Kapitel 4

„Valerie!?! Du hast gewonnen!" Glendas Stimme drang durch meine Anspannung. „Glückwunsch!" schrien meine Eltern dazwischen. Und ich? Ich konnte das alles noch nicht wirklich fassen.

Die Stunden seit meinem Telefonat mit Charly waren nur so an mir vorbeigerauscht. Im Hotelzimmer angekommen, hatte ich versucht zu schlafen, doch es war mir sehr schwer gefallen. Als ich es schließlich nicht mehr ausgehalten hatte, schnappte ich mir die Fernbedienung des Fernsehers und schaute mir fünf Stunden lang Snooker an. Eigentlich für mich so einschläfernd wie eine ganze LKW Landung Schlaftabletten, doch dieses Mal fiel ich nicht in einen erholsamen Schlaf. Als mein Wecker schließlich das Snooker- Spiel unterbrach, war ich wie gerädert. Ich zog mich wie in Zeitlupe an und lief zu den Stallungen um nach Danci zu sehen.

Als ich sie mit Heu und einem frischen Eimer Wasser versorgt hatte, kümmerte ich mich um mein eigenes Frühstück. Die meisten Essensstände in der Showhalle hatten noch gar nicht geöffnet, doch ich fand einen Bäcker, bei dem ich mir gleich einen Latte Macciato und ein belegtes Brötchen bestellte. Beides musste ich aber in Windeseile hinunter schlingen, da Glenda wollte, dass ich Danci schon einmal warmritt, um sie später nicht mehr so lange in der vor Anspannung brodelnden Abreitehalle trainieren zu müssen.

Also putzte ich meine Fuchsstute schnell, legte ihr den Sattel auf und trenste sie zum Schluss. Nachdem ich dann eine halbe Stunde unter den wachsamen Augen von Glenda abgeritten war und sie mir noch einmal ein paar letzte Tipps gab, durfte ich wieder zurück in das Stallzelt, das in der Zwischenzeit schon merklich voller geworden war. Trainer, Besitzer und Reiter wuselten hektisch umher, um noch einen Wassereimer für das Pferd oder die Sporen für die Reiter zu finden. Da Danci eine solche Hektik absolut nicht ausstehen konnte, führte ich sie sofort in ihre Box, sattelte sie ab und kontrollierte noch ein letztes Mal ihre tadellos sitzenden Zöpfchen. Nachdem ich sichergestellt hatte, dass Danci alles hatte, was sie brauchte, kümmerte ich mich um Sattel und Trense, zog mich um und strich nochmals mit einem feuchten Lappen über meine Stiefel.

Dann war es auch schon Zeit für die Abreitehalle. Angespannt saß ich auf Danci und wartete darauf, dass die grellen Spotlights und die blecherne Stimme des Ansagers mich finden würden. „Und nun Valerie Winterhagen und Dancing Dynamite!" Das war der Startschuss. Und plötzlich war die ganze restliche Welt verschwommen. Ich hörte nur noch meinen eigenen Herzschlag, der im Gleichtakt zu Dancis Hufschlag schlug. Alle Anspannung fiel von mir. Das war mein Finale. Ich würde es allen zeigen! Ich hob die Hand und galoppierte mein treues Pferd an.

„Hier nun nochmal das Ergebnis von Valerie Winterhagen: Die nachgerechnete Punktzahl lautet 77, 98% Das ist der Sieg in dem Finale des Iwest Cups. In wenigen Minuten kommen wir dann auch zur Siegerehrung." Die blecherne Stimme des Ansagers riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte wirklich gewonnen! Ich konnte es immer noch nicht fassen. Sanft tätschelte ich meiner treuen Fuchsstute den Hals.

Glenda war schon wieder voll in ihrem Element und kommandierte auch sofort meine Eltern herum. „Sina, du holst die weißen Bandagen und Rainer, du holst einen feuchten Schwamm, um Danci den Schaum von ihrem Hals zu entfernen. Aber mal ein bisschen zackig!" sie zwinkerte den beiden zu. Während meine Eltern wie von der Tarantel gestochen los rannten blickte Glenda mich ernst an.

„Valerie, ich bin so stolz auf dich! Du hast als Außenseiterin dich bis zum Finale vorgearbeitet und nun hast du auch noch den Pokal geholt. Glaubst du nicht, dass es dir bei der Show von Dr. Pelder genauso ergehen könnte? Danci und du, ihr beide habt so viel Talent und so eine Show macht bestimmt auch einen riesen Spaß. Du weißt, ich liebe dich, wie eine eigene Tochter und du weißt auch, dass ich dir nie so etwas andrehen würde, wäre ich davon nicht überzeugt, doch ich bin mir sicher, dass es eine große Bereicherung für dich wäre. Überlege es dir doch noch einmal. Alice macht auch mit." Sie deutete auf meine Konkurrentin, die im heutigen Finale Zweite geworden war.

„Bist du dir da wirklich sicher?" fragte ich zaghaft. „Dass Alice dort auch teilnimmt?" fragte Glenda überrascht. Ich musste lachen. „Neiin, ob ich dort auch ein Chance hätte." „Ach so. Natürlich hättest du das. Aber du weißt ja nie, was alles passieren kann. Es wäre aber einfach eine schöne Bereicherung." Sagte sie und nahm meinem Vater, der inzwischen wieder mit einem kleinen Eimerchen und einem Schwamm aufgetaucht war, den Schwamm ab und fuhr damit über Dancis verschwitzten Hals.
Auch meine inzwischen wieder eingetroffene Mutter half mir, indem sie alle vier Beine von Danci mit den weißen Bandagen einwickelte.

Da kam auch schon die Stewardess angerannt und überreichte Glenda die Siegerdecke mitsamt der großen goldenen Schleife. „In einer Minute beginnt die Siegerehrung!" sagte sie und stiefelte dann zu Alice weiter, um ihr die silberne Schleife zu überreichen. „So Valerie! Jetzt geht es los!" Glenda warf noch schnell die Siegerdecke über Dancis Kruppe, während meine Mutter Danci zärtlich die goldene Schleife ansteckte und ihr sanft über die Blesse auf der Stirn strich. Dann musste ich auch schon neben der Stewardess von der Abreitehalle durch den Tunnel in die Showhalle reiten.

Tosender Applaus und ein Remix von Tina Turners „Simply the best" begrüßten mich ein letztes Mal in der Showhalle. „Nun meine lieben Zuschauer, darf ich Ihnen die Siegerin des diesjährigen Iwest Cups vorstellen. Mit einer Prozentzahl von 77,89% siegte Valerie Winterhagen mit ihrer Dancing Dynamite. Herzlichen Glückwunsch!" Mit tosendem Applaus und anerkennenden Pfiffen kommentierten die Zuschauer meinen Ritt. „Der zweite Platz mit 77,55 % geht an Alice Schwarzer und Mission Impossible FRH. Ebenfalls herzlichen Glückwunsch!"

Dann hatte ich gar keine Zeit mehr, zu schauen, wer den dritten Platz belegte, denn es kam schon Dr. Pelder und ein älterer Her mit Glatze, von dem ich vermutete, dass er der Sponsor der Tour war, auf mich zu. Der Herr mit Glatze gab mir zuerst die Hand. „Sie sind echt super geritten! Wenn sie weiterhin so erfolgreich sind, dann besteht die Chance, dass wir sie ein bisschen sponsern. Sie kennen das ja bestimmt bereits." Er lächelte mir nochmals freundlich zu, während ich nur noch ein überraschtes „Vielen Dank!" herausbrachte. Hatte er sich mir gerade als potentieller Sponsor vorgestellt?

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