Kapitel 16 ❀ rassurant sur la
ALIÉNOR
Irritiert und immer noch in meinem prunkvollen Festtagskleid hatte ich mich in die Kissen meines Himmelbettes sinken lassen, und betrachtete nachdenklich nun die seidene Decke. Nach wie vor schwirrten hunderte von Fragen in meinem Kopf herum.
Ich verstand nicht, wieso er sich so eigenartig benommen hatte. Gut, er war schon seit unserem ersten Kennenlernen sehr vernünftig, ruhig, etwas verlegen und schüchtern, aber keineswegs unhöflich gewesen! Er schien, als wäre der Leibhaftige selbst hinter ihm her gewesen - so schnell hatte er es gehabt.
Während ich so überlegte, was Rafael damals zu mir gesagt hatte, bevor uns eine lange Zeit bevorgestanden hatte, in der wir nicht zusammen sein würden, bemerkte ich, wie unverfroren der Comte de Gardo sich verhalten hatte. Rafael hatte auf Briefkontakt bestanden, stets versucht herauszufinden, wo die nächsten Bälle stattfinden würden, auf denen man sich treffen konnte. Doch Comte Lorenzo?
Und dabei war er mir so sympathisch vorgekommen. Ich hatte ihn gemocht, sehr sogar. Er war charmant gewesen und war sehr sanft mit mir umgegangen.
Ich schüttelte meinen Kopf. Vielleicht sollte ich mir diesen Italiener einfach aus dem Kopf schlagen. Jetzt konnte ich mir sogar vorstellen, dass er dies alles nur gewollt hatte. Mich zu verletzen, auf den Arm zu nehmen.
Ich wollte es zwar nicht, da mir Maman stets gesagt hatte, nicht zuzulassen, unnötige Tränen aufgrund von dummen Männern zu vergießen, doch konnte ich nicht verändern, dass die Ereignisse mich auf irgendeine Weise traurig machten.
Es klopfte und ich erhob mich schnell wieder, bevor ich mir mein Kleid glatt strich. „Herein", sprach ich mit klarer Stimme, innerlich etwas hoffend, dass es sich um den Comte handeln würde.
Meine Zofe kam herein, machte einen Hofknicks. „Ein gewisser Monsieur Álvarez bittet nach einer Audienz bei Euch, Prinzessin", erklärte sie mir.
„Oh, dann lasst ihn eintreten", entgegnete ich trotz alledem glücklich. Wie hätte ich denken können, dass Comte Lorenzo es gewesen sein könnte? Außerdem hatte ich doch vorgehabt, meine Gedanken nicht länger ihm zu widmen...
„Salut, ma princesse", begrüßte er mich lächelnd, nachdem meine Zofe die Tür hinter ihm geschlossen hatte. „Rafael, was machst du denn hier?", fragte ich müde schmunzelnd und stützte mich auf. „Und sprichst du jetzt gar kein Spanisch mehr mit mir?"
„Weißt du denn noch ein paar Wörter, die ich dir beigebracht habe?", wollte er wissen und lehnte sich an den Kaminsims. Schnell nickte ich: „Natürlich. Du warst mir ein guter Lehrer und ich habe kaum etwas vergessen."
„Hoffentlich hast du nicht allzu viel Spanisch geredet, als ich fort war...", erwiderte er schließlich und ein Seufzer verließ seine Lippen. Er spielte darauf an, dass man es in Frankreich schon vor dem Krieg nicht so gern gesehen hatte, wenn man Spanisch sprach oder generell viele spanische Vorfahren aufwies.
„Auf jeden Fall konnte ich jedoch auch nicht einfach gehen, ohne dir allein Gute Nacht zu sagen", fuhr er fort und ein Lächeln zierte erneut seine Lippen.
„Aber es ist doch erst einige Minuten her, seitdem wir uns sahen...", überlegte ich laut. Hatte ich wirklich so lange über den Comte nachgedacht?
Verlegen senkte ich meinen Kopf, ehe er sich auf mein Bett setzte, sich mit den Händen auf dem rosafarbenen Polster abstützte, und mich besorgt musterte: „Du schaust so betrübt, geht es dir nicht gut?"
Erschöpft schüttelte ich mit dem Kopf. „Alles ist gut, Rafael. Die Ereignisse von heute waren nur so aufregend. Erst treffe ich dich wieder, dann verlobt sich meine Schwester mit dem Kaiser, meine Mutter will mich verkuppeln..."
Ich blickte achselzuckend zu ihm auf, worauf er mir eine Sträne aus dem Gesicht strich. „Ich weiß jetzt schon, dass ich ihn hassen werde", murmelte er gedankenverloren.
„Wen den?", fragte ich verwundert, als Rafaels blaue Augen die Meinen trafen. „Den Mann, der dich zur Frau bekommen wird."
Traurig schmunzelte ich, bevor ich mich aufsetzte und ihm einen zärtlichen, liebevollen Kuss auf die Lippen drückte. Fordernd erwiderte er diesen und legte seine Hand auf meine Taille, bevor er sich etwas über mich beugte. „Aliénor, petite sœur!"
Seufzend löste ich mich von ihm, ehe er sich eilig erhob. „Komm herein, Brienne!", flötete ich und setzte mich auf, als meine ältere Schwester schon herein kam. Als sie jedoch meinen Besucher erblickte, verharrte sie sofort und musterte ihn mit großen Augen.
„Guten Abend", begrüßte sie ihn und verschränkte ihre Hände ineinander. „Euer Hoheit", entgegnete Rafael höflich und senkte sein Haupt. „Wenn Ihr erlaubt, lasse ich Euch allein."
„Ich danke Ihnen, Rafael", sagte Brienne und ich wunderte mich, dass sie ihn bei seinem Vornamen ansprach. „Könnten Sie dem Kaiser eine Nachricht von mir überbringen? Ich habe ein Schreiben für ihn. Er hat ja stets so viel um die Ohren."
Sie hielt ihm einen kleinen Brief hin. „Selbstverständlich."
Ich beobachtete, wie Rafael das Schreiben meiner Schwester entgegennahm und sich, nachdem er sich erneut verbeugt hatte, zur Tür begab.
Da Brienne ihn nicht sehen konnte, drehte er sich dort angekommen noch einmal um, formte mit seinen Lippen ein spanisches Gute Nacht und schloss daraufhin leise die Tür. Ja, ich sollte ich mich vollkommen auf Rafael konzentrieren. Er war fürsorglich, freundlich und liebevoll und stand vor allem zu mir. Ihm gehörte mein Herz und das würde auch für immer so bleiben.
Ich stellte fest, dass sich Briennes freudestrahlender Gesichtsausdruck wieder in ihr Gesicht geschlichen hatte.
„Maman meinte zwar, du seist müde, aber ich muss dir unbedingt etwas erzählen! Darf ich?" Ich deutete neben mich, um ihr zu zeigen, dass sie dies natürlich konnte und so nahm sie dort aufgeregt Platz. „Rate mal, wer die neue Kaiserin von Frankreich sein wird."
„Hm... vielleicht ich?", entgegnete ich schläfrig schmunzelnd und Brienne gab mir einen leichten Stoß in die Rippen, lachte jedoch trotzdem. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich ich bin. Bald werde ich in Versailles wohnen und jeder wird sich vor mir verbeugen müssen!"
„Und Louis-Antoine? Gefällt er dir denn wirklich?", wollte ich wissen und freute mich so immens für sie. Dass ich immer noch nicht dazu gekommen war, mich dem Kaiser vorzustellen verschwieg ich ihr lieber erst einmal.
„Louis-Antoine... ach Aliénor... er ist einfach ein Traum. So gutaussehend und vernünftig. Aber ich glaube, er mag mich ebenfalls."
Ich legte einen Arm um sie, sodass wir uns umarmen konnten. „Er kann dich nur mögen, Brienne. Und wenn du ihn so magst, kann er ja nur ein Mann sein, der zu dir passen wird. Abgesehen davon, dass sich endlich all deine Bemühungen lohnen werden. Wenn ich nur daran denke, wie viel du schon immer auswendig gelernt hast..."
„Da hast du recht", entgegnete sie verträumt. „Ich wünschte, du hättest auch so jemanden... ist der mysteriöse Comte eigentlich aufgetaucht?"
„Tatsächlich ist er das", sagte ich und erlangte sogleich einen ungläubigen Blick von meiner älteren Schwester. „Wir haben sogar miteinander getanzt - vielleicht hast du ihn ja sogar gesehen. Auf jeden Fall habe ihn später nochmal getroffen, weil er mit mir reden wollte, doch er war irgendwie eigenartig..."
„Das hätte ich dir gleich sagen können Aliénor - dieser Comte ist mir nicht geheuer...", bemerkte sie und verengte ihre Augen. „Deshalb musste ich dich wie gesagt einsperren. Ein Comte aus Italien ohne italienischen Akzent ist schon sehr, sehr eigenartig. Was hat er denn gesagt?"
„Er sagte aus dem nichts, dass er gehen müsste, und wir uns nicht mehr sehen würden. Er nannte keinen Grund, sondern ging einfach..."
Seufzend blickte ich sie an. „Ich bin echt ratlos... denkst du, ich habe etwas falsch gemacht?"
„Aliénor..." Brienne nahm meine Hände in die ihren und ihre hellbraunen Augen sahen mich ernst an. „Vergiss diesen Comte einfach. Konzentriere dich doch besser auf irgendeinen anderen Mann."
Langsam begann ich zu nicken. „Ja... das habe ich mir bereits vorgenommen. Aber um auf das zurückzukommen, was du eben sagtest: Ich habe doch einen Mann, der mich so glücklich machen kann. Nämlich Rafael. Oder findest du ihn etwa nicht passend?"
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Übersetzungen
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( TITEL ) → Beruhigend für sie
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