36. Kapitel

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Jungkook:

"FUCK!", schrie ich und ließ meinen Zorn an der Eingangstür meines Apartments aus, meine Faust krachte so hart dagegen, dass ich den Schmerz erst später spürte. Doch es war mir egal. Es war einfach alles zu viel.

Taehyung hatte alles erstaunlich gut weggesteckt. Er hatte sogar gesagt, dass meine Ehrlichkeit mich in seinen Augen nur noch besonderer machte. Nachdem wir das Bad hinter uns hatten, kochten wir gemeinsam und gingen dann ins Bett. Eng aneinandergekuschelt verbrachten wir die Nacht und für einen kurzen Moment schien alles in Ordnung zu sein. Doch das hielt nicht lange. Yoongi hatte mir eine Nachricht geschickt, die meinen Puls sofort in die Höhe trieb. Mein Bruder hatte Pläne für Taehyung, und die waren absolut inakzeptabel.

Mein Taehyung sollte keine verdammte Attraktion werden!

Entschlossen und voller Zorn marschierte ich zu meinem Kleiderschrank. Schwarze Cargo-Hose, schwarzes Shirt, Lederjacke - ich wollte keinen Zweifel daran lassen, dass ich nicht zum Verhandeln hier war. Nachdem ich mich angezogen hatte, schnappte ich mir meine Boots, meinen Motorradhelm und die Schlüssel für mein Bike. Der Weg zur Garage fühlte sich wie ein einziger langer Zornesrausch an, in dem jede Bewegung, jeder Atemzug von meiner Wut getrieben war.

Knappe 20 Minuten später stand ich vor diesem elenden Puff. Ich stieß die Tür auf und bahnte mir aggressiv meinen Weg durch die düstere, verruchte Atmosphäre. Einige der Frauen, die meinem Bruder immerzu umschwärmten, standen mir im Weg. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, schob ich sie beiseite, eine von ihnen knallte gegen die Wand.

"Verpisst euch, ihr scheiß Schlampen!" Meine Stimme war voller Hass, als ich den letzten Rest Anstand in mir verlor. Der Weg war frei bis zu dem versteckten Zimmer, in dem mein Bruder sich den ganzen Tag verschanzte und seine widerlichen Geschäfte abwickelte. Ich riss die Schranktür auf, die den Eingang zu seinem Büro verbarg und stürmte hinein. Ohne zu zögern, warf ich meinen Motorradhelm auf den Boden, wo er mit einem lauten Krachen aufschlug.

"Raus! Sofort!" Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete ich, wie die Frauen, die sich zuvor noch auf meinem Bruder räkelten, hastig das Zimmer verließen. Jeongguk seufzte nur genervt und nahm einen Schluck aus seinem Whiskeyglas, während er mit der anderen Hand lässig seine Hose zuknöpfte.

"Mein kleines Häschen... Musstest du meine Show unterbrechen?" Er schmollte gespielt, als wäre alles nur ein harmloser Spaß.

"Halt die Fresse. Du siehst doch 24/7 irgendwelche nackten Weiber!" Meine Stimme zitterte vor unterdrücktem Zorn, als ich mein Handy entsperrte und ihm die Nachricht von Yoongi direkt vor die Nase hielt. Die Stille, die darauf folgte, war ohrenbetäubend, während er den Text las. Doch als er fertig war, brach er in höhnisches Lachen aus.

"Na, was denn? Taehyung ist ein hübscher Mann. Und du weißt, ich liebe hübsche Menschen~. Er würde perfekt hier reinpassen! Mein Highlight, meine Attraktion, die nie langweilig wird! Was ganz Besonderes! Und dazu dieser Arsch, den er nicht jedem zeigt~. Und wenn du es geschafft hast, ihn dir warmzuhalten, dann schaffe ich das als dein charmanter Zwillingsbruder doch auch. Ich bin zwar nicht schwul, aber für Taehyung könnte ich mir eine Ausnahme vorstellen. Denkst du, er würde einen Dreier mit uns machen?" Jeongguks Grinsen war unverschämt breit, während ich ihn fassungslos anstarrte.

"Bist du völlig bescheuert?! Taehyung wird niemals Teil deines verdammten, dreckigen Geschäfts! Er wird genau das tun, was Yoongi, Namjoon und alle anderen auch tun - deinen Scheiß beschützen!"

"Falls er sich klug genug entscheidet, das zu akzeptieren. Vergiss das nicht.", sagte mein Bruder kalt. "Das ist unser Geschäft. Du bist genauso tief drin wie ich, also tu nicht so unschuldig... Sollte er nicht zustimmen, wird er eben beseitigt. So einfach ist das. Aber lass uns das Thema wechseln. Ich habe gehört, dass du eine Beziehung mit ihm führst... Wie darf ich das verstehen? Hat mein kleiner Bruder sich etwa... verliebt?" Er grinste mich an, während er sich durch sein blondes Haar strich. Der Spott in seiner Stimme war unerträglich.

In diesem Moment wollte ich lügen, alles abstreiten, doch es war sinnlos. Er kannte mich zu gut, wusste genau, wann ich log und wann ich die Wahrheit sagte. Aber die Wahrheit würde alles nur noch schlimmer machen.

Doch tief in mir wusste ich, dass es keinen Ausweg gab. Das Spiel war längst im Gange, und ich konnte nur hoffen, dass ich es auf meine Weise spielen konnte, ohne alles zu verlieren, was mir etwas bedeutete.

"Du hast recht... Ja. Ich, Jeon Jungkook, der kleine Bruder eines Mafiosi, der Blut an den Händen hat und sich keinen Deut darum schert, habe mich tatsächlich in einen einfachen Mann verliebt." Meine Stimme war giftig, als ich die Worte förmlich auf meinen Bruder spuckte. Jeongguk musterte mich mit seinen kalten, emotionslosen Augen, bevor er leise zu lachen begann.

Langsam erhob er sich aus seinem Sessel, jeder Schritt von ihm war bedacht und schien die Luft um uns herum schwerer zu machen. Sein Blick durchbohrte mich, während ein bösartiges Lächeln seine Lippen umspielte. Bevor ich reagieren konnte, hob er sein Glas und schlug es mit brutaler Wucht gegen mein Gesicht. Der Schmerz war sofort da, scharf und durchdringend und ich flog seitlich gegen die Wand. Der Boden unter mir fühlte sich an, als würde er nachgeben und für einen Moment war mein ganzer Stolz verschwunden, verschluckt von der Demütigung und der unbändigen Wut, die in mir brodelte.

"Du dummes, naives Stück Scheiße... Gefühle? Für einen simplen Typen, der nichts weiter kann, als hübsch auszusehen? Ich hätte mehr von dir erwartet, Jungkook." Die Worte meines Bruders schnitten tief in mein Inneres, während ich meine linke Gesichtshälfte hielt, die vor Schmerz pochte. Mein Geist raste, suchte verzweifelt nach einer Ausrede, nach etwas, das ich Taehyung erzählen könnte.

"Weil du es nicht verstehen kannst... T-tae ist etwas Besonderes für mich... Und ich liebe Taehyung... Jeongguk, bitte... Stell ihn n-nicht vor diese schreckliche Wahl..." Meine Stimme zitterte, als ich mich langsam wieder auf die Beine kämpfte. Doch bevor ich mich vollständig aufrichten konnte, packte Jeongguk mich am Kragen, seine Augen funkelten gefährlich, die Andeutung eines Lächelns war verschwunden, ersetzt durch pure Kälte.

"Du setzt alles aufs Spiel, du Bastard! Alles!" Seine Worte waren wie ein Donner, der durch den Raum hallte. "Du weißt, wer uns jagt. Du weißt, wer uns tot sehen will! Und du weißt, wie schnell wir alle im Knast landen, wenn auch nur ein Fehler gemacht wird! Deine Puppe ist der Schwachpunkt, der uns alle ins Verderben stürzt, wenn wir ihn verschonen, falls er nein sagt! Dieses dumme Nüsschen weiß doch bestimmt schon was und spielt nur noch auf Zeit! Wenn irgendwas an die Kriminalpolizei geht... sind wir erledigt!" Jeongguk stieß mich grob auf das Sofa und die Erschöpfung, die mich überkam, ließ meine Augen schwer werden.

Es war seltsam. Nichts und niemand konnte mich so leicht zu Fall bringen... außer mein Bruder. Er war größer, stärker, und seine Präsenz allein war erdrückend.

"Ich gebe dir drei Monate, Jungkook. Drei Monate. Dann wird Taehyung eingeweiht. Und wenn du ihn nicht auf unsere Seite bekommst, ist der Kleine tot. Das verspreche ich dir. Und ich werde ihn dir zuliebe foltern... jeden einzelnen Knochen brechen... ihm jeden Zahn persönlich ziehen... ihm jeden Finger einzeln abhacken... und dich zwingen, zuzusehen, wenn du versagst! Sollte sich Taehyung für uns entscheiden... dann liegt er in deinen Händen. Dann kannst du allein entscheiden, was mit ihm geschieht." Jeongguk sprach mit einer erschreckenden Ruhe, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. Benommen nickte ich, als ob mein Körper von allein antwortete, während mein Geist schon längst an einem anderen Ort war.

"Liebe macht blind, Häschen... Wenn er dich hintergeht, begrabe ich dich lebendig... und ihn gleich mit. Du dummer Mann..." Jeongguks Worte hingen in der Luft, als ich mich schwankend erhob und meinen Helm griff. Das Büro meines Bruders war plötzlich viel zu eng, zu stickig und ich wollte nichts mehr als weit weg von hier sein.

Drei Monate. Wie sollte ich in nur drei Monaten Taehyungs volles Vertrauen gewinnen? Mein Ziel war nicht, ihn zu ficken... Nein, das war es nicht. Ich wollte, dass er mir vertraute, ohne dass er dachte, ich würde ihn nur für meine Zwecke benutzen. Aber wie konnte ich das erreichen? Wie konnte ich sein hundertprozentiges Vertrauen gewinnen, ohne ihn dabei zu verlieren?

Mit pochendem Kopf und schmerzendem Gesicht stolperte ich in die Toiletten für die Kunden, wo ich direkt in den Spiegel starrte. Zum Glück war das Glas nicht zersplittert, doch ein hässlicher blauer Fleck begann sich auf meiner Wange abzuzeichnen.

Mein Handy vibrierte plötzlich in meiner Tasche, und ich zögerte kurz, bevor ich es herausnahm, um die Nachricht zu lesen.

Mein Bärchen💖
Uhm... Schatz? Ich mache mir Sorgen... Bin eben ohne dich aufgewacht...
02:39 Uhr

Seufzend steckte ich das Handy zurück in meine Jackentasche. Keine Ausrede fiel mir ein, die diesen Schmerz lindern könnte.

Ich hasste mich dafür, dass ich Taehyung anlügen musste, dass ich ihn in eine Welt zog, in der er nichts zu suchen hatte. Mein größter Wunsch war, ihn sicher und fernab dieser dunklen Welt zu halten. Doch jetzt, wo er an meiner Seite war, konnte ich nicht anders. Er war in Gefahr, nur weil er mit mir zusammen war. Wenn das bekannt wurde, würde Taehyung nirgendwo mehr sicher sein, nicht ohne mich.

Ich war nicht nur ein einfacher Krimineller. Durch meinen Bruder war ich zu einem der gefürchtetsten Menschen im Untergrund geworden. Ich schmuggelte Drogen, Organe und Waffen für Geld, bedrohte für Geld, folterte für Geld und mordete für Geld. Und mein Bruder? Er tat noch Schlimmeres. Er schmuggelte Menschen aus Nordkorea, brachte Kinder, Jugendliche und Erwachsene über China nach Südkorea, nur um sie dort zu verkaufen. Kinder an Pädophile, Frauen an reiche Männer, Männer als unbezahlte Arbeitskräfte nach Katar oder sonst wohin... Jeongguk war der größte Menschenhändler in ganz Asien und es war meine Aufgabe, ihn zu beschützen.

Jeongguk hatte keine Chance mehr auf ein normales Leben. Doch er hatte mir die Möglichkeit gegeben, mich zumindest ein Stück weit aus diesem Dreck zu befreien, solange ich ihn und unser Geschäft schützte. Doch jetzt war ich bereit, alles aufs Spiel zu setzen. Ihn bloßzustellen, ihn hinter Gitter zu bringen, ihn einfach verschwinden zu lassen... nur um selbst ein normales Leben führen zu können. Ein Leben mit Taehyung. Ich wollte nicht mehr morden, nicht mehr schmuggeln, niemandem mehr weh tun... Ich wollte einfach nur glücklich sein.

Aber tief in mir wusste ich, dass ich diese Chance nie haben würde. Nicht, solange ich in dieser Welt gefangen war. Nicht, solange Jeongguk und ich noch lebten.

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