35. Kapitel

TW: Panikattacken

Das letzte was ich sah, bevor ich in die Dunkelheit abdriftete war Hyunjin's wütendes Gesicht.

Als ich aufwachte, tat mir alles weh. Mein Kopf dröhnte, als hätte ich einen Vorschlaghammer in ihm eingebaut. Ich versuchte mich vorsichtig aufzurichten, bevor mein Körper nachgab und ich wieder kraftlos in das fremde Bett fiel. Mein Hals schmerzte so sehr, dass ich nicht einmal richtig schlucken konnte. Und das aller schlimmste: Ich hatte keine Ahnung warum es mir so ging. Was ich in diesem Zimmer machte.

Dieses mal war ich vorsichtiger als ich mich umschaute, drehte nur meinen Kopf. Nichts kam mir bekannt vor, es gab nicht mal den kleinsten Hinweis, in wessen Bett ich mich befand. Die Gardinen waren nur zur Hälfte zugezogen, doch auch aus der Aussicht konnte ich nichts deuten. Ich seufzte laut und fragte mich im stummen, warum genau mir an meiner ersten Hausparty sowas passieren musste.

Ich hörte, wie sich die Türklinke runter drückte und sah schnell nach, der neues den Raum betreten hatte. Wofür ich nur eine Millisekunde später meine Strafe bekam, sodass ich vor Schmerz laut aufstöhnen musste. „Oh mein Gott, Baby. Endlich bist du wach! Ich hatte ehrlich Angst, wir müssten den Notarzt rufen!" Ein aufgeregter Hyunjin, der so aussah, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen kam auf mich zu und wollte mich in eine Umarmung ziehen. Doch angesichts meines Gesamtzustandes unterbrach ich sein Vorhaben schnell. „N-nich-" Scheiße, tat mein Hals weh. Was war nur passiert?

„Hast du Schmerzen? Wo?", schob er schnell die zweite Frage hinterher, als er merkte, dass seine erste nicht wirklich schlau gestellt war. Ich traute mich noch nicht zu sprechen, weshalb ich vorsichtig meinen Arm hob und auf meinen ganzen Körper zeigte. „Oh, warte kurz. Ich hol dir ne IBU. Eine Sekunde!" Genauso schnell, wie er erschienen war, verschwand Hyunjin auch wieder.

Währenddessen zog ich meinen eigenen Körper unter Beobachtung, da ich wissen wollte, woher der Schmerz kam. Ich trug nur ein Schwarzes Oversize T-Shirt, sonst nichts. Dadurch konnte ich große, blaue Blutergüsse an meinen Handgelenken wahrnehmen. Diese verteilten sich teilweise auch noch über meinen Torso, bis hin zu den Oberschenkeln. Ich hatte gerade keinen Spiegel zu Hand, doch ich würde meine beiden Dads darauf verwetten, dass mein Hals genauso aussah wie meine Arme.

Durch Hyunjin hatte ich nun zumindest einen Tipp wo ich mich befand. Vermutlich hatte ich mich so abgeschossen, dass er mich zu sich nach Hause gebracht hatte. Doch hatte ich immer noch keine Erklärung für meine Verletzungen, da ich Hyunjin so weit vertraute, dass er mir niemals absichtlich weh tun würde. Doch als ich meine Augen schloss, zuckte ein einzelnes Bild durch meinen Kopf. Hyunjin wie er wütend auf mich herab sah, während ich mich in einer ähnlichen Position wie jetzt befand.

War es doch er gewesen? Hatte ich was falsch gemacht? Wurde er deswegen so wütend? Fragen über Fragen, aber alles nur Vermutungen statt richtigen Antworten. Ich wurde durch ein Poltern aus meinen Gedanken gezogen, als der Ältere ins Zimmer kam und fast stolperte. „Sorry, dass ich so lange gebraucht hab. Ich wusste nicht wo die Schmerztabletten sind, weshalb ich erst einmal die halbe Küche umräumen musste."

Er setzte sich links neben mich an die Bettkante, doch mein Misstrauen ließ mich weiter von ihm weg rutschen. Kurz blitzte sowas wie Schmerz durch seine tief braunen Augen, bevor er sich dazu zwang, mich anzulächeln. Doch selbst ein Blinder konnte merken, dass es nicht echt war. „Ähm, hier." Er übergab mir ein Glas Wasser und eine ovale Tablette. Als ich sie ihm abnehmen wollte, berührte seine Hand leicht meine, was mich zum heftigem zusammen Zucken brachte.

Wie vorhin schoss eine Erinnerung den Vordergrund. Zwei lange Hände, wie meine Handgelenke fest zusammenhielten. Ich konnte den Schmerz und die Angst quasi ein zweites Mal fühlen, so real fühlte es sich an. Die Tablette zu schlucken bereitete mir zwar höllische Schmerzen doch ich unterdrückte die Tränen, in der Hoffnung, dass es gleich besser werden würde.

„W-was- pas-siert?", brachte ich den grammatikalisch komplett falschen Satz raus und hielt ihm währenddessen meine Handgelenke hin. Innerhalb eines Wimpernschlags war der Schmerz in seinen Augen zurück. Dieses mal verzog sich auch sein Gesicht dazu, die sonst so weichen Lippen, waren nur ein harter Strich. „Es tut mir leid, dass ich dich alleine gelassen hab. Ich hab dir versprochen dich zu beschützen aber..." Die Art wie seien Stimme brach, trief mir fast Tränen in die Augen.

„Nur wegen mir trägst du all diese Verletzungen an dir. Dabei bist du der letzte der sowas verdient. Du bist ein Engel und trotzdem war ich unvorsichtig. Es tut mir so unfassbar leid!" Jedem normalen Menschen hätte in dieser Situation Mitleid mit dem stumm vor sich hin weinenden Jungen gehabt, doch dass einzige was ich denken konnte war, dass er mich wirklich so misshandelt hatte.

Er hatte es selbst gesagt, es war seine Schuld, dass ich jetzt so aussah. „I-ch hab dir ver-traut!" Obwohl es physisch und psychisch extrem weh tat, diese Worte auszusprechen, schrei ich sie ihm mit möglichst viel Hass entgegen. Meine Erinnerungen waren zwar noch nicht ganz zurück, doch ich wusste mittlerweile wieder, wie er mich hoch in ein Zimmer gezogen hatte und danach wusste ich nur noch, wie er mich fest gewürgt hatte, weil ich doch aufhören wollte.

„W-ie kon-ntest du nur?" Mit einem traurigem Blick voller Reue entschuldigte er sich und floh aus dem Zimmer. Ließ mich einfach so zurück, obwohl es mir mental gerade richtig scheiße ging. Ich fühlte mich beschmutzt und ausgenutzt. Ich wusste nicht, wie weit Hyunjin gestern Abend gegangen war, doch mein Hintern war gefühlt das einzige was mir nicht weh tat. Ob jemand dazwischen gekommen war und mich aus der Situation befreit hatte?

Ich wollte mich so gerne gerade duschen, seine Berührungen von mir waschen, doch ich traute mich noch nicht einmal, aufzustehen. Mit meinen negativen Halb-Erinnerungen rutschte ich tief in eine meiner Gedankenspiralen und bemerkte war nicht mehr, dass ich heftig anfing zu zittern.

Ich bekam kaum Luft als mein Gehirn realisierte, dass ich gegen meinen Willen angefasst wurde. Die bekannte Panik rann durch meinen Körper als ich mich erinnerte, was mir gesagt wurde, nachdem ich gebettelt hatte, dass er aufhört. „Damit musst du Leben. Und jetzt blas mir endlich einen!" Wie konnte man nur weiter machen, wenn man ganz genau wusste, dass es die andere Person nicht wollte?

Ich begann zu hyperventilieren und krallte mich in meine Bettdecke. Gedanken schossen wie Pistolenkugeln auf mich ein, und jede hatte die gleiche Wirkung. Ich konnte fast spüren wie sie mich durchbohrten, von innen her auffraßen. Immer mehr Kontrolle verlor ich und kratzte die alten Wunden an meinen Unterarmen unbewusst wieder auf. 

Der Schmerz sollte mich ablenken, ich wollte nicht mehr dran denken, wie ich gegen meinen Willen jemandem einen Blowjob gab. Diese Vorstellung zerfickte wortwörtlich meinen Kopf und all die Standpunkte, die ich sonst immer mit Selbstbewusstsein vertrat. Ich fühlte mich absolut unwohl in meinem Körper, hätte mich am liebsten so lange abgeschrubbt, bis auch die letzten Fingerabdrücke von meiner Haut verschwunden waren.

Immer heftiger atmete ich ein, erstickte halb an meinem eigenen Schluchzen und den Tränen, die meine Wangen runter liefen. 

Plötzlich spürte ich, wie eine zweite Decke sanft über mich gelegt wurde und als ich mit verheulten Augen aufsah, traf mich Jisung's mitfühlender Blick. „Hey, Lixie." Ich wusste zwar nicht, was er hier gerade machte, doch ich war noch nie so froh gewesen, sein Gesicht vor mir zu sehen. „Ji!" Ich rollte mich etwas zu ihm hin und er verstand meine kläglichen Versuche, zu ihm zu kommen richtig.

Vorsichtig stieg er neben mir ins Bett und fing erst einmal an, mit einem Finger sachte über meinen Arm zu fahren. Zuerst versteifte ich mich komplett, doch seine sanften Berührungen erinnerten mich daran, das er keine bösen Absichten hatte. Wir verbrachten mindestens 20 Minuten so beieinander. Jisung berührte immer mehr meiner Haut, bis ich mich schließlich in einer offenen Umarmung befand.

So schön dieser Moment gerade war, stellte sich mein Kopf immer die ein und selbe Frage. Ich wollte endlich Gewissheit. „Sungie, w-wurde ich ver-gewaltigt?" Das Sprechen war immer noch unangenehm doch durch die IDU spürte ich wenigstens keinen großen Schmerz mehr. „Zum Glück nicht. Hyunjin hat dich rechtzeitig gefunden. So konnte dieser Dreckskerl nicht mehr tun, als dir diese Wunden zuzufügen. Jinnie gibt sich die alleinige Schuld, obwohl er gar nichts dafür kann."

Warte mal- Wovon sprach mein bester Freund? „Was?" Verständnisvoll streichelte er mir über die rechte Schulter und fing an noch mal in Ausführlich zu erklären. „Kim Daejung. Er war noch nicht einmal eingeladen, scheinbar hat ihn Yeonyun mitgebracht oder so. Gerade als Hyunjin dir ein Wasser hohlen wollte schlich Daejung wohl in dein Zimmer. Denn als Jinnie wieder kam, war er gerade dabei, dich heftig zu würden. Deswegen sieht dein Hals auch so aus, wie er aussieht. Apropos, ich hab noch Verbände und eine Salbe hier. Brauchst du was?"

Geistesgegenwärtig nickte ich, jedoch realisierte ich die Bedeutung seiner Worte nicht. Das einzige was in meinem Kopf platz fand, war der Fakt, dass ich Hyunjin zu Unrecht beschuldigt hatte. Er war die Person, die mich vor schlimmeren bewahrt hatte, doch wie dankte ich es ihm? Ich fühlte mich so schlecht, dass ich diese Variante auch nur als möglich angesehen hatte. Ich musste mich unbedingt bei ihm entschuldigen!

Jisung kam gerade mit einem Erst-Hilfe-Kasten in der einen, eine große Salbe in der anderen Hand in den Raum. „Weiß du, wo Hyune ist?"

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Kann man durch den Text erkennen, dass es mit mir mental gerade absolut den Bach runter geht?

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