauben Sie mir, ich wollte es wirklich. Ich wollte Sie einfrieren. Undzwar richtig."
,,Aylin, ich sagte, dass du es unbewusst getan hast."
,,Nein, ich war bei vollem Verstand."
,,Und warum hast du mich dann wieder aufgetaut, wenn du mich doch so sehr einfrieren wolltest? Sag's mir."
Frau Coopbeers Frage erschrak mich. Ihre Direktheit erschrak mich. Ihr Gesichtsausdruck erschrak mich. Auf einmal war ich total ängstlich. Dieses Zimmer, in welchem ich mich früher sicher gefühlt hatte, wirkte jetzt um so angsteinflößender. Plötzlich wirkte das helle weiß gefährlich.
Und dann, dann sah ich eine Gestalt in der Ecke. Sie lachte mich an. Hatte schwarze Haare, die ihr lockig ins Gesicht fielen.
Wir haben lange genug gewartet. Haben dir sogar Tipps gegeben, wie du zu uns kommst. Du hast nicht auf uns gehört. Hast stattdessen diese Frau aufgetaut. Wir haben jedenfalls keine Lust mehr zu warten. Wir holen dich jetzt!
,,Nein. Bitte nicht. Ich.... ich wusste nicht, dass ihr mir helfen wollt." Ich versuchte die Stimmen, diese unheimliche Gestalt, zu beruhigen. Zu besänftigen.
Dafür ist es leider zu spät, Aylin.
,,Aylin? Alles gut?"
,,Bitte. Tut mir das nicht an. Ich höre auch auf alles, was ihr sagt."
Dafür ist es leider zu spät, Aylin.
,,Bitte! Es darf noch nicht zu spät sein."
,,Aylin! Was ist los?!"
,,Bitte.... verzeiht mir."
Dafür ist es leider zu spät, Aylin.
,,Was ist verdammt nochmal los, Aylin?!"
,,Dahinten." Ich nickte in die Richtung, in der die Gestalt stand.
,,Was soll da sein?!"
,,Die Gestalt. Sehen Sie sie denn nicht?" Mittlerweile war ich von meinem Stuhl aufgestanden und ein paar Schritte nach hinten gegangen.
Diese unheimliche Gestalt kam immer näher. Sie machte langsame, kleine Schritte. Jeder einzelne Schritt ließ meine Augen größer werden. Mein Herz pochte immer mehr und meine Angst war so groß, dass man sie nicht beschreiben konnte. Angstschweiß war auf meiner Stirn zu sehen. Mir wurde immer heißer. Es wurde stickiger. Ich bekam kaum noch Luft.
,,Aylin, da ist nichts!" Frau Coopbeer kam einen Schritt auf mich zu. Mehrere Spinnen waren auf ihrem Kopf.
,,Die Spinnen!" Ich zeigte auf ihren Kopf.
,,Hier sind keine Spinnen! Was ist los mit dir?!" Ich überlegte. Wie hieß meine Krankheit? Schizophre? Scheziphre? Nein. Es war...... Schizophrenie!
,,Schizophrenie." Bei Frau Coopbeer ging anscheinend ein Licht auf, da sie sofort zum Telefon eilte und jemanden anrief.
Wir wollen dir helfen, Aylin. Du musst uns vertrauen. Du brauchst keine Angst haben.
Wie sollte ich keine Angst haben, wenn vor mir eine scheußliche Kreatur zu sehen war?
Sie wird dir helfen. Du brauchst dich nicht zu fürchten.
,,Wie will sie mir helfen?"
Sie wird dich von deinem Leid befreien. Ist es nicht das, was du willst?
,,Doch, aber nicht so."
Es wird aber so sein müssen
Die Gestalt wurde mit einem Mal immer schneller. Ihre Schritte wurden immer größer. Ihr Lächeln immer gruseliger.
Ich öffnete die Tür. Rannte hinaus. Nach oben. Die Kreatur verfolgte mich. Mein Atem ging schnell.
Ich wollte mich auf dem Dach verstecken. Ich war so dumm. Dachte, dass ich auf einem Dach in Sicherheit wäre.
Als ich letzendlich oben angekommen war, suchte ich nach einem guten Versteck.
Das Dach war voll mit Blumen. Bänke waren auch vorhanden. Hier oben war so etwas wie ein Botanikgarten. Ich versteckte mich in einem Busch.
Sie weiß, wo du bist.
,,Woher?" Ich flüsterte leise. Es war irgendwie komisch, dass ich mit dieser Stimme reden konnte. So richtig. Dass sie auf meine Fragen reagierte.
Wir haben es ihr gesagt.
,,Was? Warum? Ich dachte, ich kann euch vertrauen. Warum verratet ihr mich dann?" Ich war sauer, doch durfte ich nicht schreien. Sonst würde sie mich hören.
Wir helfen dir damit.
,,Wie wollt ihr mir damit helfen?! Ihr helft mir nicht, indem ihr mich tötet."
Das werden wir ja sehen
Ein gehässiges Lachen ertönte in meinem Kopf. Es wurden immer mehr Stimmen. Alle waren verschieden. Das Gelächter war deutlich zu hören. Ließ meinen Kopf schmerzen. Ich versuchte die Tränen zu unterdrücken. Den Schmerz zu verstecken. Ich kniff meine Augen zu und lauschte den Geräuschen, um mich abzulenken.
Ich hörte keine Schritte!
Es war ruhig. Viel zu ruhig.
Ich guckte also aus meinem Versteck und sah, dass es mittlerweile mehrere Gestalten waren. Sie alle schauten mich an und kamen näher.
Ich stand also auf und ging einige Schritte zurück. Inzwischen war es eine ganze Armee, die auf mich zukam. Ich schritt immer weiter zurück.
Und dann, als ich drohte vom Dach zu fallen, holten die Gestalten ein Messer hervor und rannten auf mich zu.
Ich sprang.
Ich sprang vom Dach. Hatte akzeptiert, dass ich nun sterben würde. Dass sie mir damit helfen wollten.
Doch dann, dann passierte etwas, was mich überrascht hatte. Was mich rettete. Etwas, womit ich niemals gerechnet hatte.
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