10 - Endlich genesen

Am vorherigen Abend war ich bereits früh schlafen gegangen. Das 'Skele-Wachs' hatte mich so müde gemacht, dass ich die ganze Nacht traumlos durchgeschlafen hatte. Das war wirklich eine Erleichterung im Hinblick auf die letzten Wochen und Monate, in denen die Träume von Tartarus mich Nacht für Nacht unsanft wachrüttelten.
An diesem Morgen jedoch wurde ich erst von den ersten Sonnenstrahlen des Morgens geweckt, schließlich hatte die Krankenstation keinerlei Verdunklung. Ich lag alleine in dem großen Raum. Das fiel mir jedoch nur auf, weil die dunkelgrünen Vorhänge um mein Bett herum verschwunden waren. Stattdessen hatte ich erstmals einen richtigen Blick auf den Krankensaal, der mit einer unglaublichen Anzahl an Betten ausgestattet war.

Obwohl es sich hierbei um ein Krankenzimmer handelte wirkte es auf mich ganz anders. Obwohl die Betten keineswegs freundlich und einladend waren, war die Stimmung trotzdessen heimisch. Das Licht war warm und glich in keinster Weise dem kühlen Neonlicht der Krankenhäuser, die ich so kannte.
Auf meinem Nachttisch fand ich ein Glas Wasser vor, zusammen mit einem Zettel. Ich hob das Glas an die Lippen und trank, ich hatte garnicht gemerkt wie trocken mein Hals über die Nacht geworden war. Das lag bestimmt am Skele-Wachs.
Nachdem ich das Glas in wenigen Schlücken geleert und wieder auf dem Nachtschrank platziert hatte, schaute ich den Zettel an. Ich erkannte Annabeths Schrift, die ihre Nachricht wohl zur Sicherheit in Altgriechisch verfasst hatte. Darauf stand:

Guten Morgen, Percy. Ich hoffe dir geht es gut. Ich hatte mit Madame Pomfrey gesprochen und sie hat versprochen dich, sofern es dir wieder gut geht, zu uns zu bringen. Dort erkläre ich dir alles.
Dein Neunmalklug

Ich lächelte, freudig Annabeth endlich wirklich wiedersehen zu können.
Ich setzte mich auf und blickte umher um Madame Pomfrey, die Krankenschwester zu suchen. Von der war allerdings keine Spur. Daher beschloss ich kurzerhand aufzustehen, warf die Decke zurück und berührte mit meinen nackten Füßen den kalten Steinboden. Ich schauderte, stand jedoch trotzdem auf, jedoch zunächst ohne mein demoliertes Bein zu belasten. Langsam begann ich auch damit aufzutreten und tatsächlich, ich verspürte keinen Schmerz, alles war wie neu.
So lief ich durch den Krankensaal, ich wusste garnicht, was ich suchte, blieb dann allerdings an den riesigen gebogenen Fenstern hängen und blickte hinaus. Vor mir erstreckte sich eine riesige Grasfläche, die allmählich in einen dunklen, dichten Wald überging, der mich ein wenig an den Wald im Camp Halfblood erinnerte.
Das Camp. Gerade fiel mir ein, dass ich es für all das hier zurückgelassen hatte. Dafür, in einem weich gefederten Bett aufzuwachen, in einer Schule, die eine ganz andere Welt war.
Zur Linken der weiten Wiesenfläche erstreckte sich ein See, viel dunkler als der, den wir im Camp hatten. Er schien unfreundlich, trotzdessen zog mich etwas zu ihm hin. Es tat gut das Herrschaftsgebiet meines Vaters so nah zu haben.
Ich schaute noch eine Weile träumerisch aus dem Fenster, als ein Räuspern mich wieder in die Realität zurückholte. Ich drehte mich um, Madame Pomfrey stand vor mir.
"Es ist gut, dass Sie wohl auf sind. Wie fühlen sie sich?", fragte diese.
Ich lächelte. "Besser als nie zuvor."
"Sehr schön. Ich habe jemanden gerufen, der Sie zu ihren Freunden bringen soll." In dem Moment erschien ein kleines, fleischfarbenes Geschöpf hinter Madame Pomfreys Bein. Es hatte große, flappige Ohren und einen kleinen Kopf, aus dem kugelrunde Augen geradewegs in meine Blicken.
"Das ist-", Madame Pomfrey stockte und blickte das Wesen an," ein Hauself."
"Ein Hauself", wiederholte ich langsam, traute mich jedoch nicht zu fragen, was bitteschön ein Hauself sein soll.

Madame Pomfrey ließ mich mit dem Hauself alleine, der abwesend da stand und mir zusah, wie ich meine Socken und Schuhe anzog. Meinen Rucksack und Springflut konnte ich nicht finden, also hoffte ich, dass Annabeth sie mitgenommen hatte.
"Ich bin fertig", sagte ich zu dem kleinen Geschöpf, das mir nur mit der Hand anwies ihm zu folgen.
Also lief ich langsam der kleinen Kreatur hinterher, wobei meine Augen eher auf der Architektur der Gänge lagen. Annabeth musste es hier lieben. Hohe Bögen und Ornamente schmückten die steinernen Wände und Decken und elegante, große Glasfenster erlaubten einen Blick auf das Außengelände.

Bald jedoch kamen wir zu einer Tür, die uns in das Treppenhaus des Gebäudes führte, das ich mittlerweile als Schloss enttarnt hatte.
Das Treppenhaus war riesig, gigantisch. Schaute ich nach oben konnte ich nicht einmal die Decke erkennen, stattdessen kreuzten Treppen meinen Blick.
"Aufpassen!", quietschte der Hauself und ich wich erschrocken einen Schritt zurück, nur um zu sehen, dass sich die Treppe, auf der ich gerade eben noch mit einem halben Fuß gestanden habe, von uns wegbewegte.
"Was?-", fragte ich verblüfft.
"Die Treppen bewegen sich. Sie müssen aufpassen", sagte der Hauself, als wüsste ich das selber nicht.
Ich folgte ihm eine Treppe nach oben und versuchte nicht allzuviel zu drängeln. Allerdings hatte ich keine Lust irgendwo zu landen, wo ich nicht hinwollte.
Tatsächlich schafften wir es jedoch zu unserem Ziel in dem 7. Stock. Ich war heilfroh, als ich endlich festen, unbeweglichen Boden unter den Füßen hatte.
Dort liefen wir eine Weile den Gang entlang, das Schloss musste riesig sein!
Bald jedoch fand der Gang ein Ende, das durch ein diesiges Gemälde auf der gegenüberliegenden Seite markiert war. Auf einem goldenen Blättchen darunter stand "Barnabas der Bekloppte".
Ich lachte kurz laut auf, mein Lachen schallte den menschenleeren Gang entlang. Doch es verhallte schnell, als der Hauself mich komisch anblickte.
Er fing an vor der leeren Wand gegenüber auf- und abzulaufen und kniff dabei seine Augen leicht zusammen, als würde er sich auf etwas konzentrieren.
Da formte sich eine Tür aus dem hellen Stein, die einige Meter größer war als ich selbst.
Ehe ich mich versah war der kleine Elf jedoch verschwunden und ich stand alleine vor der gigantischen Flügeltür.
Langsam hob ich meine Faust und klopfte gegen das dunkle Holz.

Eins...zwei...drei...

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