Odyssee

"I walk a lonely road..." singe ich zu mir, als ich durch einen Wald laufe.
Bis nach Hause sind es noch 'ne menge Kilometer. Meine Karte verrät mir aber, dass hinter diesem Wald eine Straße ist, die direkt nach Köln führt.
Es ist also wahrscheinlich, dass ich dort jemanden finde, der mich per Anhalter direkt vor die Haustür setzen kann.

Ich laufe jetzt seit ca. 2 Stunden und müsste etwa die hälfte des Waldes hinter mir haben. 

Vor mir erstreckt sich ein Fluss. Der ist mindestens.... 2 Meter breit. Und meine Schuhe sind nicht wasserdicht. Verdammt. Ich stecke fest.

Ich blicke Flussaufwärts und sehe... Wald. Ein Ähnliches Bild erstreckt sich mir Flussabwärts. Ich frage mich, was zuerst da war: Fluss oder Wald. Dann komme ich zu der Erkenntnis, dass mir die Antwort dieser Frage auch nicht weiterhilft.

Auf meinem Straßenatlas ist der Bach.... äh... der große, unüberwindbare Fluss nicht eingezeichnet. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als Flussabwärts zu gehen und zu hoffen, das irgendjemand 'ne Brücke gebaut hat. Ansonsten muss ich dieses Kapitel in "Gestrandet II" umbenennen. Und das würde ich nur sehr ungerne tun.

Nach weiteren 2 Stunden sehe ich tatsächlich eine Brücke. Sie steht inmitten eines Geländes, das mit Maschendrahtzaun umgeben ist.
Der Profi weiß aber, jeder Zaun hat einen Eingang. Und so hat auch dieser einen. 
Etwas weiter Flussabwärts entdecke ich eine kleine Hütte. Ein hellbraunes, leicht verbeultes Auto steht daneben. Es könnte also gerade jemand da sein. 
Aus dem Auto kann ich aber erschließen, dass die Person ein schreckliches Leben führen muss. Schon Louis C.K. wusste: Wer ein hellbraunes Auto fährt, ist ganz unten angekommen.

Nach einigem Zögern klopfe ich dann aber doch an die große, hölzerne Tür. 
Ich höre schwere Schritte die immer näher auf mich zu kommen. 
Als sich die Tür öffnet, realisiere ich, dass ich wohl besser nicht geklopft hätte. Vor mir steht mein schlimmster Albtraum...

Lukas mit 'nem Fidget Spinner.
"Was bimst du denn here?" fragt er mit seinem Jugenddeutsch-Akzent.
"Ich bim... äh.. bin am liebsten gleich wieder weg..." sage ich und will flüchten.
"Ach, Come doch r1 und makes dir G-mütlich!" sagt er und zerrt mich in die Hütte.

Ich sitze auf einem Sofa, das genau so kaputt ist, wie meine 500 Miles Kassette, die wohl nun auf irgendeiner Landstraße liegt und schon mindestens 10 mal überfahren wurde. 
Vor mir erstreckt sich ein Fliesentisch.
Ich erwarte, dass gleich ein RTL Kamerateam aus dem Schrank springt und mir 150€ Aufwandsentschädigung auf den Tisch knallt.

"Wohin gäht damn die R1se vong Ziel her?" fragt mich Lukas.
Und unterdrücke meinen Brechreiz.
"Nach Hause... ich bin... irgendwie.. ausgesetzt worden.."
"Ach, das know ich nur too good!" unterbricht mich Lukas.
Ich nicke.
"Jedenfalls muss ich über diesen Fluss da drüber und ich habe gesehn..."
"Klar canst du over myne Bridge drüberwalken!" 
"Oh... okay." 

Wir stehen draußen vor der Brücke. Lukas grinst beunruhigend.
Als ich über die Brücke gehe, drehe ich mich kurz um, da mir Lukas mit seinem grinsen ziemlich Angst gemacht hat. Doch er steht nicht mehr da. 
Als ich wieder nach vorne schaue, merke ich, dass er direkt vor mir steht.

"Halo! I bims! 1 Troll!" sagt Lukas und lacht.
"Ja. Schön. Kannste mich durchlassen?" frage ich genervt.
"Nö." sagt Lukas.
"Bitte?" entgegne ich etwas genervter als zuvor.
Lukas lacht laut auf und stößt mich dann in's Wasser. Dann lacht er noch lauter.
Ich hab den Witz wohl nicht verstanden. 

Als ich mich aus dem Bach... äh... den großem, unüberwindbarem Fluss gerettet habe, merke ich, das Lukas mit seinem Hellbraunen Auto weggefahren ist und mich hier eingeschlossen hat.
Auf einem Post-It, welches an der abgeschlossenen Tür der Hütte klebt, steht: "Haha, lol. Geprankt."

Da mir inzwischen alles egal ist, trete ich die Tür vom Geräteschuppen ein, schnappe mir eine Axt, demoliere den Zaun, gehe durch, schneide mich dabei nur ein bisschen und gehe dann endlich in Richtung Straße. 

Nach weiter 3 1/2 Stunden bin ich da auch endlich angekommen. Ich bin durchnässt, meine Kleidung ist zerfetzt, alles ist dreckig und die Axt hab ich auch mitgenommen.
Mir ist schleierhaft, warum mich bisher noch niemand mitgenommen hat.


3 Tage später komme ich zuhause an. 
Meine Axt bohrt sich durch das Holz unserer WG Tür.
"AND I WOULD WALK 500 MILES..."

Inzwischen klafft ein Loch in unserer Tür, durch welches ich meinen Kopf stecke.
"AND I WOULD WALK 500 MORE!"

brülle ich manisch durch den Spalt. 

"Hey, ich wusste gar nicht, dass die "The Shining" remaken" sagt Albrecht völlig entspannt, der es sich auf der Couch gemütlich gemacht hat.
"So wie du ausschaust kommst du doch mit Sicherheit gerade vom Casting?"


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