Kapitel 3

Endlich war Rita fertig mit der Zeichnung auf Aarons Stirn. Sie besah sie sich noch einmal, nickte dann und winkte ihm, aus dem Weg zu gehen, als ich zu ihr kam. Ich musterte das Symbol. "Du siehst aus, als wärst du einer Horde Exorzisten in die Hände gefallen", kommentierte ich. Es war scherzhaft gemeint, aber wenn Blicke töten könnten, wär ich zehn Mal gestorben. "Fang du nicht auch noch mit diesem Dämonen-Mist an", knurrte er mich an. Beschwichtigend hob ich die Hände. "Bleib ruhig, war doch nur n Scherz." Aaron schnaubte und drängte sich an mit vorbei zum Ausgang, wo er sich mürrisch blickend auf den Boden legte. Ich sah ihn noch kurz verwundert an, wendete mich dann aber zu Rita. Diese holte tief Luft und tunkte ihre Klaue schnell in den Farbeimer. "Dann wollen wir mal." Ich nickte und setzte mich unbeweglich vor sie. Rita setzte die Klaue an meine Stirn und begann erneut, konzentriert zu zeichnen. Nach kurzer Zeit knirschte sie mit den Zähnen und kniff die Augen zusammen. Was auch immer sie vorhin so verängstigt hatte, musste nun wohl erneut passiert sein. Ich versuchte, es zu ignorieren und saß weiterhin ruhig da. Irgendwann begann das Gezeichnete zu jucken, aber auch das ignorierte ich abgesehen vom Ziehen einer Grimasse. Und endlich setzte sie den scheinbar letzten Strich. Im selben Moment begann das Symbol zu schmerzen. "Autsch!", rief ich und hielt mir eine Pfote an die Stirn. "Das brennt! Was hast du gemacht?", fragte ich Rita panisch. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, dann sah sie mich mit einer Mischung aus Trauer, Mitleid und Unglauben an. "Ich habe gar nichts gemacht", sagte sie nach einer kurzen Pause. "Das war... ein anderes Pokémon. Es nennt sich-" In diesem Moment verzehnfachte sich der Schmerz und ich schrie auf. "Was ist das, mach das weg, mach das weg!" Rita sprang auf, nahm mich hoch und legte mich vorsichtig Aaron auf den Rücken. "Ihr solltet zurück", sagte sie und tippte auf unsere Erkunderorden. Licht umhüllte uns und ich verlor im selben Moment das Bewusstsein.

Einige Zeit später wachte ich auf. Ich wusste nicht, wie lange ich ohnmächtig war, aber meinem Hunger und Durst nach zu urteilen, war es schon eine ganz schöne Weile gewesen. Vorsichtig stieg ich aus dem Bett, in dem ich lag, und mühte mich zur Tür. Mir tat nichts mehr weh, aber ich war sehr erschöpft. Ein Spiegel hing neben der Tür und ich betrachtete mich. Ich sah eigentlich ganz normal aus, nur das Symbol der Gilde prangte in einem seltsamen Blutrot auf meiner Stirn. Wenn ich versuchte, es zu berühren, erwischte ich nur normales Fell. Verwirrt ging ich aus dem Zimmer. Direkt rechts neben mir lag Aaron und schlief. Ich musste leicht lächeln und entschied mich dazu, ihn nicht zu wecken, sondern mich erstmal frisch zu machen und mir etwas zu essen zu holen. Als ich zurückkam, war er anscheinend gerade dabei, aufzuwachen. Ich wollte etwas sagen, aber ich stutzte. Das Symbol auf seiner Stirn fehlte. Jetzt, wo ich drüber nachdachte, waren die Symbole auch weder auf Kirlias noch Rocaras Kopf zu sehen. Warum dann auf meinem? Ich machte mir nicht allzu viele Gedanken, aber mir gefiel es zugegebenermaßen, ein wenig anders zu sein. "Ah, du bist wach...", sagte Aaron jetzt verschlafen. "Ich hatte mir Sorgen um dich gemacht, immerhin warst du mehr als einen Tag bewusstlos." Ich lächelte. "Sorry, ich wollte dich nicht bedrücken", entschuldigte ich mich. Aaron winkte ab. "Schon gut", meinte er. "Aber Rocara möchte dich sehen. Sie wollte etwas mit dir besprechen." Ich nickte und ging mit Aaron an meiner Seite zu Rocaras Büro. Dort angekommen wartete Rocara bereits ungeduldig auf uns. "Da seid ihr ja. Geht's wieder einigermaßen, Lukas?", fragte sie. Ich nickte. "Gut. Dann sprechen wir jetzt erstmal über das, was beim Ritual geschehen ist. Setz dich." Sie nickte zu einem Stuhl. Ich folgte ihrer Anweisung; Aaron blieb neben mir stehen. "Rita hat mich über alles in Kenntnis gesetzt", fuhr Rocara fort. "Das Symbol pulsierte auf der Stirn und brannte sich langsam in deinen Kopf ein, als es fertig war. Die daraus resultierenden Schmerzen hatten dich ausgeknockt. Die Erkunderorden haben euch beide wieder zurückgebracht und du wurdest sofort behandelt." Sie schaute mich an. "Weißt du, was dieses Symbol bedeutet?" Wahrheitsgemäß schüttelte ich den Kopf. Rocara schwebte zu einem der vielen Regale im Raum und balancierte einen Zettel zu mir. Ich nahm ihn ihr vom Kopf und las.

'Was zuerst wie ein simpler Pfotenabdruck wirkt, hat tatsächlich eine tiefer Bedeutung. Ein großer Kreis umschließt vier weitere, wovon einer im unteren Bereich zentral positioniert ist und die anderen drei über ihm sind, einer etwas links, einer genau darüber und der letzte etwas rechts. Diese drei sind außerdem kleiner.
Die drei kleineren Kreise repräsentieren Raum (links), Zeit (rechts) und das dazwischenliegende Chaos (Mitte). Der vierte Kreis steht für einen Kreislauf aus Erschaffung und Vernichtung, der Kreis darum steht für die Vereinigung dieser Dinge und Vollständigkeit.'

"Ist ja hochinteressant, aber was genau hat das mit mir zu tun?", hakte ich nach und gab den Zettel an Aaron weiter, welcher interessiert loslas. Rocara holte Luft. "Das hat insofern etwas mit dir zu tun, dass dieses Symbol auf deiner Stirn nicht verschwunden ist. Das heißt, du musst irgendwie zu einem dieser Kreise passen." Ich sah sie verwirrt an. "Äh, das verstehe ich jetzt nicht ganz..."-"Im Grunde heißt es", meldete sich jetzt Aaron zu Wort, "dass du eine dieser repräsentierten Dinge speziell beeinflussen kannst. Meine Eltern haben mir oft von Pokémon erzählt, die besondere Gaben hatten. Es ist ziemlich interessant gewesen, ihnen zuzuhören." Ich überlegte. "Hab ich noch nie was von gehört", meinte ich. "Aber ich versteh immer noch nicht, auf welche Art und Weise sich das jetzt auf mich auswirkt." Rocara sah jetzt ratlos aus. "Wissen wir ehrlich gesagt auch nicht, da du der erste mit diesem Symbolzeugs seit 200 Jahren bist. So haben wir einiges vergessen. Aber egal", sie schaute mich ernst an, "ihr solltet erstmal Jobs erledigen. Wir können hierauf noch später zurückkommen." Wir nickten und verließen den Raum.

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