Der Tag ging schneller vorbei als gedacht, was eventuell auch am Alkohol liegen könnte, denn der floss in Massen statt in Maßen. Leicht angetrunken liegen wir jeder in unseren Betten, wobei Andrew das Bett von Jem in beschlag genommen hat, damit er nicht als einziger alleine schlafen muss. "Könnt ihr mal aufhören den Raum zu drehen?", motzt Will leise und Andrew und ich kichern los. "Und ich dachte du wärst das", gackert Andrew dann und wieder lachen wir. "Ich hab eindeutig zu viel getrunken", jammert er dann jedoch und ich kann dem Ganzen nur zustimmen, denn wir haben wirklich erst aufgehört, als die letzte Flasche leer war.
"Wisst ihr was ich hier besser finde als zuhause?", murmel ich leise und beide schütteln ihre Köpfe, was sie qualvoll zum Stöhnen bringt. "Sobald wir morgen in die Küche kommen, wird der komplette Kühlschrank wieder aufgefüllt sein und im Regal gibt es dann wieder neue Flaschen. So eine kleine helfende Elfe hätte ich auch gerne", seufze ich leise und höre wieder das Gekicher. "Hast du die helfende Elfe mal gesehen? Die heißt nämlich Jörg, ist über 60 und futtert einen Teil der Bestellung noch direkt vor Ort weg", prustet Will dann und wir steigen mit ein. "Kein Scherz. Ich bin letztens in der Nacht runter, um eine zu rauchen und da stand er plötzlich. Ich hab fast einen Herzinfarkt gehabt", sagt er dann etwas ernster, doch wir können in unserem Zustand einfach nicht ernst bleiben.
"In meinen Vorstellungen ist es eine hübsche kleine Elfe in einem kurzen Kleidchen und langen, gebräunten Beinen", sinniere ich weiter. "So wie Tinkerbell?", wirft Andrew ein und ich muss lächeln. "Ja, genau so." Zufrieden denke ich an Tinkerbell und finde den Vergleich wirklich bezaubernd. "Magnus?", fragt Andrew dann leise und ich wende meinen Kopf in seine Richtung. "Wie ist es auf Männer und auf Frauen zu stehen?", fragt er dann und ich weiß beim besten Willen keine vernünftige Antwort. Leicht zucke ich mit den Schultern. "Es ist kein großer Unterschied dazu nur auf ein Geschlecht zu stehen", murmel ich dann.
"Ich wüsste gerne wie es ist auf Frauen zu stehen", flüstert Will dann und meine Augenbrauen heben sich verwundert. "Dann hätte ich vielleicht noch Kontakt zu meinen Eltern", erklärt er trocken und schaut an die Decke. "Jeder sollte lieben dürfen wen er will", sage ich dann und er wendet sich mir zu. "Aber dadurch habe ich sie unglücklich gemacht." "Aber wenn du dich verstellt hättest, dann hättest du dich selbst unglücklich gemacht. Manchmal stehen Vorurteile und verquerte Gedanken unserem eigenen Glück im Weg. Für mich wäre es das größte Glück zu wissen, wenn meine Kinder glücklich sind", sage ich dann leise und sehe wie er ebenfalls nickt.
"Ist es anders mit einer Frau?", fragt Andrew nun neugierig und ich muss wieder lachen. "Was genau?" "Eine Beziehung", erklärt er dann und ich muss schmunzeln, denn mein erster Gedanke war der Sex, der eindeutig anders ist, aber das ist wohl selbsterklärend. "Manchmal. Wenn ich in einer Beziehung mit einer Frau bin, dann bin ich mehr in der Rolle eines Mannes gefangen. Ich bin derjenige der stark sein muss, der sie beschützt. Manche Frauen sind der Ansicht, dass ein Mann dafür arbeiten muss sie glücklich zu machen. Aber wenn ich mit einem Mann zusammen bin, dann sind wir in keiner festen Rolle die das System vor Augen hat. Mal kann ich der jenige sein der stark ist und ihn beschützt, aber ich kann genau so der jenige sein der sich fallen lässt und sich in seine schützenden Arme wirft.
Wenn ich mit einer Frau zusammen bin verschenke ich lediglich Rosen, aber bei einem Mann bekomme ich auch selbst mal welche geschenkt. Ich finde das ist einer der größten Unterschiede in einer Beziehung, die vorgegebenen Rollen, auf die Frauen vor allem oft beharren", flüster ich leise, denn ich höre deutlich Wills gleichmäßige Atemzüge. "Ich liebe Rosen", flüstert Andrew nachdenklich und ich muss lächeln. "Ich auch." Ich spüre, dass Andrew über meine Worte nachdenkt und bleibe deshalb still liegen, um ihm Zeit zu geben die nächste Frage zu stellen, denn ich merke da kommt noch etwas. "Denkst du Alec verschenkt Rosen?", fragt er jedoch dann und ich muss erneut lachen, obwohl das Thema bis gerade so ernst war.
"Ich denke Alec würde alles für seinen Partner tun und wenn dieser Rosen will, dann wird er Rosen bekommen", erkläre ich leise, denn genau das glaube ich. Vielleicht ist auch genau das eines der Dinge die ich an ihm so mag. Ich brauche einen Mann, der bei der Entscheidung zwischen mir und der Welt mich wählen würde und genau so jemand scheint Alec zu sein, wenn er sich denn für mich entscheidet. Leise höre ich Andrews Stimme, die nur noch ein müdes Murmeln ist. "Ich denke du wirst viele Rosen bekommen." Dieser Satz brennt sich in mein Herz und entfacht eine prickelnde Vorfreude auf das was geschehen könnte.
Jedoch gibt es da diesen großen Nebel, auf den ich mit voller Geschwindigkeit drauf zu rase und der alles zu verschlucken droht, denn selbst wenn Alec sich für mich entscheidet, dann werden wir uns nicht sehen können. Wir werden nicht ins Kino gehen können, wir werden nicht Essen gehen können und uns erst recht nicht bei einem von uns zuhause treffen. Denn die Zeit zwischen dem Ende der Show und der Ausstrahlung der letzten Folge wird lang. Hier sind wir lediglich drei Wochen unterwegs, doch letztendlich werden es acht Wochen werden. Zwei Monate, in denen kein einziges Foto von uns auftauchen darf, denn sonst müssen wir beide eine Vertragsstrafe zahlen.
Mal wieder ein riesiges 'Was wäre, wenn' Chaos, das meinen Gedanken in letzter Zeit immer öfter entspringt. Bin ich überhaupt bereit für eine Beziehung? Camilles Verhalten sitzt nach wie vor tief, aber Alec erinnert mich kein bisschen daran. Mit ihm fühlt sich alles anders an. Neu und völlig aufregend. Aber bis ich all das mit ihm entdecken kann stehen noch zwei Entscheidungen aus und mein Herz hält mich mit aller Kraft davon ab über ein anderes Szenario nachzudenken. Nämlich das, bei dem Alec sich nicht für mich entscheidet. Alleine bei diesem kurzen Gedankengang klopf mein Herz schmerzhaft und zieht sich unangenehm zusammen.
Schnell denke ich wieder darüber nach was sein könnte. Eine Zeit nach zehn Wochen, wo wir uns gemeinsam auf eine Couch legen und aneinander gekuschelt reden, lachen und zwischendurch eine Anzahl an küssen austauschen. Wie wir ins Bett gehen und dort den Körper des anderen erkunden und wie wir all das tun können, wovon uns die Kameras momentan abhalten. Während ich mir diese Traumvorstellung immer detaillierter ausmale verfalle ich tatsächlich in einen Traum, der dem Ganzen in keinster Weise nachsteht. Überall finden sich Rosen und mein Körper ist erfüllt von Liebe und Glück.
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