13. Schicksal
Huhu, wie versprochen melde ich mich heute schon zurück! ^^ Viel Spaß beim Lesen <3
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> Marco <
"Marco! Bleib hier!", schreit Robin mir zu, seine Stimme überschlägt sich dabei, ich stoppe abrupt ab, kann nur noch die beiden Schatten um die Ecke entschwinden sehen und spüre, wie mein Herz sich zusammenzieht und rast. Hann! Ich mache auf dem Absatz kehrt und stürze neben sie auf die Knie. Ihr Körper liegt gekrümmt und regungslos am Boden, sie ist blass, Blut rinnt von ihrem Gesicht, ihren Knien und den Händen. Die unfassbare Wut auf diese Penner, die meinem Mädchen das angetan haben, kann ich nicht in Worte fassen, doch ich kann mich jetzt nicht darauf konzentrieren, ich muss für mein Mädchen da sein. "Sie atmet", wispert Jodie, die neben Hanna am Boden hockt, deren Kopf in ihren Schoß gelegt hat und sanft über deren Wange streichet. Jodie weint, glitzernde Tränen laufen über ihr Gesicht und ein jämmerliches Schluchzen verlässt ihre Kehle. "Warum? Warum immer Hanna?", ruft sie heiser in den Nachthimmel und hält ihre beste Freundin fest, deren Körper keinerlei Anspannung aufzeigt. Im Hintergrund kann ich Robin hören, der hysterisch mit irgendwem telefoniert. Notarzt, Polizei, was auch immer.
Es ist, als sei die Zeit angehalten worden, als hätte meine Welt aufgehört sich zu drehen - wenn ich Hann so sehen muss. Ihr Gesicht ist verunstaltet, mehrere Platzwunden an den Augenbrauenbögen und den Lippen verschandeln sie. Ihr rechtes Auge ist geschwollen und bereits leicht blau. Blut klebt an Nase, Kinn, ihren aufgesprungenen Lippen und ihren Schläfen. Es macht mich fertig, ertragen zu müssen, dass ich sie nicht davor bewahren konnte. Der Gedanke in meinem Kopf raubt mir beinah den Verstand - was haben sie ihr noch angetan?! Haben sie sie etwa...? Ich kann und will diesen Gedanken nicht beenden, denn sonst würde ich sofort durchdrehen, alles kurz und klein schlagen und total ausflippen. So reiße ich mich irgendwie zusammen, decke mein Mädchen mit meinem Sakko zu und halte ihre Hand, bis der Rettungswagen eintrifft. Die Sirenen ertönen bereits, kommen immer näher, da beuge ich mich zu Hanna vor, raune ihr leise ins Ohr: "Du schaffst das, versprich es mir. Ich liebe dich." Anschließend drücke ich ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange und lehne mich wieder zurück.
Was dann kommt, musste ich schon einmal erleben und es bringt mich erneut fast um, als ich mitansehen muss, wie Hanna auf die Liege und anschließend in den Krankenwagen verfrachtet wird. Hilflos, mit hängenden Schultern starre ich auf die blinkenden Lichter, nehme kaum wahr, dass etliche Schaulustige sich eigefunden haben, die es wohl spannend finden, wie meine Freundin da halbtotgeprügelt ins Krankenhaus gebracht werden muss. Wie aus dem Nichts durchzuckt der blanke Hass mein Herz, jagt durch meinen ganzen Körper. "Was glotzt ihr alle so?! Verpisst euch! Hier gibt's nichts zu gucken!", brülle ich der gaffenden Menge entgegen, gehe mit einem hasserfüllten Gesichtsausdruck auf einige der Idioten zu. "Marco! Hey, lass den Mist!" Robin packt mich am Arm, zerrt mich zurück, bevor ich einem der Spackos aufs Maul hauen kann. Da ist die Wut, die ich bis gerade eben zurückgehalten habe, solange Hanna noch hier war. Dieses Gefühl, als müsste ich etwas zerstören, um wieder atmen zu können, um dieses einengende Gefühl um meine Brust wieder loszuwerden.
"Marco, komm. Wir fahren ins Krankenhaus." Stocksteif verharre ich, Robin zieht mich dennoch weiter, sodass ich beinah über meine eigenen Füße falle. Die Erde dreht sich noch immer nicht weiter, alles scheint still zu stehen, auch mein Herz. Das fühlt sich taub und leblos an, als hätte es sich dem endlosen Kampf ergeben, den es immer wieder schon hat führen müssen, als würde es sich den Ängsten um mein Mädchen endgültig ergeben. "Marco! Reiß dich zusammen! Ich weiß, du hast Angst um Hanna, ich auch - aber ich bitte dich! Du musst jetzt stark für sie sein! Sie braucht dich da!" Heftig schüttelt Robin mich, mein Blick stellt sich langsam wieder scharf, Robin hat mich am Kragen gepackt, sieht mir streng in die Augen. "Sieh mich an, Marco. sie braucht dich!", wiederholt er grimmig und verpasst mir anschließend eine saftige Ohrfeige. "Alter!", fauche ich ihn verdutzt an, "Was machst du denn da?" Aber es hat geholfen, ich kriege die Füße wieder vernünftig voreinander gestellt und fokussiere mich endlich wieder auf das, was jetzt wirklich zählt - ich muss zu Hanna. Jetzt. "Sorry Bro, aber das musste sein", meint er nur und schiebt mich zu seinem Wagen. Wortlos steigen Jodie, Robin und ich ein, Robin fährt los und ich blicke stumm auf die Straße.
Meine Gedanken rasen wie wild durcheinander, meine Hände zittern, sodass ich sie zu Fäusten balle. Dieser dauerhaft in die Höhe getriebene Puls verursacht eine leichte Übelkeit bei mir und ich frage mich immer und immer wieder – wie konnte das passieren? Wieso ist das passiert? Weshalb war ich nicht bei ihr? Mit quietschenden Reifen hält Robin vor der Notaufnahme. Wie ich gebetet habe, dass Hann nie wieder hier eingeliefert werden würde. Gehetzt springe ich aus dem Wagen, begleitet von meinem heftig klopfenden Herzen. Das weiß-rot leuchtende Schild der Notaufnahme verschwimmt vor meinen Augen, weil mir Tränen in die Augen steigen, während ich darauf zustürme. Ich pack das nicht mehr, wie soll Hanna das durchstehen? Sie ist eigentlich noch zu schwach gewesen für diesen ganzen Blödsinn heute Abend und ich habe mich breitschlagen lassen! Wie verantwortungslos von mir, sie dann auch noch alleine zu lassen!
Die automatischen Schiebetüren öffnen sich, ich betrete den Wartebereich, der mir schon viel zu vertraut ist und steuere auf den Tresen zu, hinter dem eine junge Schwester sitzt. Die glotzt mich vollkommen entgeistert an, ich frage nach Hanna, aber dann kommt wieder diese Leier, sie dürfe mir nichts sagen – weil ich kein eingetragener Notfallkontakt sei, nicht mit ihr verwandt, blablabla. Das muss doch endlich mal aufhören! Hier weiß doch eh jeder, dass wir zusammen sind, was sind das für hirnrissige Regeln?! „Aber mir dürfen sie Auskunft geben!", mischt sich Jodie atemlos ein, deren Hände noch völlig blutverschmiert sind, ebenso wie ihre Oberschenkel. Jodie zieht hektisch Papiere aus ihrer Tasche und hält sie der Krankenschwester unter die Nase. Die zieht erst argwöhnisch die Augenbrauen hoch, überfliegt den Text und nickt dann. „In Ordnung, ich werde einem Arzt Bescheid geben. Nehmen Sie bitte im Wartebereich Platz. Es kann ein bisschen dauern. Bitte haben Sie Geduld." Sie klingt kalt, müde und dezent genervt. Ich würde aber auch nicht mit ihr tauschen wollen, ist bestimmt nicht so entspannt hier arbeiten zu müssen – nachts.
Wir setzen uns auf die harten, kalten Plastiksitze und starren den Boden an. Keiner von uns sagt ein Wort, bis ich Jodie dann doch frage, was sie der jungen Schwester da gezeigt hat. „Ich bin Hannas eingetragener Notfallkontakt, schon seit einer Ewigkeit. Sie wollte das bald ändern lassen, aber nunja... Dazu kam sie noch nicht", erklärt mir Hannas beste Freundin leise und schlägt die Augen nieder. „Wie meinst du das?" Ich verstehe wirklich nicht mehr viel heute, mein Gehirn arbeitet im Sparmodus, um die lebenswichtigen Funktionen aufrechtzuerhalten. „Sie wollte dich da auch eintragen lassen. Sie hatte die Unterlagen schon zu Hause. Du hättest jetzt die Tage unterschreiben sollen", erwidert sie, schluchzt und hält sich die Hände vors Gesicht. Robin nimmt sie in den Arm, schützt sie auch vor den neugierigen Blicken der anderen Wartenden, die sich schon wieder die Hälse verrenken. Ich kann nur an eins denken – Hanna wollte, dass ich eine Auskunftsberechtigung erhalte, wenn ihr etwas zustößt? Sie wollte mir diese Hilflosigkeit, in der ich mich gerade eben befand ersparen und vor allem – auf eine gewisse Art und Weise wäre auch das ein Vertrauensbeweis gewesen. In welch einer grausamen Welt lebe ich, dass das Schicksal Hanna erneut zurückwirft, sie wieder schwächt und alles ins Wanken gerät – noch bevor ich diesen Wisch unterschreiben konnte. Ich bete, dass dieser tragische Zufall kein schlechtes Omen ist und sich alles doch noch zum Guten wenden wird. Dass endlich auch für Hanna und mich diese gute Zeit anbricht und wir sie genießen können – wir hätten es verdient. Das hätten wir.
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Oh die beiden hätten es so verdient...eine gute Zeit...
Hoffentlich erfahren die drei bald, wie es Hanna geht.
Was haltet ihr von Hannas Vorhaben - Marco als Notfallkontakt eintragen zu lassen? Klingt vielleicht etwas schräg - aber irgendwie ist es romantisch <3
Und nicht vergessen - FELICIDADE möchte gelesen werden :D <3
Fühlt euch umarmt,
eure Floraly <3
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