Trollangriff

Stumm schlich Emilia durch den Wald und folgte dabei einfach nur der Schneise, die die Zwerge durch die Büsche geschlagen hatten, währenddessen sie versuchte an den Zauberstab in ihrer Umhangtasche zu gelangen, was mit gefesselten Händen nicht gerade einfach war. In Gedanken betete sie, dass sie die Zwerge und Bilbo noch im Ganzen antreffen würde. Vor allem, weil sie den Hobbit in der Zeit ihrer Gefangenschaft sehr ins Herz geschlossen hatte.
Gerade als sie sich fragte, wie weit die Zwerge den bitte mit ihren kurzen Beinen gelaufen sein konnten, vernahm sie Kampfgeräusche, die sich verdächtig nach den bärtigen Männern anhörten. Augenblicklich beschleunigte Emilia ihr Tempo und folgte den immer lauter werdenden Rufen, bis sie kurz vor einer Lichtung im Schutz des Unterholzes zum Stehen kam. Erstaunt beobachtete sie von einem dichten Busch aus, wie die Zwerge mit ihren Waffen auf die insgesamt drei Trolle einschlugen und diese nicht nur einmal zum Stolpern und Fallen brachten. Doch genau im selben Moment, als die Rothaarige dachte, Thorin und die anderen würden es schaffen, diese riesigen Ungestüme zu besiegen, wendete sich das Blatt und einer der Trolle packte in einem unbeobachteten Moment Bilbo, der versucht hatte, die Ponys zu befreien.
»Schmeißt die Waffen weg, sonst reißen wir ihn auseinander!«
So schnell wie zwei der Trolle je ein Arm und ein Bein von Bilbo festhielten, konnte die junge Frau gar nicht reagieren. Verzweifelt dachte sie darüber nach, was sie jetzt tun könnte. Ein Angriffs-Zauber war in ihrem Zustand gegen die fast magieresistente Haut eines Trolls nutzlos und würde die junge Hexe auf die Lichtung stürmen, wäre es reinster Selbstmord. Deshalb könnte sie nur zusehen, wie Thorin schnaubend seine Waffe zu Boden warf und die andere Zwerge es ihm gleich taten und beobachten, wie die Trolle eine Hälfte der Zwerge und Bilbo in Säcke steckten und die andere Hälfte an einen langen Stock über die Feuerstelle in der Mitte der Lichtung hängten, um sie wie Spanferkel zu braten. Ohne lange darüber nachzudenken, hob Emilia ihren Zauberstab in den Wald hinter sich und sammelte alle Kraft und schöne Gedanken, die ihr in den Sinn kamen. Sie dachte an Hogwarts, an ihre vier Freunde Catharina, Chester, Victoria und Elias, mit denen sie die verrücktesten Abenteuer erlebt hatte. Und sie dachte an das letzte Weihnachten, das sie zum ersten Mal wieder seit Jahren mit ihrer Mutter und ihrem Bruder feiern konnte, da ihr Bruder, der viel durch die Welt reiste, endlich wieder einmal nach Irland kam. »Expecto Patronum!« Trotz der gedämpften Stimme, begann ihr Zauberstab zu leuchten und kurz darauf sprang ein aus purem Licht bestehender Fuchs um sie herum, woraufhin sie sich einen Freudenschrei verkneifen musste. Da es erst ihr zweiter Patronus in Tiergestalt war, den Emilia zustande gebracht hatte, wusste sie natürlich nicht, wie man Botschaften hinterließ. Dennoch hoffte sie, der kleine Lichtfuchs würde auch ohne eine Nachricht Gandalf finden. Emilia spürte jetzt schon, wie der zauber an ihren letzten Kräften zerrte und hoffte nicht noch einmal Zaubern zu müssen.
Grübelnd und erschöpft lehnte sie sich an einen Baumstamm, währenddessen die Trolle sich über die Zubereitung ihres Essens unterhielten - ziemlich absurd, wenn man daran dachte, dass die Zwerge und Bilbo auf ihrem Speiseplan standen.
»Vergiss die Gewürze! Wir haben nicht ewig Zeit! Es wird bald Tag! Beeilen wir uns! Ich hab nämlich keine Lust, zu Stein zu werden!«
Zeitgleich mit Bilbo hob die junge Hexe den Kopf. Man konnte förmlich sehen, wie ihnen ein Licht aufging. Das war es, was sie benötigten; Zeit! Zeit bis zum Sonnenaufgang, denn dann waren die Trolle machtlos. Auch Bilbo, der sich soeben aufrappelte und zu den drei Streitenden hüpfte, schien den selben Einfall zu haben.
»Wartet! Ihr macht gerade einen furchtbaren Fehler!«
Man sah Bilbo jetzt schon an, dass er sich für seine Idee am liebsten ohrfeigen würde.
»Mit denen kann man nicht reden! Das sind Einfaltspinsel!«, warf Nori ein und blickte skeptisch zu dem Hobbit.
»Einfaltspinsel? Und was sind wir dann?«
'Noch viel größere Einfaltspinsel' fügte Emilia in Gedanken hinzu, währenddessen sie weiterhin die Situation im Auge behielt.
»Ich ... Ich meinte, was die Gewürze angeht. Habt ihr mal an denen gerochen? Da braucht ihr schon was Kräftigeres als Salbei, wenn die auf den Teller kommen sollen!«
Natürlich mussten die Zwerge den Plan durchkreuzen und sich lauthals über die Worte des Hobbits beschweren, anstatt mitzuspielen. Am liebsten hätte Emilia ihren Kopf gegen den nächstbesten Stamm geschlagen. Wie konnte man nur so dämlich sein?
Bilbo schlug sich trotz der Inkompetenz der Zwerge gut, auch wenn er noch nicht genau wusste wie das ganze sein Ende nehmen würde, so hatte er wenigstens die Aufmerksamkeit der Trolle auf sich gelenkt. »Was weißt du schon vom Kochen von Zwergen?«
»Halt die Schnauze! Lass den, äh, Kleisterdingsmeisterhobbit ausreden!«
Der Hobbit schien langsam aber sicher in Erklärungsnot zu gelangen, weshalb er jedes Wort langsam und deutlich betonte, um wenigstens etwas Zeit zu schinden. »Das Geheimnis beim Zwerge kochen liegt darin, dass ... «
Emilia merkte, wie die Trolle langsam ungeduldig wurden und hoffte, Gandalf würde ihre Nachricht deuten können und den Zwergen zu Hilfe eilen.
»Ja? Komm schon! Verrate uns das Geheimnis!«
»Ja, mach' ich doch! Das Geheimnis ist ...« Verzweifelt sah Bilbo sich um, in der Hoffnung, es würde ihm etwas einfallen.
»Sie erst mal zu häuten!« Alle Augen richteten sich auf Emilia, die seufzend auf die Lichtung geeilt war, ihren Zauberstab dabei fest umklammert, bevor die Zwerge anfingen zu schreien und ihr sämtliche Verwünschungen an den Kopf warfen. Bilbo hingegen war sichtlich erfreut, nun seine rothaarige Freundin als Unterstützung zu haben, da man dies ja von ihren bärtigen Reisegefährten nicht erwarten konnte.
Die Trolle waren dafür allerdings recht verwirrt, da sie Emilias Erscheinen nicht erwartet hatten.
»Das ist doch alles nur dummes Geschwätz! Ich hab schon viele mit Haut dran gegessen! Ich sag, wir verdrücken sie so, wie sie sind!«
»Er hat recht. Ein Happen roher Zwerg kann nie schaden. Frisch und knackig!«
Mit diesen Worten packte einer der Trolle Bofur und hielt ihn sich über den geöffneten Mund, um ihn zu essen. »Nimm nicht den da! Der, der ist verseucht!«, schrie Bilbo mit schreckensweiten Augen und machte einen Ausfallschritt nach vorne, woraufhin der Troll innehielt und ungläubig zu ihm blickte.
»Ja genau. Er hat Würmer in seinen ... Gedärmen.«
Unterstrich Emilia das Gesagte von Bilbo und verzog dabei angewidert das Gesicht. Mit einem lauten angeekelten Aufschrei warf der Troll Bofur wieder auf den Haufen Zwerge.
»Verseucht sind sie alle zusammen! Sie sind völlig verwurmt, bis oben hin! Widerliche Angelegenheit! Ich würde das an eurer Stelle nicht riskieren, ehrlich.«
Und auch dieses Mal schrien die Zwerge um sich und stritten Bilbos und Emilias Notlüge ab, sodass sowohl der Hobbit als auch die Hexe genervt die Augen verdrehten. Einzig Thorin, der nun endlich verstanden hatte, was die beiden bezwecken wollten, brachte die anderen in Form eines Fußtrittes in Richtung Kíli dazu, mitzuspielen. »Ich hab Würmer so dick wie mein Arm.«
Sie riefen Behauptungen durch die Gegend, die Emilia trotz ihrer verdammt misslichen Lage doch etwas zum Schmunzeln brachten.
»Meine Würmer sind die absolut größten, ich hab riesige Würmer! Ich weiß schon gar nicht mehr, wohin mit meinen ganzen Würmern.«
Sehnsüchtig wagte die junge Frau einen Blick in den Himmel, der sich bereits etwas heller gefärbt hatte. Es würde also nicht mehr lange dauern, bis die Sonne über der Lichtung stand. Hoffentlich konnten sie die Drei noch etwas hinhalten.
Jedoch kam es, wie es kommen musste und einer der Trolle, welcher etwas mehr Grips, als die anderen zu haben schien, durchschaute ihr Spielchen.
»Ja, und was sollen wir jetzt machen? Alle wieder laufen lassen?« Bedrohlich kam er auf Emilia und Bilbo zu und stupste letzteren an, worauf dieser etwas ins Schwanken kam. »Denkst du etwa, ich weiß nicht, was ihr beide vorhabt?«
Die rothaarige Hexe musste ihren Kopf wegdrehen und sich ein Würgen verkneifen, als der Troll sich zu ihr hinab beugte und sie seinen fauligen Atmen zu riechen bekam. 'Ein Pfefferminzbonbon würde dem auch nicht schaden' war das erste, was Emilia in den Sinn kam. »Die kleinen Frettchen denken, dass wir Narren sind!«
Lachend begab der Troll sich wieder zur Feuerstelle. Doch gerade als er sich hinsetzen wollte, ertönte eine schallende Stimme, die Emilia nur zu gut kannte und sehnlichst erwartet hatte. »Der Tag soll euch treffen!«
Alle Augen waren nun auf Gandalf gerichtet, der seinen Stab schwang und laut auf den Felsen zu seiner linken krachen ließ, sodass ein heller Blitz erschien und den Stein wie in Zeitlupe entzwei brach. Das gleißende Licht der aufgehenden, goldenen Sonne erfüllte nun die Lichtung, welches die drei Trolle in ihrer Bewegung erstarren ließ, bis sie sich überhaupt nicht mehr rührten. Sofort begannen alle Zwerge zu Jubeln und halfen sich gegenseitig beim Befreien aus den Säcken und beim Anziehen, denn sie hatten bis auf ihre Unterwäsche nichts mehr an. Auch Emilia begann Bilbo aus seiner misslichen Lage zu befreien.
»Danke Emilia, auch dafür, dass du mit mir zusammen die Trolle hingehalten hast«
»Du hattest den Einfall, Bilbo, ohne dich hätte diese Nacht heute niemand überlebt!«
Der Hobbit war gerade dabei etwas einzuwenden, als Thorin an ihnen vorbei zu Gandalf lief, der prüfend gegen die versteinerten Trolle klopfte, und dabei Bilbo und vor allem Emilia anrempelte, so als hätte er sie nicht gesehen. Schnaubend entschuldigte sie sich bei dem Hobbit, der nur verwirrt drein schaute und lief dem Zwergenprinzen hinterher. Sie tolerierte zwar das ständige Fesseln ihrer Hände und hatte sich damit abgefunden, dass sie mehr oder weniger eine Gefangene war, aber sie sah nicht ein, dass dieser Möchtegern König so mit Bilbo umsprang, obwohl er der eigentliche Held war.

»Wo warst du übrigens abgeblieben?« Man hörte eindeutig den Vorwurf in Thorins Stimme, doch Gandalf blieb ruhig. »Einen Blick vorauswerfen.«
»Was hat dich zurückgebracht?«
Der Blick des alten Zauberers wanderte wissend zu Emilia, welche soeben hinter dem Zwergenprinzen zum Stehen kam.
»Der Blick nach hinten. Das war unerfreulich. Immerhin sind alle heil geblieben.«
»Deinem Meisterdieb gebührt keinen Dank! Und diesem Weib schon gar nicht ...«
Der in grau gewandte Mann wollte gerade den Mund öffnen, um etwas zu sagen, doch Emilia kam ihm zuvor. »Ihm habt ihr es zu verdanken, dass ihr überhaupt noch lebt! Wäre er nicht gewesen, wärt ihr zu Trollfraß geworden. Von euch ist ja keinem etwas eingefallen. Wenn Ihr also nichts Anständiges zu sagen habt, dann wäre es besser, wenn Ihr einfach eure verfluchte Klappe halten würdet. Und sowas nennt sich zukünftiger König ...«
»Wie könnt Ihr es wagen, so mit mir zu sprechen!«, presste Thorin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und drehte sich zu ihr herum. Seine Hand lag dabei auf dem Griff seines Schwertes, bereit, um es zu verwenden. Würden Blicke töten können, würde Emilia nun höchstwahrscheinlich tot umfallen, doch die Siebzehnjährige ließ sich nicht von diesem Zwerg einschüchtern.
Doch bevor es zu einer richtigen Auseinandersetzung kommen konnte, mischte Gandalf sich ein.
»Ich glaube, es wäre besser, wenn wir jetzt weiterziehen würden. Trolle dürfen bei Tageslicht nicht draußen sein, also muss es hier irgendwo eine Höhle geben«
»Also gut, dann lasst uns danach suchen!«
Knurrend machte sich Thorin von dannen, um seine Männer zusammenzurufen, ohne der Hexe noch einen weiteren Blick zu widmen.
»Ihr habt eine scharfe Zunge, Emilia, doch es ehrt euch, dass ihr euch so für Bilbo einsetzt. Thorin mag zwar stur und eigensinnig sein, doch er ist keines Wegs dumm. Er wird einsehen, dass er sich bei ihm täuscht.«
Mit diesen Worten folgte er Thorin, doch Emilia konnte sich schwören, dass der alte Zauberer ihr zugezwinkert hatte.

»Ihr seid ganz schön mutig, wenn Ihr Euch traut, mit unserem Onkel so zu sprechen«
Fragend sah die Rothaarige zu Kíli und Fíli, die dazu verdonnert wurden, sowohl wieder auf die Ponys, als nun auch auf Emilia aufzupassen, währenddessen Gandalf, Bilbo und die anderen Zwerge hinab in die Trollhöhle gestiegen waren. - Anweisung von natürlich keinem anderen, als Thorin höchstpersönlich. »Emilia reicht vollkommen ... Und ihr seid mit Thorin verwandt?«
Die junge Hexe sah ziemlich entgeistert von Kíli zu Fíli, welche lachend nickten. »Unsere Mutter Dís ist seine Schwester. Ihr könnt ... Du kannst uns natürlich auch bei unseren Namen nennen. Kíli «
»... und Fíli ...« Die jungen Zwerge sahen sich beide grinsend an und verbeugten sich synchron mit theatralischen Handbewegungen. »Zu deinen Diensten« Nun war es an Emilia, die zu lachen begann. Ihre zuvor aufgekommene Nervosität und die Angst, die beiden würden ihr das mit ihrem Onkel übel nehmen, waren verflogen.
»Also was euren Onkel betrifft, so denke ich, Thorin ist durch meine Worte nun noch schlechter auf mich zu sprechen, als zuvor schon. Von daher, denke ich, war es eher waghalsig als mutig, aber dennoch hatte er es auch irgendwie verdient. Er kann nicht schlecht über Bilbo reden, wenn es ihm zu verdanken ist, dass wir alle überhaupt noch leben.«
Seufzend lehnte sich die junge Frau an den Fels hinter sich. Jetzt wo die Trolle besiegt, durch die Sonne in Stein verwandelt waren, war das Adrenalin in ihrem Körper und das Rauschen von Blut in den Ohren wieder der Müdigkeit gewichen. Nun schrie ihr Körper geradezu nach Schlaf, doch kaum hatte die Hexe ihre Augen geschlossen, schoss ihr die Erinnerung des Geträumten am Abend zuvor in den Kopf und der gleiche Schmerz wie im Traum durchzuckte die Hand der jungen Frau, woraufhin sie erschrocken die Augen aufriss und instinktiv auf die malträtierte Stelle sah. Emilia zog scharf die Luft ein, als sie die dünnen, schwarze Linien darauf bemerkte, die sich wie Rosenranken mit spitzen Dornen von ihrer Handinnenfläche bis zu ihrem Handgelenk hinauf schlängelten und irgendwo unter dem festen Strick und ihrem Umhang endeten. Was bei Merlin's Unterhosen hatte es damit auf sich?
Nervös blickte die Rothaarige sich um und hoffte, dass niemand ihre Entdeckung bemerkt hatte. Doch Fíli und Kíli schienen eher damit beschäftigt zu sein, über die beste Taktik im Nahkampf zu diskutieren, währenddessen Gandalf, Bilbo und die Zwerge sich immer noch in dem stinkenden Trollhort umzusehen schienen. Die Rothaarige nahm sich vor, unbedingt mit dem grauen Zauberer unter vier Augen zu sprechen, denn die gesamte Situation machte ihr so langsam Angst und verunsicherte sie. Vor allem, weil sie keine Ahnung hatte, was dieses Zeichen bedeutete oder woher es kam.

»Nichts wie raus aus diesem widerwärtigen Loch. Kommt, wir sollten gehen. Bofur, Glóin, Nori!«
Erschrocken schloss die Rothaarige ihre Hand, als sie die tiefe Stimme des Zwergenprinzen hinter sich vernahm und blickte prüfend über die Schulter zum Höhleneingang, aus dem erst Thorin selbst und dann nach und nach die anderen Zwerge hinaustraten. Das Schlusslicht bildeten Bilbo und Gandalf, die mit einigen Verzögerungen ebenfalls aus dem Trollhort kletterten. Das war Emilias Chance ein Gespräch mit Gandalf zu suchen, weshalb sie aufstand und in Richtung des Zauberers lief. Doch kaum hatte sie ihn erreicht, ertönte ein seltsames Geräusch aus dem Wald hinter ihnen, woraufhin Thorin Alarm schlug.
»Bleibt zusammen! Eilt euch! Bewaffnet euch!«
Augenblicklich zog Gandalf sein Schwert und eilte an der jungen Frau vorbei zu Thorin und den anderen Zwergen, die ebenfalls alle zu ihren Waffen gegriffen hatten und ließ sie mit Bilbo zurück, der auch ein Schwert zog, welches er anscheinend in der Trollhöhle erhalten hatte. Angespannt griff nun auch Emilia nach ihrem Zauberstab und hielt ihn unauffällig vor sich. Sie wusste, dass sie mit ihren gefesselten Händen unmöglich richtige Angriffszauber ausführen konnte, fühlte sich damit aber dennoch sicherer.
»Diebe, Feuer, Mordio!«
Wie aus dem Nichts preschte ein Schlitten, gezogen von ziemlich großen Kaninchen aus dem Dickicht des Waldes, darauf ein alter Mann mit brauner Kleidung, welcher nun keuchend direkt vor der Gruppe hielt. Anscheinend schien Gandalf ihn zu Emilias Verwunderung zu kennen, denn er rief ein erfreutes »Radagast« und drehte sich dann zu den Zwergen um, damit er den Neuankömmling vorstellen konnte. »Das ist Radagast, der Braune.«
Aufmerksam musterte die Rothaarige den Mann, der etwas kleiner war als Gandalf selbst und seinem Namen alle Ehre machte. Man sah, dass der Braune Zauberer sich eher in der Gesellschaft von Tieren aufhielt, denn das Haar unter seinem recht ausgefallenen Hut war verklebt mit den Hinterlassenschaften von Vögeln und vermutlich auch anderen Tieren.
»Was in aller Welt tust du hier?«
»Ich hab dich gesucht, Gandalf. Irgendwas stimmt nicht. Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht!«
Ziemlich aufgebracht trat Radagast auf ihn zu, woraufhin ein stechender Schmerz in Emilias Hand, mit dem seltsamen Tattoo, die Frau zusammenzucken ließ. Anscheinend hatte sie dabei ein zu lautes Geräusch von sich gegeben, denn Gandalf blickte für einen kurzen Augenblick verwundert zu ihr hinüber. Allerdings widmete er sich dann sogleich wieder dem braunen Zauberer, der wie ein Fisch an Land immer wieder den Mund öffnete und schloss und verzweifelt versuchte sich daran zu erinnern, was er sagen wollte. »Ja?«
»Lass mich nur kurz überlegen. Och, ich hatte einen Gedanken und jetzt ist es mir entfallen. Eben war es noch da, es lag mir schon auf der Zunge! Oh! Es war überhaupt kein Gedanke.«
Zum Ende hin begann Radagast zu lispeln und streckte Gandalf seine Zunge entgegen, auf der eine dicke Stabheuschrecken saß, welche Gandalf nahm und in die Hand des braunen Zauberers legte. Alle Zwerge, sowie Bilbo und Emilia verzogen das Gesicht, wobei letztere es eher wegen der Schmerzen in ihrem Arm tat, auf deren Herkunft sie immer noch keine Antwort hatte. Erst als Gandalf und Radagast sich einige Schritte entfernten, um ungestört miteinander sprechen zu können, ließ auch das wirklich unangenehme ziehen und stechen nach.
Ziemlich aufgewühlt ließ die junge Frau sich wieder auf einen der Steine fallen, währenddessen sie unbemerkt ihren Zauberstab in der Tasche des eigenen Umhangs verstaute, da sie sich nun auf ein langes Warten einstellte. Doch es schien gefühlt kaum eine viertel Stunde vergangen zu sein, da wurde die Reisegruppe von einem markerschütternden Heulen aus der Ferne überrascht. »War das ein Wolf? Gibt ... gibt es Wölfe hier draußen?«
Bilbo eilte geradezu nervös an Emilias Seite, welche sich wie die Zwerge wachsam umblickte und nun bereits zum dritten Mal an diesem Tag heimlich ihren Zauberstab gezogen hatte.
»Wölfe? Nein, das ist kein Wolf.«
Kaum dass Bofur seinen Satz zu Ende gesprochen hatte, stürmten zwei übergroße, hässliche, wolfsartige Wesen aus dem Wald, die sich mit fletschenden Zähnen und einem tiefen Knurren zum Angriff bereit machten.

3004 Wörter

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