Kapitel 13 ❀ partie


ALIÉNOR

Die ersten Sonnenstrahlen waren gerade dabei, sich über das Parkett zu erstrecken, als ich nach meiner Nacht mit Simón erwachte.

Nachdem ich - ohne mir etwas anmerken zu lassen - meine Lateinstunde hinter mich gebracht hatte, hatte ich mich, kaum dass mir meine Lehrerin Gute Nacht gewünscht hatte, zu ihm begeben und es konnte weitergehen. Und somit lagen wir zwei nun hier.

In meinem Schlafgemach.
Vor einem Jahr waren wir im Streit und mit gebrochenen Herzen auseinander-gegangen, um nun, auch wenn ich mich erst geweigert hatte, eine Art - naja was war es? - Versöhnungssex hinter uns haben.

Ich wusste nicht, was mich dazu getrieben hatte, so zu handeln. Natürlich war er attraktiv und uns verband immer noch eine starke Anziehungskraft. Aber sehnte ich mich wirklich so sehr nach sexueller Befriedigung und konnte Antoine und nebenbei ganz Frankreich betrügen, dass ich mich erneut, obwohl die Gefahr bestand, dass wir unsere Köpfe verloren, mit Rafael einließ?

Wie es aussah: Ja. Solange ich nicht schwanger werden würde, wäre das Problem bezüglich meiner Aufgabe als Kaiserin erst einmal geklärt.
Denn auch wenn Rafael es letzte Nacht nicht in mir getan hatte, hatten wir schon vor einer Woche miteinander geschlafen. Ich betete erneut, dass wenn es ein Kind erwarten sollte, Louis-Antoine der Vater war.

Seufzend strich ich über die Wange Rafaels, über die sich eine tiefe Narbe erstreckte. Da ich mich nicht mehr an sie erinnern konnte, musste er die sich die letzten Monate zugelegt haben. Zudem war sie klar zu erkennen, da an dessen Stelle keine Barthaare mehr wuchsen.

Ich merkte, wie es um mein Herz ganz warm wurde, als seine Augenlider begannen zu flattern und seine Lippen meinen Namen formten.

„Guten Morgen", sagte ich lächelnd und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen. Seit gestern Abend hatten wir uns geeignet, uns wie damals mit unserem Vornamen anzusprechen. Selbstverständlich aber nur dann, wenn wir alleine waren.

„Oh", bemerkte er schmunzelnd und schloss müde seine Augen, sodass ich bloß die Stirn kraus zog: „Was ist?"

„Du bist noch hier", stellte er fest und stützte seinen Kopf auf mit seiner rechten Hand auf, um mich zu mustern. „Weshalb sollte ich es nicht hier sein? Schließlich ist das mein Gemach", erwiderte ich gähnend und legte meinen Kopf schief.
„Erst glaubte ich, du würdest es heute morgen augenblicklich wieder bereuen", erklärte er. „Wegen des Kaisers."

„Glaube nicht, dass ich kein schlichtes Gewissen hätte", gab ich zu und dachte an Louis-Antoine, der um diese Zeit wahrscheinlich schon in seinem Büro saß, da er so viel zu tun hatte. Ihm gegenüber war mein Verhalten nichts anderes als bösartig und unverzeihlich - selbst wenn ich über meine Gefühle der Verbitterung aufgrund unserer Distanz hinwegsah.

„Aber es ist einfach so über mich gekommen. Erst dachte ich, mir würde so etwas nicht passieren..."

„Ging mir genauso... eigentlich hatte ich mir vorgenommen, dich zu vergessen... aber es ist wohl schwieriger, als gedacht", raunte er grinsend und strich durch meine zerzausten, blonden Haare, während er mich anblickte. Mit diesen Augen, die mich schon immer betrachtet hatten, als hätten sie nie etwas Schöneres gesehen.

~*~

LOUIS - ANTOINE

Ihr so weiches, helles Haar, das mich stets an Engelslocken erinnerte, rahmte ihr zartes Gesicht ein. Ihre Augen strahlen selbst auf dem Portrait, das ihre Schönheit nur amateurhaft widerspiegelte, eine immense Freundlichkeit und Wachsamkeit aus.
Zuletzt fiel mein Blick auf ihre fein geschwungenen Lippen mit dem leichten, geheimnisvollen Lächeln. Wie sehr ich mich an ihrer Liebe, nach unseren tiefgründigen Gesprächen, nach allem, was sie mir gab und was sis verkörperte, sehnte. Wenn ich doch mehr Zeit für sie hätte...

„Um unsere Finanzen steht es exzellent, Majestät. Einer kämpferischen Auseinandersetzung stände nichts mehr im Wege. Nur noch Eure Unterschrift ist nötig."
Ich wandte mich von dem Porträt meiner Kaiserin ab und drehte mich zu meinem Kriegsminister um, der mir eine Feder reichte. „Bitte, Majestät."

„Vorerst", begann ich nachdenklich, um legte das Schreibgerät zur Seite, um meine Finger ineinander zu verschränken. „Möchte ich mit Ihrer Majestät, der Kaiserin, sprechen. Ich möchte wissen, was sie über die Angelegenheit denkt."

Ungläubig sahen sich einige meiner Minister an. „Mit der Kaiserin?", erlaubte es sich daraufhin der Außenminister Frankreichs.

„Ganz genau. Sie hat ein gutes Herz und ist mir schon oft eine weise Ratgeberin gewesen", erklärte ich mit einem kühlen Unterton in der Stimme. „Oder sehen Sie in dieser Tatsache etwa ein Problem?"

„Nein, nein", erwiderte der angesprochene Adelige augenblicklich und schüttelte mit dem Kopf, woraufhin es ihm seine Kollegen nachtaten. „Selbstverständlich nicht, Euer Majestät."

„Dann ist ja gut", stellte ich zufrieden fest. „Ich bitte Sie mich alleine zu lassen, meine Herren." Anschließend wandte ich mich an einen Bediensteten: „Und lassen Sie unverzüglich nach der Kaiserin rufen."

Nachdem alle Personen mein Büro verlassen hatten, konnte ich mich endlich erneut Aliénors Porträt an der Wand mustern. Ewig hätte ich diese Abbildung betrachten können. Abgesehen davon, dass es von einem der besten Künstler Europas und mit dem hochwertigsten Farben gemalt worden war, konnte Aliénors Antlitz eine Schönheit wie niemand sonst vermitteln.

Und ausgerechnet ich war so rücksichtslos und harsch zu ihr gewesen, als wäre sie ein dummes Kind.

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Als es an meiner Tür klopfte, hatte ich bereits ein Lächeln auf den Lippen. Mich ließ der Gedanke, meine Gemahlin sehen zu können, lächeln und ich hatte mir fest vorgenommen, mich ein weiteres Mal bei ihr zu entschuldigen.

Genervt musste ich jedoch feststellen, dass es sich um den gleichen Bediensteten handelte, den ich soeben hinfort geschickt hatte, um nach Aliénor rufen zu lassen.

„Sie ist fort, Majestät", teilte er mir prompt mit, sodass mir die Augen beinahe aus den Höhlen sprangen - einerseits aufgrund der grundsätzlichen Nachricht und anderseits wegen der Langeweile in der Stimme des Angestellten, während er diese überbrachte. „Wie fort?", wiederholte ich perplex.

„Man hat Ihre Majestät gesehen, wie sie mit einer ihrer Hofdamen und einem Ihrer persönlichen Soldaten in Richtung Norden geritten ist", erläuterte er. „Sie hat das Palastgelände verlassen."

Meine Hände ballten sich augenblicklich zu Fäusten, kaum dass ich die Informationen verarbeitet hatte. „Álvarez", stellte ich fest, und mein Oberkörper hob und senkte sich.

„Was sagtet Ihr, Majestät?", wollte der Angestellte neugierig wissen, sodass ich ihm - auch wenn er nichts dafür konnte, dass Rafael Álvarez meine Gemahlin wer-weiß-wo hinbrachte - am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre. „Lasst sofort nach ihr suchen. Ich will, dass die Kaiserin umgehend zurück in den Palast kommt. Und wenn Ihr halb Europa dafür absuchen müsst, findet sie!", befahl ich aufgebracht.

„Wenn Sie gestatten, Majestät."
Der Mann hatte mich kurzzeitig mit einem Ausdruck der Angst betrachtet, ehe er sich erneut verbeugte und durch eine Nebentür verschwand.
Wütend landete meine Faust auf dem Ebenholztisch. Einige Schreibutensilien machten kleine Hüpfer in die Luft, um mit einem Scheppern zurück auf der Oberfläche zu landen.

Hätte ich doch auf mein Bauchgefühl gehört, kam es mir in den Sinn. Und hätte ich Aliénor, was Álvarez' Posten angeht, nicht entscheiden lassen...

Tatsächlich hätte ich es schlichtweg erkennen müssen, dass beide selbst nach dieser langen Zeit waghalsige Ideen miteinander austüfteln würden. Und dass Álvarez möglicherweise noch andere Pläne mit ihr im Sinn hatte...





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Übersetzungen

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( TITEL ) Gegangen
( n'est-ce pas? ) Nicht wahr? / Oder?
( Au revoir! ) Auf Wiedersehen!

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