Kapitel 102


Eilig lief ich Richtung Haustür, als ich aus dem Auto meiner Mum ausstieg. Meine Arme eng um meinen Körper geschlungen, kuschelte ich mich tiefer in meinen Schal. Seit Tagen schneite es ununterbrochen. Ich mochte Schnee, so war es nicht. Er war unheimlich schön anzusehen und ich fand es beruhigend, den Flocken beim Fallen zu zusehen. Aber wenn ich in diese Eiseskälte raus musste...Nein!

Ich mochte es dann doch lieber kuschlig warm, mit einem heißen Kakao mit Sahne auf dem Sofa, in eine flauschige Decke eingewickelt und mit meinen beiden Liebsten links und rechts von mir. Allein bei dem Gedanken, dass ich Yoongi und Hobi nachher sehen würde, musste ich über beide Ohren grinsen. Es würde unser erstes gemeinsames Weihnachten werden!

Doch zuerst wollte ich die Zeit mit meiner Familie genießen.

"Komm schon, Mum!", drängte ich sie und klingelte bereits bei den Kims. Wir waren zum Brunch eingeladen.
"Du könntest mir ja auch mal helfen, junger Mann!", antwortete sie mir schnippisch. Seufzend lief ich zurück zum Auto, um ihr eine der Taschen abzunehmen, die sie gerade aus dem Kofferraum holte.

"Braucht ihr Hilfe?", ertönte Namjoon Hyungs Stimme hinter uns. Wir blickten synchron zu ihm, als er plötzlich neben uns stand. Lächelnd reichte meine Mum ihm die andere Tasche, ehe sie das Auto schloss.
"Oh, danke. Du bist ein Schatz, Namjoon.", dankte sie ihm. Schnell gingen wir alle zusammen hinein, wo mir gleich eine angenehme Wärme entgegen schlug.

Wohlig seufzend stellte ich alles ab und zog meinen Mantel aus. Ich ging ins Wohnzimmer, wo ich Tae und Onkel Somin begrüßte. Alles war schön weihnachtlich dekoriert und im ganzen Haus duftete es herrlich nach Lebkuchen, Keksen und...Pancakes! Jin schien wohl wieder am Kochen zu sein und ich freute mich direkt auf das Essen.

Mein Näschen folgte dem leckeren Geruch in die Küche, wo ich wie erwartet Jin am Herd antraf und Tante Eunji, die alles Mögliche vorbereitete und trotzdem nebenbei mit meiner Mum schwatzte.
"Jimin, Fröhliche Weihnachten.", lächelte mein Cousin mir entgegen, als er mich in der Tür stehen sah.

"Danke, wünsch ich dir auch.", erwiderte ich und begrüßte auch meine Tante mit einer kurzen Umarmung.
"Eomma, kann ich dir helfen?", kam plötzlich auch Tae zu uns in die Küche gehüpft. Strahlend bis über beide Ohren.

"Natürlich Bärchen. Du und Jimin, ihr könnt schon mal die ersten Sachen zum Esstisch bringen. Wie weit sind dein Appa und Joonie mit dem Eindecken?", wollte sie wissen. Gerade als Tae jedoch den Mund öffnete, um zu antworten, unterbrach ihn ein lautes Scheppern aus dem Wohnzimmer.

Alle Köpfe schnellten zur Tür herum, die zu dem anderen Raum führte. Alle waren still und nur ein schweres Seufzen war zu hören, was ich meinem Onkel zuteilen würde.

"Entschuldigung!", ertönte plötzlich Namjoons unsichere Stimme. Als wäre es die reinste Routine, schüttelte Tante Eunji nur mit dem Kopf, während Tae sich das Kehrblech schnappte und wieder zurück ins Wohnzimmer eilte.

Ich verstand nicht ganz, was gerade passiert war, doch als ich Jins Blick zu seiner Mutter aufschnappte, zierte ein amüsiertes Grinsen seine Lippen.

"Du wolltest, dass Joon den Tisch deckt...selber schuld."

~~

So schön der Brunch und die Zeit mit meiner Familie auch war, ich war der Erste, der, wie von der Tarantel gestochen, aufsprang, als es an der Tür klingelte. Kookie hatte Tae längst auf ihr Winter-Wunder-Date entführt und Jin war zu seiner Freundin gefahren, so dass dieser Besuch nur für mich hatte sein können.

Schwungvoll öffnete ich die Haustür. Das Lächeln in meinem Gesicht wurde noch breiter, als ich meine beiden Freunde etwas eingeschneit erblickte. Ein paar dicke Flocken hatten sich auf dem Weg vom Auto zur Tür in ihren Haaren verfangen und ließen mich kichern. Ich ließ sie schnell hinein und schloss die Tür wieder, um nicht noch mehr die Kälte hier rein zu lassen.

Wie immer begrüßten wir uns mit einem Kuss und wünschten uns gegenseitig frohe Weihnachten. Ich verabschiedete mich noch schnell von den anderen, die uns allen viel Spaß wünschten und schlüpfte in meine Schuhe und meinen Mantel. Zusammen verließen wir drei auch schon wieder das Haus.

"Was haben wir denn vor?", fragte ich aufgeregt, kaum dass wir im Auto saßen. Langsam fuhr Yoongi los. Bei dem Wetter nicht verwunderlich, während Hobi sich zu mir nach hinten drehte.
"Ich hab keinen Schimmer.", grinste er breit. Überrascht blinzelte ich den Dunkelhaarigen an.
"Wie?", kam es verwirrt von mir.

"Yoongi hat das Date geplant und wollte auch mir nicht sagen, was er vor hat.", zuckte Hobi leicht mit seinen Schultern. Anders als mich, schien die Neugier ihn aber nicht von innen aufzufressen. Mein Blick glitt zu dem Silberhaarigen, der starr auf die Straße schaute und nur wissend vor sich hin schmunzelte. Frech!

Lange waren wir nicht unterwegs, da parkte Yoongi den Wagen. Immer noch verschwiegen führte er Hobi und mich weiter, bis wir auf dem Rathausplatz ankamen. Meine Augen wurden riesig. Ein gigantischer, bunt geschmückter Weihnachtsbaum zierte den Platz, direkt neben der Eisbahn, die hier aufgebaut wurde. Ich staunte nicht schlecht.

Alles funkelte und leuchtete durch tausende kleine Lichter, es spielte Weihnachtsmusik und alles war voller Menschen, die Schlittschuh liefen oder sich um die Bahn tummelten. Ich war schon lange nicht mehr gelaufen und augenblicklich spürte ich die Vorfreude in mir aufsteigen.

Kurze Zeit später standen wir auch schon auf dem Eis. Ich hatte einen Moment gebraucht, um wieder ein Gefühl dafür zu bekommen, aber nach ein paar Metern des Wackelns, war ich wieder standfest. Yoongi sah ebenfalls aus, als hätte er bereits Erfahrung im Eislaufen gemacht. Nur Hobi klammerte sich an die Bande, blickte starr auf seine Füße und sah aus wie ein frisch geborenes Rehkitz.

Kichernd hielt ich bei den beiden an, nachdem ich eine Runde zum warm werden gedreht hatte. Es war voll, also war schnell fahren nicht wirklich möglich.
"Sag bloß, du warst noch nie Eislaufen.", schmunzelte ich und sah auch das amüsierte Grinsen auf Yoongis Lippen, der neben Hobi stand und schützend seine Hände nach ihm ausstreckte. Bereit sollte der Dunkelhaarige ins Straucheln geraten.

"Tatsächlich nicht, nein.", gestand er uns mit einem schiefen Lächeln, ehe er wieder nach unten sah und einen Babyschritt nach dem anderen tat. Ich konnte nicht anders als lachend den Kopf zu schütteln.

"Du darfst nicht auf deine Füße gucken. Das ist wie beim Tanzen, es bringt dich nur durcheinander.", sagte ich und nahm mir Hobis Hände. Vorsichtig löste ich sie von der Bande und hielt sie fest in meinen.

Er zitterte und war völlig angespannt. Ich kannte es. Am Anfang war die Angst zu stürzen groß und hielt einen zurück.
"Sieh nicht nach unten. Schau mich an.", ermutigte ich den Größeren und zögerlich tat er, was ich sagte. Glücklich lächelte ich ihn an.

Dann begann ich langsam rückwärts zu fahren und zog Hobi einfach mit mir. Fast wäre er hingefallen, da er sich zu weit nach vorne lehnte, doch gerade noch rechtzeitig brachte er etwas Spannung in seinem Oberkörper. Immer wieder verließen panische Quieker gepaart mit einem herzlichen Lachen seine Lippen. Es klang so unglaublich niedlich.

Yoongi blieb dicht bei uns und beobachtete das Schauspiel belustigt. Solange bis er von hinten kam, Hobi an der Hüfte packte und ihn zusätzlich noch anschob. Das bemerkend wurde ich natürlich etwas schneller und Hobis Schreie lauter. Es machte unheimlich viel Spaß und wir drehten einige Runden.

Irgendwann war Hobi sicher genug, dass wir uns einfach alle an der Hand hielten. Yoongi vorne weg, Hobi natürlich in der Mitte, damit er genug Sicherheit hatte und ich hinten weg. Wenn einer stürzte, flogen wir eben alle.

Doch das sollte nicht alles für unseren Weihnachtsabend gewesen sein. Nachdem wir alle ein bisschen kaputt waren, mehr vom ganzen Lachen, als vom Eislaufen selbst, führte Yoongi uns weiter. Wir machten einen kleinen Spaziergang durch die winterlich eingeschneiten Straßen und genossen das herrliche weiß des Schnees.

Letztendlich brachte der Ältere uns in ein Restaurant, wo er einen Tisch reserviert hatte. Staunend blickte ich mich bei dem Italiener um. Es war modern eingerichtet und wirkte auf mich etwas teurer. Wir setzten uns an unseren Tisch, auf dem eine rote Kerze brannte und ein hübsches kleines Blumengesteck stand.

Kurz rieb ich meine Finger aneinander, die noch immer ganz kalt von den Temperaturen draußen waren. Und das trotz Handschuhe. Da reichte die Kellnerin uns auch schon die Speisekarten. Dankend nahm ich sie entgegen.

"Einen guten Abend und frohe Weihnachten wünsche ich. Wissen sie schon, was sie trinken möchten?", fragte die junge Frau uns freundlich. Das Lächeln auf ihren Lippen zeigte, dass sie diesen Job wirklich gerne tat. Selbst an einem Tag wie diesen.
"Wasser. Und zum Essen hätten wir gerne eine Flasche Weiswein.", antwortete Yoongi für uns.

Hob und mein Blick trafen sich. Er sah ebenso überrascht und beeindruckt aus wie ich, was uns beide grinsen ließ.
"Natürlich. Halbtrocken?", vergewisserte sie sich.
"Bitte.", bestätigte Yoongi dies knapp und mit einem Nicken verschwand die Kellnerin wieder.

"Gleich eine ganze Flasche?", sprach Hobi das aus, was auch mir durch den Kopf gegangen war. Unbeeindruckt zuckte der Silberhaarige nur mit den Schultern.
"Warum nicht? Wir sind zu dritt und ja nicht in 10 Minuten wieder weg, oder?", grinste er leicht. Wir nickten zustimmend und ich war mir sicher, dass ich mit den beiden auch für immer hier sitzen könnte.

Die bestellten Getränke ließen nicht lange auf sich warten. Jeder bekam sein Wasser und die Kellnerin schenkte uns den Wein ein. Ebenso ein Körbchen mit Brot fand den Weg auf unseren Tisch. Wir alle hatten derweil die Karte durchstöbert und bestellten nun unser Essen.

Als die Kellnerin samt der Speisekarten wieder ging, richtete Yoongi sich plötzlich etwas auf und räusperte sich leise. Sofort hatte er unsere Aufmerksamkeit sicher.

"Ich hab etwas für euch.", sagte er knapp. Überrascht sahen Hobi und ich zu, wie er zwei kleine Samtkästchen aus seiner Jackentasche holte. Das kleine Quadratische stellte er vor mir auf den Tisch, während das etwas längliche vor Hobi Platz fand.

"Das letzte halbe Jahr war ganz schön turbulent und es ist viel passiert. Nicht nur Gutes leider, aber am Ende ist es genau richtig, so wie es ist. Und ich will, dass jeder es sieht, also...", sprach er und deutete uns mit einer kleinen Handbewegung an, die Kästchen zu öffnen.

Zögerlich griff ich danach. Der blaue Samt fühlte sich weich auf meinen Fingern an. Kurz blickte ich zu Hobi, der es mir gleich tat und ich öffnete es. Erstaunt schnappte ich nach Luft und neben mir hörte ich ebenso einen geschockten Laut.

"Yoongi...die sind wunderschön!", japste ich und betrachtete die silbernen Ohrringe in Form von kleinen Notenschlüsseln etwas näher. Sie waren sehr filigran und sogar ein kleines Steinchen war in der Mitte eingearbeitet.
"Das wäre doch nicht nötig gewesen.", beteuerte Hobi atemlos. Er holte ein feines silbernes Armband aus seinem Kästchen, an dem ich denselben Notenschlüssel als Anhänger erkannte.

"Vielleicht, aber als ich sie gesehen habe, konnte ich nicht anders.", erklärte der Ältere. Unter seinem Hemdkragen zog er eine Kette hervor. Auch sie zierte der kleine Notenschlüssel. Ich war so gerührt von dieser Geste, dass ich schwer gegen die Tränen ankämpfen musste.


Wir gehören zusammen.


Wir waren eins und diese Schmuckstücke sollten es jeden sehen lassen. 

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4/6

Da!
Nehmt all den Kitsch, den ich noch übrig habe! xD

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