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| FAKE SMILE |

"Tschüss Eunji," rief ich in die Küche hinein wo die Dame von gestern am Putzen war. Sie lächelte mir beiläufig hinterher, als ich die Tür hinter mir zuzog und in den abgedunkelten Jeep in unserer Einfahrt stieg. "Morgen Ms." Begrüßte mich Jeremy nachdem ich mich auf die Rücksitze nieder gelassen hatte und ich lächelte kurz. Ich verstand mich gut mit ihm, vielleicht besser, als ich es meinen Vater nach sollte. Ich hatte keine unangebrachten Gefühle für ihn oder dergleichen, er war einzig und allein ein guter Freund. Doch meinem Vater wäre es wohl lieber, wenn ich ihn nur zweimal am Tag ansprach. Zur Begrüßung und zum Abschied. "Geht es Ihnen wieder besser?" Hackte er nach, sah für einen Augenblick im Rückspiegel zu mir zurück. Ich starrte einen Moment lang unverständlich in seine Richtung, erinnerte mich jedoch an gestrigen Abend und mein Nichterscheinen. "Ah, ja." Meinte ich mit sinkendem Blick und laß mir einige Englisch Vokabeln durch, was ich öfters vor der Schule machte. Nichts weiter sagend fuhren wir los und, so gut ich es auch versuchte, konnte ich mich einfach nicht aufs Lernen konzentrieren.

Diese Blicke, diese Augen, sie hatten mich bis in meine Träume verfolgt. Wegen ihnen konnte ich die Nacht kein Auge zu machen und wenn, dann wachte ich kurz darauf wieder auf. Ich hatte Angst, doch nicht nur die Jungs von meiner Schule trugen Schuld daran. Diese Männer von gestrigem Abend, sie wollten mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. "Ms? Wir sind da." Ich schaute auf, packte hektisch meine Sachen ein und verabschiedete mich rasch. "Enya!" Kam es von einer Klassenkameradin und wie gewohnt, fing nun die Zeit des Tages an, ab welchem ich mein unbeschwert unschuldiges Lächeln aufsetzten musste. Manchmal hasste ich es wirklich. "Hallo." Begrüßte ich sie und noch einige meiner anderen 'Freundinnen'.

Wir liefen zusammen in unsere Klasse und ich versuchte, etwas mit ihnen und ihren Witzen mit zu lachen. Sie als amüsant zu empfinden. War es traurig wenn ich sagte, dass es kein ehrliches Lachen war? Wenn ich nur dazu gehören wollte, besser gesagt, musste?
Ich ließ mich auf meinen Platz nieder und der Unterricht begann. Mein Kopf drehte sich von der Klasse und der Lehrerin zum Fenster hin, wobei ich langsam anfing im Gedanken zu versinken. Wenn ich ehrlich war und zugab, dass ich keine beste Freundin hatte? Das ich überhaupt keine wahren Freunde hier haben konnte? Ja, es war traurig. Es war das typische Klischee einer eingebildeten reichen Göre, so hätten nun einige von mir denken können. Womöglich dachten sie, dass ich mich nicht so anstellen sollte, ich hätte Geld und damit mochte mich doch automatisch gleich jeder. Was aber nicht stimmte. Mein Vater hatte das Geld, ich nicht, ich war nur seine Tochter. Aber leugnen, dass ich immer das Beste von allem bekam, wollte ich auch nicht. Allerdings war das gerade das Schwerste. Wie konnte ich wissen, ob mich jemand wirklich mochte oder nur etwas von meinem überflüssigen Luxus abhaben wollte?

Ich drehte meinen Kopf wieder zur Klasse hin. Jeder von ihnen hatte bestimmt diese eine Meinung, dass ich ein unbeschwertes Leben führen würde und mir alle Türen offen ständen. Auch nur ein weiteres Vorurteil. Ich war nicht freiwillig einem Golfklub beigetreten, war nicht von mir selbst aus jeden Mittwoch Klavier spielen gegangen, hatte in der Grundschule Geige jeden Dienstag gespielt, ging nicht schon zwei Jahre vorher in Spanisch-Nachhilfe und lernte danach noch zuhause für meine eigentlichen Schulstoff. Ich bekam nicht alles auf dem Silbertablett serviert. Es klang wirklich traurig wenn ich es mir eingestand und sagte, dass mein engster Freund mein persönlicher Chauffeur war.

Es schellte zur nächsten Stunde und ich blinzelte vor mich hin. Hatte ich die ganze Stunde in einem Tagtraum verbracht? Bedeutete für mich also; mehr lernen. Ich seufzte und packte bereits meine Sachen zur nächsten Stunde als ich plötzlich jemanden vor mir bemerkte. Fragend hob ich mein Kopf und schaute in zwei funkelnde Augen, welche kurz bei seinem Lächeln verschwanden. "H-Hey." Stotterte ich etwas überfordert und ich erhob mich, lief mit meinem Klassenkamerad los und betrachtete kurz seine neue Haarfarbe. "Du hast deine Haare gefärbt." Stellte ich nun laut fest und er kicherte etwas beschämt, fuhr sich durch seine strahlend blonde Haarpracht. "Ja, findest du es etwa hässlich?" Wollte er unsicher wissen, sofort hob ich verneinend meine Hände. "Nein! E-Es steht dir, wirklich gut um genau zu sein." Lächelte ich, legte mein Kopf schief und er bedankte sich. "Nichts zu danken Mr. Park." Meinte ich humorvoll und er lachte, als uns plötzlich jemand rief. Wie auf ein Stichwort verstummten wir beide und sahen zu einem Mitschüler, welcher auf uns zu kam. "Die Stunde fällt aus!" Überrascht drehten wir unsere Köpfe wieder zueinander und mein gegenüber zwinkerte mir zu. "Du weißt, was das heißt oder?" Fragte er und ich nickte.

"Das hatte ich damit nicht gemeint!" Jammerte er leise zu mir hin, als ich von meinen Büchern aufschaute. "Du kannst ruhig gehen Jisung, ich will dir nicht deine Freistunde nehmen." Flüsterte ich zurück, doch er überhörte meine Worte einfach und ließ sein Kopf in den Nacken fallen. "Ich hätte nichts anderes von dir erwarten sollen. Wenn du nicht in der Klasse bist, findet man dich schließlich immer hier. Warum also sollte es nun anders sein?" Meinte er und starrte durch die Bibliothek. "Du kannst wirklich gehen, das macht mir nichts." Wiederholte ich nur aber er schüttelte sein Kopf. Ich kannte den Koreaner seit der ersten Klasse, doch wirklich viel mit ihm zutun gehabt, hatte ich nie. Seine Eltern gehörten zur Mittelschicht, weshalb mein Vater nicht den Drang dazu verspürte, mich ihm näher zu bringen wie bei seinen anderen Geschäftspartnern und deren Kindern, doch etwas gegen ihn hatte er auch nicht. Seit einem Geschichtsprojekt letzten Jahres, an welchem wir zusammen arbeiten mussten, verstanden wir uns wirklich gut. Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und ich zuckte stark zusammen. Diese Hand fühlte sich an, wie die des Mannes von gestern.

Erschrocken blickte ich auf, betrachtete aber nur das erschrockene Gesicht eines Jungen meines Jahrgangs. "Ich wollte dir nur dein Biologiebuch wieder geben." Erklärte er sofort und ich nickte erleichtert. Als er wieder weg war drehte der Blondschopf sein Kopf zu mir. "Alles in Ordnung Enya?" Hackte er besorgt nach, ich bejahte. "Ich war im Gedanken, sonst nichts weiter." Begründete ich fälschlich, er guckte nur skeptisch. "Sollen wir vielleicht kurz raus?" Zustimmend räumte ich meine Sachen etwas beisammen und lief mit dem Jungen aus der Bibliothek. "Wie ist das?" Kam es von ihm als er die Tür zum Campus öffnete und uns die frische Luft entgegen blies. Ich sog sie tief in mein Brustkorb ein, innerlierte sie buchstäblich, schloss kurz meine Augen und stieß sie wieder aus. Mein Begleiter lachte. "Wusst' ich's doch." Grinste er, während meine Augen durch die Umgebung schweiften. Wir hatten uns auf eine Holzbank in der Sonne nieder gelassen, welche um einen Baum herum gebaut worden war. Jisung stützte sich mit seinen Händen hinten ab, hatte seinen Kopf der Sonne entgegen gestreckt und seine Augen verschlossen. Auch wenn wir uns gut verstanden, ich wusste nicht, ob ich ihn als einen Freund bezeichnen konnte. Vielleicht hatte er es auch nur auf geschenkten Luxus abgesehen, welchen ich ihm geben könnte. Das ich den Personen in meinem Umfeld kein wahrhaftiges Vertrauen schenken konnte, frustrierte mich. Es machte mich zu einer schlechten Person.

Ich betrachtete ihn weiter und stoppte an seiner Kleidung. "Ist die neu?" Er öffnete seine Augen und folgte meinem Finger, welcher direkt auf das Schwarz seiner Lederjacke zeigte. "Ä-Äh, ja. Ich hab sie..von einem Freund bekommen." Ich nickte langsam. "Gab es einen bestimmten Anlass?" Er schüttelte schnell seinen Kopf. "Nein, einfach so." Mein Kopf drehte sich wieder von ihm weg, skeptisch. Wir hatten alle eine Kleiderordnung zu befolgen, wovon Schuhwerk, Jacke und Haarschnitt zwar ausgeschlossen waren aber dennoch fand ich es etwas kurios. Zunächst einmal trug Jisung eher selten Schwarz und erst recht kein Leder. Dann machte mich die Tatsache, dass aber die Badboy's unserer Schule immer Lederjacken trugen, grüblerisch. "Ich bin eben mal für kleine Mädchen." Murmelte ich flüchtig und kurz zu mir blickend schloss er wieder seine Augen und ich ging. "Er trägt nie Leder." Grummelte ich nachdenklich auf dem Weg zu den Sanitäranlagen und lief auf das Mädchenklo. Als ich dort fertig war, hatte ich noch immer meinen Kopf gesenkt, war am nachdenken. Ich hatte schonmal etwas davon gehört, dass sie immer mal wieder neue Leute bei sich aufnahmen, doch aber nicht Jisung. Ich steigerte mich zu sehr hinein, es war nur ein Kleidungsstück, das machte ihn nicht gleich zu einem Mitglied.

Ich ging wieder raus und prallte plötzlich gegen etwas hartes. Kurz zusammenzuckend stolperte ich einen Schritt zurück und hob meinen Blick, um nur schwer zu Schlucken. Das konnte nicht wahr sein, wie kann es sein, dass ich erneut auf sie traf? So viele Zufälle auf einmal gab es nicht und erst recht nicht, dass ich erneut mit ihnen konfrontiert wurde. Bleib ruhig Enya, schau erstmal, ob es überhaupt die Selben von gestern waren. Dort stand Jaehyun, eindeutig von gestern. Weiter im Kontext waren zwei mir Fremde, vielleicht mein Alter, ein wirklich großer, einer von denjenigen die mir gestern vielleicht geholfen hatten? Ich konnte mich nicht mehr genau an ihre Gesichter erinnern. Zu guter letzt wanderten meine Augen ganz hoch, zu dem, in welchen ich hineingelaufen war. Meine Augenlider weiteten sich und mein rasendes Herz stoppte vor Schreck. Yuta...kreuze niemals den Weg des Prinzen. Er drehte sich zu mir um und auch die anderen verstummten, hatten ihre Augenpaare auf mich gerichtet, wirkten unerfreut, gestört worden zu sein. "Hast du keine Augen im Kopf?" Zischte mein Gegenüber gereizt zu mir, aber ich war gelähmt. "Ich rede mit dir." Fügte er wütender hinzu und ich nickte schnell. "T-Tut mir leid." Ich schaute zu Boden. "Ich hatte nicht aufgepasst."

Plötzlich griff seine Hand in meinen Nacken, hielt meine hinteren Kopfhaare fest und zog mein Blick wieder hoch. "Hh." Holte ich tief Luft, biss meine Zahnreihen zusammen. "Ist das eine Ausrede?" Ich schüttelte mein Kopf. "Was machen wir nun mit dir?" Wandte er sich nachdenklich an seine Freunde und ich fing an zu zittern. "E-Es tut mir wirk-.." Er zog an meinem Hinterkopf. "Sprich nur wenn du angesprochen wirst!" Ich biss mir auf die Lippe, versuchte ihr Beben zu kontrollieren. Bloß nicht anfangen zu weinen Enya, Schwäche erfreut sie doch nur noch mehr. Der Größte von ihnen lachte mit den anderen doch runzelte plötzlich seine Stirn als er zu mir schaute. "Warte mal.." Fing er an und kam mir näher, bückte sich zu mir hinunter. "Huang?" Laß er an meinem Namensschild ab und stellte sich wieder gerade hin. "Was ist Lucas?" Wollte einer der jüngeren wissen und er zeigte langsam auf mich. "Bist du nicht, dass Mädchen, welchem wir gestern geholfen haben?" Die Anderen tauschten verwirrte Blicke aus. "Ja, du wurdest von den beiden Typen gestern bedroht. Wir haben sie für dich verprügelt." Yuta ließ von mir ab und alle sahen mich erstaunt an. "Stimmt das?" Fragte ein Junge, welchen ich ein Jahr älter schätzte als mich. Ich nickte. "Du hast dich garnicht bei uns bedankt." Kam es beiläufig von diesem Lucas und ich öffnete empört meinen Mund. "Ich hab mich verbeugt!" Erläuterte ich sofort nahm diesen Tonfall aber sofort wieder zurück. "Ist mir egal, du schuldest uns jetzt was." Schmunzelte er dreckig und ich schnaubte. "Endschuldige bitte? Ich habe nicht um eure Hilfe gebeten." Rechtfertigte ich mich und die anderen, wie auch er, schauten zufrieden in die Runde. "Du hast geschrien, wir haben geholfen. Versuch dich ruhig raus zu reden, aber du bist uns nun einen Gefallen schuldig."

Sein dreckiges Lächeln verschwand und seine Miene wurde plötzlich eiskalt. "Enya Huang, du solltest uns besser den Gefallen erfüllen." Ich rollte mit meinen Augen, was ich für gewöhnlich nie machte, kreuzte meine Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue. Fein. "Wie lautet der Gefallen?" Zischte ich doch sie lachten alle nur. "Das wirst du noch früh genug erfahren." Damit gingen sie und ließen mich stehen. Nun schuldete ich diesen Jungs auch noch etwas, nachdem der eine mir beinahe meine Haare rausgerissen hätte und verprügeln wollte. Ich packte mir an den Hinterkopf und zog einige lose Haare hinaus. Betrübt betrachtete ich diese in meiner Hand, ich war noch nie an sie geraten. Warum jetzt? Ich schnaubte, doch dann schaute ich hektisch auf. "Jisung!" Ich rannte in Richtung Campus und hoffte, dass er mir nicht all zu böse wäre. Immerhin hatte ich eine gute Erklärung für mein Verspäten. Doch als ich mich langsam der Bank näherte, auf welcher wir zuvor noch zusammen gesessen hatten, erkannte ich drei weitere Personen. Lederjacken! Ich fuhr mein Tempo runter und näherte mich Schritt für Schritt dem Baum. Sie sprachen mit Jisung..hatte ich mich etwa doch nicht geirrt? Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. Jisung bei diesen Typen? Nein. Ich erkannte Johnny, die anderen beiden waren eigentlich zwei Jahrgänge über mir, aber waren sitzengeblieben.

Der Blonde wirkte verunsichert und nun reichte es mir einmehlig. Sollten sie sich doch um ihr eigenes Business kümmern und uns in Ruhe lassen. Ich fuhr meine Wut runter und setzte mein unschuldiges Lächeln auf. Bei ihnen angekommen, räusperte ich mich, die Stimmen verstummten und alle sahen zu mir rüber. Was hatte ich noch gleich vor gehabt? "Äh..Jisung? Gehen wir wieder rein?" Die Jungs vor ihm machten einen Schritt zurück und ich fühlte mich leicht von den beiden Sitzengebliebenen begafft. "Denk an meine Worte kleiner." Meinte Johnny zu ihm und blickte dann zu mir. Ob er sich auch an mich erinnerte? "Ey! Park!" Jisung drehte sich zu ihm um, als er gerade bei mir angekommen war. "Und pass besser auf deine Freundin auf!" Er erinnerte sich eindeutig noch an mich, ich wurde rot. "Sie ist nicht-.." Er wandte sein Kopf zu mir, dann aber wieder zu den dreien vor uns. "Ja, mach ich." Ich griff nach seinem Handgelenk und drehte mich Richtung Eingang. Ihre Blicke lagen auf mir, was mich nervös machte. "Jeno, Jaemin! Setzt euch in Bewegung!" Meinte der Ältere zu den Jungs hin und als ich durch die Glastür trat kreuzten sich nochmal meine Blicke mit denen des Braunhaarigen. Seine Augen, diese Blicke, sie waren genauso wie gestrige Nacht. Emotionslos.

"Was wollten die von dir?" Hackte ich nun bei dem Blondhaarigen nach und er schluckte abwesend. "Jisung?" Wiederholte ich, er reagierte. "Sie meinten, wir sollen uns da nicht mehr blicken lassen. Es wäre ihr Platz." Ich versuchte ihm die Geschichte abzukaufen, doch etwas in mir vertraute der ganzen Angelegenheit nicht. "Enya? Stimmt etwas nicht?" Er legte mir musternd eine Hand auf die Schulter und als ich ihn anblickte, musste ich ihm einfach glauben. "Ich dachte schon, du wärst nun auch ein Mitglied." Erklang es erleichtert von mir und ich lächelte etwas. "Ich bin so froh, dass es nicht so ist." Er schenkte mir auch ein unsicheres Schmunzeln, wendete seine Blicke aber dann von mir ab. "Mach dir einfach keine Gedanken."

..Fortsetzung folgt..

My second chapter for all the
lonely bisses on Valentine's Day🥀

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