Kapitel 11 ❀ impératrice insultée


LOUIS - ANTOINE

„Ist alles in Ordnung? Weshalb wartest du hier?", fragte ich sie erwartungsvoll und blickte über ihre Schulter hinein in ihren Salon.

Anstatt mir zu antworten, presste sie jedoch bloß ihre Lippen aufeinander und atmete tief durch. Ich merkte, dass sie nicht mit mir reden wollte, weshalb ich sie vorerst nicht weiter konfrontierte und die Tür zu ihren Gemächern eigenständig aufstieß, um einzutreten.
Meine Mutter und die Hofdamen meiner Gemahlin erhoben sich augenblicklich.

„Oh, Seine Majestät", stellte sie überrascht fest. „Die Hofdamen der Kaiserin wollten sowieso gerade gehen, dann kannst du dich allein mit deiner Gemahlin unterhalten."

Sie nickte ihrer Schwiegertochter zu, die bloß die Arme vor der Brust verschränkte. Etwas irritiert war ich schon, da ich nicht verstand, was meine Mutter in Aliénors Gemächern zu tun hatte; war jedoch zu müde, um darüber nachdenken zu können. Wahrscheinlich war es wieder irgendeine Sicherheitsmaßnahme, die sie ausgeklügelt hatte.

Als die Tür sich geschlossen hatte und alle so eben anwesenden Damen bis auf Aliénor verschwunden waren, begab ich mich augenblicklich in ihr Schlafgemach und begann, mich meiner Kleidung zu erledigen. Ich wollte einfach nur schlafen, meine Arme um meine Gemahlin legen, Ruhe von diesem anstrengenden Tag finden.

Ihre sich aufregende Stimme im Hintergrund vernehmend, hörte ich jedoch kaum zu - ohne, dass ich es wirklich beabsichtigte: „Ich weiß nicht, was deine Mutter dir erzählen wird, aber hör' bitte nicht auf sie. Es stimmt zwar, dass wir beide im Garten waren, aber es existiert nichts, was nicht existieren sollte... zwischen uns... nun gut wir... also es gibt da so eine Sache, die du wissen solltest... Antoine?"

„Ich übernachte heute hier. Das macht dir doch nichts aus n'est-ce pas?", wollte ich wissen und unterdrückte ein Gähnen, ehe ich zu Aliénor blickte, die nur mit dem Kopf schütteln konnte: „Hörst du mir eigentlich zu?"

„Selbstverständlich tue ich das... das tue ich immer. Könntest du trotzdem bitte meine Frage beantworten?" Ich legte meine Orden zur Seite.

„Aha", entgegnete sie verbittert. „Du bist genervt, nicht wahr? Meine Probleme stehen wieder hinten an... ist es wegen des Krieges? Ich will dir keine Vorwürfe machen, aber... aber..."

„Genervt? Aliénor, ich bin einfach müde. Versteh' doch", erwiderte ich und ließ mich in die Kissen plumpsen. „Und deine Probleme sind mir ebenso wichtig."

„Ich versuche dir die ganze Zeit etwas zu sagen... aber es scheint, als seist du nur woanders. Du lässt mich mitten im Salon stehen, widmest mir keinen Blick." Sie trat einige Schritte an ihr Bett heran.

Nun blickte ich auf in ihre hellblauen Augen. Sie war sichtlich ungeduldig. Verstand sie nicht, dass ich gerade keine Lust hatte, mir Angelegenheiten wie Streitereien mit meiner Mutter anzuhören? Ich wusste, wie sie sich fühlte, ich konnte verstehen, was los war. Ganz sicher war ich mir, dass wenn es wirklich etwas Wichtiges wäre, was ihr auf dem Herzen lag, sie es mir sofort gesagt hätte. Aber nein, sie musste mir erst erläutern, wie unhöflich sie mein Verhalten empfand.

„Haben Sie noch weitere Städte angegriffen?", fügte sie schließlich hinzu. „Vielleicht können wir ja irgendwie verhandeln..."

Seufzend musste ich es mir verkneifen, nicht die Augen zu verdrehen. „Aliénor... i-ich will jetzt nicht darüber reden. Und hör' bitte auf, dich in Dinge einzumischen, von denen du nichts verstehst."

Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und ich erwartete, dass sie mir sofort eine Antwort entgegenfeuern würde. Jedoch blieb sie still. Durch den Spalt meiner Augen sah ich, wie sie ohne ein Wort zu sagen in dem naheliegenden Bad verschwand.

Etwas Leid taten mir meine Worte schon, doch war ich so gestresst aufgrund meiner Arbeit und des Krieges, dass ich nicht die Kraft aufbrachte, mit ihr zu diskutieren.

Ich war schon fast im Land der Träume angelangt, als ich bemerkte, wie sie das Schlafgemach betrat und sich wortlos und mit dem Rücken zu mir neben mich legte.


~*~

ALIÉNOR

Am nächsten Nachmittag war wieder meine übliche Freizeitbeschäftigung als Kaiserin von Frankreich angesagt: Lernen, Lernen - und ein weiteres Mal - Lernen. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als einen Ausflug in das kleinen Dorf von Versailles unternehmen zu können oder vielleicht ein Kinderheim zu besuchen. Jedoch besaß ich nicht die Motivation, Louis-Antoine danach zu fragen, wann man so etwas einleiten könnte.

Möglicherweise waren die Deutschvokabeln, die ich lernte, sogar eine ganz gute Ablenkung für mich, da ich seit dem Streit mit ihm und der Konversation mit Rafael am gestrigen Tag ziemlich angespannt war.

Dass meine Hofdamen mich eiskalt hintergangen hatten und in meinen Gemächern herumtollten, als sei nichts geschehen, machte die Sache auch nicht besser. Nach wie vor war ich mir nicht sicher, ob ich die Mädchen oder die Madame direkt darauf ansprechen sollte.

Zugleich war Rafaek seit etwa zwölf Stunden unauffindbar, und ich hatte das Gefühl, dass Louis-Antoine oder meine Tante irgendetwas unternommen hatten. Es geschahen einfach viel zu viele Dinge in dieser Zeit, die mich seelisch hinunterzogen.
Verbittert musste ich feststellen, dass ich seit vorgestern nicht mehr wirklich herzhaft gelächelt geschweige denn gelacht hatte.

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„Ihre Majestät, Kaiser Louis XVII.", kündigte ein Diener meinen Gast an. Seufzend blickte ich auf, doch erhob mich dieses Mal nicht, um meinen Gemahl zu begrüßen. Dafür hatte ich jetzt wirklich keinen Nerv mehr.

„Ich muss Sie bitten, die Kaiserin und mich allein zu lassen", teilte er meinen Hofdamen mit, die selbstverständlich gehorchten und nacheinander aus meinem Arbeitszimmer trotteten. Ich beachtete meinen Gemahl nicht weiter; auch nicht, als ich hörte, wie er sich von hinten annäherte.
„Ich habe in diesem Moment ausnahmsweise nichts zu tun. Deshalb dachte ich, es sei eine gute Idee, dich zu besuchen."

Zwar erwiderte ich nichts auf seine Erklärung; jedoch beugte er trotzdem seinen Kopf hinunter, um mir einen Kuss in die Halsbeuge zu hauchen.

„Verzeih mir wegen gestern", flüsterte er mit seiner rauen Stimme. „Du musst verstehen, dass ich wirklich sehr erschöpft gestern war und ich bereue, all das zu dir gesagt zu haben."

„Es ist alles gut", wich ich ihm schließlich aus.
Selbst wenn er sich entschuldigte, konnte ich nicht verstehen, wie er sich so herzlos mir gegenüber hatte verhalten können. Ja, er hatte wichtigeres um die Ohren als mich - das war mir klar. Aber hatte ich ihm nicht deutlich gemacht, dass es mir nicht gut ging?

„Ich habe etwas von meiner Mutter gehört", sagte er daraufhin mit ruhiger Stimme und strich durch mein blondes Haar.

„Das meinte ich doch schon gestern", entgegnete ich. „Es ist eine Lüge, e-es ist nichts zwischen ihm und mir."

Die Stimmung zwischen uns beiden war unglaublich erdrückend. Natürlich lag es daran, dass ich beleidigt war. Doch hinderte mich etwas in mir daran, ihm erneut versuchen zu erklären, dass Rafael und ich in dieser einen Nacht miteinander geschlafen hatten.
Nutzte ich gerade tatsächlich meinen Zorn gegenüber Antoine aus, um die Notwendigkeit, ihm die Wahrheit zu berichten, zu verschleiern?

„Ich bin wirklich froh darüber", erklärte er schmunzelnd. „Du weißt ja, dass ich dir stets glaube. Wahrscheinlich haben deine Hofdamen wieder etwas falsch aufgegriffen."

━━

Nachdem wir uns noch etwas über einige Neuigkeiten bezüglich meiner älteren Schwester und meiner Mutter ausgetauscht hatten, verließ er nach einiger Zeit endlich wieder den Raum und ließ mich allein zurück.

Verzweifelt vergrub ich das Gesicht in den Händen. Ich war ein Feigling. Innerlich war ich verletzt, dass mein Gemahl sich so distanziert und genervt mir gegenüber verhalten hatte. Es erschien mir so, als sei alles, was er sagte und tat, aufgesetzt und ihm gegenüber unangenehm.

Zudem war ich ängstlich aufgrund seiner Reaktion. Ich konnte es einfach nicht abstreiten, dass ich befürchtete, verstoßen zu werden, oder die Schuld zu erhalten, wenn ich am Ende ein Kind erwartete.

Ich entschied mich schließlich dazu, mein Kleid zu wechseln. Da die Sonne bereits im Horizont begann zu verschwinden, und mein Essen mir ins Zimmer gebracht werden würde, konnte ich mich nun endlich ohne prächtige Aufmachung in meinen Gemächern bewegen.

Au revoir, dummes Korsett!"
Erschöpft zog ich mir mein Unterkleid vom Körper. Mich alleine auszuziehen war tatsächlich anstrengender als gedacht. Jedoch wollte ich ebenso keine Zofen um mich herum haben. Just in dem Moment, als ich an meiner Hüfte angekommen war, drang das Geräusch von immer lauter werdenden Schritten an mein Ohr.

Augenblicklich verharrte ich in meiner Bewegung, als ich eine dunkle Stimme vernahm: „Als ich dich das letzte Mal so sah, warst du um einiges besser gelaunt."






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Übersetzungen

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( TITEL ) Genervte Kaiserin
( n'est-ce pas? ) Nicht wahr? / Oder?
( Au revoir! ) Auf Wiedersehen!

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