Raus aus der Bratpfanne

「Plötzlich riss ein erstickter Ruf Emilia aus den Gedanken und ihr stockte der Atem, als sie erschrocken in das Innere der Höhle blickte...」

Sie sah, wie die noch schlafenden Zwerge und Bilbo von mehreren gewaltigen, koboldartigen Wesen gepackt und in einem tiefen, dunklen Spalt im hinteren Teil der Höhle verschleppt wurden. Auch auf den schlafenden Gandalf hatten die Monster es abgesehen, doch dieser war durch den Schrei im Bruchteil einer Sekunde hellwach und im nächsten Moment durchflutete gleißendes Licht, zuckend wie ein Blitz, die gesamte Höhle, sodass Emilia gezwungen war, ihre Augen mit der Hand abzuschirmen. Im nächsten Moment erfüllte ein entsetzlicher Gestank nach Schießpulver die Luft und zurück blieben die leblosen Körper dieser degenerierten Orks, während sich der Spalt im hinteren Teil der Höhle mit einem hörbaren Schnappen schloss. »Die Zwerge!«, meinte die junge Hexe entsetzt, von der Situation absolut überrascht und erlangte so die Aufmerksamkeit des Zauberers. »Emilia. Ihr seid unversehrt!«
»Was waren das für Wesen und wo sind Bilbo und die anderen?« Sie sah sich verzweifelt in der Höhle um, in der Hoffnung, vielleicht jemanden übersehen zu haben, doch das sicher geglaubte Nachtlager war wie leergefegt. Sogar das Gepäck fehlte, so als hätte nie jemand hier jemals Rast gemacht. Warum hatte sie vor dem Aufbruch der Gemeinschaft nicht daran gedacht, das Gepäck mit einem Anti-Diebstahl-Zauber zu belegen?
Der Zauberer stieß mit dem Ende seines Stabes gegen die leblosen Gestalten auf dem Boden, wie als wollte er sich vergewissern, dass sie wirklich tot waren.
»Eine Unterart der Orks. Goblins, Bilwisse, nennt sie, wie Ihr wollt. Sie haben sich in den Höhlen des Nebelgebirges, sicher vor dem Licht der Sonne, eingenistet und dort ihre Stollen gegraben, von wo aus sie ahnungslosen Wanderern auflauern. Ich hatte gehofft, dass dieser Pass noch nicht von ihnen befallen sein würde, doch wie mir scheint, haben wir Zuflucht in ihrer Eingangshalle gefunden«
»Das heißt, sie bringen die Anderen jetzt tief in ihren Stollen hinab? Um was mit ihnen zu tun? Sie töten und anschließend fressen?«
Aufgebracht lief Emilia auf und ab. Es ging alles so schnell! Wieso hatte sie diese Monster nicht kommen hören? War sie etwa so in Gedanken versunken gewesen? Vielleicht hätte sie Dwalin ja doch aufwecken sollen. Doch wie hätte Emilia damit rechnen können, dass die Gefahr nicht von außerhalb kam? »Nicht, wenn wir es verhindern können«, entgegnete Gandalf und klopfte prüfend mit seinem Stab gegen die vermeintliche Wand.
»Dann müssen wir ihnen helfen!« Entschlossen zog Emilia ihren Zauberstab und richtete ihn ebenfalls dort hin. »Alohomora
Mit einem Knirschen öffnete sich der Felsen zu einem torbreiten Spalt und Gandalf nickte Emilia anerkennend zu.

Nachdem sie den Eingang des Stollens passiert hatten, umhüllte sie eine eiserne Dunkelheit, in der sich Emilia ohne den Lumos Zauber auf der Spitze ihres Stabes niemals zurechtgefunden hätte. Sie gaben sich keine Mühe besonders leise zu gehen, als sie dem Weg immer tiefer in den Berg hinein folgten, denn sie hörten dumpfe Trommelschläge und ein teuflisches Kreischen und Knarzen schriller Instrumente, die einen schaurigen Gesang untermalten, begleitet von dem Grölen einer aufgeladenen Menge. Ein eisiger Schauer wanderte über Emilias Rücken. Was ging da unten nur vor sich?
Nach einer gefühlten Ewigkeit nahmen die abscheulichen Missklänge ein Ende. Dafür begann der "Sänger" mit seiner verächtlichen und schmierigen Stimme zu sprechen. Es ging ganz klar um die Zwerge, so viel konnte Emilia aus dieser Entfernung verstehen, doch dem Text des sehr fragwürdigen Liedes nach, drohte ihnen nichts Gutes. Es klang eher danach, als wollte der Sprecher ihrer Gefährten auf die Folter spannen, bevor sie einen entsetzlichen und qualvollen Tod sterben würden. Das brachte die junge Hexe zum Schlucken und es kostete sie große Überwindung, das Licht auf ihrem Stab mit einem gewisperten »Nox« zu löschen, als Gandalf und sie einen von Fackelschein beleuchteten Holzsteg betraten. Von dort aus hatte Emilia den Blick frei auf eine große Höhle, in der es regelrecht von Goblins wimmelte, die an den Wänden entlang krochen, auf roh gezimmerten Gestellen hockten und kreischend das Schauspiel in der Mitte erwarteten. Eine monströse Gestalt, der geschwulstartige Auswüchse aus schwabbeligen Fettschichten quollen und Emilia unpassenderweise an eine Bienenkönigin inmitten ihres Schwarmes erinnerte, hatte ganz offensichtlich die Zwerge ins Visier genommen. Sie glaubte Thorin zu sehen, der sich schützend vor Ori gestellt hatte, doch sie bekam nicht mehr von dem Gespräch mit, da Gandalf ihr das Zeichen zum Weitergehen gegeben hatte.

»Schließt die Augen und haltet euch an mir fest. Auf mein Zeichen, haltet euch diese Plage mit euren Zaubern fern«, wandte sich Gandalf leise an Emilia, die die Goblinschar dabei beobachtete, wie sie entsetzt zurückwichen und zu kreischen begannen, als Orcrist, Thorins Elbenschwert aus der Trollhöhle, aus seiner Scheide gezogen wurde. Gerade noch rechtzeitig folgte sie der Anweisung des alten Zauberers, bevor eine gewaltige Druckwelle über ihre Köpfe hinweg rollte und sie seine Macht elektrisierend wie ein Stromschlag am eigenen Körper spürte. So unscheinbar der graubärtige Mann auch wirkte, den Fehler ihn zu unterschätzen würde man sicher nur einmal begehen. Sogleich war Stille eingekehrt, die Emilia dazu veranlasste, die Augen zu öffnen. Sowohl die Zwerge als auch die Goblin Geschöpfe wurden von der Magie Gandalfs mitgerissen, wobei einige Kreaturen, die zu nah am Rande der wackeligen Platformkonstruktion gestanden hatten, auch in die Tiefe gestürzt waren. Ein Großteil der Fackeln gerieten durch den aufgekommenen Wind ins Flackern, weshalb die Höhle für einen Augenblick in Dunkelheit gehüllt lag und dem Überraschungsmoment perfekt in die Karten zu spielen schien. Leider hielt der Effekt nicht lange und nicht nur die Zwerge, sondern auch Goblins richteten sich auf. »Nehmt eure Waffen! Kämpft!« Gandalfs Stimme durchbrach die Stille wie ein Donnergrollen. Die Zwerge ließen sich dies nicht zweimal sagen und sammelten ihre wild verstreuten Waffen vom Boden auf, um die ersten kreischenden Goblins, die sich aufgerappelt hatten, abzuwehren. Und auch Gandalf stürzte sich, den Stab in der einen und Glamdring in der anderen Hand, auf die Orkabkömlinge. Emilia deutete dies als Zeichen, musste mit ihren Flüchen aber Vorsicht walten lassen, da die Plattform noch immer klein und die Gefahr, einen der Zwerge oder Gandalf versehentlich zu treffen, recht groß war.
Mittlerweile hatte sich auch der Goblinkönig schwerfällig aufgerafft und rannte nun mit seiner Keule in der Hand auf Thorin zu. Doch mit Orcrist hocherhoben, wehrte der Zwergenprinz den wulstigen Anführer mühelos ab. Wild schreiend taumelte er zurück, krachte dabei in die Überreste seines Thrones und stürzte zusammen mit diesem über die Plattform hinweg in die Tiefe.
»Rasch, folgt mir!« Mit seinem Stab deutete Gandalf auf einen der vielen hölzernen Stege und rannte los, dicht gefolgt von Emilia und den anderen. Hinter ihnen formierten sich bereits neue Goblinscharen. Ihr fürchterliches Geheul hallte durch die Höhlen, bereit ihren König zu rechen. »Schnell, die Stange!«, rief Dwalin, als ihnen nach einigen Metern eine weitere Gruppe der kleinen Bestien entgegenkam. Er erschlug einige, ehe er gemeinsam mit ein paar Anderen eine hölzerne Stange ergriff, die eben noch als Geländer gedient hatte. Brüllend stürzten sich die Zwerge auf die entgegenkommende Schar, fegten sie mit kräftigen Hieben nach links und rechts, geradezu von den Holzpfaden. Derweil feuerte Emilia rote Funken aus ihrem Zauberstab und brachte Goblins, die auf anderem Wege zu ihnen gelangten, mit gezielten Stupor Zaubern zu Fall. So kämpften sie sich durch, bis sie an eine Kreuzung gelangten, an der mehrere Brücken zusammenliefen und einen Weg zum Festland bildeten.
»Kappt die Seile«, befahl Thorin schallend. Sie vergwisserte sich, dass alle die Hängebrücke passiert hatten, ehe Emilia die Seile mit einem Reductio zu Staub zerfallen ließ. Mit Genugtuung beobachteten sie, wie das wackelige Konstrukt samt Goblinschar in die Tiefe krachte. Aber kaum, dass die einen Verfolger abgehängt waren, standen sie bereits vor dem nächsten Problem in Form eines Pfeiles, der Emilias Gesicht um eine Haaresbreite verfehlte. Erschrocken riss sie die Augen auf, als sie den Windhauch und kurz darauf ein Kribbeln auf ihrer Wange spürte. Das war knapp! Eilig suchte sie die Umgebung nach der Gefahrenquelle ab und fand den Ursprung des Geschützes bei einer Horde Bogenschützen, die sich ihren Weg über eine der noch intakten Brücken bahnten. Kíli, der direkt vor ihr stand, wehrte einige der Pfeile mit seinem Schwert präzise ab, während er mit der anderen Hand nach einer hölzernen Leiter griff, die er gemeinsam mit Bofur auf die Angreifer fallen ließ. Beißend und knurrend versuchten sich die, zwischen den Sprossen gefangenen Goblins aus ihrer misslichen Lage zu befreien, wurden aber von den beiden Zwergen mit einem Ruck von der Plattform befördert.
Die Höhle erschien Emilia unendlich und die Anzahl der Angreifer wollte kein Ende nehmen. Mittlerweile bildete sie das Schlusslicht und entzündete jeden Holzweg, den sie überquert hatten, mit einem Incendio, sodass es ihren Verfolgern nicht mehr möglich war, diesen zu nutzen. Plötzlich geriet die Gemeinschaft ins Stocken. Sie standen auf einem Steg, der abrupt endete. Vor ihnen der gellende Abgrund, hinter ihnen Goblins, die nun ihr Chance erkannten. Verzweifelt feuerte Emilia Flüche auf die Kreaturen, während sie fieberhaft überlegte, was sie tun konnte, als Kíli genau im selben Moment die haltenden Seile neben ihr durchtrennte. Die Plattform geriet durch den fehlenden Halt ins Schaukeln und die junge Hexe verlor beinahe ihr Gleichgewicht. »Springt!«, brüllte Thorin, kaum, dass die überdimensionale Schaukel den festen Boden erreicht hatte. Sogleich kamen die ersten Zwerge seiner Aufforderung nach, doch schon bald wurde der Abstand wieder zu groß und die Plattform schwang zurück auf die Seite der Goblins. Diese nutzen den Moment und griffen nun die verbliebenen Zwerge sowie Gandalf an. Dabei wurde Emilia unerwartet zu Boden gerissen. Schreiend versuchte sie den beißenden und kratzenden Angreifer loszuwerden, ohne ihren Zauberstab zu verlieren, aber erst der kräftige Tritt von Fíli beförderte die Orkbrut von ihr herunter. Der Jungzwerg riss die Rothaarige nach oben, um mit ihr, wie die anderen, von der Plattform zu springen, doch er war zu langsam. Entsetzt musste er mit ansehen, wie Bombur den letzten haltend Strick durchtrennte, in der Annahme, alle hätten es geschafft. Zu spät erkannte der gutmütige Zwerg seinen Fehler. Emilia und Fíli stürzten zusammen mit der Orkbrut in die Tiefe.
Es dauerte einen kostbaren Augenblick, ehe sich Emilia aus ihrer Starre löste und sich selbst zu Besinnung rief. Ziel, Wille, Bedacht, ratterte die junge Hexe die drei Worte wie eine Mantra in ihrem Kopf herunter und betete, nicht gleich zerfetzt zu werden. »Lass nicht los!«, schrie sie und zog den Zwerg näher an sich, nutzte den dadurch erlangten Schwung für eine Drehung in der Luft und im nächsten Moment erfasste sie das verhasste Gefühl, bevor sie im Bruchteil einer Sekunde mit einem Plop vor den Füßen der entsetzten Gemeinschaft landeten. Nur für Erklärungen blieb keine Zeit, da schon die nächsten Orklinge grölend und kreischend nach der Gruppe lechzten. Nun war es also Emilia, die dem verstört drein blickenden Fíli aufhalf, der aussah, als würde er sich
gleich übergeben müssen. Apparieren war nicht jedermanns Sache, schon gar nicht in unerwarteten Momenten. Glücklicherweise schien keiner zersplintert worden zu sein. Doch die Situation erlaubte keine Pausen und Emilia war gezwungen, den Jungzwerg an der Hand hinter sich herzuziehen - wie er damals, auf den Feldern vor dem verborgenen Pass, als ihre Beine ihr nicht mehr gehorchen wollten.
So bekam sie nur beiläufig mit, wie Dwalin durch Gandalf einen großen Felsbrocken ergatterte und diesen wie eine Straßenwalze vor ihnen her trieb.
Der Zug der Gemeinschaft bahnte sich mit Schlägen und Hieben einen Weg durch die Stadt der Goblins, der Ausgang in unklarer Ferne, nicht wissend, ob sie ihn jemals erreichen würden. Die Erschöpfung nagte an jedem Körper, doch Aufgeben war für niemanden eine Option. Immer weiter trugen sie ihre Beine, bis sie eine weitere Brücke erreichten, die ihnen freie Bahn versprach.
Glóin und Dori waren bereits vorausgerannt, als ihre kopflose Flucht unvorhergesehen ein Ende nahm. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen zerbarst das Holz vor ihnen und der Goblinkönig, den gedanklich schon jeder für tot erklärt hatte, versperrte ihnen mit einem selbstgefälligen Grinsen den Weg. »Habt ihr wirklich geglaubt, ihr könntet mir entkommen?«
Auch ihm war nicht entgangen, dass seine Untertanen die Gemeinschaft nun eingekesselt hatten und sie wie eine Herde Schafe zusammendrängt wurden. Schützend schob sich Gandalf vor die Gruppe und war im Begriff, mit dem König zu sprechen, jedoch schien dieser kein Interesse daran zu zeigen. Stattdessen hob er seinen zepterähnlichen Stab in die Höhe und schlug nach ihm, als wäre dieser eine lästige Fliege. Ausweichend stolperte der Graue nach hinten, wurde jedoch noch rechtzeitig von den Zwergen aufgefangen. »Und was machst du jetzt, Zauberer?«, höhnte er und war sich seines Sieges bereits sicherer. Allerdings hatte er nicht mit Gandalfs Entschlossenheit gerechnet, der sich aufraffte und die Spitze seines Stabes geradewegs in das Auge des Großgoblins rammte. Jammernd hielt sich der Fettklops die Hand vor das Gesicht, indessen holte der graue Zauberer mit Glamdring aus, nur um es im nächsten Moment mit einem einzigen, kräftigen Hieb über seinen wulstigen Wanz zu ziehen. Angewidert verzog Emilia das Gesicht. »Das sollte reichen«, würgte er leise hervor und verdrehte dabei die Augen. Gandalf schien jedoch anderer Meinung, als er noch einmal mit seinem Schwert ausholte und dem Riesen geradewegs die Kehle durchschnitt. Krachend fiel der leblose Körper des Goblin Königs vor die Füße des grauen Zauberers und ließ die gesamte Brücke unter seinem Aufprall erzittern. Seile surrten, Bretter knarrten. Das roh gezimmerte Gestell, auf dem sie standen, schien dieser unerwarteten Krafteinwirkung nicht standhalten zu können. Und noch bevor jemand realisieren konnte, was geschah, löste sich das Teilstück, auf dem sie standen, mit einem lauten Krachen aus seiner Verankerung und stürzte dem dunklen Abgrund entgegen. Emilias Aufschrei fiel zwischen den erschrockenen und überraschten Schreie der Zwerge nicht auf. Jeder der Gruppe schien gerade innerlich mit seinem Leben abzuschließen.
Sie spürte einen kräftigen Arm um ihre Taille und war dankbar darüber, denn der sinnvollste Gedanke, der sie in diesem Augenblick überkam, war; Festhalten!
Auf ihrem Weg nach unten rammten sie Felsvorsprünge, die ihnen in den Weg kamen und rissen weitere Wegkonstruktionen der Goblins mit sich, die danach nicht mehr, als Kleinholz waren. Der einzige Vorteil dieser Hindernisse war, dass sie den Fall des Brückenstückes ausbremsten und die Gemeinschaft vor einem qualvollen Tod bewahrten, als diese mit einem Scheppern auf dem Boden der Schlucht aufschlug, begraben unter dem Schutt und den Überresten der Wege.
Hustend, durch den aufwirbelnden Staub, schob Emilia einige der Bretter beiseite, doch erst mit der Hilfe von Bifur und Kíli konnte sie sich aus dem Haufen befreien.
»Sind alle in Ordnung?«, hakte Fíli nach, als auch dieser sich aus seiner misslichen Lage rette. Bestätigende Ausrufe und wildes Gefluche, schien bei Zwergen ein gutes Zeichen zu sein, dachte sich Emilia und warf beiläufig einen prüfenden Blick auf ihren Zauberstab, der bei dem Sturz glücklicherweise keinen Schaden genommen hatte. »Hätte sicherlich auch schlimmer kommen können!«, meinte Bofur optimistisch, auch wenn er weitaus mehr Probleme hatte, unter dem Schutthaufen hervorzukommen. »Ich möchte ja niemanden beunruhigen, aber wir sollten hier schleunigst weg!«
Nervös zeigte Ori nach oben und deutete auf die aufgebrachte Horde Goblins, die keifend und schreiend an den kahlen Felswänden entlang zu ihnen hinab kletterten. In diesem Tempo, würde es nicht lange dauern, bis sie die Gemeinschaft erreicht hatten. »Wir müssen hier weg. Das sind zu viele!«
Mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk und einem Wingardium Leviosa, hob Emilia einige der größeren Schuttteile an und unterstützt so die Gruppe dabei, die restlichen Zwerge schnell zu befreien. »Jetzt kann nur noch das Tageslicht uns retten. Los, hier entlang!«
Gandalf verschwand im Eingang eines Tunnels, der künstlich in den Fels geschlagen wurde. Dori war der letzte Zwerg, der aus dem Schutt kroch und sich den Staub von der Hose klopfte. Donnernd krachten die Bretter auf den Boden, als Emilia den Schwebezauber abbrach und den anderen hinterherrannte. Die Gemeinschaft war schnell, doch die Goblinherde war schneller, zumal sie diese Stollen ihr Zuhause nannten und sich in der Finsternis weitaus besser zurechtfanden. Emilias Lungen brannten bei jedem Atemzug wie Feuer, doch sie erlaubte ihren Füßen keine Rast. In den sieben Jahren, die sie Hogwarts besuchte, hatte sie noch nie so viel rennen müssen, wie in den letzten drei Monaten in Mittelerde und das, obwohl sie oft zu spät zum Unterricht gekommen war.
»Thorin zieht euer Schwert!« Gandalf war hinter einer scharfen Biegung stehen geblieben, in seiner Hand hielt er Glamdring. Auch Thorin kam seiner Aufforderung nach und zog Orcrist aus der Schwertscheide. Die Goblins schienen nicht mit dem plötzlichen Sinneswandel ihrer Beute gerechnet zu haben, als sie mit lautem Geschrei um die Ecke stürmten und sie die Klingen von Feindhammer und Orkspalter in der Dunkelheit aufblitzen sahen. Die Orklinge an der Spitze ließen ihre Fackeln fallen und schrien auf, ehe sie niedergestreckt wurden. Hinter ihnen sprangen Goblins erschrocken zurück und stießen mit denen zusammen, die ihnen nachgerannt kamen. »Schläger und Beißer!«, brüllten sie die Namen, unter denen ihnen diese todbringenden Schwerter bekannt waren. Bald schon herrschte ein heilloses Durcheinander unter ihnen und viele ergriffen die Flucht zurück in das tiefe Innere des Berges. Die Gemeinschaft derweil, nutzte die gewonnene Zeit, um einen großen Vorsprung zwischen sich und ihren Verfolgern zu erzielen.
Sie liefen und liefen die endlosen schwarzen Gänge entlang, den Weg einzig und allein erleuchtet von dem schwachen Licht auf der Spitze von Gandalfs langen Zauberstab.
Emilia hatte jegliches Zeitgefühl verloren und sie spielte mit Gedanken auf ewig in den Stollen gefangen zu sein. Doch dann schien der lange Tunnel langsam aber sicher zu steigen und der Weg steiler zu werden. Die junge Hexe glaubte, einen Luftzug wahrzunehmen. Alles in ihr sehnte sich nach Tageslicht und frischer Luft zum Atmen. Dann endlich erfüllte natürliches Licht die Gänge und die Gruppe stolperte einige Augenblicke später geradewegs aus der Höhle in die gleißende Mittagssonne.

Emilia stützte sich keuchend gegen eine der Kiefern und versuchte das fiese Stechen in ihrer Seite wegzuatmen. Derweil zählte Gandalf nach und nach die nun ebenfalls eintreffenden Zwerge. Doch nachdem Bombur sich als letzter erschöpft ins Gras plumpsen gelassen hatte, begann er sich suchend in alle Richtungen zu wenden. »Wo ist Bilbo? Hat jemand Bilbo gesehen?« Irritiert sah Emilia über die bärtigen Männer hinweg und tatsächlich konnte sie den Hobbit nirgendwo ausmachen. War er nicht auch mit den Zwergen in das Innere des Berges verschleppt worden? Hatten sie ihn verloren?
»Dori, ich dachte, er wäre bei dir?«, rief Glóin, der sich wie die anderen Zwerge fragte, wo der Halbling abgeblieben war. Abwehrend hob Angesprochener die Hände nach oben. »Hey, schieb es jetzt bloß nicht auf mich!«
»Wo habt Ihr ihn zuletzt gesehen? Was ist passiert?«, hakte nun der Zauberer eindringlich nach. »Ich glaub', er konnte sich befreien und davon stehlen, als wir gefangen genommen wurden«, wandte Nori ein. Daraufhin meldete sich Thorin zu Wort, der über die Tatsache, dass der Hobbit nicht mehr bei der Gruppe war, nicht erfreut zu sein schien. »Ich sag' dir, was passiert ist. Meister Beutlin hat die Gelegenheit erkannt und sie ergriffen. Seit er aus seiner Tür getreten ist, hat er an sein weiches Bett und seinen warmen Ofen gedacht. Wir werden unseren Hobbit nicht wiedersehen, er ist fort!« Sogleich begannen einige der Zwerge zu grummeln und fragten sich, warum Gandalf ihnen ein solch unzuverlässiges Mitglied in die Gruppe gebracht hatte, während Emilia sich über Thorin aufregte, der so herzlos war und sich abfällig über ihren liebgewonnenen Freund äußerte, statt sich Sorgen um ihn zu machen. Was war, wenn er noch in den Stollen festsaß, ganz alleine?
»Wenn wir jetzt noch einmal in diesen abscheulichen Stollen hinab steigen müssen, um ihn zu suchen, dann zum Henker mit ihm!«, meinte einer und Emilia war kurz davor, dem Sprecher dieser Worte einen Langlock- oder Kitzel-Fluch auf den Hals zu hetzen. Doch Gandalf fuhr ihm selbst ärgerlich über den Mund. »Ich war es, der ihn zu dieser Unternehmung mitbrachte und ich nehme keine Leute mit, die nichts taugen. Entweder helft ihr mir, ihn zu suchen oder ich gehe und lasse euch in der Klemme sitzen und ihr seht selbst, wie ihr dort wieder herauskommt! Wenn wir ihn wieder finden, werdet ihr euch bedanken, noch ehe der Erebor erreicht wurde!«
»Hier ist euer Meisterdieb!«
Bilbo trat plötzlich hinter einem Baum hervor in die Mitte der Zwerge, woraufhin diese überrascht aufsprangen und schließlich auch vor Erleichterung wild durcheinander riefen. Emilia runzelte die Stirn. Wo war er nur so schnell hergekommen? Und warum hatten sie ihn nicht gehört?
»Bilbo Beutlin!«
Gandalf war ebenso erstaunt, aber wahrscheinlich mehr erfreut.
»In meinem ganzen Leben war ich noch nie so froh, jemanden zu sehen!«
Der Hobbit trat auf Thorin zu und blickte ihm standhaft entgegen. Das, was er daraufhin sagte, erstaunte nicht nur Emilia.
»Ich weiß, dass du an mir zweifelst, Thorin und das von Anfang an. Und du hast recht! Ich denke oft an Beutelsend. Ich vermisse meine Bücher, meinen Sessel, meinen Garten. Da gehöre ich nämlich hin, das ist Heimat! Und deshalb bin ich hier, weil ihr keine habt ... Eine Heimat! Sie wurde euch genommen, aber ich will euch helfen, sie zurückzubekommen!«
Es war still geworden. Keiner der Zwerge sagte etwas. Manche sahen betreten zu Boden, andere wischten sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Thorin betrachtete den Halbling nachdenklich und Emilia war gerührt von seinen Worten. In allen Gesichtern konnte sie erkennen, dass sie Bilbo alleine für seinen Entschluss Anerkennung zollten. Und auch ihre eigene Achtung vor ihm stieg. Wie viel mehr Loyalität könnte Thorin von ihm erwarten?

Wenn sie bisher noch immer daran gezweifelt hatten, dass er wirklich ein Meisterdieb erster Klasse war, so taten sie es nun nicht länger. Keiner hatte mit seinem plötzlichen Auftauchen gerechnet. Alle hielten es für einen außergewöhnlich, geschickten Streich.
Neugierig lauschte dann auch Emilia, als Bofur fragte, wie Bilbo aus dem Goblinhort entkommen konnte. Und so setzte er sich ins Gras und erzählte, wie er sich nach ihrer Gefangenschaft hinweg geduckt hatte, durch die Auseinandersetzung mit einem Goblin in die Tiefe gestürzt und wie er auf das Geschöpf mit dem Namen Gollum gestoßen war. An der Stelle über den Rätselkampf, erwischte Emilia sich selbst, wie sie bei dessen Beschreibung ein wenig schauderte.
»Und dann fiel mir keine Frage ein, als er so nah bei mir saß. 'Was ist in meiner Tasche? ', fragte ich dann, doch er konnte es nach den drei Versuchen nicht erraten. So forderte ich sein Versprechen ein, mir den Weg hinaus zu zeigen, aber er wurde wütend. Er meinte, ich hätte geschummelt und wollte mich töten und fressen, doch ich rannte weg. Da blieb ich in einem Felsspalt hängen und als ich mich hindurchzwängte, verlor ich ein Dutzend Knöpfe und fiel hin.«
Ein wenig geknickt sah er an seiner zerrissenen Kleidung herab, fuhr dann aber fort.
»Verloren im Dunkeln, dachte ich, ich würde in die falsche Richtung laufen. Dann jedoch folgte ich ihm, denn ich hörte ihn mit sich selbst reden. Gollum glaubte, ich würde den Weg bereits kennen, weshalb er nicht merkte, dass er mich unbewusst hinausführte. Aber dann setzte er sich in den Eingang und versperrte mir den Weg, also sprang ich kurzerhand über ihn hinweg und floh.«
Dass an dieser Geschichte noch um einiges mehr hing und er etwas Bestimmtes wohlweislich ausgelassen hatte, war Emilia zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Sie war nur froh, ihren Freund wohlbehalten wiederzusehen. Die Zwerge hingegen waren begeistert, von den Erzählungen des Hobbits.
»Was hab ich euch gesagt?«, bemerkte der graue Zauberer lachend und bedachte Bilbo mit einem Runzeln seiner buschigen Augenbrauen. »An diesem Hobbit ist mehr dran, als ihr denkt!«

Nun aber stellte Bilbo Fragen und wollte wissen, wie der Zauberer und Emilia wieder aufgetaucht waren und wo sie sich nun eigentlich befanden. Und so berichtete Gandalf, dass sowohl ihm als auch Herrn Elrond die Gegenwart der Goblins in diesen Teilen des Gebirges durchaus bekannt gewesen seien. Doch wie er Emilia bereits erklärt hatte, befand sich das Haupttor früher in einem anderen Pass, der für Reisende leichter zu überqueren war, sodass die Goblins dort oft Leute aufgriffen, die vor diesen Türen die Nacht verbrachten. Seit jener Weg von Wanderern gemieden wurde, hatten die Goblis wohl auf diesem Pass ein neues Tor angelegt und das aber auch erst vor kurzem, denn davor galt er noch als sicher.
Der Hinterausgang hingegen, aus dem sie geflohen waren, war jedem bekannt, der mit der Gegend dieses Gebirges vertraut war. Er war vor vielen Jahren gebaut worden, um einerseits ein Fluchtweg zu haben und andererseits, um nachts in die Länder auf der anderen Seite einzufallen, wo sie plünderten und großes Unheil anrichteten.

»Aber wir sollten, jetzt, da wir alle ein wenig ausgeruht sind, aufbrechen!«, verkündete Gandalf und richtete sich auf seinem Stab gestützt in die Senkrechte auf. »Die Schatten werden bereits länger und sobald die Nacht eintritt, werden sie hinter uns her sein und sich an dem Verlust ihres Königs rechen wollen. Sie können unsere Fährte noch nach Stunden riechen, weshalb wir bis dahin eine beachtliche Strecke hinter uns bringen müssen. Wir sind zwar durch das Herz des Gebirges auf die andere Seite gelangt, doch viel weiter nördlich herausgekommen, als geplant. Außerdem sind wir noch recht weit oben!«
Wenn es nach Emilia ginge, würde sie am liebsten sitzen bleiben. Ihre Füße brannten von dem vielen Rennen und sie war müde. Sie konnte immer noch nicht so recht glauben, dass sie tatsächlich fast einen ganzen Tag in diesem unterirdischen Labyrinth umhergeirrt waren, bis sie das Tageslicht erreicht hatten, doch der Tempuszauber log nicht. Egal wie oft sie ihn auch während Gandalfs Erzählung gewirkt hatte, er zeigte ihr jedes Mal den 16. Juli an. Einen Tag, nachdem sie in der Höhle Schutz gesucht hatten.
Auch war die Gruppe nun ihr Gepäck und ihre Vorräte los und bis auf ein paar wenige, die ihre Waffen in dem Chaos gefunden oder sie, wie in Emilias Fall, beim Schlafen nicht abgelegt hatten, besaß jeder nur noch das, was sie am eigenen Leib trugen. Wenn sie also jetzt nicht aufbrachen, würden sie entweder durch die Hand der Goblins sterben oder an Durst und Hunger verenden. Beides keine Optionen, die die junge Frau in Kauf nehmen wollte.

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