Erwachen

Gähnend zog Emilia die Bettdecke zurecht und kuschelte sich in ihr Kopfkissen. Dabei tastete sie schlaftrunken nach Kobold, der Kätzin ihrer Mitbewohnerin Gwen, die es die meiste Zeit über bevorzugte in Emilias Bett zu schlafen doch da war seltsamerweise nichts. Auch war es, bis auf den Vogelgesang, für ein sechs Bett Zimmer mit laut lachenden Gryffindormädchen als Bewohner, um diese Uhrzeit ungewöhnlich still, sodass Emilia sich nun doch in ihrem Bett aufrichtete und verschlafen die Augen öffnete. Doch was sie sah, war nicht der Mädchen Schlafsaal der Siebtklässlerinnen, sondern ein ihr völlig fremder Raum,
der nicht einmal annähernd Ähnlichkeiten mit dem Gryffindorturm aufwies. Wo in Merlins Namen war sie also?
Irritiert schlug die Hexe die Decke beiseite und stieg aus dem Bett, um hinüber an die großen, offenstehenden Fenster zu laufen. Warmes Sonnenlicht fand durch sie in das innere des Zimmers und ließen es noch heller und freundlicher wirken. Neugierig blickte Emilia nach draußen und konnte ihre Augen nicht trauen, als sie die vielen Gebäude erspähte, die sich an einen hohen Felsen, der das Tal umrahmte, schmiegten. Schäumende und glitzernde Wasserfälle, die neben und in die augenscheinliche Stadt hinunterstürzten, verliehen dem Ort etwas unglaublich Anmutiges. Sie war zwischen Bäume und Pflanzen gebaut und es wirkte fast, als hätte nicht die Natur ihr Platz gemacht, sondern die Stadt der Natur. So etwas Atemberaubendes hatte die junge Hexe im Leben noch nicht gesehen, da war sie sich mehr als sicher. Genauso sicher war sie sich, dass sie sich keineswegs in Hogwarts befand, sowie anfangs angenommen. Je intensiver sie darüber nachdachte, desto mehr Erinnerungen fanden wieder den Weg in ihr Gedächtnis und Emilia wurde schmerzlich bewusst, dass sie die unerwartete Reise nach Mittelerde und das Zusammentreffen mit Gandalf, Bilbo und den Zwergen nicht geträumt hatte. Ein leises Schnauben entfuhr Emilia, als ihre Gedanken zu Thorin und den anderen wanderten, die sie einfach zurück, ihrem Schicksal überlassen hatten.
»Wie ich sehe, seid Ihr wieder bei Bewusstsein. Wir hatten nicht bis vor dem morgigen Tag mit Eurem Erwachen gerechnet«
Die Worte packten Emilia und ließen sie erschrocken herumfahren. Ihr Herzschlag raste und beruhigte sich nur allmählich, als sie einen großen, jungen Mann mit schneeweißen Haaren erblickte. Neben ihm stand eine zierliche, ebenfalls hochgewachsene junge Frau, die in Emilias Alter sein musste und deren Haltung die gleiche Anmut besaß, welchen die Stadt vor dem Fenster schon ausstrahlte. »Verzeiht, wir wollten Euch nicht überraschen. Wie fühlt Ihr Euch?«
»Emilia ... Ich meine, Ihr könnt mich Emilia nennen. Und mir geht es gut. Wie lange habe ich geschlafen und wo bin ich hier eigentlich?«
Man merkte, dass die junge Hexe sich sichtlich unwohl fühlte. Sie trug noch immer ihre Schuluniform, die trotz regelmäßiger Anwendung von Reinigungszauber nur so vor Schmutz und Staub stehen musste und sie selbst hatte auch schon lange kein richtiges Bad mehr gesehen, seit die Reisegruppe das letzte Mal an einem Bach vorbeigekommen war. Lediglich die Katzenwäsche, mit dem Aquamenti-Zauber, gab ihr das Gefühl, sich wenigstens etwas sauberer zu fühlen.
Die schöne Frau, schien Emilias Unbehagen und der zweifelnde Blick an sich herunter bemerkt zu haben, weshalb sie sich mit einem Lächeln auf den Lippen an den Mann neben sich wandte. Was sie jedoch zu ihm sagte, konnte Emilia nicht verstehen, da sie in eine andere Sprache gewechselt hatte. Angesprochener schien eher weniger zufrieden mit dem zu sein, was sie zu erzählen hatte, nickte dann aber doch.
Daraufhin verschwand sie aus dem Raum und ließ Emilia mit ihren verwirrten Gedanken und dem fremden Mann allein. Es stellte sich durch ein karges Gespräch heraus, dass er Finíon hieß und als Heiler in Bruchtal, die Stadt außerhalb des Fensters, agierte. Anschließend herrschte ein unangenehmes Schweigen.
Die Minuten verstrichen und die Rothaarige glaubte, die Frau würde nicht mehr auftauchen, als es plötzlich an der Tür klopfte und Besagte den Raum betrat. »Kommt, ich werde Euch zu den Badehäusern führen, dort könnt Ihr Euch zuallererst einmal frisch machen«
Das ließ sich die Hexe nicht noch ein zweites Mal sagen und folgte der Frau aus dem Raum, froh darum Finíons Schweigen zu entkommen. »Ihr könnt mich übrigens Nemiriél nennen. Ich werde Euch Gesellschaft leisten, wenn es Euch beliebt«, fügte die Frau freundlich hinzu und machte sich Seite an Seite mit Emilia auf.

Zunächst liefen sie einen langen Gang entlang, der Emilia sehr an die Gänge im Innenhof von Hogwarts erinnerte, doch dann bogen sie nach rechts in Richtung dichter bewaldeter Wege ein und liefen über einen erdigen Pfad, der bald an eine gebogene, mit weißen Ornamenten verzierte Brücke grenzte. »Ohne unhöflich zu wirken ... aber die spitzen Ohren ... Ihr und Finíon seid keine Menschen, richtig?«
»Oh nein, Ihr seid keineswegs unhöflich! Aber ja, wir sind keine Menschen. Wir gehören dem Volk der Elben an. Genauso wie jeder andere Bewohner Bruchtals auch« Nemiriél grüßte die zwei Elbinnen, die ihnen lachend entgegenkamen, dann waren sie alleine. Nur das Zwitschern verschiedener Vögel und das Rauschen des Wassers waren zu hören. »Wie lange habe ich geschlafen?« Emilias Zeitgefühl war völlig auf den Kopf gestellt, sodass sie sich nicht sicher war, welchen Tag sie nun hatten und ob Thorin und die Anderen nun ohne sie weiter gereist waren oder nicht. »Nach dem Elrohir, einer der Söhne Elronds, uns benachrichtigt hatte, zogen fast zwei Tage in das Land. Ihr hattet sehr verworrene Dinge geträumt, die von Fieber begleitet wurden. Jedoch sank es dank der Medizin, die ihr bekamt, rasch wieder«
Emilia schluckte. Damit hatte sie nun beim besten Willen nicht gerechnet. Jetzt war sie sich sicher, die Zwerge mussten bereits über alle Berge sein!
Seufzend ließ die junge Hexe ihren Blick über die Umgebung schweifen und entdeckte dabei einen marmornen Bau in der Ferne, der erneut so zwischen die Natur platziert wirkte, dass er als ein Teil ihrer zu sehen war. Große Fenster ohne Glas gestatteten Bäume und Pflanzen in und aus dem Gebäude herauszuranken, ohne dass es verkommen erschien. Bruchtal war die reinste Kunst.
Sie erreichten das Marmorhaus und stiegen die wenigen Stufen zum Eingangsbogen empor. Neugierig sah sich Emilia um, als sie hineintraten, doch innen erwartete sie kein Raum, es war viel mehr, als hätte sich ein weiterer Abschnitt des Waldes vor ihnen eröffnet.
»Hier könnt Ihr baden«, erklärte Nemiriél, als sie um eine Marmorsäule bogen und sich vor ihnen ein sprühend, nebliger See eröffnete, über den ein kleiner Wasserfall hineinbrach. Breite, platte Steine führten wie eine Treppe ins Wasser und ein süßer Duft erfüllte die Luft.
»Das Wasser ist rein und wird selbst den härtesten Schmutz davon spülen«, führte sie aus. »Und keine Sorge, es ist nicht so kalt, wie es wirkt; die Steine unter Euren Füßen sind heiß und erwärmen das Wasser.«
>Eine heiße Quelle<, stellte Emilia in Gedanken fest und Freude regte sich in ihr. Endlich würde sie ein vernünftiges Bad nehmen können, nach allem, was geschehen war.
Nemiriél schritt kurz davon und kehrte mit einem Gefäß zurück.
»Eine Flüssigkeit, die Eurem Bad Wohltun schenken wird und Eurer Haut die alte Sanftheit, die sie nach Eurer anstrengenden Reise verloren hat«, informierte sie und reichte Emilia die Schale, in der sich eine gelbliche, dickliche Substanz befand. >Ein Vorläufer des Shampoos<, schmunzelte die Hexe in sich hinein und bedankte sich.
Sie stellte das Gefäß auf einen leicht erhöhten Stein und strich sich den Umhang von den Schultern, die Elbin nahm das Kleidungsstück entgegen. Dann zog sie sich ihren Pullover über den Kopf, öffnete die Knöpfe ihrer Bluse und zog auch diese aus. Nemiriél musterte Emilias Kleidung mit verhohlener Neugier, sagte jedoch nichts. Erst jetzt bemerkte die junge Frau, dass sie drauf und dran war, sich vor der Elbin komplett auszuziehen. Ihre Freude darüber ihre gesamte dreckige Kleidung ablegen zu können, ließ sie ihre Scham jedoch vergessen, denn auch die Elbin schien dies als vollkommen normal zu erachten. Schnell stieg sie aus ihrem Rock, und streifte sich sanft ihren BH ab. Als sie sich ganz aus ihrer Kleidung befreit hatte, wies Emilia die Elbin darauf hin, ihren Stab aus der Umhangtasche zu holen, denn diesen würde sie noch brauchen.
»Eure Kette«, erinnerte Nemiriél sanft.
Verwirrt blickte Emilia auf ihr Dekolletee und erblickte das grüne, blattförmige Medaillon, dessen Existenz sie so gut wie vergessen hatte. Sie legte eine Hand über es und schüttelte entschieden den Kopf. »Sie kann ich nicht ausziehen«
Emilia wagte es nicht, das wichtige Schmuckstück auch nur für einen Moment aus den Händen zu geben. Zum einen, weil es sie an ihren Bruder erinnerte und zum anderen, weil sie mittlerweile vermutete, es habe etwas mit der Reise nach Mittelerde auf sich. Und wenn sie damit hier her gelangt war, würde sie damit auch sicherlich wieder nach Hause kommen.
»Badet und befreit Euren Kopf von den Sorgen, die Euch plagen. Zumindest für den Moment denkt nicht an das, was war und was vielleicht kommen mag.« Nemiriél sprach ihr aus der Seele. Sie drehte sich um und verließ ohne weitere Worte das Badehaus. Emilia wandte sich dem schäumenden See zu und machte vorsichtig einen Schritt in die Nässe. Das Wasser war tatsächlich angenehm warm und sofort versank sie ganz hinein. Ihre Muskeln entspannten sich und ihr Kopf wurde leicht neblig. 
Nachdem sie sich genau vergewissert hatte, dass der See nicht tief war und die Ruhe und Leichtigkeit genossen hatte, wusch sie sich mithilfe des natürlichen Shampoos den Schmutz von ihrer Haut und spülte ihre Haare unter dem Wasserfall aus, der angenehm auf ihrem Rücken und ihren Schultern prickelte. Sie fühlte sich nahezu wie neu geboren.
Als sie das Wasser verließ, entdeckte sie ein Kleid, das in der Nähe ausgebreitet lag. Es war grün und von einem so leichten Stoff, dass Emilia Angst hatte es zu zerreißen. Die Ärmel waren weit und um die Taille und am Dekolletee waren silberne Stickereien eingesetzt, wie Blätter, die sich daran fest rankten.
Nachdem sie vorsichtig in das Kleid geschlüpft war, die ebenso leichten ballerinaartigen Schuhe übergestreift und sich ihre Haare mit ihrem Zauberstab getrocknet hatte, verließ sie das Badehaus auf gleichem Weg, wie sie es betreten hatte. Vor dem Eingang wartete Nemiriél und blickte in die Ferne. Erst jetzt entdeckte die junge Hexe, dass sie von hier aus fast das gesamte Tal überblicken konnten.
»Ihr seht erfrischt und zufrieden aus«, lächelte sie, kaum, dass Emilia an ihre Seite getreten war und zusammen schlenderten sie zurück in die Stadt. 
Erfrischt und zufrieden so fühlte sie sich zum ersten Mal in Mittelerde tatsächlich.

Es war später Nachmittag. Nachdem die beiden Frauen zurückgekehrt waren und Finíon sich um die wieder erlangte Gesundheit Emilias vergewissert hatte, bot Nemiriél der jungen Hexe an, ihr im Kräutergarten Gesellschaft zu leisten. So würde sie die Zeit bis zum Abendessen nicht allein in ihrem Zimmer verbringen müssen, worüber Emilia mehr als froh war, weshalb sie mit Freuden das Angebot angenommen hatte.
Schließlich saß sie im Schneidersitz auf einer steinernen Bank inzwischen zweier Rosenbüsche, deren weißen Blüten im warmen Licht der Nachmittagssonne zu leuchten schienen. Ihr angenehmer Duft vermischte sich mit dem wohltuenden Geruch des Lavendelstrauches in Emilias Schoß, welchen sie, wie Nemiriél es ihr gezeigt hatte, in kleine Bündel unterteilte und diese mit einer Schnur zusammenband, damit die Elbin sie später zum Trocknen aufhängen konnte. Als Schülerin von Finíon war es deren Aufgabe den Vorrat an Kräutern und Heilpflanzen instand zu halten, um somit erfolgreiche, medizinische Behandlungen gewährleisten zu können. Bei dem Anblick der zahlreichen Beete, die mit den unterschiedlichsten Gewächsen bestückt waren, wurde es Emilia ganz warm ums Herz. Augenblicklich dachte sie zurück an die vielen Gewächshäuser, die Hogwarts besaß und an die zahlreichen Unterrichtsstunden, die sie darin verbracht hatte. Schnell verwarf sie die Erinnerung an ihre Heimat.
»Erzählst du mir mehr von Bruchtal und seinen Bewohnern?« Nemiriél unterbrach für einen Moment ihre Tätigkeit und sah lächelnd zu Emilia - beiden Frauen hatten beschlossen, auf die Förmlichkeiten zu verzichten.
»Bruchtal oder auch Imladris, ist eine Zufluchtsstätte und das letzte gastliche Haus für ostwärts Reisende, vor der gefahrvollen Überquerung des Nebelgebirges. Aus diesem Grunde wird es in der Allgemeinen Zunge auch oft als 'Das Letzte Heimelige Haus östlich der See' bezeichnet. Herr von Bruchtal ist Elrond, ein Halbelb und ein überaus begabter Heiler - du wirst heute Abend mit ihm Bekanntschaft machen. Er bewohnt mit seiner Tochter Arwen Undómiel und seinen Söhnen Elladan und Elrohir das Haupthaus.«
Emilia wurde es mulmig zu mute, als sie daran dachte, den Herr von Bruchtal persönlich kennenzulernen. Eine Sache beschäftigte sie im Augenblick aber noch mehr. »Was ist ein Halbelb?«
»Es wandeln nicht viele von ihnen auf Adar, da eine Bindung zwischen Elben und Menschen sehr ungewöhnlich ist. Herr Elrond besitzt die Wahl zwischen ewigem und sterblichem Leben.«
»Elben sterben nicht?«, fragte Emilia verwundert und sah die hübsche Elbin erstaunt an.
»Aber ja, nur nicht am Alter, Emilia. Wir sind dem Laster der Menschheit nicht unterlegen. Dafür kann uns das gebrochene Herz zu unseren Ahnen bringen oder aber die Gewalt einer Waffe.«
Unwillkürlich fragte sich die junge Hexe, wie alt Nemiriél sein mochte, hatte sie sie doch, auf ihr eigenes Alter geschätzt.
»Emilia«
Erstaunt blickte die Hexe von ihrer Arbeit auf und traute ihren Augen nicht. Sie hatte sich bereits damit abgefunden, Bilbo nie wiederzusehen und nun stand der kleine Hobbit in der Pforte des Kräutergartens, hinter ihm zwei Elben, die identischer nicht aussehen konnten. Ohne lange darüber nachzudenken, legte Emilia das Lavendelbündel beiseite, sprang von der Bank auf und überwand die wenigen Schritte, die sie beide voneinander trennten. Mit Tränen in den Augen ließ sie sich auf die Knie sinken und zog den Hobbit in eine Umarmung, welche der etwas überrumpelte Halbling vorsichtig erwiderte.
»Es erfreut uns, Euch nun wohlauf zu sehen und hier anzutreffen, Frau Emilia. Euer Erwachen wurde von einigen Eurer Reisegefährten bereits sehnlichst erwartet ...«
Mit einem Lächeln löste sie sich von Bilbo, richtete sich auf und sah zu den beiden Elben, mit den langen dunkelbraunen, fast schwarzen Haaren, währenddessen sie sich hastig die Tränen wegwischte. »Mein Name ist Elladan und das hier ist mein Bruder Elrohir.« Der Elb deutete mit einer eleganten Handbewegung auf sein völlig identisches Ebenbild neben ihm, welches höflich den Kopf zur Begrüßung senkte.
»Unser Vater, Herr Elrond würde euch gerne bei einem gemeinsamen Abendmahl kennenlernen. Wir dachten uns, es wäre euch angenehmer, auch ein bekannteres Gesicht anzutreffen. Doch zuvor, begleitet ihr uns ein Stück durch Imladris?«
Emilia nickte lächelnd. Ohne Bilbo hätte sie sich tatsächlich etwas unwohl gefühlt. »Gerne«

So kam es, dass sich Emilia von Nemiriél verabschiedete, die vor dem Abendessen noch einmal zu Finíon musste, und sich mit Bilbo und den Zwillingen auf den Weg machte. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, gefüllt mit vorsichtigen, höflichen Fragen, bevor die junge Hexe bemerkte, dass nur weil die Zwillinge Elben und schon mehrere tausend Jahre alt waren, es nichts gab, dass ihnen vorschrieb, verstockte oder hochmütige Personen zu sein, mit denen eine lockere Unterhaltung unmöglich wäre. Ganz im Gegenteil gelang den Elben das, was selbst Bilbo bisher nicht geschafft hatte - Emilia begann, mehr über sich und ihrer Heimat zu erzählen. Es hatte nur wenige Fragen von Elladan bedurft, der der extrovertierte zu sein schien, während sein Bruder zwar ebenfalls erstaunlich ... menschlich - ein besseres Wort fiel Emilia nicht ein - war, jedoch entweder nicht so neugierig, oder ihrer Privatsphäre gegenüber zu respektvoll gegenüber stand, als dass er gewisse Fragen stellen würde. Sie sprach von ihrer Familie, von Hogwarts und wie sie hier gelandet war. Ob sie jemals wieder nach Hause zurückkehren würde und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt. Verging die Zeit in ihrer Welt gleich wie hier oder würde sie auftauchen, kurz nachdem sie verschwunden war?
Falls sie hier bleiben müsste, was würde aus ihr werden?
Und ihre neuen Freunde, denn anders konnte sie die Elben nach dem, was sie ihnen erzählt hatte, nicht mehr bezeichnen, hörten ihr still zu. Und als sie am Ende endlich, endlich in Tränen ausbrach, die sich so lange aufgestaut hatten, umarmte Bilbo sie, während die beiden Elben ihre Hände ergriffen und leise ein beruhigendes Lied anstimmten - als Söhne Elronds kamen sie nicht umhin, auch in den heilenden Kräften Wissen zu erwerben. 
Den Elben gelang es, Emilia ein Gefühl von Wärme zu vermitteln und sie zu beruhigen, so zuverlässig wie es ein Beruhigungstrank getan hätte. Danach wandte sich das Gespräch angenehmeren Themen zu. Unter anderem beschlossen die Elben, sofern die Gruppe eine längere Zeit in Bruchtal bleiben würde, selbst dafür zu sorgen, dass die junge Hexe und Bilbo nicht ganz unfähig mit einer Waffe sein würden. 
»Zwerge verlassen sich besonders auf reine Körperkraft, für Wendigkeit sind die meisten von ihnen zu beleibt und die anderen zu stur, sie gehen lieber mit dem Kopf durch die Wand. Sollten sie euch beide auf ihre Weise unterrichten, wärt ihr deutlich im Nachteil, da ich sehr vermute, dass es euch an dieser Kraft mangelt.« Elladan lächelte bei dieser Erklärung entschuldigend.
»Sofern ihr nicht besonderen Wert darauf legt, von euren Begleitern zu lernen, wäre es uns eine Ehre, diese Aufgabe zu übernehmen.«
Auch wenn Emilia kein Freund von Gewalt war, erschien ihr es doch sinnvoller zumindest eine Ahnung zu haben, wie sie sich notfalls auch ohne ihren Zauberstab verteidigen könnte. Wer wusste schon, wie lange sie noch in dem ihr völlig unbekannten Mittelerde verharren musste?
Also willigten sie und Bilbo ein.

»Des Weiteren, und inzwischen ist uns der Grund auch bekannt, ist uns aufgefallen, dass du keine geeignete Kleidung dein Eigen nennst«, wandte sich nun Elrohir speziell an Emilia. »Wir werden dich nicht gehen lassen, ehe du nicht zweckmäßiger ausgestattet bist, sowohl für die kältere Zeit als auch für Angriffe«, fügte Elladan hinzu. »Doch nun ist es Zeit, uns auf den Weg in das Haupthaus zu begeben. Schließlich werden wir zum Essen erwartet«
Mit diesen Worten richtete sich Elladan von der marmornen Bank unter der Buche, auf der die kleine Gruppe es sich gemütlich gemacht und dem entfernten Rauschen eines Wasserfalls gelauscht hatte, auf und reichte Emilia ganz galant die Hand, um ihr hoch zu helfen. Er war sogar so frei, ihren Arm zu nehmen und sie wie eine edle Dame zu geleiten, wobei die junge Hexe sich eingestehen musste, dass sie davon gar nicht so sehr abgeneigt war. Zudem gab es ihr auch ein Gefühl von Sicherheit zwischen all den imposanten Gebäuden von Bruchtal.
Als sie auf diese Weise die Halle betraten, in dem neben mehreren Dutzenden Elben auch die Zwerge versammelt waren, die auf ihre Gastgeber nur wenig Rücksicht zu nehmen schienen, wurde es bis auf die zärtlichen Flöten und Harfenklänge plötzlich still. Während einige Elben innerlich nur den Kopf schüttelten, dass Elronds ältester Sohn sich nicht von Frauen fern halten konnte, fiel einigen Zwergen vor Überraschung Emilia so zu sehen, gar das Besteck aus der Hand, währenddessen andere so zuckten, als müssten sie sich davon abhalten wütend aufzuspringen.

Derweil hatte Bilbo sich von der kleinen Gruppe gelöst und auf einem Stuhl Platz genommen, der für ihn vorgesehen zu sein schien, da er höher war, um es ihm zu ermöglichen an dem eigentlich zu großen Tisch zu essen und zudem eine Querstange zwischen den Beinen besaß, damit er auf den Stuhl hinauf gelangen konnte. Die Zwillinge hingegen hatten Emilia mit zum Kopfende des Tisches gebracht, an dem ein großer Elb mit langen dunklem Haar und einer silbernen Tiara auf dem Kopf saß, der sich mit Gandalf und einer wunderschönen Frau unterhielt, die ihm wie aus dem Gesicht geschnitten schien. Dies musste Arwen sein, von der Nemiriél gesprochen hatte und der Elb war dann wohl Elrond, der Herr Bruchtals.
»Vater, wir möchten dir Emilia vorstellen. Sie ist mit Mithrandir und den Zwergen angereist. Sie stammt jedoch nicht von hier und ist auf der Suche nach einem Weg nach Hause.«
Elrond sah Emilia nachdenklich an, nickte dann aber. »Willkommen in meinem Heim, Emilia. Es freut mich, Euch nun wohlauf zu sehen. Falls wir Euch bei Eurer Heimkehr behilflich sein können, so müsst Ihr es nur sagen, und wir werden tun, was in unserer Macht steht. Zuerst einmal jedoch setzt Euch und esst. Eurer Reisebegleitung nach zu urteilen, waren die Mahlzeiten in letzter Zeit nicht ausreichend.«
Mit leicht hochgezogener Braue warf er einen Blick auf das Fußende des Tisches, an dem die Zwerge das Essen geradezu in sich hinein schaufelten, obwohl sie über das viele Gemüse murrten. »Da meine Söhne Euer Anliegen an mich herangetragen haben, würde ich ein Treffen am morgigen Tage vorschlagen, im Anschluss an jenes, dass mir mit Eurem starrsinnigen Anführer bevorsteht.«
Damit war sie entlassen und suchte sich einen freien Platz, den sie neben Bilbo und ihrem Appetit zugunsten auf der elbischen Seite des Tisches fand. Die gesamte Tafel war gefüllt mit Leckereien und es kam ihr nahezu wie ein Festmahl vor, denn sie wusste nicht, wann sie zuletzt so gut gegessen hatte.
Während sie aß, sah Emilia sich um, wobei sie es vorerst vermied, in Richtung der Zwerge zu schauen. Sie wollte nicht ihre Blicke sehen, jetzt da sie Emilias wahre Natur kannten. Wer wusste schon, ob Zwerge sich ebenfalls so offen für Magie zeigten, wie die Elben? Andererseits hatten sie auch nichts gegen Gandalfs Gesellschaft und dieser war, laut eigener Aussage, ein Zauberer.
Die meisten der Elben hatten dunkle Haare, so wie das Elronds und seiner Söhne, und nur einige wenige waren blond. Sie alle trugen Roben, die zwar bunt, nicht jedoch farbenfroh waren, sondern entweder dunkle Herbstfarben umfassten oder Pastelltöne, wobei die Farbwahl in direktem Zusammenhang zu ihrer Haarfarbe zu stehen schien, mit nur sehr wenigen Ausnahmen.
Von den Zwergen abgesehen war das Essen eine sehr ruhige Angelegenheit, es unterhielten sich immer nur Sitznachbarn leise miteinander, niemand rief quer über den Tisch, wie es in der Schule üblich gewesen war - dem einzigen Ort, an dem sie zuvor an einer langen Tafel gegessen hatte. Schließlich war sie jedoch mit ihrer Betrachtung der Elben fertig, die einzelnen Personen genauer in Augenschein zu nehmen wäre ihrer Meinung nach viel zu aufdringlich, sodass sie doch einen Blick zu den Zwergen warf – nach sechs Jahren, in denen sie Elias' Tischmanieren ausgesetzt war, war sie schließlich einiges gewohnt. Zu ihrer Überraschung schenkten ihr Kíli und Fíli, als auch Ori und Bofur ein aufrichtiges Lächeln. Auch Balin, Dwalin und die anderen Zwerge nickten ihr respektvoll zu, was die junge Hexe irgendwie doch beruhigte. Lediglich Thorin blickte missbilligend in die Runde und schien Emilia noch immer zu misstrauen ...

Das Abendmahl neigte sich langsam zum Ende hin, und da es ohne Essen keinen Grund mehr für die Zwerge gab, die Gegenwart der Elben weiterhin zu ertragen, zogen sie sich bald darauf zurück.
Emilia und Bilbo hingegen blieben mit Elladan und Elrohir bei den Elben und die junge Hexe wurde schlussendlich Erestor, Elronds höchstem Berater und einem der wenigen Elben mit pechschwarzen Haaren vorgestellt, der ihr anbot ihn in der großen Bibliothek Bruchtals besuchen zu kommen, da er dort zusätzlich als Bibliothekar und Schreiber tätig war. Da es vielleicht nicht schaden könnte, etwas mehr über Mittelerde zu erfahren, nahm sie das Angebot dankend an und versprach ihm im Gegenzug etwas über ihre Heimat und ihr Dasein als Hexe zu erzählen.
Wirklich interessant jedoch würde der nächste Tag werden, an dem sie hoffentlich erfuhren, wie lange die Zwerge in Bruchtal bleiben würden und ob Herr Elrond, Emilia vielleicht bei ihrer Suche nach einem Weg nach Hause behilflich sein könnte. Weil die junge Hexe nun doch so langsam müde wurde und keine Lust hatte ein weiteres Mal krank zu werden, verabschiedete sie sich nach einer Weile ebenfalls von den Elben und machte sich mit Bilbo auf den Weg zurück in ihre Gemächer, die ihnen während ihres Aufenthaltes zugeteilt worden waren.

Nachdem auch die meisten der Elben sich aus dem großen Saal verabschiedet hatten, wechselte eine kleine Gruppe bestehend aus Elrond, seinen Söhnen, Gandalf, Erestor und Glorfindel in ein kleines Nebenzimmer, welches neben dem großen, den Raum dominierenden Schreibtisch aber auch eine Ansammlung gemütlicher Sessel aufzuweisen hatte.
Als jeder Platz genommen hatte und mit einem Glas elbischen Weins ausgestattet war - das Thema war nicht zu ernst, als dass sie es sich nicht gemütlich machen konnten - eröffnete Elrond die kleine Ratssitzung.
»Diese junge Frau ...«
»Emilia«, steuerten die Zwillinge bei, noch ehe Elrond den ersten Satz beenden konnte.
»Nun gut, Emilia. Wer ist sie, Gandalf? Warum brachtest du sie hier her? Sie trägt etwas Mächtiges mit sich, etwas, das die Dunkelheit anzuziehen scheint, wie das Licht die Motten. Ihr Schlaf ist unruhig und ihre Träume verworren, auch Finíon konnte dem Fieber keine Schuld mehr zuschieben, nachdem es gesunken war. Ein Schatten versucht sich ihrer Seele zu bemächtigen - du weißt, wie wenig ich es befürworte, verdorbene Dinge in das Tal zu führen.« Elronds Stimme war ernst und er sah Gandalf mit einem starren Blick an, in dem der Vorwurf deutlich zu erkennen war. Nur deswegen beschlossen die Zwillinge zu schweigen, bis es an ihnen war und sie zum Sprechen aufgefordert wurden.
»Wir sind geradezu über sie gestolpert, nachdem wir aufgebrochen waren. Allem Anschein nach ist sie einfach aus der Luft entstanden und sie versuchte uns in dem Glauben zu lassen, sie wäre vom Baum gefallen, nachdem sie sich dort versteckt hatte, da sie und ihre Gefährten von Banditen überfallen worden seien. Ich wusste, dass dies nicht der Wahrheit entsprechen konnte und wollte sie nicht unbeaufsichtigt zurücklassen, den ich spürte ebenfalls diese merkwürdige Macht und, konnte mir zu diesem Zeitpunkt nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn sie auf die Halblinge gestoßen wäre. Daher musste sie mit uns kommen. Sie hat sich sehr zurückgehalten und nur mit Bilbo gesprochen, es war fast so, als wäre sie gar nicht da, so unauffällig hatte sie sich verhalten. Mehr über sie erfahren sollte ich erst, nachdem ich die Gruppe nach einer Meinungsverschiedenheit verlassen hatte, um in Erwartung von Problemen nach Reitern Bruchtals Ausschau zu halten. Ein kleiner Fuchs bestehend aus hellem Licht erreichte mich kurz vor Anbruch des Tages. Die Kraft, die von ihm ausging, war rein und erweckte mein Vertrauen, sodass ich ihm folgte und er mich geradewegs zurück zu den Zwergen führte, die zu einer ungemütlichen Begegnung mit drei Trollen gekommen waren. Meine Vermutung, dass Emilia der Magie bemächtigt ist und der Fuchs von ihr stammen musste, bestätigte sich, als uns die Orks und Warge kurz vor dem Verborgenen Pass eingeholt hatten und sie mit der Hilfe von Zaubern den Zwerg Kíli vor dem Tod bewahrte«
Ohne Gandalfs Bericht zu kommentieren, wandte Elrond den Blick nun seinen Söhnen zu. »Ihr scheint davon überzeugt, dass sie die Wahrheit spricht, ansonsten hättet ihr mir ihr Anliegen nicht vorgetragen. Was habt ihr über sie erfahren können?«

Elladan und Elrohir wiederholten die Geschichte, die Emilia ihnen am Nachmittag erzählt hatte. Sie blickten dabei nur einander an und ergänzten die Worte des jeweils anderen, wie nur Zwillinge es konnten. Dadurch blieben ihnen die entsetzten und zweifelnden Gesichter ihrer Zuhörer verborgen. Als sie ihre Geschichte beendet hatten, waren die Blicke der Elben nachdenklich, während Gandalf doch stärker zu zweifeln schien, als seine vorherigen Worte es hatten Glauben machen. Er wollte gerade den Mund öffnen, vermutlich um zu fragen, was die beiden dazu bewog eine solche Geschichte zu glauben - denn abgesehen von der Frage, warum sie sich eine solche Geschichte ausdenken würde, kam sie ihm doch unglaublich vor - als Erestor zum ersten Mal das Wort ergriff.
»Ihr glaubt ihr?« Seine Frage war simpel, enthielt keinerlei Wertung oder gar Anklage, als würde er sie anzweifeln. Es ging ihm tatsächlich nur darum, von Elladan und Elrohir zu hören, was sie dachten, denn bisher hatten sie nur wiederholt, was ihnen gesagt worden war. Die Antwort fiel ebenso knapp aus, wurde jedoch um kurze Erklärungen ergänzt, bevor jemand unterbrechen konnte. »Ja. Alles, was sie uns gesagt hat, entspricht ihrem Wissen nach der Wahrheit. Sie hat uns nicht wissentlich belogen«, antwortet Elladan und wurde von seinem Bruder ergänzt, »und ihr Geist ist klar. Es ist wahr, dass ein Schatten ihre Träume zu beeinflussen versucht, aber sie ist stark und ihre Gedanken, sowie Erinnerungen gehören ihr.«
Die Elben sahen einander für einen Moment an, ehe Elrond mit einem tiefen Seufzen sprach, das zu seinem Alter, nicht jedoch zu seinem Aussehen passte. »Natürlich seid ihr euch sicher, aber es wäre leichter gewesen ...« Er führte den Gedankengang nicht aus, beschloss stattdessen, Gandalf einzuweihen, der so verloren aussah, wie ein mächtiger Istari es konnte, was nicht sehr viel, aber doch merklich im Gegensatz zu seinem normalen Auftreten war. »Meinen Söhnen sind zwei Gaben geschenkt worden, deren Existenz nur uns sowie Galadriel und Celeborn bekannt ist. Ihr Erbe ist es, dass sich in ihnen manifestiert hat, auch wenn es zwischen ihnen aufgeteilt wurde. Elladan spürt, wenn jemand ihn belügt, ganz gleich wie klein die Lüge ist, und Elrohir ist in der Lage unterschiedliche Arten von Besessenheit zu erkennen. Wenn sie sagen, dass die junge Frau das ist, was sie behauptet, müssen wir uns dieser Einschätzung beugen und akzeptieren, dass wir nicht annähernd so viel über die Welt wissen, wie wir angenommen haben«
Es war eine Feststellung, die auch ihm nicht leicht fiel. Die Elben gingen stets davon aus, sie würden sich besser in der Welt auskennen, als jeder andere und zu erfahren, dass es noch viel mehr dort draußen gab, war nicht leicht zu verkraften.
»Ich habe noch nie von der Existenz anderer Welten gehört oder gar von jemandem, der aus einer anderen Welt gekommen wäre. Aber ...«
Gandalf schüttelte leicht den Kopf und seine Augenbrauen zogen sich zusammen, während er ins Nichts starrte und nachdachte. »Die Valar haben unsere Welt erschaffen. Es liegt daher nicht im Bereich des Unmöglichen, dass sie oder einzelne von ihnen, eine oder gar mehrere andere Welten geschaffen haben, die sich von der unseren unterscheiden«

4880 Wörter

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