15. Haltlos. Hoffnungslos. Hilflos.
Huhu meine Herzchen, ihr wartet gespannt auf das nächste Kapitel - voila - da ist es! Ich bin gespannt, wie ihr es findet...
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> Marco <
Atemlos warte ich darauf, dass Jodie endlich den Satz beendet, quälend langsam spricht sie weiter: "Sie... Die Ärzte wissen nicht, ob sie die Nacht überlebt. Ihre Chancen sind schwindend gering." Ihre Worte treffen mein Herz mit voller Wucht, durchbohren es ungestüm und bringen mich fast um. Panisch reiße ich die Augen auf, hart schlägt mein Herz in meiner Brust, ich habe zwar gehört, was Jodie gesagt hat, mein Körper versteht es vor meinem Kopf und ich keuche verzweifelt auf: "Nein! Nein! Hanna!" Meine Knie geben nach, vom Schmerz in meinem Herzen gepeinigt, stürze ich auf die Knie, vergrabe mein Gesicht in meinen Händen, werde geschüttelt von diesem Gefühl, von der Angst um mein Mädchen.
"Marco, steh auf", bittet Robin mich, greift mir unter die Arme und hievt mich mühsam wieder auf die Füße. Ich bin nicht in der Lage, mich zu wehren. Es geht einfach nicht. "Ich will sie sehen", flüstere ich tonlos. "Das geht nicht, Marco. So lange Hanna nicht wach ist, darfst du nicht zu ihr", zerstört Jodie die einzige Hoffnung, die ich noch hatte. "Das kann nicht dein Ernst sein. Aber du darfst zu ihr, oder wie?", fauche ich sie hasserfüllt an. Diese Ungerechtigkeit raubt mir meine Kraft und lässt mich nicht mehr klar denken. Anstatt mir zu antworten, geht Jodie einen Schritt zurück, versteckt sich fast hinter Marcel, der mir ebenfalls gegenübersteht. "Marco, komm schon, schrei sie nicht an", bemüht sich dieser Schlimmeres zu verhindern - was ein Verräter!
"Ich muss raus hier", meine ich kopfschüttelnd, mir ist so schlecht, noch eine Sekunde länger in diesem Warteraum und ich kotze denen aufs Linoleum. Wortlos bedenke ich Jodie mit einem aus tiefstem Herzen hasserfüllten Blick und verlasse die Notaufnahme. "Bro, bleib hier!", versucht Marcel mich aufzuhalten, ich ertrage das nicht mehr, wende mich nicht um und winke nur ab. Das hat doch alles keinen Sinn mehr. Hanna braucht mich, ich darf sie nicht sehen. Was ist das für eine gequirlte Scheiße? Was ist, wenn sie in dieser Nacht stirbt? Was dann? Dann konnte ich nicht einmal mehr ihre Hand halten, solange sie noch warm ist, konnte mich nicht von ihr verabschieden und würde sie dann erst wiedersehen, wenn es zu spät ist - wenn alles vorbei ist.
Schwer atmend trete ich in die Nacht hinaus, der Himmel hellt sich bereits allmählich auf, der Morgen graut und am Horizont über den Dächern taucht ein orange-rosaner Streifen das düstere Grau dieses anbrechenden Morgens in ein wenig freundlicheres Licht. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für mein Mädchen? Für uns? Meine schmerzenden Augen entspannen ein wenig bei diesem Anblick, ich bin noch nicht bereit aufzugeben - ich werde Hann nicht aufgeben, sie schafft das. Sie ist stark, stärker als ich, als wir alle zusammen. Und wenn ich sie wieder in meinen Armen halten kann, dann... Ich traue mich nicht, diesen Gedanken zu Ende zu führen, ich will nichts überstürzen in der Planung - das Wichtigste ist jetzt, dass Hanna zu Kräften kommt, nicht aufhört zu kämpfen und das übersteht. Das und nur das, zählt jetzt gerade. Nach und nach beruhige ich mich, atme wieder regelmäßig und gehe nach zwanzig Minuten wieder hinein.
Meine beiden besten Kumpels und Jodie schauen mich erwartungsvoll an, Jodie wirkt auch ängstlich. Auch die anderen Wartenden, die hier ihr Dasein fristen, starren mich blöd an. Man kann es ihnen nicht verübeln - ich habe mich so gar nicht mehr im Griff gehabt und die Kontrolle verloren. "Hey Jodie, tut mir leid, dass ich so ausgeflippt bin", nuschle ich verlegen, kratze mich dabei im Nacken, schiebe meine Cap ein wenig tiefer ins Gesicht. "Ist okay, ich versteh das", gibt sie leise zurück und lächelt mir sogar aufmunternd zu. Robin, Marcel und ich klatschen ab und ich setze mich wieder zu ihnen. "Gibt es denn echt keine Möglichkeit, dass ich Hanna sehen kann?", frage ich vorsichtig. Jodies Seufzen macht mir nicht sehr viel Mut. "Wenig bis gar keine, aber ich hab mit der Ärztin gesprochen, sie wollte das noch mal nachfragen." "Danke dir", murmle ich und starre wieder auf den graumelierten Boden. Vielleicht hat ja irgendwer hier doch ein Herz und lässt mich zu meinem Mädchen? Nur kurz, nur ein paar Minuten, ich will doch nur ihre Hand halten, ihr Mut zusprechen und ihr einen Kuss geben. Mehr will ich ja gar nicht. Doch zum jetzigen Zeitpunkt darf nicht einmal Jodie ihre beste Freundin sehen, Hannas Zustand sei zu schlecht. Was das für eine sagenhaft bescheuerte Begründung sein soll, will uns allen nicht in den Kopf. Aber wir halten durch, bekämpfen die aufkommende Müdigkeit mit dem schrecklich schlechten Kaffee aus dem Automaten, reden kaum miteinander, spenden uns allerdings dennoch gegenseitig Kraft - einfach nur, weil wir hier gemeinsam warten. Es hilft mir ein kleines bisschen, es verhindert, dass ich total durchdrehe.
Gegen zehn Uhr morgens betritt ein älterer Arzt den Wartebereich, den ich bereits kenne. Ja, ich kenne ihn - leider. Er wirkt schon zu dieser doch noch recht frühen Stunde etwas abgekämpft, in mir verkrampft wieder alles - warum ist er hier? Er kennt Hannas Fall, hat sie danach auch weiter betreut und irgendwie wittere ich eine dramatische Wendung zum noch Schlechteren, wenn ich Dr. Schäfer da so stehen sehe. "Frau Hamm?" Nun wenden auch die anderen sich um und blicken in die Richtung von Dr. Schäfer. Der Arzt begrüßt im Gegensatz zur Frau Dr. Leers uns alle, es ist ein fester Händedruck - ich kann nicht zuordnen, ob dieser Mut machen soll, oder einfach nur Ausdruck seiner Charakterstärke ist. Wieder bleiben wir zurück, da Jodie diejenige ist, die als Einzige eine offizielle Auskunftsberechtigung bezüglich Hannas Zustand besitzt. Wir erfahren vorerst nicht, was die beiden miteinander besprechen, doch nach einigen Minuten werde ich von dem Arzt ebenfalls in sein Besprechungszimmer gebeten. Meine Furcht wächst, als ich in Jodies verheultes Gesicht sehe - sie hat eben wieder geweint, das weiß ich. Immer schneller klopft mein Herz, ich muss mich bemühen, Dr. Schäfer zu verstehen, da ich durch das dröhnende Rauschen meines eigenen Blutes in meinen Ohren plötzlich schlechter zu hören scheine.
"Herr Reus, ich muss gestehen, ich bin sehr traurig, Sie hier wiedersehen zu müssen. Wir müssen etwas besprechen, Frau Hamm hat mich gebeten, Sie hinzuzuziehen, immerhin sind Sie mit meiner Patientin liiert." Dr. Schäfer spricht wie damals deutlich, nicht mit allzu vielen Emotionen und sachlich. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Jodie unruhig an dem Bund ihres Kleides nestelt, sich nicht traut aufzusehen, als würde sie vermeiden wollen, mir in die Augen zu schauen. Dabei tropfen Tränen auf ihre Knie und plötzlich glaube ich zu wissen, weshalb ich hier bin, weshalb Jodie wollte, dass ich dabei bin. Mir wird schwindelig, die Übelkeit kehrt überfallsartig zurück und ich muss mich auf den Stuhl hinter mir setzen, um nicht erneut auf die Knie zu stürzen. Stumm starre ich in das von der harten Arbeit gezeichnete Gesicht von Hannas Arzt, der sich auf die Kante seinen Schreibtisches setzt und die Hände faltet. Diese Gestik haben sie hier alle drauf und es ist nie ein gutes Zeichen. Er schweigt noch einen Augenblick, bis er mir eröffnet, worüber er mit Jodie und mir sprechen muss. Jedes einzelne Wort zerrt an meinen Nerven, tötet mein Herz Stück für Stück und lässt meine Seele erstarren. Es ist unbeschreiblich schrecklich. Grausam. Undenkbar.
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Wieder keine guten Nachrichten? Noch immer nicht? Was kann so wichtig und gleichzeitig so schrecklich sein, was der Arzt mit Jodie und Marco besprechen muss... Vor allem, weil Marco jetzt plötzlich doch miteinbezogen wird? Was ist da los?
Achja... ich bin so in Cliffhangerstimmung, sorry ^^ Ich melde mich morgen wieder <3
Alles Liebe,
eure Floraly <3
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