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"Ich hab schon viel von dir gehört." 2100 Words
➵ Louis' POV
Ich versuchte irgendwie das Spiel und die Gespräche darüber zu verfolgen. Aber da Harry so nah an mir dran saß, konnte ich genau spüren, wie er sich zunehmend anspannte und sein Körper sogar zitterte, was es mir schwer machte, nicht darauf zu achten. Emil neben mir war, seitdem sich Harry und Amalia zu uns gesetzt hatten, auffällig still geworden und er warf immer wieder einen Blick auf die hübsche Brünette, die sich scheinbar bestens mit Marie verstand. Ich stupste ihm in die Seite und er sah verlegen zurück zur Leinwand, weswegen ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen konnte. Als mein Blick aber wieder zu meiner anderen Seite glitt und ich Harry dabei beobachten konnte, wie er nervös seine Hände knetete und vermutlich versuchte, zu verbergen, dass er zitterte, verschwand das Grinsen auf meinem Gesicht.
Er war offensichtlich nicht freiwillig hier her gekommen und irgendwie wollte ich nicht, dass er sich so unwohl fühlte. Deswegen seufzte ich auch leise und tat schließlich so, als ob ich gähnen müsste, was tatsächlich seine Aufmerksamkeit auf mich lenkte. Seine grünen Augen trafen für einen Moment auf meine, ehe er wieder auf seine Hände blickte.
"Ich glaube ich brauche mal ein bisschen frische Luft...", sagte ich leise, wobei alle anderen gerade eh viel zu vertieft in das Spiel oder ein Gespräch waren und mich sowieso nicht hörten. Er blickte wieder auf und runzelte seine Stirn. "Möchtest du kurz mitkommen?" Er nickte zögerlich, ehe er aufstand und mit schnellen Schritten zum Ausgang lief. Ich gab Emil kurz Bescheid, dass ich sofort wieder da sein würde, doch der war gerade wieder dabei, Amalia und Marie zu beobachten, weswegen ich nur mit den Schultern zuckte und Harry hinterherlief.
Draußen angekommen, lehnte er sich an eine Wand an und schloss seine Augen, während er tief durchatmete. Ich stellte mich mit ein wenig Abstand neben ihn und lehnte mich ebenfalls an die Wand. Auch ich schloss meine Augen und genoss die frische Abendluft, die ich tief einatmete, in der Hoffnung, dass sie mich vielleicht tatsächlich etwas aufwecken würde. Auch wenn mein Gähnen gerade nicht echt war, müde war ich tatsächlich. Die Tatsache, dass ich spontan für eine Nachtschicht einsprang, nachdem ich schon die Frühschicht am selben Tag gemacht hatte, würde mir sehr wahrscheinlich auch eher nicht dabei helfen, weniger müde zu sein. Harry seufzte leise und ich drehte meinen Kopf zu ihm, ehe ich meine Augen wieder öffnete und einen Blick auf seine Hände warf, die nervös an seiner Hosentasche rumspielten. Den Umrissen nach zu urteilen, hatte er in dieser Tasche eine Packung Zigaretten verstaut, aber irgendwas schien ihn daran zu hindern, eine zu rauchen.
"Alles okay?", fragte ich ihn, ohne wirklich drüber nachzudenken. Er öffnete seine Augen und blickte direkt in meine, ehe er den Kopf schüttelte, dann seufzte und schließlich mit den Schultern zuckte. "Ich kann wieder rein gehen, wenn du alleine sein willst...", fügte ich noch hinzu und er runzelte fragend seine Stirn.
"I-Ich dachte du wolltest raus?"
"Ja schon... aber ich... ähm... ich weiß nicht du sahst aus als ob du vielleicht... aus der Situation raus wolltest?" Er senkte seinen Blick für einen Moment und fing erneut an seine Hände zu kneten, während er einen tiefen Atemzug nahm und den Kopf wieder hob, aber mich nicht ansah.
"Danke ja..." Ich lehnte meinen Kopf wieder an die kühle Wand und schloss meine Augen. Nach ein paar Minuten räusperte er sich plötzlich und ich zuckte leicht zusammen, weil ich irgendwie so weggetreten war. "Ich hab irgendwie ein Problem damit unter Menschen zu sein... also... seit dem... seit dem Unfall... ich werde dann irgendwie nervös und fast schon.. panisch? Ich weiß auch nicht woher das kommt...", gab er zu und ich öffnete etwas überrascht von seinem Geständnis meine Augen um seinen Blick zu erwidern und ihn sanft anzulächeln.
"Schon gut, nach einem traumatischen Ereignis passiert es häufig, dass man Ängste entwickelt...", versuchte ich ihn irgendwie aufzubauen, obwohl ich mich gleichzeitig fragte, was genau ihm Angst machte. Ich beschloss aber ihn das wenn überhaupt vielleicht eher ein anderes Mal zu fragen, denn er schien sich immer noch nicht vollständig beruhigt zu haben. Er nickte leicht ehe er sich wieder von mir abwandte. Wir standen noch einige Minuten so da, jeder irgendwie in Gedanken und ich schloss wieder meine Augen, was allerdings nur dazu führte, dass ich noch müder wurde und schließlich gähnen musste.
"Das Gähnen jetzt wirkt schon echter..." Ich blickte ihn erstaunt an, ehe ich merkte, dass ich rot anlief und hoffte, er würde es nicht sehen.
"Tut mir leid, mir ist nichts besseres eingefallen um irgendwie zu sagen, dass ich raus möchte." Er lächelte leicht, ehe er den Kopf schüttelte.
"Das muss dir doch nicht leid tun, ich bin dir dankbar, dass du mich gefragt hast, ob ich raus möchte. Aber ich muss sagen, müde siehst du tatsächlich aus. Wäre das Gähnen ein bisschen besser geschauspielert gewesen, hätte ich dir geglaubt."
"Müde? Ich? Niemals." Ich unterbrach mich selbst mit einem Gähnen, was Harry kurz zum Lachen brachte.
"Ich seh schon, vielleicht solltest du mehr schlafen", sagte er dann doch mit ernstem Tonfall und ich nickte.
"Ja vielleicht, aber ich muss gleich arbeiten, also wird das wohl nichts. Vielleicht sollte ich irgendwann lernen, nein zu sagen und nicht immer für alle einzuspringen, damit ich nicht Früh und Nachtschicht an einem Tag mache?", lachte ich. "Aber auch das wird vermutlich nicht passieren", fügte ich noch hinzu und zuckte mit den Schultern.
"Gibt es denn wenigstens einen guten Grund dafür, dass du einspringen musstest?"
"Tatsächlich! Seine Frau kriegt ein Kind. Ging wohl ziemlich schnell plötzlich und sie sind sich sicher, er würde alles verpassen wenn er arbeiten würde. Zum Glück hat er aber auch geregelt, wer morgen meine Spätschicht übernimmt, weil morgen dann um halb Zwei wieder zu arbeiten... hm ne danke, ich glaube, dann schlaf ich im Stehen ein, das wäre wohl eher weniger gut."
"So wie gerade schon fast?"
"Ich hab doch nicht geschlafen", erwiderte ich entrüstet.
"Du hast dich aber ganz schön erschrocken, als ich mich geräuspert hab", lachte er und ich konnte nicht anders als ebenfalls zu lachen, weil sein Lachen so verdammt ansteckend war.
"Wollen wir wieder rein? Wird so langsam kalt hier draußen. Wir können uns auch an die Theke setzen, wenn du willst." Er nickte und folgte mir dann zur Theke, wo wir uns beide auf einen Barhocker setzten und einen fragenden Blick von Zayn bekamen, der allerdings alle Hände voll zu tun hatte. Ich beobachtete ihn dabei, wie er Bier zapfte, ehe ich einen Blick auf meine Freunde warf, die alle noch immer das Spiel verfolgten und dabei Bier tranken. Auch Amalia war noch immer mit Marie in ein Gespräch vertieft. Mein Blick blieb an Emil hängen der an seinem Handy rumspielte, was eigentlich ziemlich untypisch für ihn war. Ich beschloss ihn demnächst zu fragen, ob ich sein Verhalten richtig deutete und er tatsächlich komisch drauf war, weil er ein Auge auf Amalia geworfen hatte.
"Alles gut?" Zayns Stimme brachte mich dazu mich wieder umzudrehen. Er stellte Harry ein Bier hin, welcher als Antwort auf seile Frage nur nickte. Dann traf Zayns Blick mich und ich lächelte kurz, ehe er sich wieder abwandte um andere Kunden zu bedienen.
"Harrryyyy, da bist du ja wieder." Amalia legte ihm einen Arm um die Schulter und stellte sich zwischen unsere Barhocker.
"Du hast bemerkt, dass ich weg war? Du warst doch so in dein Gespräch vertieft." Sie grinste ihn nur an und drehte sich dann zu mir.
"So, du bist also Louis, der Pfleger von Olivia?" Etwas überfordert nickte ich nur und versuchte ihren Blick zu deuten, was mir allerdings nicht gelang. "Ich hab schon viel von dir gehört."
"Ach ja?", fragte ich und sie lachte kurz, ehe sie nickte.
"Ja, du sollst ein ausgezeichneter, liebevoller Pfleger sein." Ich biss mir etwas verlegen auf meine Wange.
"Umm... ja, ich versuch es zumindest immer zu sein." Ich versuchte meine Verlegenheit zu überspielen, in dem ich lachte. Ich war noch nie gut darin, mit Komplimenten umzugehen.
"Freut mich dich kennenzulernen! Ich muss mal eben für kleine Mädchen." Sie verschwand zu den Toiletten und ich seufzte leise, als ich einen Blick auf meine Uhr warf und feststellte, dass es schon später war, als ich gehofft hatte. Heute war meine Motivation definitiv nicht so vorhanden, wie sonst.
"Musst du los?"
"Ja, leider..." Ich stand auf und legte das Geld für Zayn auf die Theke. "Ich geh mich dann mal eben von den anderen verabschieden, die vermutlich nicht mal gemerkt haben, dass ich nicht mehr da bin", lachte ich und Harry nickte. "Wir sehen uns?"
"Ich wünsche dir eine angenehme Schicht. Wir sehen uns." Ich drehte mich um und wollte gerade los laufen, als Harry mich plötzlich am Arm zurückhielt. "Und äh... danke nochmal..." Ich lächelte nur und winkte ab, ehe ich mich zu den anderen begab und mich schnell von allen verabschiedete, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen.
*****
Am nächsten Morgen begrüßte mein bester Freund, der heute die Frühschicht hatte, mich mit einem fragenden Blick und ich rollte mit meinen Augen, da ich wusste, worauf er hinaus wollte.
"Was war denn das gestern Abend in der Bar?"
"Hallo Liam! Ich wünsche dir auch einen guten Morgen! Ja die Nachtschicht war okay, danke der Nachfrage, aber ja ich würde jetzt wirklich gerne dieses Übergabegespräch machen um dann nach Hause zu gehen und zu schlafen, da hast du Recht!", gab ich gespielt freundlich zurück und er verdrehte ebenfalls seine Augen.
"Das ist komisch."
"Du bist komisch. Jetzt geh mir nicht auf die Nerven bitte, danke!"
Knapp eine Stunde später saß ich in der Bahn und musste zum gefühlten zehnten Mal gähnen, seit ich mich vor fünf Minuten auf den Platz gesetzt hatte. Ich war nichtmal in der Stimmung mir Musik anzumachen, warf aber trotzdem einen Blick auf mein Handy. Ich hatte eine Nachricht von Harry, was mich tatsächlich verwunderte, weil ich nicht damit rechnete, dass er so früh wach sein würde.
Harry (Sa. 06:54 Uhr)
Nachtschicht überstanden?
Ich (Sa. 07:02 Uhr)
Ja, Gott sei dank. 11 Stunden haben sich noch nie so lang angefühlt haha
Harry (Sa. 07:03 Uhr)
11 Stunden sind ja auch nicht gerade kurz...
Ich (Sa. 07:03 Uhr)
Stimmt auch wieder. Was weckt dich denn so früh an einem Samstag? Aurelia?
Harry (Sa. 07:04 Uhr)
Nein sie ist das Wochenende bei ihren Großeltern. Ich konnte nur nicht mehr schlafen
Ich (Sa. 07:04 Uhr)
Oh okay, ja gut das macht Sinn, du warst ja gestern Abend auch in der Bar sorry.
Ich schlafe glaub ich gleich in der Bahn ein, der Weg kam mir auch noch nie so lang vor 😩
Harry (Sa. 07:05 Uhr)
Ohje, das wäre nicht gut, nicht dass du dann irgendwo landest und dann mit Nackenschmerzen wach wirst und irgendwie nachhause kommen musst.
Ich (Sa. 07:05 Uhr)
Das wäre tatsächlich fatal, ich hasse es wenn ich nicht gut geschlafen habe, dann lieber gar keinen Schlaf.
Harry (Sa. 07:06 Uhr)
Dann sieh mal lieber zu, dass du deinen Schlaf bekommst!
Ich steckte mein Handy wieder weg und beobachtete noch ein bisschen die vorbeifahrenden Autos, ehe ich endlich an meiner Station ankam und mit schnellen Schritten zur Wohnung lief.
Dort angekommen streifte ich mir meine Schuhe von den Füßen und warf meinen Rucksack in die Ecke des Flures, ehe ich in die Küche lief um mir irgendwas zu Essen zu suchen. Niall kam schneller als ich gucken konnte ebenfalls in die Küche und beobachtete mich mit hochgezogenen Augenbrauen dabei wie ich mir ein Brot schmierte.
"Ist was?"
"Liam hat mir von gestern Abend erzählt."
"Was war denn gestern Abend?"
"Harry!" Ich rollte genervt mit meinen Augen und schob mir ein Stück vom Brot in den Mund, ehe ich ihn auffordernd ansah, damit er weitersprach. "Immer verpass ich alles, weil ich arbeiten muss. Liam meinte er saß ziemlich nah an dir dran und dann seid ihr nach draußen verschwunden." Ich schluckte den Bissen runter und stellte meinen Teller auf der Küchentheke ab.
"Meine Güte, warum übertreibt er so? Was ist sein scheiß Problem?!", gab ich fast schon wütend von mir und Niall zuckte bei meinem lauten Tonfall etwas zusammen. "Sorry, bin müde, will schlafen, bin genervt", murmelte ich und er nickte verständnisvoll, ehe er mir eine Hand auf die Schulter legte und leicht drauf klopfte.
"Schon gut geh schlafen." Ich seufzte leise und setzte mich in Bewegung, um in mein Zimmer zu gehen. "Ich frag dich dann später aus", fügte er noch hinzu, als ich gerade aus der Küche verschwand. Ich versuchte einfach ruhig zu bleiben und es zu ignorieren.
Ich zog meine Klamotten, bis auf die Boxershorts aus und warf mich schließlich ins Bett, wo mir meine Augen schon zufielen und ich mich zufrieden seufzend unter meine Decke kuschelte.
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Louis hat also sehr wohl gemerkt, dass es Harry nicht gut ging und direkt die Initiative ergriffen und ein bisschen Zeit alleine mit ihm verbracht 🌞 ist euch eine kleine Sache an Harrys Verhalten aufgefallen?🤔❤️✨
Danke für die ganzen Menschen, die uns so tatkräftig unterstützen und bei der Geschichte so am Ball bleiben! Kapitel achtzehn jetzt schon und die beiden kommen wirklich sehr gut miteinander aus. Natürlich aber noch nicht gut genug für Larry.. das wissen wir 👀✨ Lasst uns doch gerne eine Kleinigkeit da ❤️
Lots of love
Michelle &' Carina xx
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