Und hinein ins Feuer

»Ich hab so schrecklichen Hunger!«, klagte Bilbo, der neben Emilia in der brütenden Nachmittagshitze her trottete. Sie konnte den Halbling verstehen, denn auch ihr knurrte der Magen, doch musste das Gefühl für einen Hobbit noch viel schlimmer sein!
»Ihr seid doch eine Hexe Emilia, könnt Ihr denn nicht einfach etwas herbei zaubern?«, hakte Ori neugierig nach, der zusammen mit Dori neben ihnen lief. Bedauernd schüttelte die Rothaarige den Kopf. »Auch meine Zauber haben Grenzen. Man kann damit nicht die Zeit rückgängig machen, keinen Reichtum vermehren, Tote nicht zum Leben erwecken, das Wetter nicht beeinflussen und eben auch keine Nahrung aus dem Nichts erscheinen lassen.«
»Irgendeinen Haken hat das ganze doch immer«, grummelte Glóin, der Emilias Aufzählung beiläufig mit angehört hatte. Er schien ihrer aber auch Gandalfs Zauberei immer noch nicht ganz so aufgeschlossen zu sein, wie die jüngeren Zwerge.
»Es gibt nichts zu machen. Wir müssen uns den Gürtel enger schnallen und weitergehen - oder wir werden zu Hackfleisch gemacht, und das dürfte in jedem Fall schlimmer sein, als selbst keines zu haben.«, ermahnte Gandalf die Gruppe.
Während sie marschierten, beobachtete Emilia den Hobbit, wie er sich nach allen Seiten umsah, in der Hoffnung etwas essbares zu finden. Leider standen die Brombeeren aber erst in ihrer Blüte und auch Nüsse waren zu dieser Jahreszeit natürlich nicht zu finden. Er knabberte ein wenig Sauerampfer, trank wie die Hexe aus einem kleinen Gebirgsbach, an dem sie kurz rasteten und aß drei wilde Erdbeeren, die er am Ufer fand. Sie stillten nicht mal annähernd seinen Hunger. Emilia hatte dankend abgelehnt, als er ihr aus Höflichkeit eine davon angeboten hatte. Wenn sie den fruchtigsüßen Geschmack auf ihrer Zunge spüren würde, wäre der Hunger danach womöglich nur noch schwerer zu ertragen. Sie sah, wie sehr er darunter litt und versuchte ihn durch ein Gespräch ein wenig abzulenken.

Den holprigen Pfad ließen sie bald hinter sich, ebenso so die Büsche und das hohe Gras zwischen den Felsbrocken, die von Hasen angefressenen Rasenflecken, den Thymian, den Salbei und den Majoran, bis sie plötzlich hoch oben an einem breiten, steilen Hang zum stehen kamen. Er bestand aus losem Geröll, dem Überbleibsel eines Erdrutsches. Emilia tat sich beim Abstieg sichtlich schwer. Immer wieder rollten Kiesel und Schutt unter ihren Füßen hinweg und bald schon kamen krachend die größeren Steinbrocken hinterher, die andere Stücke mit sich rissen. Überall unter ihnen glitt und rollte es. So dauerte es nicht lange, bis auch der gesamte Hang in Bewegung geriet und die Gemeinschaft mehr rutschte als lief. Fiel jemand hin, rollte dieser ein Stück nach unten und riss dabei gleich noch jemanden anderen mit sich. Erst die Bäume am Rande eines Kieferwaldes, der von den tief unten gelegenen, dunklen Talwäldern bis zum Steilabfall hinauf reichte, retteten sie. Emilia fand halt an einem der Stämme und schwang sich, wie einige der anderen Zwerge, in die unteren Äste, während Bilbo und die anderen Schutz vor den großen Felsbrocken hinter den Bäumen suchten. Dass es immer Steine sein müssen, dachte sich Emilia, während sie sich grummelnd über den lädierten Arm rieb. Glücklicherweise nahm der Bergrutsch recht schnell ein Ende und die Gefahr war vorerst gebannt. Lediglich das schwache Krachen von einzelnen Steinen, die durch das Farnkraut über die Kiefernwurzeln rumpelten, war noch zu vernehmen. »Schön, das hat uns ein gutes Stück weiter gebracht«, stellte Gandalf belustigt fest und Emilia fragte sich ernsthaft, ob der alte Zauberer nicht zufällig mit Dumbledore verwandt war. Ihr Schulleiter schien nämlich eine ähnlich Gelassenheit an den Tag zu legen, wenn es um gefährliche Dinge innerhalb und außerhalb der Schlossmauern von Hogwarts ging. Sie dachte an den Verbotenen Wald oder den Korridor im dritten Stock, in dem, ein ganzes Schuljahr lang, ein riesiger, dreiköpfiger Hund gelebt hatte. Sogleich verwarf sie den Gedanken wieder. Das war doch unsinn!
»Und selbst wenn die Goblins hinter uns her sind, werden sie große Mühe haben diesen Abhang leise herunterzukommen!«
»Das nehm ich auch an«, stimmte Bombur der jungen Hexe brummend zu, die wieder vom Baum kletterte.
»Wir sollten weiter!«, drängte Thorin mit einem Blick in den Himmel. Die Sonne war schon längst hinter den Bergen verschwunden und der Horizont über den Wipfeln der tiefer stehenden Kiefern leuchtete nach und nach in verschiedenen gelb, rot und Rosatönen. So schnell es ihnen möglich war, liefen sie über einen schräg verlaufenden Pfad, die sanften Hänge des Kiefernwäldchens in Richtung Süden hinunter. Dabei führte sie der Weg über einen völlig lautlosen Teppich aus Kiefernnadeln und durch ein weitläufiges Meer aus Farnkraut, dessen hohen Wedel stehts über Bilbos Kopf ragten. Mittlerweile war die Dämmerung weit fortgeschritten und lag schwer über ihnen. Kein Geräusch war zu vernehmen, nicht einmal das leise säuseln der Blätter in den Baumkronen. Die Luft fühlte sich warm und drückend an. Seufzend zupfte Emilia ihre Kleidung und den Gürtel, an dem ihr Dolch hing, zurecht, da beides unangenehm an ihrer Haut klebte. Bilbo bat darum, dass sie hier rasteten und auch Emilia wollte kein Schritt mehr weiter gehen, doch Gandalf trieb die Gemeinschaft noch ein ganzes Stück weiter.
Erst als sie im Schein des Mondlichtes eine Lichtung erreichten, hielten sie an. Und obgleich sie nichts verdächtiges sehen konnte, machte sich in der Hexe sogleich ein ungutes Gefühl breit. Es war, als würden sie beobachtet werden. Auch die anderen Mitglieder der Gemeinschaft blickten nervös um sich. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht!
Dann plötzlich durchbrach ein markerschreckendes Heulen die Stille der Nacht. Kurz darauf wurde es von weiterem Geheul, ganz in der Nähe von ihnen beantwortet. Waren das etwa Wölfe?
»Das sind Warge!«, ertönte es auf einmal neben ihr und sie zuckte zusammen, als sie sah, wie Fíli neben sie trat. Er und sein Bruder hatten heute den ganzen Tag nicht ein Wort mit der Hexe gesprochen.
Emilia zog ihren Zauberstab und richtete ihn angespannt auf das dunkle Dickicht.
»Ich weiß wirklich nicht, wie mich diese Information beruhigen sollte, Fíli. Bist du dir sicher?«
Ihre Stimme klang Forscher, als eigentlich beabsichtigt. Doch sie schob es auf die Nervosität.
Ein tiefes Knurren und das Erscheinen einer großen wolfartigen Kreatur auf der Lichtung, beantwortete Emilias Frage jedoch ganz von selbst. Das war doch ein Witz! Erst entkamen sie nur knapp dem Goblinstollen und jetzt hatte sich ein Rudel wilder Warge spontan dazu entschlossen, die Reisegruppe auf ihren Speiseplan zu setzen. »Raus aus der Pfanne und rein ins Feuer!«
Besser konnte das Sprichwort aus dem Mund des Zwergenprinzens die Situation nicht beschreiben. »Auf die Bäume, schnell!«
Keiner der Anwesenden ließ sich dies ein zweites Mal sagen und sie rannten zu den hochgewachsen Bäumen am Rande der Lichtung. Emilia rettete sich zusammen mit Dwalin, Balin, Fíli und Kíli in die Kronen einer Lärche, die stark an einen Weihnachtsbaum erinnerte. Einen weitaus bequemeren Platz hatten Nori, Ori, Óin und Glóin in der Kiefer neben ihnen gefunden. Ihre Äste wuchsen in einem größeren Abstand zueinander, weshalb die Nadeln nicht ganz so unangenehm in das Gesicht und den Nacken picksten. Thorin, Gandalf, Bifur, Bofur und Bombur hingegen, fanden Schutz auf einer Fichte, die so dicht wuchs, dass man die kleine Gruppe darin kaum erkannte. Wäre die Situation nicht so verdammt ernst, hätte Emilia gelacht, als ihr Kopf die bärtigen Männer mit zu groß geratenen, ungelenkigen Eichhörnchen verglich.
»Der Meisterdieb! Wir haben unseren Meisterdieb schon wieder vergessen!«, rief Nori plötzlich und deutete zum Fuß des Baumes. »Bilbo!« Erschrocken stellte Emilia fest das er sich tatsächlich als einziger noch am Boden befand. Verzweifelt lief er um die Wurzeln herum, wie ein Kaninchen, das seinen Bau nicht fand. Für den Halbling waren selbst die niedrig stehenden Äste unerreichbar.
»Bilbo, pass auf!«, rief Dori, als einer der Warge zähnefletschend auf den Hobbit zutrabte. Geistesgegenwärtig zog er sein Schwert aus der Scheide, genau im selben Moment, als der riesige Wolf mit weit aufgerissenen Maul zum tödlichen Sprung ansetzte. Ein entsetzter Schrei entwich Emilia, während sie mitansah, wie das wilde Tier ihren Freund zu Boden riss. Sie schlug Fílis Hand weg, der versuchte, sie am hinab klettern zu hindern. Sie musste Bilbo helfen! Aber noch bevor sie die unteren Äste der Lärche erreichen konnte, sah sie, wie der Halbling unter dem Körper des Warges hervorkroch, der verdächtig ruhig auf dem Boden lag. Aus dessem Kopf ragte das Schwert, welches er eben noch in der Hand gehalten hatte. Etwas verstört blickte der Hobbit auf den Kadaver und erwachte erst aus seiner Starre, als Dori, der mittlerweile vom Baum geklettert war, seinen Namen rief. Mit der Hilfe des Zwerges zog er die Klinge aus dem Schädel. Anschließend bedeutete Dori ihm auf seine Schultern zu klettern, wodurch auch endlich der Halbling das Geäst erreichte. Für die Warge, die durch den Tot ihres Rudelmitgliedes für einen Augenblick aus dem Konzept gebracht wirkten, war dies nun eine willkommene Einladung. Doch selbst, als sie auf die Bäume zu rannten, blieb der Zwerg so lange stehen, bis Bilbo sicher oben angekommen war, nur um sich selbst dann im letzten Moment hinaufzuziehen. Kleffend und Knurrend sprangen sie an den Stämmen hoch, schnappten nach der Gemeinschaft. Emilia krallte sich noch ein wenig fester in die Rinde und war froh, das Warge offensichtlich nicht die Fähigkeit zum klettern besaßen. Mit diesem Gedanken wiegte sie sich erst einmal in Sicherheit. Dass sie damit absolut falsch lag, merkte sie spätestens, als ein schneeweißer Warg über die Hügelkuppe trat, auf ihm ein ebenso bleicher Ork sitzend. Sogleich verstummte die Wargmeute unter ihnen und blickte abwartend und erwartungsvoll zu dem Neuankömmling, der von weiteren Orks auf ihren Reittieren flankiert wurde. Bereit jeglichen Befehl entgegen zu nehmen. »Azog!« Thorins Stimme klang ungläubig. Er schien nicht mit dem Auftreten des fremden gerechnet zu haben. Die Hexe glaubte sich wage an den Namen erinnern zu können, als er vor einigen Monaten in einer Erzählung der Zwerge gefallen war. Balin hatte ihn damals als 'der Schänder' bezeichnet.
Er blickte selbstgefällig auf das Geschehen vor ihm. Sein von Narben übersäter Körper wirkte im kalten Mondlicht geradezu gespenstisch und auch die fehlende Hand trug zu seinem furchteinflößenden Auftreten bei. Dann begann er in einer Sprache zu sprechen, die Emilia einen eisigen Schauer über den Rücken jagte und ihr die Haare zu Berge stehen ließ. Doch nicht die tiefen, harten Zischlaute bereiteten ihr Unbehagen, nein. Es war die Tatsache, dass ihr die Sprache so vertraut vorkam, als habe sie diese schon einmal vernommen. Und zu allem Übel war ihr auch die Bedeutung des gesagten bewusst.
»Riecht ihr das? Den Geruch der Angst?« Sein Blick fixierte den dunklen Zwergenprinzen, die Lippen zu einem spöttischen Grinsen verzogen. »Ich erinnere mich, dein Vater stank danach, Thorin, Sohn des Thráin.«
Thorin schien es noch immer nicht fassen zu können, dass sein Totgesagter Feind nun mehr als lebendig vor ihm stand. »Der da gehört mir, tötet die anderen!«, befahl der weiße Ork in seiner grausamen Sprache, während er mit seiner Keule auf ihn zeigte. Sogleich stürzten sich die Warge wieder auf die Bäume, die der Gemeinschaft als Zufluchtsort dienten. Dieses Mal jedoch viel energischer und aggressiver als zuvor. Sie warfen sich gegen die Stämme, stürzten sich in die unteren Äste und ließen mit ihren gewaltigen Körpern die Nadelbäume erzittern. Emilias Finger krallten sich noch fester in die Rinde, sodass es bald zu schmerzen begann, doch die Angst herunterzufallen, inmitten der blutrünstigen Monster, war zu groß.
»Bofur, fangt!«
Emilia sah zu Gandalf hinüber, in seiner Hand ein brennender Tannenzapfen, den er zu dem Zwerg auf dem Ast unter sich fallen ließ. Dieser fing die Frucht geschickt auf und warf sie vor die Füße eines der Warge. Sogleich fing der trockene Waldboden Feuer und ließ einige Angreifer zurückschrecken. Natürlich! Warum war sie denn nicht selbst darauf gekommen, ihre Magie zu nutzen? Sie war doch schließlich eine Hexe!
»Schnell, pflückt ein paar Zapfen!«, forderte Emilia die Zwerge über und unter ihr auf, während sie selbst eines der Gewächse mit der Hilfe ihres Zauberstabs und einem gemurmelten Incendio entflammen ließ.
Es dauerte nicht lange und bald flogen ein Dutzend Lärchen-, Kiefer- und Fichtenzapfen durch die Luft, auf das Rudel unter ihnen nieder. Einer traf einen Warg an der Nase, woraufhin dieser jaulend in die Luft sprang und wild im Kreis zu rennen begann. Dabei biss und schnappte er nach allem, was ihm in die Quere geriet, somit auch seine eigenen Rudelmitglieder. Einer anderen Kreatur hatten sich die aufgestobenen Funken in das dichte Fell gefressen und es in Brand gesteckt. Überall auf der Lichtung sah man in Raserei verfallene und auf dem Boden wälzende Warge. Die Gemeinschaft jubelte triumphierend.
Doch die Orks, die sich im Gegensatz zu den Wölfen nicht vor den Flammen fürchteten, ließ diese Aktion kalt. Lachend und grunzend trieb ein Teil die Warge zusammen, während andere Farn und Brennholz unter den belagerten Bäumen stapelten. Sie begannen die Brände durch gezieltes trampeln und ausstampfen der Herde auf die Baumgruppe umzuleiten und speisten das Feuer mit Laub und kleinen Ästen. Bald schon erreichte es züngelnd die Scheiterhaufen, die durch das trockene Material sogleich zu brennen begannen. So war das absolut nicht gedacht!
Nicht lange und Emilia spürte bereits die aufsteigende Hitze. Ihre Augen brannten durch den beißenden Rauch und ein fieses Kratzen störte sie beim Atmen. Ihr gesprochenes »Aguamenti«, um das Feuer mit Wasser aus ihrem Zauberstab zu löschen, wurde von einem Hustenanfall unterbrochen. Bald schon begann das Holz, welches sicherlich wochenlang kein Wasser gesehen haben musste und deshalb einen wunderbaren Nährboden für die züngelnden Flammen abgab, bedrohlich zu knacken. Ein entsetzter Aufschrei entwich Emilia, als der Baum unter ihnen plötzlich wie ein Streichholz einknickte und die Krone in Richtung Boden krachte. »Springt!«, brüllte Dwalin. Die Hexe dachte nicht lange nach und warf sich in die Äste der Kiefer, als ihr eigener Baum diese streifte. Schmerzhaft machte ihre Brustkorb Bekanntschaft mit dem Holz und sie glaubte Sternchen zu sehen, als ihr für einen Moment die Luft ausblieb. Und auch die anderen Zwerge, wählten den selben Weg. Doch ehe sie sich versahen, brach auch der Stamm dieses Baumes unter dem zusätzlichen Gewicht und krachte geradewegs in den nächsten. Wie Dominosteine rissen sich die Nadelgewächse unter den Schreien der Gemeinschaft gegenseitig zu Boden oder über den Rand der Klippe hinweg.

Emilia könnte sich nicht erklären wie, doch sie hatten es alle mehr oder weniger unverletzt bis in die Krone der Tanne geschafft, die jetzt einsam und allein am Rande der Klippe stand und irgendwie ziemlich fehl am Platz wirkte. Sie war bisher von dem Feuer verschont geblieben, aber hinter ihr ging es hunderte Meter ins Nichts und vor ihr standen die Orks und Warge zwischen lichterlohen Flammen, die mittlerweile jeden Grashalm und jeden Strauch verschlungen hatten. Nun saßen sie erst recht in der Falle und ihre Situation erschien noch aussichtsloser, als zuvor.
»Sind die Erben Durins solche Feiglinge, dass sie sich auf Bäumen verstecken müssen? Hier wird eure Linie enden und eure Freunde werden ein Fest für die Warge!«, höhnte der weiße Ork in der gemeinen Sprache, sodass ihn auch jeder verstehen würde.
Unter dem Flehen der Zwerge, keine Dummheit zu machen, richtete Thorin sich auf, um vom Baum zu springen, doch genau in diesem Moment lösten sich Wurzeln aus dem Boden. Der ganze Baum erzitterte und plötzlich lag er mehr, als das er stand, weit über den Abgrund ragend. Die plötzliche Verlagerung raubte Ori jeglichen Halt und er stürzte mit einem Schrei, der jedoch abrupt endete, als Dori seine Hand ergriff. Sein Sitz auf dem Baum war allerdings ebenfalls unsicher gewesen und nun, durch das zusätzliche Gewicht, rutschte auch er.
»Wingardium Leviosa
Emilia hatte sich gerade selbst noch rechtzeitig festhalten können und lag nun bäuchlings auf einem der Äste. Sie hielt sich mit einer Hand fest, während sie ihre andere Hand mit dem Zauberstab auf die beiden Zwerge richtete und hochkonzentriert versuchte, sie mit dem Schwebezauber am heruntefallen zu hindern. Doch das ganze entpuppte sich weitaus schwieriger, wie gedacht, da Lebewesen sich in der Luft anders verhielten, als leblose Gegenstände. Noch dazu musste sie es schaffen, die beiden so abzusetzen, dass sie auch Halt finden würden. Während sie abgelenkt war, versuchte Dwalin den Zwergenprinzen aufzuhalten, fiel jedoch beinahe ebenfalls, da einer der Äste, an denen er sich festgehalten hatte, unter ihm wegbrach und er stattdessen darum kämpfen musste, den Stamm zu erklimmen. Derweil wurden Thorins Schritte immer schneller und als er den Baumstamm verlassen hatte und über die Flammenwand hinweg gesprungen war, begann er mit erhobenem Schwert und dem Eichenschild zu rennen. Die Orks, die sich an ihrem Lagerfeuer erfreuten, ließen ihn passieren.
Triumphierend blickte sein Widersacher auf den Zwergenprinzen hinab, ehe er mit seinem Warg zum Sprung ansetzte, der Thorin im Flug mit seinen Pranken erwischte und ihn von den Füßen riss. Keuchend und nach Luft schnappend lag er auf der Erde. Jedoch ließ sich Thorin davon nicht beirren, rappelte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und setzte zu einem neuen Versuch an, nur um im nächsten Moment von der Keule des Schänders getroffen und zu Boden geschlagen zu werden. Die Zwerge riefen besorgt seinen Namen, als das Maul des Warges sich um den Körper des Prinzen schloss, ihn einige Male schüttelte und dann zur Seite warf.
Warum tat denn niemand etwas? Wieso eilte ihm niemand zur Hilfe? Panisch versuchte Emilia, Ori und Dori schneller durch die Luft zu navigieren, sie würde sie einfach auf dem Boden absetzen, dann würden sie Thorin helfen können, aber die Körper schienen sich unendlich langsam durch die Luft zu bewegen. Kili und Fili wollten ihrem Onkel ebenfalls zur Hilfe eilen, würden aber an Dwalin vorbei gehen müssen, da ihr eigener Baum inzwischen gar nicht mehr mit dem Boden verbunden war. Dadurch würden sie riskieren, den Krieger erneut hinunter zu stoßen, der sich noch immer an seinem Ast hochzuziehen versuchte.

Unterhalb der Stelle, an der Dwalin hing, saß Bilbo und starrte entsetzt auf das Bild vor ihm. Thorin lag schwer atmend, durch die Reißzähne des weißen Warges und dem Schlag durch Azogs Keule verletzt, auf einem Felsen. Über ihm ragte ein Ork, der vermutlich mit Freuden den Befehl Azogs entgegen genommen hatte, seinem Gebieter den Kopf dieser Zwergenratte zu überbringen.
Bevor Bilbo wusste wie ihm geschah, spürte er, wie seine Füße flink den Baum hinab rannten. Die blau leuchtende Klinge entschlossen erhoben, lief er mit schnellen Schritten auf die beiden zu und warf sich im letzten Moment gegen den Ork. Den Überraschungsmoment auf seiner Seite, stießen sie heftig aneinander und gingen zu Boden. Sie wälzten sich über die Erde hin und her, ehe das kleine Elbenschwert des Hobbits, mit wohl mehr Glück als Können den Brustkorb des Orks geradewegs durchbohrte.
Niemals seine Waffe zurück lassen, hatten Elladan und Elrohir gesagt. So versuchte er sofort, das Schwert wieder heraus zu ziehen, was dadurch erleichtert wurde, dass der Ork begann, nach hinten zu sacken. Hatte er ihn tatsächlich getötet?
Er kam nicht dazu, sich zu fragen, ob das etwas gutes oder schlechtes war, denn Azog war alles andere als glücklich mit der neusten Wendung. Langsam schritt er auf die jämmerlich kleine Gestalt zu, die ihr Spielzeugschwert aus der Brust des toten Orks zog und sich mit zitternden Beinen vor Thorin stellte. Der Halbling wollte mit ihm um den Zwerg kämpfen? Das konnte er haben.
Bilbo stolperte zur Seite als Azog ausholte und zuckte zusammen, als das Schwert dicht neben ihm die Luft durchschnitt. Wie gut, das Elrohir ihm zum Ausweichen geraten hatte, denn er erkannte sofort, dass er keine Chance gehabt hätte, diesen Schlag aufzuhalten, selbst wenn er es versucht hätte. Der bleiche Ork war schlicht und ergreifend zu stark. Der Größenunterschied allerdings erleichterte es ihm, den Hieben zu entkommen, aber es war dennoch viel zu knapp und immer, wenn er doch sein Schwert hob um sich zu schützen, fürchtete er, es würde ihm durch die Wucht des Schlages aus den Händen gerissen.
Zu seinem und Thorins Glück musste er Azog nicht allzu lange beschäftigen, denn endlich war es Dwalin mit Balins Hilfe gelungen, sich auf den Baumstamm zu hieven und sofort rannte der Krieger los, seine beiden Äxte begierig auf Orkblut in seinen Händen. Sein Ziel war Azog, aber er wurde von anderen Orks aufgehalten, die sich nun, da der Kampf sich gegen ihren Anführer zu wenden schien, wieder einzumischen wagten. Balin folgte seinem Bruder auf dem Fuße, und der Kampf entbrannte.

Mit einem eher unsanften Fall, setzte Emilia Ori und Dori neben den Wurzeln des Baumes ab. Endlich ihrer Verantwortung den beiden gegenüber entledigt, apparierte sie mitten in das Kampfgetümmel hinein und schleuderte den ersten Orks, die auf sie zu kamen einen Fluch um die Ohren, ehe sie zu Thorin lief und sich neben ihm auf die Knie fallen ließ. Sie fasste an die Seite seines Halses und war erleichtert, als sie einen schwachen, aber gleichmäßig Puls fühlte. Fíli, der sich wie sein Bruder nun ebenfalls unter die Kämpfenden gemischt hatte, um seinen Onkel zu beschützen, sah erwartungsvoll zu der Hexe, welche lediglich nickte. Man konnte geradezu erkennen, wie ein Stein von seinem Herzen zu fallen schien, bei der Nachricht, dass Thorin noch lebte.
Im nächsten Moment erfüllte ein gellender Schrei die Luft und Emilias Augen wurden groß, als sie hinauf in den Himmel blickte und sah, wie riesige Vögel über ihre Köpfe hinweg kreisten. Die Junghexe brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass dies Adler waren. Wie unheilvolle Schatten kamen sie herab, packten Warge mit ihren gigantischen Klauen und warfen sie über die Kante der Klippe oder zerkratzten ihnen das Gesicht. Die Warge jaulten und knirschten mit den Zähnen, während die Orks vergebens ihre Speere in die Luft schleuderten. Doch mit ihren gewaltigen Schwingen fächerten sie die Flammen den Orks entgegen, warfen sie zu Boden oder trieben sie gleich in Flucht. Azog, der sich im eifer des Gefechts auf den Rücken seines Warges geworfen und das Treiben von einer Anhöhe aus überblickt hatte, ließ ein lautes knurren verlauten, ehe er seine Gefolgsleute zum Rückzug aufforderte.
Emilia beobachtete auch, wie die Adler sich nach und nach die Zwerge griffen und sie hoch in die Luft trugen, um sie einem anderen Vogel auf den Rücken fallen zu lassen. Erschrocken wich die Rothaarige zurück, als nun auch einer der Adler Thorin ins Visier genommen hatte. Geradezu sanft umschlossen die Krallen des Tieres den Leblosen Körper des Dunkeln Prinzens, ehe es sich erneut majestätisch und nahezu lautlos zurück in die Luft erhob. Und bevor sich Emilia versah, stürzt ein weiterer Adler vom Himmel herab und auch sie verlor den Boden unter den Füßen. Vor Überraschung kam sie nicht umhin kurz aufzuquieken, was den Vogel irritiert zu ihr hinab schauen ließ. »Alles in Ordnung!«, rief sie über den Wind hinweg, doch ihre Mitfluggelegenheit schien davon nichts mehr mitzubekommen, da er sie nach einigen gezogenen Kreisen sanft auf dem Rücken eines anderen Adlers absetzte. Nicht alle aus der Gruppe schienen sofort begeistert von ihrer neuen Art der Fortbewegung und einige griffen doch etwas beherzter, als nötig in das Federkleid der Vögel, aber jeder war unglaublich froh der Gefahr entkommen zu sein. Emilia blickte zurück auf das rote Lichtermeer, das immer kleiner wurde, je weiter fort die Adler sie trugen und in ihr machte sich das Gefühl von Erleichterung breit. Sie konnte es nicht fassen, dass sie all diese Strapazen nun hinter sich hatte, dass sie das überlebt hatte!
Und jetzt flog sie auf einem Adler über das Nebelgebirge hinweg, dem weißen Mondlicht entgegen und mit jedem Flügelschlag dem Ziel der Zwerge ein kleines Stück näher. Zufrieden lächelnd strich sie dem prachtvollen Tier unter sich über die Federn, hob dann beide Hände zu Fäusten geballt in die Luft und entließ einen Freudenschrei aus ihrer Kehle.
»Ich verstehe deine Freude kleines Menschenkind, doch du solltest dich lieber festhalten. Hier oben kann es sehr windig sein«, wurde Emilia plötzlich von einer gutmütigen, leicht belustigten Stimme ermahnt und sie brauchte einen Augenblick um zu realisieren, dass der Adler mit ihr gesprochen hatte. Emilia sollte eigentlich nicht überrascht darüber sein, schließlich war sie in einer Welt voller Magie aufgewachsen, doch selbst in ihrer Heimat gab es kaum bis gar kein magisches Tierwesen, das sprechen konnte. Dennoch kam sie ein wenig peinlich berührt der Aufforderung des Vogels nach. »Verzeihung!«

Zu Emilias Bedauern endete der kurze Flug viel zu schnell auf der rauen Plattform eines Adlerhorstes. Als sie von dem großen Vogel herunter geklettert war, kam sie nicht umhin, sich aus Dank vor dem majestätischen Tier zu verbeugen, so wie man es bei einem Hypogreif tat. Diese magische Wesen aus ihrer Heimat, eine Kreuzung aus Greif und Pferd, waren sehr stolz und konnten bereits bei der falschen Bewegung misstrauisch werden. Aus diesem Grund verbeugte man sich und zollte ihnen Respekt, um sich, nach einer erfolgreichen Gegenreaktion in Form einer ebenfalls angedeuteten Verbeugung, gefahrlos nähern zu können. Den Adler schien dies, dem aufblitzen seiner Augen nach, eher zu belustigten, doch dann nickte auch er mit dem Kopf.
»Jetzt weiß ich, wie es einem Stück Speck zumute ist, wenn es plötzlich mit einer Gabel aus der Pfanne gepickt und zurück in die Speisekammer gelegt wird«, ertönte es plötzlich neben Emilia und sie sah den Hobbit wie ein Häufchen Elend auf dem Stein liegen. Seine Höhenangst machte ihm wohl stark zu schaffen und der tiefe Abgrund um den Horst herum trug nicht gerade zu seinem Besten bei. »Nein, das weißt du nicht«, antwortete Dori. »Der Speck weiß, dass er früher oder später zurück in die Pfanne wandert. Wir hoffentlich nicht! Außerdem sind die Adler keine Gabeln.«
»Oh nein, natürlich nicht!«
Sogleich setzte sich der Hobbit auf und betrachtete ängstlich den Adler, der dicht neben ihm kauerte. Doch dieser nahm keine Notiz von dem gesagten, wetzte sich stattdessen den Schnabel an einem Stein und strich sich die Federn glatt.
»Der Fürst der Adler bittet Euch, die Gefangenen zur großen Felsplatte zu bringen!« Im nächsten Moment flog ein weiterer Vogel heran und kehrte sogleich um, nachdem er seine Nachricht überbrachte hatte. Während der Adler von Emilia geduldig wartete, bis sie wieder auf seinem Rücken saß, machte sein schweigsamer Artgenosse keinen Hehl daraus, packte Dori und Bilbo kurzerhand erneut mit den Krallen und flog mit ihnen so in die Nacht. »Muss ich mir Sorgen machen, bezüglich des Wortes "Gefangenen"«, hakte Emilia unsicher nach, als sich nun auch der Vogel unter ihr wieder in die Lüfte erhob. Sie wurden doch jetzt wohl nicht zum Abendessen oder?
»Nein, kleines Menschenkind. Ihr tragt diese Bezeichnung nur auf Grund der Situation, in der Euch unser Fürst gefunden hat. Als Gefangene der Orks.«
Erleichterung machte sich in ihr breit und sie war froh, Schutz bei Bewohnern Mittelerdes gefunden zu haben, die der Gemeinschaft wohlgesonnen zu sein schienen.
»Ich heiße übrigens Emilia! Und wie heißt Ihr?«
»Freut mich, kleine Emilia! Mein Name ist Manadhél«
Und mit diesen Worten landete Manadhél kurz darauf auf einer großen Felsplatte. Kein Weg führte zu dieser hinauf, es sei denn, man konnte fliegen. Auch hinab gab es keinen Weg, es sei denn, man sprang über die Felskante hinweg.
Emilia fand die Zwerge an einer Gebirgswand gelehnt, während Gandalf mit einem großen Adler sprach. Dies musste wohl der Fürst sein, von dem die Rede war. Thorin saß etwas abseits bei seinen Neffen. Augenscheinlich ging es ihm ein wenig besser und Emilia vermutete stark, dass Gandalf dafür verantwortlich war. Sie strich Manadhél über das Federkleid, ehe sie sich zu den anderen gesellte und den Worten des Zauberers und des Fürsten lauschte. Sie erfuhr, dass sie nun endlich das Nebelgebirge mit Hilfe der Adler verlassen würden. Jedoch würde er die Gemeinschaft keinesfalls dorthin bringen, wo Menschen lebten. »Sie würden aus Angst um ihre Schafe mit ihren Eibenbögen auf uns schießen. Unter anderen Umständen wäre diese Angst berechtigt, aber nein! Wir konnten mit Freuden den Orks das Handwerk legen und Euch Euren Dank abstatten, doch ich werde nicht mein Volk für Zwerge in Gefahr bringen.«
»Das kann ich sehr gut verstehen!«, bemerkte Gandalf. »Bringt uns wohin und soweit wir Ihr wollt! Wir sind Euch schon genug zu Dank verpflichtet. Doch mittlerweile sterben wir vor Hunger.«
»Dem kann vielleicht abgeholfen werden!«, erwiderte der Fürst der Adler.
So brachten die Adler einige Zeit später trockenes Holz, Kaninchen und Hasen hinauf. Und während die Zwerge die Tiere häuteten und ausnahmen, kümmerte sich Emilia mit ihrer Magie um das Feuer, da Óin seine Zunderbüchse in den Stollen verloren hatte.
Bald schon fand sich die Gemeinschaft um das Lagerfeuer sitzend, die Luft erfüllt von Bratengeruch. Doch es gab nicht viele Gespräche und nach dem jeder seinen Anteil verspeist hatte, legten sie sich rasch schlafen.
Satt und erleichtert, den Gefahren der letzten Tage entkommen zu sein, rollte sich auch Emilia ohne viele Worte auf dem harten Fels ein, blickte ein letztes Mal in das Licht des Mondes und glitt vor Erschöpfung augenblicklich in einen traumlosen Schlaf.

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Hallöchen zusammen!^^
Ihr glaubt gar nicht wie glücklich ich bin, das erste Drittel von Emilias Reise nach vier langen Jahren, endlich hinter mir zu haben. (Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse mit der Kapitel Einteilung) . Meine Ausbildung hat viel Zeit gefressen und mich einiges an Motivation zum Schreiben gekostet, aber ich bin zuversichtlich, dass sich das jetzt in Zukunft bessern wird. Diese Fanfictions ist keinesfalls eine Meisterleistung und beinhaltet noch viele, viele Rechtschreibfehler, die ich irgendwann ausbessern muss, doch erst einmal ist es mein Ziel, sie zuende zu bringen. Ich hoffe sehr, dass ich dafür keine weiteren vier Jahre benötige! xD
Vielen Dank an alle Leser, die geduldig waren und der Geschichte auch weiterhin treu geblieben sind.
Bis hoffentlich bald im nächsten Kapitel!

Eure Giulia^^

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