35. Die Braut, die sich nicht traut
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"Niisan! Niisan!
Ich kann Naruto nirgends finden und wie du weißt heiraten wir in einer gottverdammten Stunde!", platzt Sasuke aufgewühlt ins Wohnzimmer und fuchtelt wild mit den Armen rum.
Itachi liegt auf dem Sofa, weil er sich den ganzen Morgen schon nicht gut fühlt und dreht seinen Kopf.
Sein Bruder trägt einen prächtigen lila Kimono, darüber ein schwarzer majestätisch wirkender Haori, bestickt mit goldenen Rändern, hinten drauf das Wappen der Uchiha, dazu eine passend schwarze Hakama-Hose.
Alles in einem sieht sein kleiner Bruder einfach umwerfend aus und Itachi erkennt wehmütig aber stolz, dass er gar nicht mehr so klein ist.
"Nun, wie du siehst, hier ist er nicht", antwortet Itachi, während er sich aufquält, bedacht darauf, keine plötzliche Bewegung zu machen, damit er nicht noch platzt und dass Wohnzimmer unter Wasser setzt.
Der Holzboden wurde nämlich erst poliert.
"Ich schwöre, wenn Naruto mich jetzt vor dem Altar sitzen lässt...
Dann brech ich ihm alle 206 Knochen einzeln!"
"Warum sollte er das tun, Otouto?
Gestern seid ihr noch zusammen in rosa Ballerinas und Glitzerdiadem im Orioke no Jutsu, durch den Uchiha Bezirk gelaufen und habt für akuten Blutverlust bei unseren Clansmännern und einer Frau gesorgt. Und jetzt soll er dich nicht mehr wollen?"
"Vielleicht hat ihn ja Hinata entführt, ja genau", fantasiert Sasuke sich was zusammen, während er aufgebracht hin und her rennt.
"Schließlich war sie schon immer scharf auf ihn!"
"Die Huuyga Erbin und... Naruto?", fragt Itachi verwirrt und ja, er weiß, Gegensätze ziehen sich an. Shisui und er sind das beste Beispiel. Aber so gegensätzlich?
Seine Mutter flattert in ihrem schwarzen Kimono herein, wie es die Tradition für Brautmütter vorsieht und fragt schnell:
"Hast du es in seinen Lieblingsnudelsuppen-Restaurant versucht, Spatz."
"Ichirakus? Hab ich!", tobt Sasuke in seiner Verzweiflung.
"Und Niisan! Wo ist überhaupt dein nichtsnutziger Ehemann!
Warum sucht er nicht nach Naruto und setzt seine Schnelligkeit ausnahmsweise mal für was Nützliches ein!"
"Shisui holt euren Hochzeitskuchen vom Konditor ab und bringt ihn ins Tal des Endes", erwähnt Itachi trocken.
"Du erinnerst dich, Otouto?
Den, den du gestern selbst hättest abholen sollen."
Aber Sasuke würde lieber auf einem Kaktus schlafen, als wie zuzugeben, dass er etwas vergessen hat.
"Aber vielleicht ist er schon dort?
Obwohl wir eigentlich zusammen gehen wollten, aber wahrscheinlich hat er wieder mal nicht zugehört!", beschwert er sich und stoppt, als er diese göttliche Eingebung hat, während er Itachis Worte konsequent ignoriert.
"Dann seh ich jetzt dort schnell nach, nicht das er noch jemand anderes heiratet!", und rennt genauso schnell wieder nach draußen, wie er gekommen ist und vergisst prompt die kleine schwarze Schachtel auf dem Tisch, mit ihren Ringen.
Mikoto seufzt.
"Ich werde sie mitnehmen", sagt sie nachsichtig und steckt sie in ihre kleine Tasche.
Danach dreht sie sich um und geht zum Sofa, beugt sich vor und kontrolliert mit ihrer zarten Hand Itachis Stirn.
"Du bist warm und du siehst sehr erschöpft aus, mein Schatz. Bist du sicher, dass ich dich kurz allein lassen kann?"
"Du kannst", antwortet Itachi.
Schließlich nimmt er nur wegen diesem einem Tag schon seit Wochen hochdosiertes Magnesium, um seine Wehen zu hemmen und die Geburt so weit wie möglich hinauszuzögern.
Er möchte auf keinen Fall nicht nochmal Sasukes Hochzeit ruinieren.
Sie sieht nicht ganz überzeugt aus, trotzdem muss sie auch an die Ringe denken.
Also bückt sie sich, um ihm einen mütterlichen Kuss auf seinen Scheitel zu geben und verspricht liebevoll:
"Ich werde mich beeilen, in Ordnung, Schatz?"
Itachis nickt und lässt sie ziehen.
Aber sein Schwindel will einfach nicht besser werden, weswegen er beschließt etwas frische Morgenluft zu schnuppern, bis seine Mutter wieder kommt. Er erhebt sich langsam, um mit seinem riesigen Bauch nicht zu stolpern, geht zu den beiden Terrassentüren und schiebt sie auf, als Itachi zu seiner großen Überraschung einen blonden Fleck auf dem Holzboden findet, zusammengekauert, in feinsten orange-schwarz-goldenen Hochzeitszwirn.
"Naruto?", fragt er vorsichtig.
"Was tust du hier?"
"Ich verstecke mich", murmelt der Junge in seine Knie, die Arme darum geschlungen, die Augen trüb auf den gemähten Rasen gerichtet.
"Das sehe ich, aber warum?", hakt Itachi verwirrt nach und quält sich auf den von der Sonne aufgewärmten Boden runter.
"Du heiratest heute."
Naruto dreht den Kopf, seine blauen Augen sind zu Tode erschreckt und er antwortet mit untypisch kleiner Stimme:
"Ich weiß, aber ich habe Angst nicht gut genug zu sein, verstehst du?
Itachi versteht gar nichts.
" Sasuke ist so...", und zieht seine bekleideten Arme fester um die angewinkelten Beine.
"... Perfekt!
Und ich bin so... laut, idiotisch und überdreht!", platzt es aus ihm heraus.
"Und ganz Konoha weiß es!"
Itachis Gesicht wird weich und Naruto schaut wieder weg, steckt sein Gesicht tiefer in seine Knie und murmelt noch kleiner:
"Er wird nicht glücklich mit mir werden, ich weiß es und vielleicht, wäre er mit Sakura besser dran, als mit mir."
Es ist gefährliches Terrain, was diese junge Frau angeht und Itachi weiß es, seit Sasukes seltsamen Andeutungen.
Und er ist auch nicht gut was Zwischenmenschliches angeht, aber er will es trotzdem versuchen.
"Weißt du, wie ich mich an meinen kleinen Bruder erinnere,
als er ein Jugendlicher war?", fragt er mit warmer Stimme. Schwarze Augen treffen auf unsichere blaue.
"Genauso wie alle anderen.
Mürrisch, schlecht gelaunt, stur,
hat doppelt so hart gearbeitet wie alle anderen, nur um das Wohlwollen meines strengen Vaters zu bekommen."
Naruto schaut ihn weiterhin an, während Itachi jetzt in den blauen Himmel blickt.
"Und weißt du, warum ich dir meinen jüngeren geliebten Bruder anvertraue?"
"Weil es sonst niemand mit ihm aushält?", antwortet der Blonde vorsichtig.
"Außer das", lacht Itachi leicht, bevor er Naruto wieder ansieht.
"Jedes Mal, wenn Sasuke einen Rückschlag hatte, hast du ihn bestärkt.
Jedes Mal, wenn er sich ärgerte,
warst du da.
Selbst als er dich beschimpfte,
du bist geblieben.
Und Sasuke... Er hat dich gelassen.
Er hat dich gelassen und er hat dich nicht weggestoßen. Nie."
"Aber..."
"Kein Aber.", unterbricht Itachi ihn sanft und buchstabiert es fast:
"Sasuke ist glücklicher mit dir.
Nur mit dir."
"Du meinst, ich bin der Eine..."
"Das bist du", betätigt Itachi lächelnd und neigt den Kopf, sein Haar bewegt sich um sein Gesicht.
"Oder denkst du Sasuke würde sonst in deinem anrüchigen Jutsu, durch die Straßen gehen, geschweige bei einer zweifelhaften Wette mitmachen,
wenn er nicht der Meinung wäre,
du bist es wert?"
Ein riesiges Grinsen erblüht auf Narutos, als er das hört.
"Dann werde ich jetzt wohl heiraten gehen, echt jetzt!", verkündet er strahlend, wie man ihn kennt.
Er steht stolz auf, groß und gerade,
die Sonne bringt sein Haar zum Leuchten, die langen schwarzen Ärmel glänzen,
bis er merkt, dass Itachi immer noch am Boden hockt.
Verdutzt blickt er nach unten, blinzelt und fragt:
"Was ist? Warum kommst du nicht?"
Itachi macht von unten ein unglückliches Gesicht.
"Es könnte sein, dass ich vielleicht von allein nicht hochkomme und du mir eventuell helfen musst?"
Einst tödlichster Shinobi Konohas, benötigt nun Hilfe beim Aufstehen.
Naruto lacht und kommt wieder her.
"Aber klaro. Ich werde es auch niemanden sagen."
Er greift enthusiastisch unter Itachis Arme und zieht ihn viel zu schnell hoch.
Itachi spürt blitzartig, wie irgendwas in ihm reißt und hält die Luft an, unbändiger Schmerz überrollt seinen Körper,
packt ihn, überflutet ihn.
Macht ihn handlungsunfähig.
Er krümmt sich vor Schmerzen und klammert sich an Narutos Hochzeitskimono fest.
"Itachi! Was ist passiert?!
Geht es dir gut?", klagt Naruto entsetzt und fängt Itachis schweres Gewicht ab.
"Soll ich... Soll ich Shisui holen,
oder Sakura, Mum? Bitte sag mir, was ich tun soll?", fragt Naruto total überfordert.
Seine Stimme zittert nervös.
"Nein! Bleib hier!", bringt Itachi zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen raus, während Naruto ihn ganz vorsichtig zurück auf den Boden legt.
"Es ist gleich...", atmet er schnell, drückt sein Kinn auf sein Brustbein, drückt die Hände auf seinen Bauch und kneift die Augen zusammen.
"Vorbei."
Aber diesmal ist es nicht vorbei.
Diesmal verkrampft sich sein Unterleib und verkrampft sich und hört nicht mehr auf. Es überwältigt Itachi voll und ganz und lässt ihn in seiner Not völlig hilflos zurück.
Naruto zieht schnell seinen Hochzeitshaori aus, schiebt ihn unter Itachis Kopf und fragt voller Angst:
"Glaubst du, es ist jetzt echt?
Nicht so, wie da, wo dein Vater da war?
Sondern, das Baby, es will jetzt wirklich raus?"
Die Mischung aus Schmerz und Druck lässt langsam, ganz langsam nach.
Er öffnet erschöpft die Augen, rollt sie auf Narutos besorgtes Gesicht und antwortet mit einem kleinen verschwitzten Lächeln.
"Nein...Ich weiß, dass es jetzt echt ist."
"Scheiße", haucht Naruto dünn, während Itachi die Augen schließt und hofft, dass Shisui vielleicht spürt, dass etwas nicht stimmt, bevor er Naruto bitten muss,
mit einem Kunai einzugreifen, damit wenigstens diese kleine Existenz, für die Shisui so hart gekämpft hat, dass Licht der Welt erblicken darf.
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