Kapitel 23 ❀ humeur triste
LOUIS - ANTOINE
Was glaubte Aliénor noch gleich? Dass ich mit Marie Brienne glücklich sei?
Erst jetzt fiel mir auf, wie dürr die Arme des Miststücks von Verlobten tatsächlich waren. Normalerweise glaubte ich nicht, dass Menschen sich von Grund auf ändern konnten, doch der ganze Prunk und der Platz als zukünftige Kaiserin hatten ihre letzten guten Eigenschaften zerstört.
Ihre eigenen Sorgen waren ihre Schönheit und ihr Platz an der Sonne. Gefühle anderer spielten für sie keine Rolle mehr. Um ihren Posten zu erhalten, war ihr selbst ihre Schwester egal.
„Ich warte", gab sie mir ungeduldig zu verstehen und zog eine Augenbraue in die Höhe. Zeit, ich brauche Zeit, dachte ich mir bloß, und rieb mir die Augen, bevor ich mich erhob.
Jetzt musste ich einen kühlen Kopf bewahren. Entweder ich blieb mit dem blonden Teufel zusammen und heiratete sie, oder ich ließ meine und ihre Verlobung zurückrufen und zerstörte damit Aliénors Eheglück. Es spielte keine Rolle, wie sehr ich sie liebte und ihn hasste... sie würde sich für immer von mir abwenden.
Erneut fluchte ich in Gedanken auf, dass ich den Bastard des spanischen Königs, Liliette von Spanien, Marie Brienne als Hofdame zugeteilt hatte. Diese war von meiner Verlobten sicherlich auf Aliénor aufgehetzt worden, und hatte somit Informationen über unsere Affäre erhalten.
„Nun gut, i-ich werde Euch heiraten", presste ich schließlich hervor, als hätte ich einen Marathon hinter mich gebracht. Ein zufriedenes Grinsen zierte ihre Lippen, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte. Wir standen uns direkt gegenüber, und ich befürchtete bereits, dass ich ihr schon bald an die Gurgel springen würde. Von meinem Mitleid für sie war nichts mehr übrig.
In diesem Augenblick klopfte es. „Herein", murrte ich bloß, den Blick nach wie vor auf das Gesicht Marie Briennes gerichtet.
„Ähm...", sagte die eingetretene Person und ich drehte mich augenblicklich um, als ich realisierte, dass es Aliénor war, die wohl glaubte, dass wir beide aufgrund unserer Nähe gerade dabei gewesen waren, intim zu werden.
„I-Ich wollte nicht stören...", begann sie daraufhin unsicher, doch ihre ältere Schwester machte eine lässige Handbewegung, ehe sie sich zu ihrer Schwester drehte und anmutig das Kinn hob, um auf sie zuzugehen. „Du stört doch nie, petite sœur. Ich habe sowieso noch einige Dinge zu erledigen. Auf Wiedersehen... Majestät - Schwester."
Sie nickte uns beiden freundlich zu, als wäre nichts geschehen.
Bevor sie die Tür hinter sich schloss, drehte sie sich jedoch noch einmal zu mir um, zwinkerte und verließ daraufhin den Raum. Innerlich kochte ich vor Wut. Dieses Miststück trieb es wirklich bis an die Spitze.
Nicht, dass es mich verletzte, dass ihr es nichts ausmachte, Alienor und mich alleine zu lassen - schließlich wusste sie ja von der Affäre.
Jedoch war es schrecklich zu wissen, wahrscheinlich den Rest meines Lebens mit ihr verbringen zu müssen... bloß Aliénor würde mich in Zukunft etwas mit ihrer Gegenwart aufmuntern können - wenn ihr zukünftiger Ehemann sie nicht wegsperrte.
ALIÉNOR
„Ich hoffe, dass alles in Ordnung ist bei Euch und meiner Schwester", bemerkte ich zaghaft, worauf er aufschreckte, als wäre er in Gedanken gewesen. „N-Natürlich."
„Darf ich mich setzen?", bat ich ihn schließlich, als er nun mich ebenso nachdenklich musterte, dass mir ganz unbehaglich wurde. Weshalb schaute er so angespannt drein? Lag es an mir oder an meiner Schwester? Wenn ich mich nicht getäuscht hatte, hatte er ihr eben noch einen hasserfüllten Blick zugeworfen, ehe ich meine Anwesenheit bekannt gegeben hatte.
„Ich bitte darum."
Dankend zog ich einen kleinen Sessel zu seinem Pult dazu, ehe ich zögernd begann zu lächeln. „Gut... möglicherweise erscheint Euch diese Bitte etwas eigenartig, da wir beide erst seit kurzer Zeit eine... Freundschaft teilen. Könntet Ihr Euch trotz alledem vorstellen, bei meiner Hochzeit dabei zu sein?"
„Bei Eurer Hochzeit?" Für einen kurzen Moment schien er irritiert zu sein, sodass ich schnell ein „Selbstverständlich nur, wenn Ihr möchtet - geschweige denn Zeit habt..." hinzufügte. Louis-Antoine blinzelte unwillkürlich, ehe er seine Hände auf den Sessellehnen ablegte.
„Wir sind doch eine Familie", sagte er dann. „Natürlich werde ich anwesend sein. Allein aus Prinzip wäre es unhöflich, nicht zu erscheinen."
„Ja...", stimmte ihm schließlich zu, und merkte, wie sich ein Unwohlsein in meinem Inneren ausbreitete, als er ansprach, dass wir unweigerlich miteinander verbunden seien. „Ich war mir bloß nicht sicher, ob Ihr es unbedingt wollt. Meine Beziehung zu Ra- zu Álvarez gefiel Euch ja nie... unbedingt."
Warum habe ich dieses Gespräch überhaupt zu ihm gesucht?, stellte ich die Frage hilfesuchend in Gedanken an mich selbst. Es war so unangenehm, wenn ich ihn bat, zu kommen und zudem noch auf seine Eifersuchtsszenen in den letzten Wochen hinwies. Selbst wenn ich nun wusste, dass er nicht mehr eifersüchtig war, war es für mich persönlich eine eigenartige Situation.
Auch Rafael würde mich spätestens nach unserer letzten Unterhaltung sehr komisch von der Seite anschauen, wenn er wissen würde, was ich gerade tat.
( r ü c k b l i c k )
Kaum war Louis-Antoine verschwunden, drehte sich Rafael mit einem undefinierbaren Ausdruck der Enttäuschung im Gesicht zu mir um. „Weshalb hast du deine Hand so schnell hinfort gezogen?"
„Rafael", sprach ich ihn sanft an. „Der Kaiser und ich sind befreundet. Ich zog sie bloß weg, weil ich selbstverständlich nicht wollte, dass man es sieht. Stell dir vor, was andere Leute interpretieren hätten können!"
„Wahrscheinlich genau das, was ich auch in diesem Moment interpretiere", entgegnete er schnaubend und wandte seinen Blick von mir ab.
Ich war ganz überfordert mit der Situation, da ich nicht erwartet hätte, dass ein kurzer, versuchter Körperkontakt mit meinem baldigen Schwager eine Auseinandersetzung mit Rafael auslösen konnte.
„Diese Geste beruht auf rein freundschaftlicher Basis", erklärte ich ihm schließlich nach wie vor liebevoll, und ignorierte die Stimme in meinem Kopf, die meiner Antwort widersprechen wollte.
„Nun gut, ich glaube dir. Aber den Blicke, die er dir schenkte, nach zu urteilen, hat er die Geste als etwas anderes verstanden.
Klar weiß ich, dass er der Verlobte deiner Schwester und der Kaiser von Frankreich ist, aber immerhin ließ er mich in den Kerker werfen und hat dich schlimmer behandelt als seine Bediensteten! Wieso sollte er das nicht getan haben, weil er dich begehrt? Und weshalb möchtest du unbedingt eine so enge Freundschaft zu ihm aufbauen, wenn du ihn nie mochtest?"
Seine Behauptungen über Louis-Antoines Gefühle mir gegenüber ließen mich ihn kurzzeitig anstarren, bis ich jedoch mit dem Kopf schüttelte, um meine Gedanken aus diesem zu verbannen.
„Wir haben bereits darüber gesprochen. Er hat sich geändert. Es tut ihm leid...", erklärte ich ihm ruhig und nahm seine Hand in meine.
„Ach, und tut es ihm auch leid, dass er mich verfolgen lassen hat?!", wollte er gehässig wissen, sodass ich selbst überrascht war, wie laut und wütend er war. Selbstverständlich war er ein leidenschaftlicher, temperamentvoller Mensch; jedoch konnte ich den Zusammenhang seiner Worte nicht ganz verstehen.
Verwirrt blinzelte ich deshalb. „Wie bitte? Wir haben gegen das Gesetz verstoßen, Rafael... was ist los mit dir?"
„Ach, jetzt ist er auch noch unschuldig!", meinte er patzig und funkelte mich an, ehe seine Gesichtszüge sich augenblicklich entspannten und er schon fast niedergeschlagen dreinschaute.
„Und mit dem Kaiser hast du plötzlich Spaß. In meiner Gegenwart warst du seit dem Tod deines Vaters schon lange nicht mehr so gutgelaunt..."
Ich nahm einen tiefen Atemzug, ehe ich über seinen Handrücken strich. „Beruhige dich, Rafael. Du und ich sind verlobt. Ich liebe dich, verstanden? Ich will einfach nur glücklich mit dir sein. Ohne diese Eifersuchtsszenen."
( - )
Selbst wenn ich das Gefühl hatte, dass sich Rafael dadurch beruhigt hatte und er mich daraufhin in den Arm genommen hatte, nachdem er seinen Gefühlsausbruch mit seinem überschwänglichen Fürsorge-Drang entschuldigt hatte... kam es mir komisch vor, alle Empfindungen für Louis-Antoine abgestritten zu haben. Denn sie existieren in mir, und gingen nicht hinfort.
Noch während ich meinen Cousin ansah und auf seine Reaktion wartete, gingen mir diese Gedanken durch den Kopf. Erinnerungen kamen in mir hoch und besetzten mein Herz.
Alles wurde dadurch unterbrochen, als er antwortete: „Ich werde erscheinen. Schließlich schulde ich Álvarez und dir eine Entschuldigung, die nicht nur aus bloßen Worten bestehen sollte." Dann lächelte er niedergeschlagen.
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Übersetzungen
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( TITEL ) → Traurige Stimmung
( n'est-ce pas? ) → Nicht wahr? / Oder?
( petite sœur ) → kleine Schwester
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