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| TRUST |

Ich sah auf die Blumen vor meiner Brust herab. Sonnenblumen, kleine Sonnenblumen. Meine liebsten. Die erdrückende Haltung, welche ich einnahm, zermalmte mich und hätte ich nicht diese Blumen vor mir gehabt, wäre mir vermutlich schlecht geworden. Ich hatte Krankenhäuser schon immer gehasst. "Enya! Stell dich gerade hin!" Kam es von meinem Vater in einem mahnend-strengen Ton geflüstert und ich streckte meinen Rücken noch ein Stück mehr durch. "Familie Huang, Sie dürfen nun zur Gāo Familie durchgehen." Hielt uns jemand die Tür zum Krankenzimmer auf und ich war mir sicher, dass dieser Mann ebenso einer der Angestellten ihrer Familie war. Ich erblickte Tian in diesem weißen Krankenbett liegen, neben ihm hatte seine Mutter Platz genommen, hielt trauernd seine Hand. Am Fußende seines Bettes lehnte sich sein Vater an, drehte sein Gesicht emotionslos zu mir und meinem Vater hinüber. "Ah, Chan." Kam es zu dem Mann neben mir, mein Papa verbeugte sich vor Tian's Vater. Ich überreichte seiner bangenden Mutter die Blumen aus meiner Hand, verbeugte mich zusätzlich vor beiden Elternteilen. "Sonnenblumen?! Ich bin allergisch gegen die Dinger!" Fauchte es aus Tian's Mund, seine Mutter erhob sich direkt und übergab die Blumen den Battler, dieser entsorgte sie kurzerhand. "Sie können es nur auf unser Geld abgesehen haben-.." Die Dame im Raum unterbrach ihren Mann. "Weshalb sollten sie auch sonst einem unserer beiden Engel ein Haar krümmen?"

Dass ihre 'Engel' eigentlich zwei Teufel auf Erden waren, behielt ich für lieber mich. "Enya, hübsch siehst du aus Kleine, aber was hast du mit deinen Haaren gemacht?" Ihre Mutter deutete auf meine leichten Locken, verunsichert drehte ich meinen Kopf zur Seite, dann dem Boden entgegen. Weshalb mussten wir auch diese Familie besuchen? Ich verabscheute die Gāo's, sie machten ihrem Namen wirklich alle Ehre (Groß; chi. Gāo), großprozig und arrogant. Sie entsprachen dem praktischen Klischee dieser blinden Milliardärseltern, die ihre —vor Protz strahlenden Söhne— mit überflüssigen Komplimenten zuschütteten. "Ich habe mir nur Locken gemacht," erklärte ich lächelnd, doch meine Gegenüber verzog nur ihr Gesicht. "Glätte sie dir Schätzchen, was anderes steht dir einfach nicht." Meinte sie mit ihrer Hand auf meiner Schulter verweilend. Ich nickte nur, schwieg. Es war alles wie immer, wie gewohnt. Mein Vater verwickelte die Gāo's in ein Gespräch, weshalb ich mich dem verletzten Tian näherte. Er hatte ein eingegipsten Arm, ein blaues Auge, einige Schürfwunden im Gesicht und eine kleine Platzwunde an der Unterlippe. Anfangs hätte ich mir vorstellen können, dass er nur übertrieben hatte, doch all meine inneren Vorwürfe verschwanden nun, jetzt als ich ihn genau vor Augen hatte. "Hallo Tian," murmelte ich leise vor mich her, seine müden Augen nahmen mich in sein Visier. In meinem Kopf jagten so viele Gepflogenheiten umher. Gute Besserung, das konnte ich doch nicht jetzt schon zu Beginn zu ihm sagen. Wie geht es dir? - noch viel schlimmer, die Antwort lag ja wohl mehr als nur auf der Hand. "Dein Bruder hat mir..geschildert was vorgefallen ist." Dann stoppte ich mich selbst, mehr hätte ich nun nicht mehr sagen sollen, alles mehr wäre unangebracht gewesen oder hätte es nur noch verschlimmern können.

Tian wollte wohl gerade zu einem Satz ansetzten jedoch leuchtete mein Handy auf und mein Gegenüber brach ab. "Entschuldige," versuchte ich unauffällig die Nachricht zu lesen, ohne es so aussehen zu lassen, dass mich diese Nachricht viel mehr interessierte, als alles was im Augenblick in diesem Raum ausgesprochen wurde. Mein Blut gefror für einen Moment in meinen Adern, Johnny.

Jonathan(bitte englisch aussprechen): Zeit Prinzessin?

Enya: Wofür ist die Frage?

Ich hob meinen Blick zu dem Jungen im Krankenbett, er schien eingeschlafen zu sein. Tian war wohl noch ganz schlapp von den ganzen Schmerzmitteln für seine Verletzungen. Mir sollte es recht sein, ich nahm neben ihm Platz und zog mein Smartphone nun komplett hervor.

Jonathan: Ich glaube, du solltest langsam mal anfangen, mir mehr zu vertrauen. Kannst du nun ja oder nein?

Enya: Theoretisch passt es gerade nicht ganz so gut...

Jonathan: Praktisch weißt du aber, was zu tun ist Enya...ich warte an Park Jisung's Haus.

Ich verließ seufzend den Chat und stand wieder auf, kam auf die Erwachsenen zu, steuerte meinen Vater an. "Verzeihung, Vater, könnte ich dich bitte für eine Minute sprechen?" Für gewöhnlich gehörte es sich für die Nachfolger nicht, die Älteren in ihren Unterhaltungen zu unterbrechen und vor allem war es ein Verbot, diese aus einer heraus zu bitten, gerade wenn du weiblich warst, weshalb ich den Gesichtsausdruck meines Vaters oder den des Gāo Paares auch gut nachvollziehen konnte. Er war verwirrt. "Was gibt es Liebes?" Flüsterte er zu mir nachdem wir auf den Flur hinaus gegangen waren, der Sicherheit liebesseibar. Ich holte tief Luft und umpackt mit allem Mut das Handy in meiner rechten Hand, sah zu meinem Vater auf.

Jeremy fuhr den vorgegebenen Wohnkomplex an und ich bedankte mich während des Aussteigens bei ihm für's Fahren. Ich lief bereits auf das Mehrfamilienhaus zu, als der Jeep bereits weiterfuhr und plötzlich die Glastür des Hauses vor meinen Augen aufgemacht wurde und ein schmunzelnder Johnny den Eingang großkotzig blockierte. "Ich habe nicht erwartet, dass du dich traust." Meinte er und verließ die Türschwelle, lief die Einfahrt hinunter und nicht ahnend, was folgen würde, kam ich ihm hinterher. "Aha und weshalb?" Er lachte auf, was ich an seinen auf und ab wackelnden Schultern ablas. "Da fragst du wirklich noch? Du bist die Huang, mehr muss ich wohl nicht mehr dazu sagen." Scherzte er, ich zog meine Brauen zusammen. "Und dann soll ich mehr Vertrauen zu dir schöpfen, wenn du immer in Rätseln zu mir sprichst? Das ist recht kontraproduktiv, weißt du das eigentlich?" Ein flüchtiger Schulterblick von ihm signalisierte mir, dass er mich zwar gehört hatte, allerdings nicht vor hatte mir zu antworten. "Mir ist klar, wie du von uns denkst Enya, berechtigt, aber ich will dir etwas zeigen." Ich hatte ihn nun wieder eingeholt und lief neben ihm her, mich ständig danach umsehend, ob uns jemand hätte erkennen können. "Was wäre das denn, wenn man fragen dürfte?" Er schaute im Augenwinkel nur zu mir hinunter. "Unsere andere Seite." Die Gegend wurde schnell heruntergekommener, zwar war mir das Getto hinter den Wohnhäusern, welche um Golden Bounce gelegen waren, bekannt und auch, dass Jisung nahe an diesem wohnte, doch das alles so nah war. Meine Vorstellung war immer komplett anderes. Langsam wurde mir klar, dass ich mich nicht weiter danach umsehen musste, ob mich jemand erkannt hätte, denn hier wäre niemand aus meinem gewohnten Umfeld mehr. Nein. Hier musste ich mich danach umsehen, ob ich nicht wieder von solch Gestallten wie damals in der U-Bahn überfallen würde, jedoch musste ich sagen, dass ich mich sicherer fühlte, mit Johnny neben mir.

Weshalb auch nicht? Er war groß und muskulös gebaut, hatte eine einschüchternde Aura und einen nicht gerade unbekannten Ruf und nun ja, er trug die Jacke, mehr brauchte man auch eigentlich nicht. "Sag mal Kleines, du bestehst ja immer so sehr darauf, dass du so intelligent wärst, was glaubst du denn, wie viele sind wir?" Kurz sah ich zum Himmel, dachte nach und war mir sicher, dass ich keine Ahnung hatte. "Mir sind nur die Badboy's von unserer Schule bekannt, aber da bin ich mir sicher, dass müssten sie eigentlich insgesamt fast alle sein." Kurz sah er mich unschlüssig an, ich begann zu schmunzeln. "Ich nehme dich nur auf den Arm, ihr seid definitiv mehr, viel mehr als mir bekannt ist." Der Ältere blieb stehen und deutete mir die Richtung auf ein verlassenes Gebäude an. Es reichte anscheinend noch nicht, dass die Gegend und die Gestalten auf diesen Straßen hier unheimlich genug waren. Ich schluckte angespannt und lief langsam vor. "Prinzesschen, du hattest jedenfalls schonmal damit Recht, dass wir nicht alle auf dieser Schule sind," Johnny deutete auf eine Treppe neben der abgesperrten Ruine, sie führte in den Keller. Meine Beine stoppten oben und wollten keine weitere Bewegung mehr tätigen. "Was los Prinzessin? Angst, dass ich dich noch vor unserer Abmachung um die Ecke bringen könnte?" Mein Kopf schüttelte sich als er nur belustigt lachte. "Nein, mein Vater würde dein Leben zur Hölle werden lassen, falls mir etwas zustoßen würde. Ich habe nur Angst davor, was du mir zeigen willst, ob ein gewisser Nakamoto hinter dieser Tür auf mich warten könnte und ob ich mit irgendwas in Verbindung kommen könnte, dass ihr mir anhängen könntet." Verblüfft, wohl von meiner Aussage, starrte mich der Braunhaarige einen Moment stumm an, dann rollte er mit seinen Augen, griff mich beim Oberarm und zerrte mich die dreckigen, feuchten Stufen zu der Stalltür hinunter.

"Prinzessin," von der Tür drehte ich meinen Kopf zu ihm. "Willkommen in unserem Leben." Damit öffnete er die Tür und schob mich geradewegs vor ihm hinein. Unbeholfen stolperte ich vor Johnny's Füßen hinein, fand schnell wieder Gleichgewicht und war sprachlos, bei dem mir gebotenen Anblick. Ein riesiger Raum war es, in welchem ich mich gerade befand. Rotlicht erhellte mir meine Sicht, die ganzen schwarzen Wände und der gleichfarbige Boden wurden nur von diesen roten Lichtern bestrahlt. Hier und dort standen Billardtische, Tischkicker, Couchen und selbst eine Bar entdeckte ich in einer Ecke. Ich hustete auf, die Luft war sehr stickig, hatte etwas von Rauch und Deo, eine bizarre Zusammensetzung. Die Hand Johnny's legte sich auf meinen Rücken, er atmete, nein, inhalierte schon gar den vorhandenen Geruch und mir war bewusst, dass er dies nur machte, da ich vorhin gehustet hatte. Er wollte mich ärgern. An einem von ihren Billardtische spielten vier von ihnen, warfen uns kalte Blicke zu und mein Begleiter steuerte genau auf diese zu. Gott möge mir heute gnädig sein. Derjenige, welcher gerade noch sich über den typisch grünen Tisch beugte, erhob sich nun und alle richteten ihre Aufmerksamkeit von dem Spiel zu uns. "Sie ist meine Begleitung für den Abend, lasst euch nicht stören Jungs," winkte der neben mir ab, die vier musterten mich einmal komplett, jeder auf seine eigene Art und Weise. Mit Skepsis, Verachtung, Ekel oder Ignoranz, alles war dabei, dennoch hatten sie alle eines gemeinsam, meine Anwesenheit war ihnen, nach Johnnys Worten, egal. "Also Prinzessin, das dort drüben, der genau alles beobachtet ist Hendery, links von ihm steht YangYang, gegenüber, das dort, das ist Xiao Jun." Klärte mich der Braunhaarige auf, nachdem wir einige Schritte wieder zurück gesetzt hatten. "Und der der grade am Spielen ist?" Wollte ich es genauer wissen. "Kun. Die vier sind für das Verticken unserer Wahren zuständig." Mein Herz setzte kurz aus, schlug vermutlich eine Sekunde zu wenig als üblich. Hatte er das gerade tatsächlich gemeint?

"W-Wie bitte?" Verschluckte ich schon bald meine eigenen Worte im Mund, der Ältere drehte sich zu mir. "Ich hab dir doch gesagt, ich brauche kein Geld von dir, wir verdienen unser eigenes Para oder was glaubst du, wie wir das hier alles finanzieren konnten?" Kurz schaute ich um uns herum. "Nun ja.." Murmelte ich leise. "Glaubst du etwa, dass das hier schon alles war? Haha, das hier ist doch nur unser Chill-Bereich, komm mit, ich zeige dir alles andere." Seine Hand umgriff mein Handgelenk und zog mich hinter ihm her, zu einer Tür am anderen Ende ihres 'Chill-Bereiches', dabei zeigte er mit seinem nackten Finger auf zwei Jungs auf einer der Couchen. "Das neben Lucas dort ist Chittaphon, wir sagen aber Ten, er ist für die nötigen Materialien zuständig."

"Materialien?" Fragte ich verwirrt. "Glaubst du etwa, dass die Leute, mit denen wir zutun haben, sich nicht auch mit Waffen ausstatten? Es hat was mit Verteidigung und dem Gesamtbild zutun, nichts für reiche Töchter." Neckte er mich erneut, ich schlug ihm leicht auf seine Schulter..wie Stein, wow. "Und Lucas-.." Ich unterbrach ihn. "Dealer, ist mir schon bewusst, das ist es jedem." Meine Miene verdeutlichte ihm, dass es kein Geheimnis war, Johnny guckte nur zu dem gemeinten Asiaten, lachte ihn von weitem aus. Er öffnete die Tür vor uns und wir landeten im nächsten mir unbekannten Bereich ihres Unterschlupfs, wenn man dieses als solch etwas beteichnen konnte. Vier Köpfe hoben sich empor und eine weitere Tür fiel neben uns ins Schloss. Ich erkannte Jeno und Jaemin wieder, die beiden hielten, die mit dem Silikonschlauch zur Shisha verbundenen, Mundstücke der jeweiligen Wasserpfeifen. Zwischen ihnen saßen zwei weitere, mir selbstverständlicherweise, unbekannte Jungs, die ebenso überrascht ihre Blicke auf uns hatten. Besser gesagt auf mir. Von der zugeschlagen Tür von eben kam der fünfte Asiate auf die anderen auf der Couch sitzenden zu, ließ sich zu diesen nieder. Alle in der traditionellen Lederjacke. "Enya?!" Kam es von Jeno der sich direkt vorbeugte. Jaemin rieb sich die Augen und blinzelte einige Male, ich konnte es ihm nicht verübeln, die Luft war stickig und so auch unsere Sicht. Doch vielleicht lag es auch nur allein an meiner Anwesenheit, welche er nicht glaubte vor Augen zu haben.

Ich hob nur kurz meine Hand, traute mich erst gar nicht ein Wort von mir zugeben. "Jeno und Jaemin kennst du ja bereits, Prinzessin." Deutete der Braunhaarige auf die beiden Jungs, der Blonde von den mir Fremden meldete sich wiederum zu Wort. "Wer ist die John?" Wollte er wissen, doch Johnny kam gar nicht erst zum Antworten. "Die bessere Frage ist wohl eher, wo er die denn dieses mal aufgegabelt hat und wieviel sie sich kosten lässt," der Dünne neben Jeno brach in verächtlichem Gelächter aus. Ich schwieg über diese taktlose Bemerkung natürlich nur, wie unerzogen. "Ne, die sieht anderes aus als die anderen, irgendwie nicht so schlampig, wer bist du?" Fiel der Rothaarige von ihnen, welcher neben Jaemin saß, in das laute Lachen seines Sitznachbarn, Johnny räusperte sich streng. "Jungs." Raute er entnervt und langsam herrschte wieder Stille ein. "Das ist Enya, sie wird unsere Begleitung sein, verstanden? Also haltet euch etwas zurück mit den Beleidigungen, sie ist sowas nicht gewohnt-.." Ich stupste meinen Nachbarn mit meinem Handrücken an seinem Oberschenkel an, es musste schließlich nicht gleich jeder von ihnen wissen, aus welchen Kreisen ich stammte. Johnny hob verwirrt eine Augenbraue und drehte seinen Kopf zu mir, ich lief etwas Rot an, kannte er überhaupt den Begriff
,Intimität'?
"Was ist?" Wollte er wissen, ich starrte stur auf den Boden. "Du musst schon etwas sagen Kleine." Stellte der Ältere klar, ich war kurz davor meine Augen zu rollen, aber nein, es gehörte sich einfach nicht. "Es muss nicht jeder.." Weiter wollte ich nicht, doch Jaemin beendete meinen Satz, ohne jegliche Rücksicht. "Man, sie will nicht, dass jeder weiß, dass sie eine von diesen Golden Bounce Leuten ist!" Rief er, ich sah auf und fokussierte den Jungen empört, aber zugleich schockiert. Wie konnte er nur..? Wie konnte er es nur wagen...

"Moment, es könnte daran liegen, dass ich etwas benebelt bin aber hat Jaemin gerade gemeint, sie wäre tatsächlich eine von diesen Golf Typen?" Kam es von dem Blonden, Johnny lachte auf. "Genau so eine ist Prinzessin." Stirnrunzelnd blickte ich zu dem neben mir, war sein Spitzname für mich etwa nun schon zu meiner standard Bezeichnung geworden? Dieser Typ sollte mir einfach nur sagen, wann diese Feier war zu der ich ihn und seine Freunde begleiten musste und dann bitte wieder aus meinem Leben verschwinden. "Der Junge, der gefragt hat, wieviel du kosten würdest, ist Renjun. Der Rothaarige neben Jaemin heißt Haechan und der Blonde Mark." Führte mich Johnny weiter und zur nächsten Tür hin. "Warte, was ist mit dieser Tür?" Ich deutete direkt auf die Tür aus welcher anfangs noch Mark gekommen war. "Das ist nicht so wichtig," versuchte Johnny abzulenken, jedoch, nicht mit mir. "Du meintest, du zeigst mir alles andere. Was ist dann hinter dieser Tür, Johnny? Oder bezieht alles den Inhalt dieses raumes nicht mit ein?" Wir waren im nächsten Raum angekommen, einem recht leeren und verlassen ausschauenden Zimmer. Einige Stühle in einer Ecke gestapelt, ein einzelner Tisch direkt unter, einer von der Decke hängenden, Glühlampe stehend. Irgendwie unangenehm. Er packte mich bei den Schultern und betrachtete direkt meine Augen. "Ich werde ihn dir ein anderes Mal zeigen, du solltest mir einfach mal mehr vertrauen. Denkst du, ich mache das, um dich zu ärgern? Vielleicht ein wenig, ja, aber es ist für deine eigene Sicherheit und jetzt komm, ich will den besten Platz hier vorführen." Er griff grob nach meinem Armgelenk, schob eine alte Schiebetür auf und zog mich ein moderiges Treppenhaus hinauf. Wir kamen auf einer brüchigen und nur halbfertigen Etage des Gebäudes an, wo die Wände nicht vorhanden waren, nur von einer Seite, der Schattenseite. Die Sonne ging gerade direkt vor uns unter und er ließ mich los. Komplett vertieft, betrachtete ich den Sonnenuntergang und den dazu gebotenen Ausblick über das mir verbotene Viertel, bemerkte im Hintergrund nicht, wie Johnny mich verlassen hatte. Als ich mich nach einem tiefen Ton erschrocken umdrehte, betrachtete ich den Jungen, wie er sich auf eine Couch hatte fallen gelassen, mich emotionslos musterte. Sie mussten das Möbelstück wohl hier eigenhändig hochgetragen haben müssen.

Dennoch verharrte ich an meinem Standpunkt, drehte meinen Kopf wieder zur Häusermasse. "Das ist wunderschön." Murmelte ich vor mich hin, mehr zu mir selbst. "Du solltest nun gehen." Johnny erhob sich plötzlich und kam mir wieder näher. Ich hob meine Brauen. "Huh? Weshalb?" Nuschelte ich leise, er blickte zu mir hinunter. "Bilde dir bloß nichts ein Kleines," antwortete der Junge mir, ich verstand ihn nicht, er drehte seinen Blick zum Ausblick hin. "Ich weiß, was sich jetzt in deinem Kopf aufbaut. Der Gedanke, dass wir ja doch nicht so sind, wie alle sagen, wie alle denken, du eingeschlossen Prinzessin. Doch verwerfe diesen Einfall bloß wieder, glaub mir, es geht dir so besser. Uns allen würdest du damit nur unnötige Probleme ersparen." Ich wollte gerade meinen Mund öffnen, etwas entgegen bringen, seine Worte weniger melodramatisch klingen lassen, doch er kam mir, wie schon so oft, zuvor. Sein Kopf drehte sich zu mir. "Du kommst nicht aus dieser Welt Enya..du hast ja keine Ahnung, wie unser Leben sein kann und was es heißt, einer von uns zu sein. Wir sind hinterhältige Menschen und die Menschen mit denen wir zutun haben zucken nicht mal mit der Wimper nur uns und unseren Brüdern in den Rücken zu fallen." Der Braunhaarige holte tief Luft und steckte wie gewohnt seine Hände in seine vorderen Hosentaschen, nur seine Daumen schauten hinaus. "Diese Jacke ist wie eine zweite Haut, du kannst sie nicht so einfach wieder ablegen, nur das anlegen ist eine der leichtesten Taten. Jeder mit dieser Jacke, gehört nicht in dein Leben, es ist nur der Gefallen und du bist das Leder los. Mach dir keine Sorgen, wir werden dich danach in Frieden lassen." Er lief an mir vorbei, rammte dabei meine Schulter, ich drehte mich fassungslos um. "Hast du mich etwa nur hier hoch geschleppt, um mir meine Ängste nehmen zu wollen?" Mein Gegenüber drehte sich schmunzelt zu mir um. "Naja, nun weißt du etwas mehr über uns und vertraust mir, du kannst es leugnen, versuche es ruhig, aber ich weiß, dass du es tust." Lachte er auf, ich stemmte beleidigt meine Hände in du Hüfte.

Er streckte seine Hand kopfschüttelnd zu mir aus und grinste frech. "Komm, wir wollen doch nicht, dass dein Pappi Wind von deinem spontanen Abstecher zu uns mitbekommt." Skeptisch sah ich von seiner Hand zu ihm hoch und knickte nachgebend ein, nahm allerdings seine Geste nicht an, lief erhobenen Hauptes an ihm vorbei, schmunzelte ihm im Augenwinkel hinterher. Johnny sah meiner Gestallt überrascht nach, kam mir dann aber nachgelaufen.

..Fortsetzung folgt..

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