7. Kapitel
"Was soll ich nur mit euch beiden anstellen?"
Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Ich hätte nicht erwartet, dass unsere kleinen Streits Folgen mit sich ziehen könnten. Wobei das Wort klein, hier eher relativ war. "Ihr könnt verstehen, dass dies so nicht weiter gehen kann, oder?" Aus dem Augenwinkel sah ich Hyunjin, wie er nickte und automatisch widerholte ich seine Bewegung.
"Möchtet ihr mir vielleicht erst einmal erklären, was überhaupt passiert ist? Und am besten auch wie es angefangen hat?" Genau erklären konnte ich nichts, da wir immer wegen den unnötigsten Sachen stritten, teilweise auch einfach so, ohne Grund. "Es macht einfach Spaß ihn zu provozieren", antwortete Hyunjin, dem scheinbar Ähnliches durch den Kopf gehen mussten.
Resigniert seufzend wandte Mr. Zhang sich jetzt auch mir zu. "Und bei dir, das selbe?" Leicht grinsend nickte ich. "Es ist lustig anzusehen, wie ich ihn immer mehr an seine Grenzen bringe, er aber trotzdem noch glaubt, mir überlegen zu sein." Sofort war ein widersprechendes Schnauben von Rechts zu hören. "Als ob du mich aus der Ruhe bringen könntest. Erst heute hast du gezeigt, wie instabil und leicht zu brechen du doch bist." Gerade als ich den Älteren anmotzen wollte, schrie uns der Schulleiter an, aufzuhören.
"Ihr seid schlimmer als meine beiden Kinder, und die sind 3 und 5! Das einzige was eurer kaputten Beziehung noch helfen kann, ist mehr Zeit miteinander zu verbringen, und damit zu lernen sich zu verstehen. Und wo kann man dies besser machen, als beim gemeinsamen Nachsitzen?" Geschockt sah ich ihn an, dass konnte doch nicht sein Ernst sein! "Ähm, ist das nicht ein bisschen zu hoch gegriffen? Wir haben schließlich keine der Schulregeln gebrochen", versuchte auch Hyunjin unsere Bestrafung abzumildern.
"Oh doch! Ich hab einige Beschwerden über euch bekommen, da das heute scheinbar kein Einzelfall war. Ihr stört andere Schuler während ihrer Mittagspause, doch merkt ihr dies nicht mal, so versessen seid ihr in euren Streit!" Die Worte von Mr. Zhang brachten mich zum Nachdenken. Stimmte es, dass wir andere störten? Bestimmt! Würde ich eine außenstehende Person sein, hätte es mich schon längst abgefuckt.
"Sie haben Recht, wann und wie oft sollen wir zum Nachsitzen kommen?", erkundigte ich mich, da ich der Meinung war, unseren Schulleiter sowieso nicht mehr umstimmen zu können. "Bah, was für ein ekelhafter Schleimer du doch bist", flüsterte Hyunjin mir ins Ohr. Genervt raunte ich zurück, "Ich hab einfach nur eingesehen, dass ich einen Fehler gemacht hab und versuche diesen nun auszugleichen. Diese Einstellung könnte dir auch nicht schaden, Hwang!"
"Schön dass du fragst, die Sporthallen müssten mal wieder sortiert und geputzt werden. Von mir aus könnt ihr jetzt gleich anfangen, ich komme jede Stunde vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Und jetzt hopp hopp, je eher ihr anfangt, desto früher seid ihr fertig." Mit diesen Worten erhob er sich aus seinem Lehrersessel und scheuchte uns auch hoch. "Na toll, erniedrigender geht es gar nicht. Wegen dir soll ich jetzt zur Putzfrau werden, schönen Dank auch, Lee!" Bei meinen nächsten Wörtern musste ich leicht lachen.
"Kein Grund gleich Trans zu werden. Aber vielleicht findest du als Mädchen endlich deine Schönheit wieder. Es sei denn, du hattest sie überhaupt schon mal." Dass ich damit uns beide knallhart anlog, ignorieren wir einfach. Hyunjin könnte es problemlos auf ein Cover von so ner berühmten Modezeitschrift schaffen. Dass was ich bei unserer ersten Begegnung gedacht hatte, stimmte schon, er war wunderschön. Doch konnte ich mich schlecht auf die Seite meines Feindes stellen, weshalb es besser war zu lügen.
Ich merkte gar nicht, wie wir schon bei den Hallen ankamen, so vertieft war ich in meine Gedanken. Meine Gedanken zu Hyunjin... Man, dass musste echt aufhören. "Heute sperre ich euch nur Halle eins auf, wenn ihr heute nicht fertig werdet, müsst ihr morgen nochmal ran. Halle zwei ist dann nächste Woche dran." Kurz bevor er sich verabschieden wollte, hielt er nochmal kurz inne.
"Und bevor ich es vergesse, ich hätte gerne eure Handys. Nicht dass ihr denkt, ihr könntet dort drin auf Social Media chillen. In einer Stunde komm ich wieder vorbei, bis dahin will ich einen Fortschritt sehen." Mit diesen Worten ließ uns Mr. Zhang endlich alleine und wir standen nun vor der aufgeschlossenen Sporthalle. "Wollen wir rein gehen, oder hattest du vor ein Baum zu werden und Wurzeln zu schlagen?", zog ich ihn auf. "Langsam solltest du dich entscheiden. Willst du jetzt doch eher eine Sie oder ein es werden?", spielte ich auf unsere Situation mit der Putzfrau an.
"Wir sollen uns vertragen, und du machst dort weiter wo wir aufgehört haben. Dabei hast du vorhin noch irgendwas von Fehler begleichen gefaselt. Und jetzt komm, meine kleine Putzfrau." Bevor ich mich über den Spitznamen beschweren konnte, zog er schon die Tür auf und schlüpfte durch den entstandenen Spalt. Mir bleib nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Als ich an den vielen Umkleidekabinen vorbeihuschte viel mir mal wieder auf, wie groß dass hier alles war. Wäre Hyunjin nicht da, hätte ich mich glaube ich schon längst verlaufen. Ich war bisher erst einmal hier, einmal fiel der Sportunterricht aus, da Mr. Wang krank war und einmal war mir schlecht, sodass ich mich abholen lassen hab.
Die Schulprinzessin lief sehr schnell, sodass ich mich wie ein kleiner Chiwawa fühlte, der mit seinen kleinen Beinen kaum hinterher kam. Er kam fünf Sekunden vor mir an der Tür zur inneren Halle an, hielt es aber nicht für nötig, mir diese aufzuhalten. Stattdessen blickte er nur kurz über seine Schulter. "Kannst du dich nicht mal beeilen, ich will das so schnell wie möglich hinter mich bringen."
Also ging ich hinter ihm rein und sah mich erstmal ein bisschen um. Es roch nach Gummiboden und Körperschweiß, keine Angenehme Mischung. Meine Sneaker quietschten auf dem Hallenboden. Mein Blick schweifte zu Hyunjin, der ebenso angetan war, wie ich. "Nächstes Mal nehme ich meinen Raumbedufter mit, hier stinkt es, als hätten drei Basketballmannschaften auf einmal trainiert..." Dieses eine Mal musste ich ihm zustimmen.
Ich ging an die gegenüberliegende Seite und schob das Rolltor nach oben. Zum Vorschein kamen Bälle, Leibchen, Hüttchen, Reifen und sogar einige Springseile. Und das beste, alles total unordentlich und ohne jegliches Prinzip. "Das sieht aber ganz schön nach Arbeit aus..." Am liebsten würde ich einfach wieder gehen. Sollten die Leute, die es auch so chaotisch hinterlassen hatten aufräumen, ich machte dass auf jeden Fall nicht. erst Recht nicht ohne Musik.
"Also ich geh mal nach hinten und sortiere die Matten, viel Spaß beim heben der Medizinbälle!" Er musste ja nicht wissen, dass ich mich bei den Matten eher ausruhen wollte. "Das hättest du gerne! Ich mach doch nicht die schwere Arbeit, während du dein Leben chillst und mir zuschaust!" Mist, er hatte mich durchschaut...
"Aber hattest du nicht mal gesagt, du wärst sowieso stärker als ich? Beweis es mir jetzt. Alle Sachen müssen erstmal raus, um danach ordentlich wieder eingeräumt zu werden." Auffordernd sah ich ihn an. "Ich bin doch nicht dein Diener, mach das gefälligst selbst!" Auf keinen Fall, am Ende würde ich davon nur noch Muskelkater bekommen!
Trotzdem ging ich in die Kammer und nahm einen dieser Knautschbälle in die Hand, die fast nichts wogen. Ruckartig warf ich meinen Aufräumpartner damit ab. Da dieser es nicht kommen sah, landete der Ball genau in seinem Gesicht. "Nicht mal fangen kannst du", schon ein bisschen enttäuscht wollte ich nach den nächsten Bällen greifen, doch ich hatte meine Rechnung ohne Hyunjin gemacht.
Er warf mir den Ball wieder zu, doch da ich mich gerade bückte, prallte er genau an meinem Arsch ab. Dadurch, dass ich nach unten schaute, sah ich dies allerdings nicht, sondern dacht, es wäre Hyunjins Hand gewesen. Deswegen schrie ich ihn auch sofort an. "Was bildest du dir eigentlich ein. Denkst du ernsthaft, ich lass mich auf deine Spielchen hinab? Als ob ich deine kleine Schlampe wäre! Dass bekommst du zurück!"
Hyunjin starrte mich die ersten Momente an, als sei ich ein Auto, doch dann merkte er, was ich vor hatte, weshalb er schnell die Flucht ergriff. Denn direkt nach meinen wütenden Worten sammelte ich mindestens sechs Bälle auf und bewarf ihn damit im Schnellfeuer. Stolz, dass mehr als die Hälfte ihn tatsächlich berührt hatte, machte ich gleich weiter. Mit vier meiner runden Geschosse auf dem Arm jagte ich ihn durch die ganze Halle. Hin und wieder warf ich, doch traf nie, da er wie ein Hase im Zickzack rannte.
"Komm schon du Feigling, zuerst haust du mir auf den Arsch und danach rennst du weg! Sowas soll sich Top nennen dürfen? Gibt mir aber gerade eher Bottom Vibes!" Ich wusste, ich spielte in dem Moment mit dem Feuer, doch ich gewann den Kampf. Ruckartig blieb er stehen und drehte sich zu mir um. Meine perfekte Chance, meine letzte Waffe loszuwerden. Ich streckte den einen Arm nach vorne, um mit dem anderen den Ball mit so viel Schwung wie möglich zu werfen. Und ich traf. Genau in seine Croth Area...
Jetzt hieß es wegrennen! Nach Hilfe schreiend rannte ich so schnell wie möglich um mich hinter den Matten zu verstecken. Gerade als seine Schritte immer lauter wurden und ich verzweifelt nach einem Ausweg suchte, wurde plötzlich alles Schwarz um mich herum. Nicht mal seine eigene Hand vorm Gesicht konnte man erkennen. In dem Moment verfluchte ich die Architekten, dass sie keine Fenster eingebaut haben lassen.
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