67. Kapitel
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Taehyung:
Meine Kehle schnürte sich zu, als ich den blonden Mann vor mir musterte. Wortlos trat er in meine Wohnung ein, als gehöre sie ihm, und ich folgte ihm zögernd, meine Finger um den Türrahmen geklammert. "Boah, du stinkst... Hast du gesoffen?" Seine Worte durchbohrten die Stille wie eine Klinge, und ich senkte schuldbewusst den Kopf. Langsam schloss ich die Tür, während meine Augen ihm folgten, wie er durch die Räume meiner Wohnung schlenderte, als wäre er auf einer Besichtigungstour. Was wollte er hier? Warum ausgerechnet jetzt, wo ich am Boden lag? Ich wollte allein sein... höchstens mit Jungkook, aber sonst niemandem. Warum, verdammt, hatte ich ihm die Tür geöffnet?
"Na, willst du etwa nicht mehr mit mir reden?" Seine Stimme schnitt durch die dumpfe Stille, und ich schüttelte hastig den Kopf. Wenn er jetzt irgendwas vorhatte... ich wäre ihm ausgeliefert. Ich war ein Versager. Der größte Versager der Welt.
"W-was willst du hier?" Meine Stimme zitterte, während ich mit dem Ärmel meines Pullovers über die nassen Wangen wischte. Der Pullover gehörte eigentlich Jungkook. Er hatte ein paar Sachen bei mir gelassen, und normalerweise würde ich sie nicht tragen - sie waren zu groß und farblos. Aber ich vermisste ihn so sehr, dass ich mich in diesen schwarzen Hoodie flüchten musste, als wäre er eine Umarmung.
"Naja... mein Boss hat mir erzählt, dass du jetzt in unserer Gruppe bist... und dass sein Bruder wegen dir in Lebensgefahr schwebt. Ob er überhaupt noch lebt, weiß ich nicht. Jedenfalls wollte ich mal nach dir sehen, ob alles okay ist und so." Matthew kam langsam auf mich zu, und ich fühlte, wie mein Herz sich in meiner Brust zusammenzog.
"Findest du nicht, dass ich genug gelitten habe? Musst du noch eins draufsetzen?" èDie Verzweiflung kochte in mir hoch, während ich meine Hände gegen mein Gesicht drückte, als konnte ich so die Tränen zurückhalten. "Ich habe keine Ahnung, was mit meinem Freund ist... Der Typ, der mich vergewaltigt hat, als ich ein Kind war, ist plötzlich wieder da, obwohl ich dachte, er wäre tot, und jetzt du? Matthew, ich... ich kann das nicht."
"Ach du Scheiße... echt jetzt?" Seine Stimme war plötzlich weich, fast schuldbewusst, und er legte die Arme um mich. Zuerst wollte ich mich zurückziehen, ihm ausweichen, aber dann ließ ich die Umarmung zu. Ich brauchte jemanden, der mich festhält. "Hey, das tut mir leid... ich wusste nicht, dass du mal vergewaltigt wurdest...", murmelte er, und ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Seine starke Brust. Auch wenn ich Jungkook bei mir haben wollte, war das gerade besser als nichts... besser, als wieder weinend auf dem Boden einzuschlafen wie in den letzten Tagen.
"Du hättest es n-nicht wissen können... Es kommt nur gerade alles wieder hoch...", schluchzte ich leise, während die Tränen weiter über mein Gesicht strömten.
"Hey, es ist alles gut, okay? Ich wollte dir eigentlich nur hallo sagen und mich entschuldigen... Jeongguk hat mich geschickt, damit Jungkook mit dir vorankommt... Ich wollte dir wirklich nie schaden. Das ist nicht mein Ding. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht mal schwul." Matthews Worte ließen mich ungläubig aufblicken.
"Jaaa... ich meine, du bist echt attraktiv, keine Frage. Und... die Küsse haben mir ehrlich gesagt gefallen, aber mehr hätte ich mich ehrlich gesagt nicht getraut. Ich will nicht nochmal einen Tritt in die Eier kassieren." Ein kurzes Lachen entfuhr mir, und es fühlte sich an, als würde für einen Moment die Last von meinen Schultern abfallen.
"I-ich habe mich nur gewehrt...", murmelte ich, und Matthew lächelte mich sanft an.
"Und das ist auch absolut okay so. Also pass auf... Du gehst jetzt erstmal duschen. Ich räume solange deinen Müll auf und bringe ihn nachher raus. Dann wartest du ungefähr eine Stunde, und ich rufe dich an, okay? Ich werde sehen, dass ich zu Jungkook komme und dir Bescheid gebe, wie es ihm geht. Vielleicht kannst du sogar selbst mit ihm reden. Ich kriege das schon irgendwie hin. Deal?" Seine Worte waren wie ein rettender Anker, und ich nickte sofort, dankbar für seine Hilfe.
"Okay...", flüsterte ich, löste mich aus seiner Umarmung und ging in mein Schlafzimmer. Langsam suchte ich mir irgendwelche Klamotten zusammen, aber natürlich nahm ich den anderen Hoodie mit, den Jungkook hier gelassen hatte.
Ohne Anweisungen bekam ich momentan nichts auf die Reihe. Ich hatte mich ziemlich gehen lassen. Meine Wohnung, die sonst immer sauber war, war ein einziges Chaos. Und ich war seit der Sache mit Jeongguk nicht mehr duschen. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fühlte ich mich wie ein widerlicher Mensch... ich hatte nicht einmal meine Zähne geputzt. Gott, wie armselig...
Ich sprang unter die Dusche, das heiße Wasser prasselte auf meinen Körper herab und wusch zumindest äußerlich die Schwere der letzten Tage von mir ab. Meine Haare ließ ich aus - die hatte ich ja gerade erst gefärbt. Trotzdem fühlte sich die Dusche wie eine winzige Erlösung an, ein Moment der Normalität in einem Meer aus Chaos. Frisch geduscht und in saubere Kleidung gehüllt, putzte ich mir die Zähne, als könnte ich damit all die unerträglichen Gedanken aus meinem Kopf schrubben.
Als ich in die Küche trat, sah ich Matthew, der mit einem ernsten Ausdruck auf dem Gesicht den Müll in einen großen blauen Sack warf. Die Unordnung in meiner Wohnung spiegelte nur zu gut das Chaos in meinem Inneren wider.
"Du hast wirklich alles ausgeblendet, oder?" , fragte er und seine Stimme war seltsam sanft, als würde er vorsichtig durch ein Minenfeld wandern. "Jackson hat mir erzählt, was Jeongguk mit dir gemacht hat... Ehrlich gesagt, kann ich das nicht nachvollziehen. Jungkook hatte schon viele Affären, nichts Ernstes natürlich, so wie bei euch, aber... er hat seine Lover oder Loverinnen nie so behandelt. Ich verstehe nicht, was mit ihm los ist."
Ich begann ihm zu helfen, sammelte zerknüllte Papiere und leere Flaschen ein, während meine Gedanken in einem wilden Sturm umherwirbelten. "Ich glaube, weil es zwischen mir und Jungkook so ernst ist, dass Jeongguk mich entweder nicht mag oder Angst hat, dass Kookie sich von ihm abwendet... Ich verstehe ihn irgendwie. Er will seinen Bruder nicht verlieren, aber... ihn zu verletzen, war wirklich nicht schlau. Er hätte Jungkook damit umbringen können, wenn er es nicht schon längst getan hat... Oh Gott, ich hoffe, es geht ihm gut. Warum musste ich auch so stur sein?", fragte ich verzweifelt und sah zu, wie Matthew den Sack zuband und fest in die Hand nahm.
"Hey... es wird alles gut, okay? Ich melde mich sofort bei dir, wenn ich bei Jungkook bin. Wäre er tot, hätte Jeongguk dich schon längst umgebracht. Warte einfach ab." Er versuchte, mich mit einem Lächeln zu beruhigen, und zog mich in eine kurze, tröstende Umarmung, bevor er schließlich ging. Wir hatten noch ein wenig geredet, aber als er weg war, fühlte sich die Stille in der Wohnung wieder erdrückend an.
Wieder allein saß ich auf dem Sofa, mein Blick starr auf das Handy gerichtet, als könnte ich es damit zwingen, endlich zu klingeln. Die Ungewissheit fraß an mir, ließ meine Gedanken um all die schrecklichen Möglichkeiten kreisen, was mit Jungkook passiert sein könnte. Mein Herz zog sich zusammen bei der Vorstellung, dass er immer noch unter der Kontrolle seines verrückten Bruders litt. Ich wollte ihn hier bei mir haben, sicher und in meinen Armen.
Plötzlich, früher als erwartet, begann mein Handy zu klingeln. Mein Herz setzte einen Schlag aus, bevor es wild zu pochen begann. Hastig griff ich danach und drückte es fest an mein Ohr.
"Hallo?", fragte ich unsicher, meine Stimme zitterte vor Hoffnung. Bitte, lass es Jungkook sein...
"Tae?" Diese eine Silbe reichte aus, um all die Anspannung in mir in einem Schwall aus Freudentränen zu lösen. Meine Hand schlug vor meinen Mund, und ein leises Schluchzen entkam mir, als ich seine Stimme hörte.
"Schatz~. Mir geht es gut. Ich habe noch Schmerzen, aber das passt schon... Mein Arzt lässt mich aber leider noch nicht gehen...", erklärte Jungkook. Seine Stimme war rau, als hätte er zu viel geschrien oder geweint.
"Gott sei Dank geht es dir gut... I-ich dachte, du stirbst wegen mir..." , flüsterte ich unter Tränen. Die Schuld, die mich schon seit Tagen quälte, ließ meine Brust schmerzhaft eng werden. Wäre ich nur nicht so stur gewesen...
"Nein, Schatz. Ich sagte doch mal, so schnell kriegt man mich nicht los. Wie geht es dir? Matthew meinte, du trägst eine Nasenschiene..." Seine Frage brachte all die unterdrückte Verzweiflung in mir zum Vorschein, und ich legte mich weinend auf das Sofa, als ob ich mich in meine eigene Traurigkeit einwickeln könnte.
"Gar nicht gut, Schatz... Ich bin am Ende..." , gestand ich zwischen den Schluchzern, während sich meine Brust unangenehm zusammenzog. Die Realität dessen, was geschehen war, erdrückte mich.
"...das tut mir so unglaublich leid. Ich wusste nichts davon! Ich dachte, es läuft so wie immer. Mein Bruder hat sowas noch nie gemacht... Ich hätte dich beschützen sollen, aber ich konnte nicht. Trotzdem bin ich froh, dass es dir gut geht. Ich muss jetzt leider wieder auflegen. Aber wir sehen uns in zwei Tagen, bei Jeongguk im Büro, okay? Und sobald wir allein sind, erkläre ich dir alles... Versprochen."
"Okay...", antwortete ich traurig. Am liebsten hätte ich ewig weiter mit ihm gesprochen, seine Stimme war das Einzige, was mich noch aufrecht hielt.
"Ich liebe dich über alles... Wir schaffen das, okay?"
"Okay. Ich liebe dich auch, Kookie... Werde schnell wieder gesund, ja?"
"Natürlich. Bis dann, Baby." Jungkook lächelte hörbar durch die Leitung, und als er auflegte, breitete sich ein zaghaftes Lächeln auf meinem Gesicht aus. Ich drückte meine Hände fest gegen meine Brust, als könnte ich damit die Wärme seiner Worte einfangen.
Meinem Schatz ging es gut... Zum Glück...
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Thank god🙏🏻✨
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