Kapitel 1

Mal wieder war ich klitschnass wach geworden. Ich war es nicht anders gewohnt. Jede Nacht hatte ich Alpträume, die mich plagten und wurde morgens dann, von den anderen Waisen, mit einem Eimer Wasser geweckt. Es war nicht mehr schlimm. Wie gesagt, ich kannte es nicht mehr anders. Immerhin wurde ich nur so behandelt, wie ich es verdient hatte.

,,Steh auf!'', schrie mich Lisa an. Ihre Freunde lachten. Ich sah sie nicht an, so wie immer.

,,Teresa wartet unten, wehe du kommst zu spät. Obwohl... bleib ruhig noch hier oben, vielleicht kriegst du dann wieder kein Taschengeld.''
Dann lachte sie und verschwand mit den anderen aus meinem Zimmer.
Teresa war die Heimleiterin. Sie hatte Lieblinge, von denen ich definitiv keine war. Sie hasste mich, was aber auf Gegenseitigkeit beruhte.

Ich machte mich also, lustlos wie immer, fertig für die Schule. Ich hatte nicht viele Klamotten. Nur einen schwarzen Hoodie, eine blaue und schwarze Jeans und zwei T-shirts. Klar bräuchte ich mehr...
Aber wenn ich mehrere Monate kein Taschengeld bekam, musste man sich eben Prioritäten setzen und da kaufte ich mir lieber Essen als Klamotten. Als ich fertig angezogen war, packte ich noch schnell meine Tasche und ging dann runter in den Speisesaal.

Er war groß. Alt. Braun. Die Wände waren früher mal weiß gewesen. Früher. Jetzt waren sie gelb. Eklig gelb. Der Boden war weiß und schwarz. Die Farben des Laminates waren schon verblasst. Auch waren mehrere große Kratzer auf dem Boden zu erkennen. Die Tische waren braun. Aus Holz.
In viele Tische wurde etwas reingeritzt. Die Stühle waren nicht außergewöhnlich. Es waren solche Stühle, die es auch in den Schulen gab. Unbequem. Aber was war hier schon bequem? Einladend? Nichts. Absolut nichts.
Die Kantine war voll. Mehrere Heimkinder drängelten, um noch das gute Essen zu bekommen. Denn in ein paar Minuten würde es keine Blaubeermuffins mehr geben, sondern Haferbrei. Ekligen Haferbrei. Die Kinder, die nun mal nicht schnell genug waren, bekamen den Haferbrei. So war das hier. Undzwar immer.

Ich steuerte geradewegs auf meinen Platz zu. Wollte meine Tasche dort ablassen und danach zur Kantine gehen, um mir Frühstück zu holen. Ich beeilte mich nicht. Mir war egal, was ich aß. Hauptsache ich aß etwas, damit ich nicht noch dünner werden würde.

Oft bekam ich erst gar kein Frühstück, weil ich zu spät kam, aber war das ja eigentlich klar. Immerhin musste ich mich erst abtrocknen.

,,Aylin!'', schrie Teresa und kam auf mich zu gestampft. Ihre blonden Haare waren zu einem Zopf gebunden, welcher sie alt erschienen ließ. Keine Ahnung, wie alt sie war.
Dass sie mich angesprochen hatte, ignorierte ich und ging weiter zu meinem Tisch.

,,Was fällt dir eigentlich ein, immer zu spät zu kommen? Du bist nichts Besonderes und wirst es auch niemals sein, also verhalte dich nicht so!''
Ich antwortete nicht. Drehte mich aber zu ihr um und blickte sie an.

,,Kein Frühstück für dich!'', schrie sie wieder. Sie war es zwar gewohnt, dass ich nicht sprach, jedoch wurde sie deshalb noch oft genug wütend. Es interessierte mich aber nicht. Wieso sollte es auch? Ihre Meinung interessierte mich nicht.

Nachdem sie mir nochmal einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, verschwand sie und ging an ihren Esstisch.

Jeder sollte sie jetzt eigentlich gehört haben und meine Vermutung bestätigte sich, als ich in Lisas glückliches Gesicht blickte.

Da ich ja eh kein Frühstück bekam, verschwand ich aus dem Speisesaal. Raus in den Garten, den Weg zur Schule. Zwar wäre ich dann zu früh da, aber das war egal. Die Schule war zehn Minuten von hier entfernt. Ich wäre also zwanzig Minuten zu früh da. Nichts Besonderes.

Ich hatte jetzt Englisch. Ein Fach, welches ich nicht mochte. Ein Fach, in dem ich wieder nicht wahrgenommen wurde. Es ist traurig, dass man mich nur wahrgenommen hatte, wenn man mich wie Lisa, mit einem Eimer Wasser wecken will oder mich wie Lisa, beleidigen will. Sie und ihre Freunde sind die einzigen die mich wahrgenommen hatten und das auch nur Morgens und Abends, um mir Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Ich war es gewohnt. Das war mein Leben.
Schrecklich für andere, normal für mich.

Heyy
Danke, dass ihr dieses Buch lest :)
Es werden regelmäßige Updates folgen. Wenn ihr irgendwas habt, was ich verbessern kann, schreibt es mir.
Ich versuche es dann zu verbessern ;)

Byyee

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