Kapitel 4
Ich quetschte mich zu N in die vorderste Reihe. Vor uns standen einige Leute, die nur zu einer Organisation gehören mussten. Jedenfalls trugen sie alle das gleiche. Links und rechts waren Flaggen aufgestellt, die leicht im Wind wehten. In der Mitte dieser Flaggen war in einem Wappen ein großes „P" abgebildet. Zwei der Männer traten zurück und ein Typ, mit einem Umhang, der lila-gelb war, trat vor. Auf seinen Umhang waren zwei Augen abgebildet und seinen Stab drückte er in den weichen Boden. An seinem linken Auge hatte er eine rote Glasscheibe, sodass man nur sein rechtes, grünes Auge sehen konnte. Der Typ hauchte mir etwas Angst ein und ich wollte deshalb einen kleinen Schritt zurück machen, doch N hielt mich davon ab. Er sah mich eindringlich an und schüttelte den Kopf. Als wollte er mir zeigen, dass ich keine Angst haben musste. Meine beiden Pokemon knurrten den Typen an und ich spürte Wut und Zorn in ihnen aufsteigen. „Ganz ruhig! Was habt ihr?", flüsterte ich. „Hallo, ihr guten Leut'! Mein Name lautet G-Cis! Ich spreche für...!" „...Team Plasma!", beendete ich knurrend und etwas zu laut den Satz. Jetzt wurde mir alles mit einem Schlag klar! Er sah mich finster an und warf seinen Umhang zurück. Auch N schenkte mir einen verwunderten Blick. Trotzdem sah ich in seinem Augenwinkel Sorgen aufblitzen.
Das waren doch die Ganoven, von denen Pikachu sprach. Und die Rüstung passte haargenau zur Beschreibung. Räuspernd fuhr G-Cis fort. „Ich bringe euch die frohe Botschaft, von der Befreiung der Pokemon! Seit Anbeginn der Zeit, leben wir Menschen in Eintracht - Seite an Seite mit Pokemon. Es ist ein ständiges Geben und Nehmen zwischen beiden. Zumindest glauben dies die meisten Menschen! Doch sie irren! Sie bauen Lügengebilde auf, um dem finsteren Antlitz nicht ins Auge sehen zu müssen!" Die Leute um mich und N brachen in Gemurmel aus. Nachdem G-Cis erfolgreich den Platz gewechselt hatte und nun direkt vor mir stand, fuhr er fort. „Boshaftigkeit verbreiten jene Trainer, die ihre Pokemon bis in die späte Nacht hinein schinden und quälen! Wenn jemand denkt, dass ich nicht die Wahrheit spreche, erhebe jetzt das Wort oder Schweige!" Es herrschte Totenstille am Platz. Man hörte nur den Wind, der leise durch die Blätter der Bäume fuhr. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ich war zornig, sehr sogar. Die Leute waren zu ängstlich, um sich und ihre Pokemon zu verteidigen. Oder waren sie wirklich alle so leichtgläubig?
Meine beiden Partner auf meiner Schulter waren ebenso wütend. Ein Blick von N reichte, um mir zu sagen, das auch er mit der Situation unzufrieden war. „Darum hört! In den Pokemon schlummern enorme und einzigartige Kräfte, die sie unter dem Zwang der Trainer nie entfalten können!" Die Menschenmenge murmelte erneut. War heute Tag des Schweigens? Konnte nicht jemand Einwende haben? G-Cis wechselte seinen Platz und wollte schon wieder zum Sprechen ansetzen, da schnitt ich ihm das Wort ab. „Das heißt, wir sollen sie befreien?" Er sah mich freudig an. Als wäre er glücklich, dass ihn jemand verstanden hatte. „Ganz recht, junge Dame! Das haben Sie richtig erkannt.", sagte er mit einem ekelhaften grinsen im Gesicht. Am Liebsten wollte ich ihm auf die Füße kotzen. Mir platzte endgültig der Kragen. „Und wieso sollten wir Ihnen glauben? Ich meine, das ist doch totaler Schwachsinn, was sie uns hier erzählen." Sein ekelhaftes Grinsen verschwand und er sah mich etwas verärgert an. Hinter mir hörte ich jemanden „mutiges Mädchen" flüstern und das gab mir etwas Kraft. „Menschen und Pokemon sind schon immer gut miteinander ausgekommen. Also wieso sollte sich das jetzt ändern?", beendete ich, immer noch zornig. „Pikaa-Pikaa" unterstützte mich mein kleiner, gelber Freund. Eine der Plasmatypen machte einen bedrohlichen Schritt auf mich zu, doch ich bewegte mich kein Stück zurück. G-Cis stoppte ihn mit seiner Hand. „Eines Tages wirst du es verstehen, junge Dame!" Er schenkte mir noch einen bösen Blick, bevor er sich wieder seinem Publikum zuwandte. „Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit, ihr guten Leut'!" Dann dampfte er unter dem Schutz von Team Plasma ab. Die Menge löste sich wieder auf, nur ich stand wie angewurzelt da und starrte der Schar an Rüpeln hinterher, bis diese aus der Stadt waren.
„Was ist los?", fragte N etwas besorgt. „Wieso bist du so aufgebracht... wütend und zornig? Wieso hast du so viele Fragen?" Ich sah ihn etwas erstaunt an. „Wieso weißt du, was ich denke und fühle?" Ich sah direkt in seine blauen Augen und bemerkte dann, dass er etwas rot wurde. Lächelnd drehte er sich um und machte einen Schritt nach vorne. „Warte!" Ich schnappte mir sein Handgelenk und er drehte sich zu mir um. „Wann sehen wir uns wieder?" Ich sah ihn traurig an. „Vielleicht sehen wir uns heute noch, oder morgen, oder in 2 Jahren wieder." Er grinste mich frech an, machte am Absatz kehrt und spazierte ohne ein weiteres Wort davon. Pikachu, Ottaro und ich sahen ihm mit offenem Mund nach, bis er um eine Hausecke verschwunden war. Ich kratzte mich am Kopf und fragte: „Was war das jetzt bitte für eine Aktion?" Dann schüttelte ich lächelnd den Kopf und seufzte: „Ach N!" Er war durch und durch ein Idiot!
Mit meinen kleinen Freunden auf meiner Schulter, kehrte ich ins Pokemoncenter zurück und nahm mir ein Zimmer. Ich pfefferte meinen Rucksack in eine Ecke. Müde fiel ich ins Bett, aber ich konnte trotz allem nicht einschlafen. Nach langem hin und her wälzen, knipste ich das Licht wieder an und schlich auf den Balkon meines Zimmers. Ich dachte an Team Plasma. Was haben sie vor, wenn die Menschen nicht von selbst ihre Pokemon befreien? Jedenfalls war ich richtig zornig auf diese Bande. Das, was einer der Kerle mit Pikachu gemacht hat, ließ ich bestimmt nicht so auf mir sitzen. „Das schwöre ich.", knurrte ich und drückte meine Hände fester um das Terrassengeländer.
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