Die Königin

So sehr ich dieses Schloss bestaunte, so schnell spürte ich jedoch auch wieder Maschock an meiner Leine ziehen. Zugegebenermaßen war ich auch erleichtert, endlich da zu sein, da mich meine Beine nicht mehr länger tragen konnten. Was mir große Sorgen bereitete war, dass ich den Weg zurück kaum noch kannte. Selbst wenn es mir also gelingen würde, die Königin, welches Pokemon sie auch immer war, davon zu überzeugen, dass ich nichts mit dem anderen Königreich zu tun hatte, wäre die Reise nach Hause auf Glück basierend. Einer von Machocks Gruppe müsste mich nämlich mit nach Hause begleiten, was sich wohl keiner freiwillig antun würde. Doch vielleicht gab es auch schnellere Wege nach Hause. Es blieb für mich also nur abzuwarten und zu hoffen, die Königin überzeugen zu können.

Wir schritten weiter voran. Dieses Lichtkönigreich, wie es eben genannt wurde, war wirklich gut bewacht. Je näher wir kamen, desto deutlicher wurden die verschiedensten Pokemon an den Mauern, die unsere Gruppe genau beobachtete. Vorhin hatte ich diese einzelnen Pokemon gar nicht wahrgenommen, da die Größe des Schlosses viel beeindruckender war. Und diese Größe wurde noch deutlicher, je näher wir dem Schloss kamen. Der Aufstieg zum Thronsaal an der Spitze des Schlosses musste sicherlich härter sein, als das Bezwingen des Hügels eben, so hoch war er. Endlich kamen wir vor dem Schloss an und die Zugbrücke des Schlosses wurde vorsichtig hinuntergefahren. Ich war so aufgeregt, dass ich meine Erschöpfung gut verdrängen konnte. Direkt nachdem wir den ersten Fuß hinter diese starken Mauern setzten, wurde die Lebendigkeit dieses Ortes deutlich. Hier und dort liefen kleinere Pokemon glücklich umher und spielten fangen, an vielen Häusern aus Stein und Holz waren kleine Balkone angebracht an denen ebenfalls Pokemon herabsahen und vor uns , wenn man dem Kieselweg folgte, kam man auf einen großen Marktplatz mit vielen Ständen, an denen Beeren, Früchte und allerlei anderer Kram zum Verkauf bereit stand. Ich hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Stets hatte ich gedacht, dass es solche Orte wie diese nur in den Geschichten aus dem Mittelalter gab, aus denen mir, als ich klein war, des Öfteren vorgelesen wurde.

Als wir den Weg aus Kies zum Marktplatz folgen wollte, wurden die Bewohner auf uns aufmerksam. Wobei...vielmehr war es der bewusstlose Nachtara, auf den die Aufmerksamkeit gerichtet war. Alle die ihn so hilflos und schlafend sahen, begannen zu jubeln, winkten Maschock von den Balkonen aus zu oder applaudierten laut. Einige ältere Pokemon sahen mit vollem Hass auf Nachtara herab, während andere Kinder, die nahe von uns waren, ängstlich zur Seite wichen. Eines war klar: Beliebt war Nachtara hier definitiv nicht. Maschock jedoch schien den Beifall zu genießen und zeigte das Amulett, welches eigentlich Nachtara gehörte, stolz umher.

Der Weg war lang und beschwerlich. Es ging am Marktplatz vorbei durch einige Sicherheitstore mit Wächtern an einem Einkaufsviertel vorbei. Wir waren noch nicht einmal beim Schloss. Dieser Teil hinter den Mauern schien eine große Stadt zu sein, welche das große Schloss im Zentrum umringte. Die Pokemon hier schienen jedoch nicht irgendwie bösartig oder angsteinflößend wie Maschock und die anderen Pokemon, die nach Nachtara suchten, zu sein, stattdessen waren mir gewisse Leute mit ihrer freundlichen Ausstrahlung ziemlich sympathisch.

Es ging jedenfalls weiter durch die lebendige Stadt, bis endlich hinter einem weiteren Schutztor der Weg steiler wurde. Ab hier begann der Aufstieg zum Schloss. Wie ich es auch vermutet hatte, zerrte dieser genauso wie der Weg hierher auf meinen letzten Kräften und ich war kurz davor, einfach zusammenzubrechen. Doch ich schaffte es trotz meiner tauben Beine mit der Gruppe Schritt zu halten.

Endlich waren wir da! Vor dem riesigen eigentlichen Schloss. Der Eingang des Schlosses war stark bewacht. Hier konnte man sicherlich nicht unbemerkt hinein oder hinaus gehen. Im Schloss angekommen wurde der Weg um einiges angenehmer. Wir mussten lediglich die Treppen zum Thronsaal hinaufsteigen. Die Inneneinrichtung des Schlosses war voller Schmuck, riesigen Gemälden, die teilweise bis an die Decke ragten und sogar altertümliche Rüstungen, Schilde und Schwerter waren hinter Glaskäfigen verewigt und ausgestellt worden. Doch gerade als wir zum letzten Stockwerk hinaufsteigen wollten, schien Nachtara langsam wieder aufzuwachen. Erst jetzt realisierte ich, wie lange dieses Schlafpuder eigentlich wirkte. Es hatte den Weg von der einen Pause bis hierher Wirkung gezeigt. Anstatt Nachtara jedoch wieder einzuschläfern, entschied sich Maschock dieses Mal für ein anderes, gelbliches Puder. Ich kannte dieses Puder nur zu gut, da auch im Wald, in den ich lebte, Pokemon hin und wieder dieses zur Verteidigung anwandten. Es war das Puder, welches normalerweise bei einer Stachelspore-Attacke ausgeschüttet wurde und dafür sorgte, dass man paralysiert, was so viel hieß, dass man sich nur noch eingeschränkt bewegen konnte, deutlich langsamer wurde und Attacken nur mit Mühen einsetzen konnte. Vor allem für Nachtara, der ohnehin schon unter seiner Schwäche und seinen Verletzungen litt, schien dieses Puder schrecklich zu sein, da er seine Augen nur noch krampfhaft zu hielt und etwas schwer atmete. Es war offensichtlich: Selbst ohne dieses Puder wäre er sicherlich nicht in der Lage gewesen, sich anständig verteidigen zu können oder gar wegzulaufen.

Endlich war es so weit. Wir standen vor der großen Holztüre, hinter der der Thronsaal lag. Die Wachen vor dieser Türe schritten zur Seite und Psiana, deren Anwesenheit ich eigentlich schon komplett vergessen hatte, da sie den ganzen Weg über erstaunlich ruhig war, trat nun vor Maschock und öffnete mit Psychokinese die schwere Türe. Ich war ziemlich aufgeregt. Diese Königin, der ich gleich gegenüberstehen würde, musste sicherlich ein großes, starkes Pokemon sein. Ich hatte es schon vor meinen Augen: Ein legendäres Pokemon, bei dessen Anblick man erschauern musste. Doch nun als Psiana die Türe geöffnet hatte und wir in den Raum traten, war ich sprachlos. Auf einem goldenen Sessel mit bequemen roten und pinken Kissen, saß kein starkes, furchteinflößendes oder legendäres Pokemon. Stattdessen lächelte uns ein vierbeiniges Pokemon, welches sowohl Psiana als auch Nachtara vom Körperbau ziemlich ähnelte, entgegen. Es hatte eine überwiegend pinke Farbe, sah sogar relativ kindlich und süß aus und besaß über mehrere Bänder, die von ihrem Körper ausgingen. Es schien, als wäre es von derselben Vorentwicklung wie Nachtara und Psiana: Weder legendär, noch groß und mächtig.

"Eure Majestät, wie Sie sehen können, konnten wir ihn erfolgreich festnehmen und das Amulett entreißen" sprach Maschock mit großer Ehrfurcht, "Toll!" lächelte die Königin, während sie Nachtara etwas musterte. "Habt ihr ihn am Kopf verwundet?" fragte die scheinbare Königin nun. "Nun, an der Kopfverletzung sind wir nicht schuld. Er hat sie sich schon vorher zugefügt und scheint sich an nichts zu erinnern" antwortete das Kampf-Pokemon. Nun wandte Psiana schnell ein:" Eure Majestät...falls Sie vorhaben, heute schon mit dem Ritual zu beginnen, möchte ich Ihnen sagen, dass das wohl keine gute Idee ist...Er könnte...zu schwach sein...Wir sollten kein Risiko eingehen und es morgen vollziehen. Nachtara kann ja derzeit etwas behandelt werden" Das Pokemon am Thron schien kurz zu überlegen, ehe es meinte:" Ja...da könntest du recht haben...Er atmet sogar noch sehr schwer...Maschock, wärest du so gut und bringst ihn zur Krankenstation? Wenn dann erste Hilfe geleistet wurde, sperrt ihn in den Kerker, morgen um Punkt Mittag starten wir!" Maschock nickte und wollte gerade wieder gehen, als die Königin ihn aufhielt: "Hey, wer bist du eigentlich?" fragte sie, während sie direkt mich anstarrte. Maschock begann zu reden:" Das ist..." "Ich glaube er sollte sich lieber selbst vorstellen, findest du nicht, Maschock?" kicherte sie. "Ja...entschuldigen Sie, eure Majestät..." gab er zur Antwort. Nun war ich also dran. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. Dies war wohl meine einzige Chance, diese Königin zu überzeugen. "I-Ich heiße Riolu...Ich weiß nicht so wirklich, was hier genau passiert, aber ich wurde von Maschock unter dem Vorwurf, Nachtara unterstützt zu haben, mitgenommen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich nichts mit Nachtara zu tun habe!" versuchte ich überzeugend zu sagen. "Ach und dass du sein Amulett in deiner Höhle versteckt hast, willst du nicht sagen?" schmunzelte Maschock. Auch die Königin schien über diese Aussage von Maschock etwas kritischer mir gegenüber geworden zu sein und fragte nun etwas strenger:" Sag mir, Riolu...Stimmt das?" Nun wusste ich gar nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Lügen konnte ich nicht, ich hatte die Kette ja versteckt, allerdings brauchte ich nun eine gute Ausrede, da mir die Wahrheit ohnehin niemand glauben würde. Mein kurzes Schweigen schien ihre Frage jedoch beantwortet zu haben und so meinte sie:"Na gut...wir können morgen darüber reden....steckt ihn auch in den Kerker!"

Ich wollte gerade antworten, da wurde ich schon von Maschock nach hinten gezerrt und schon wurde die Türe vor meiner Nase zugeschlagen. Das hatte ich wohl sehr vermasselt. Eigentlich hätte ich den ganzen Weg über ausreichend Zeit gehabt, mir eine vernünftige Ausrede dafür einfallen zu lassen, doch darauf war ich natürlich nicht gekommen. Meine Zukunft lag nun sowieso in den Sternen und was mit Geckarbor und Dartiri geschehen war, wusste ich natürlich auch nicht. Ich hatte auf dem Weg zum Schloss gar nicht gemerkt, dass sich viele der Gruppe vpn Maschock verstreut hatten, doch jetzt erst fiel mir auf, dass nur noch Maschock, Psiana, die Spinnen und ein anderes Pokemon in unserer Gruppe war: Vermutlich waren die anderen nur Gehilfen für Maschock und hatten keinen Grund dazu, vor die Königin zu treten. Doch nun verabschiedeten sich auch die Elektrospinnen von Psiana und Maschock und liefen Richtung Marktplatz. "Soll ich Nachtara führen und du bringst Riolu zum Kerker?" fragte er das Psychopokemon. "Wie wäre es...wenn ich Nachtara zur Krankenstation bringe und du Riolu übernimmst?" stellte Psiana die Gegenfrage. Anscheinend wollte sie trotz ihres Verrats an ihn bei ihm bleiben. "Mir soll's recht sein, aber wie willst du ihn dahin transportieren?" fragte er. Sie sah sich kurz um, schnappte sich ein langes, breites Holzbrett und meinte dann:" Leg ihn da rauf und bind ihn fest. Ich trag ihn mit Psychokinese" Maschock zuckte kurz mit den Schultern, rief eine der Spinnen schnell zurück und ließ Nachtara auf das Brett binden, ehe er stirnrunzelnd meinte:" Du musst aber auch alles immer kompliziert machen..."

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