Kapitel 10 ❀ ensemble


RAFAEL

Meine Augenlider flatterten auf. Sonnenstrahlen kitzelten meine Nase und fielen über das Parkett. Der Wintersturm von gestern Abend hatte sich gelegt und zarte Eisblumen an den Fensterscheiben gebildet. Es war angenehm warm in Aliénors Gemach; nach wie vor ruhte meine Hand auf ihrer, als ich die schlummernde Blondine schmunzelnd musterte und ihr eine leicht verfilzte Haarsträhne aus dem symmetrischen, zarten Gesicht strich.

Als ich gähnte, hielt ich mir blinzelnd die Hand vor den Mund, und blieb noch einige Minuten neben der Schönheit liegen, als sie sich plötzlich regte.
„Guten Morgen, mi princesa", begrüßte ich sie leise und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe sie ebenfalls gähnte.

„Guten Morgen, mon soldat... wie spät ist es?", erwiderte sie mit leicht angeschwollenen Augen, die von der letzten Nacht rührten. Als ich mit den Schultern zuckte, tat sie es mir verschmitzt lächelnd gleich.

„Ist ja auch egal", bemerkte sie daraufhin schläfrig und kuschelte sich an meinen nackten Oberkörper.
Ihre Nähe tat immer noch so unbeschreiblich gut, dass sich in mir eine Wärme ausbreitete, die nur sie zustande bringen konnte. Welch' Glück es war, mich ihren Freund nennen zu dürfen - sie halten, küssen, beschützen und mit ihr täglich Spaß haben zu können.

„Ich glaube, dass wir uns 'mal anziehen sollten...", sprach sie nach einiger Zeit aus, worauf ich mich nickend aufsetzte. „Ja... vielleicht sollten wir das."

Mein Blick fiel auf ihren nackten Oberkörper, als sie es mir nachtat und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, als meine Augen über ihren Rücken zu ihrem Hinterteil huschten. Sie war tatsächlich makellos - von außen und von innen - und schaffte es vollkommen, mich von meinen Sorgen abzulenken.

Die letzte Nacht war wundervoll gewesen, und ich konnte mich endlich vollends gut fühlen, wenn ich mit ihr schlief, da ich wusste, dass sie dieses Mal keine Schmerzen ertragen hatte müssen.

Es war schon ein wahrhaftiges Wunder, dass sie vor zwei Jahren über Schmerzen geklagt hatte und nun viel selbstbewusster die Initiative ergriff. Da ich mir sicher war, dass sie in meiner Abwesenheit keinen anderen Mann gehabt hatte, erklärte ich diesen Wandel einfach mit ihrer zugenommenen Reife. Schließlich war sie nun nicht mehr 15, sondern 17 Jahre alt.

Seufzend schmunzelte ich und begann, mir mein Oberteil anzuziehen, während Aliénor ihre Kleidungsstücke aufsammelte und mir zulächelte. „Was ist mit dir?", wollte sie neugierig wissen.

„Ich frage mich nur, womit ich dich verdient hab'", gab ich ehrlich zu und zog mir daraufhin die Hose bis zu den Hüften, ehe ich meinen Gürtel zumachte.

Sie biss sich schmunzelnd auf die Unterlippe und sah daraufhin kopfschüttelnd zum Boden.
„Du bist süß", sagte sie mir darauf, ehe sie durch die Fenster auf den Hofgarten schaute. „Och nein", stellte sie enttäuscht fest. „Es hat die letzte Nacht so sehr geschneit, dass die Gärtner eine halbe Ewigkeit brauchen werden, bis sie fertig damit sind, die Hauptwege geräumt zu haben. Und wir können nicht in die Stadt..."

Nun war ich an der Reihe mit dem Kopf zu schütteln. Aliénor war wirklich ein wahrer Freigeist, der immer etwas anderes - egal, was für ein Wetter wir hatten - draußen unternehmen musste. „Hm", überlegte ich laut. „Möglicherweise finden wir auch im Palast eine andere Abwechslung für uns beide. Ich habe heute frei... und mir schwebt da schon etwas vor!"


~*~

ALIÉNOR

„Pssst."
Knarzend schloss sich die Tür hinter Rafael, als dieser sich einen Finger an die Lippen hielt, um mir zu symbolisieren, dass ich mich auch ja ruhig verhalten sollte.

Interessiert trat ich einige Schritte nach vorne, um den Raum, oder wohl eher den großen Saal, den ich so eben betreten hatte, näher zu betrachten. Das kleine Theater, in welches er mich entführt hatte, war in goldenen und dunkelblauen Tönen gehalten und selbst für Versailler' Verhältnisse äußerst prachtvoll.
Staunend sah ich mich hier um.

„Ich weiß zwar nicht, ob die Großmutter des Kaisers es gutheißen wird, dass wir in ihrem privaten Theater herumtollen; doch zumindest hier haben wir unsere Ruhe", erklärte er mir, nachdem wir in vor der Bühne angekommen waren und ich über das dunkle Holz derer strich.

„Es gehört Großtante Marie Antoinette? Sie hat mir nie davon erzählt...", stellte ich verwundert fest und blickte daraufhin zur Decke, an der sich ein barockes Deckenfresko befand.

„Möglicherweise kam sie nie darauf, weil es schon lange nicht mehr in Gebrauch ist. Zufällig wurde ich mal gebeten, hier nach dem Rechten zu sehen... deshalb kenne ich diesen Ort." Er vergrub die Hände in den Hosentaschen, bevor er mit den Achseln zuckte. „Ich weiß, dass es jetzt nicht sooo spannend ist..."

Überrascht schüttelte ich mit dem Kopf. „Sag' das nicht... abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass meine Großtante es schlimm findet, wenn wir uns hier aufhalten, ist dieses Theater genau nach meinem Geschmack. So liebevoll und gemütlich... ganz anders als diese mächtige Oper im Palast!"
Mit wenigen Schritten war ich über die Seitentreppe auf die Bühne gelangt und drehte mich einmal um mich selbst. „Ich kann mir förmlich vorstellen, wie hier damals gespielt wurde..."

Plötzlich kam mir eine Idee. „Wie wäre es, wenn wir hier etwas zusammen tanzen? Ganz alleine, ohne Musik", schlug ich euphorisch vor und legte erneut den Kopf in den Nacken, während ich Rafaels Schritte vernahm.
Kurze Zeit später hatte er sich hinter mich gestellt und die Arme um meinen Oberkörper geschlungen.

„Nichts lieber als das", entgegnete er daraufhin mit rauer Stimme und beinahe hätte ich gekichert, als er mich am Kinn küssen wollte, hätte ich ihn nicht sanft von mir fort gedrückt, um seine Hände in die meinen zu nehmen. „Na, na", sagte ich mit einem verschwörerischen Unterton. „Ich möchte Tanzen."

Schmunzelnd rollte er mit seinen Augen, bevor ich meine linke Hand auf seine Schulter und er seine Rechte an meine Taille legte, sodass wir zusammen einen leichten Walzer tanzen konnten.
Wir lachten und neckten uns gegenseitig, verhielten uns wie die besten Freunde und geheimsten Liebhaber zugleich, doch merkten beide nicht, wie ein Augenpaar uns beide aus der Dunkelheit beobachtete.

Die Hände des Besitzers ballten sich zu Fäusten, doch er verharrte in seiner Position, um sich nicht zu verraten.

Eifersucht durchströmte seinen Körper; er hatte sein Ziel schon vor Augen, während er beobachtete, wie seine große Liebe mit jemanden tanzte, der nicht er selbst war.
Wie sehr er sich jedoch auch dafür einsetzte, sie auseinander zu bringen; des Ziels Lösung stand nach wie vor in den Sternen. Und das brachte ihn zur Weißglut.






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Übersetzungen

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( TITEL ) Zusammen
( mon soldat ) mein Soldat

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