Kapitel 36

Ich schreckte von meinem Traum auf. Was um Kyurem's Willen war das denn für ein absurder Traum? Ich lächelte und schüttelte meinen Kopf. Mein Unterbewusstsein schien mir wieder einen Streich gespielt zu haben und wegen so einem Mist erlitt ich einen halben Herzinfarkt. Ich sah kurz nach draußen und die Sonne ging gerade hinter dem großen Stadion auf und warf einzelne Strahlen in unser Zimmer. Mein Blick schweifte weiter zu der großen Wanduhr, die mir verriet, dass es erst fünf Uhr morgens war und meine Freunde schliefen noch. Da ans einschlafen sowieso nicht mehr zu denken war, schlüpfte ich in meine Schuhe, die neben dem Bett standen, schnappte mir meine Jacke vom Haken und verließ den Bungalow, um mir ein wenig die Füße zu vertreten. Ich atmete die frische Morgenluft ein und beschloss nach links zu gehen. Meine Hände vergrub ich in meiner Jackentasche und mein Blick war stur auf den Boden gerichtet. Heute begannen die Wettkämpfe und ich musste zugeben, dass ich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengrube hatte. Und dennoch freute ich mich total auf den Beginn der Zeit. Aber warum machte ich mir nur solche Gedanken darüber, ob wir stark genug waren, um uns weiter nach vorne zu kämpfen? Waren ich und mein Team stark genug? Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, dass ich schon längst bei der Infotafel angelangt war. Meine Augen glitten automatisch über die Zeilen, aber alles was auf ihnen stand, waren die Informationen vom Vorabend.

Plötzlich schoss jemand hinter der Tafel hervor und erschreckte mich. Auch er zuckte zusammen, anscheinend hatte er so früh am Morgen mit niemanden gerechnet. Es war Steve, der Betreuer aus dem roten Bereich. „Morgen! So früh hätte ich aber niemanden auf den Füßen erwartet.", lächelte er nach der Schrecksekunde. Er hing einige seiner Zettel auf. „Geht mir genauso.", lächelte ich schwach zurück. „Weißt du, der frühe Vogel fängt den Wurm." „Da haben Sie wohl recht.", meinte ich und zog meine linke Augenbraue leicht in die Höhe. „Oh bitte, nenn' mich doch einfach Steve.", wehrte er ab. Ich lächelte leicht gequält und Steve grinste breit. „Nervös wegen dem Wettbewerb?" „Ehrlich?" Steve nickte und hängte das letzte Blatt auf, bevor er sich mir ganz widmete. „Ein wenig mulmig ist mir schon zumute." „Das ist normal. Aufregung gehört zu jedem Wettbewerb dazu." Nach einer kurzen Atempause sprach er weiter: „Wollen wir ein Stück gehen?" „Klar, gerne." Bewegung tat mir immer gut und so konnte ich auch meinen Kopf frei bekommen. „Also ist das hier dein allererster Liga-Wettbewerb?" „Ist das so offensichtlich?" Der Blondschopf lachte. „Nein." „Aber damit bin ich wohl nicht die Einzige." Ich deutete auf eine Bank, die in der kleinen Parkanlage stand. Auf dieser saß ein Mädchen, ich schätzte sie in mein Alter. „Komm, lass uns zu ihr gehen.", schlug Steve vor und wir gingen zu ihr. „Morgen! Dürfen wir uns setzen?", fragte Steve gleich und das arme Mädchen zuckte erschrocken zusammen, da sie uns nicht kommen sah. „Äh... morgen. Ja...klar.", stammelte sie unbeholfen und zwang sich zu einem Lächeln. „Warum seit ihr den schon so früh auf den Beinen?", fragte sie. „Ist wohl die Aufregung.", antwortete ich und auch sie lächelte erleichtert. „Geht mir nicht anders.", schmunzelte sie. „Ich bin Eva.", stellte sie sich vor. „Emily." Wir reichten uns kurz die Hände. Sie lächelte schüchtern und sah dann wieder auf die Blumen. Wir saßen zu dritt schweigend nebeneinander, bis Steve auf seine Uhr sah und langsam aufstand. „Es gibt Frühstück.", meinte er. „Jetzt schon?" Er begann zu lachen. „Es ist schon halb acht." Meine Augen weiteten sich erstaunt. „Ab zum Essen.", stimmte auch Eva zu. Sie band rasch ihre langen, grünen Haare zu einem Zopf und gemeinsam gingen wir in den Speisesaal.

Hätten wir unseren Betreuer nicht an unserer Seite gehabt, dann hätten wir den Saal niemals gefunden. Steve verabschiedete sich und ich suchte in dem großen Raum nach meinen Freunden. Als ich sie sichtete, bot ich Eva an, sich zu uns zu setzen. Diese lehnte dankend ab, da sie sich selbst zu ihren Zimmerkollegen setzen wollte.

„Wo warst du?", fragte Lilia. „Ja, ebenfalls einen guten Morgen.", lachte ich und ließ mich zwischen N und ihr auf einen freien Platz fallen. „Ich war etwas frische Luft sammeln.", beantwortete ich ihr schließlich die Frage und nahm mir eine Semmel auf dem Brotkorb, schnitt diese auf und belegte eine Hälfte mit Wurst. „Aufgeregt?" „Jetzt nicht mehr." Die Tatsache, dass ich nicht alleine so aufgeregt war, beruhigte mich komischerweise ein wenig.

Die restliche Zeit wurde schnell tot geschlagen und die Teilnehmer wurden gebeten, sich in der großen Halle zu versammeln. Ungeduldig lief ich zwischen den vielen anderen Trainern hinterher, der Moderator sprach seine Worte, die ich nur mehr kaum verstand, da ich versuchte, mich wieder etwas zu beruhigen. Anfangs ging Ash neben mir, doch unter dem Gedränge, verschwand er weiter hinter mir. Ich war froh, dass wenigstens Pikachu auf meiner Schulter saß, denn so hatte ich eine moralische Unterstützung bei mir. Nachdem wir uns bei der Bühne versammelt hatten, bekam der Moderator die Nachricht, dass der Fackelträger bereits eingetroffen war und wir uns bereit halten sollten. Schnell stellten wie uns in zwei Reihen vor der großen Treppe auf, sodass der Läufer zwischen uns durchlaufen konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit betrat er unter Applaus in die Halle, rannte in Spitzenleistung an uns vorbei und nahm immer gleich zwei Stufen. Oben angekommen, hob er die Fackel mit der wertvollen Lavados-Flamme in die Höhe, sodass man sie noch einmal betrachten konnte, und dann warf er sie in die Vier-Meter-Durchmesser große, goldene Schüssel, wo die restlichen Holzscheitel zu brennen begannen. Der Läufer genoss noch eine Runde Applaus, bevor Der Moderator uns Trainer wieder bat, zur Bühne zu kommen, denn jetzt wurde ausgewertet, wer gegen wen antrat. Alle 256 Bilder von uns eingeblendet und durchgemischt und mit einem Strich verbunden. Erst dann wurden die Kärtchen umgeblättert und jedes Kampfduell wurde eingeblendet.

Mein Bild erschien schon ziemlich am Anfang und ich trat gegen einen Jungen, mit ockerfarbenen Haar an. Wenn ich mich recht erinnerte, hieß er Sebastian. Ich schweifte die Menge nach dem Burschen ab und fand ihn schließlich. Er stand gar nicht weit weg von mir und sah mich musternd an. Als auch ich ihm in die Augen sah, blitzte kurz ein Funken Entschlossenheit durch seine haselnussbraunen Augen. Auch ich sah ihn fest entschlossen an. Ash hatte einen Kampf gegen ein noch recht junges Mädchen und anscheinend war er heute Abend an der Reihe.

Während die Meute an Zuschauern sich in die kleinen Hallen aufteilte, liefen wir zu den Infotafeln, wo wir erfuhren, in welcher Reihenfolge wir Kämpfen mussten und vor allem in welche Halle wir mussten. Ich kämpfte als achter in Halle A.

Parallel zu uns kämpften ja auch noch in den anderen Hallen Trainer gegeneinander und meine Aufregung wuchs, als es immer enger wurde und meine Zeit bald kam.

Ich saß nervös auf einer üppigen Bank im Wartebereich, abgeschoben von dem Rest der Zivilisation. Meine Füße trippelten unaufhaltsam auf den Boden und meine Hände verschränkte ich auf meinen Schoß, während ich einmal tief durchatmete und in das grelle Licht der Lampe sah. N lehnte gelassen mit den Händen im Hosensack an der Wand und hatte die Augen geschlossen. Ihm erlaubte man, mit auf das Kampffeld zu kommen, wo er mich unterstützen konnte. Irgendwo zwischen den tausend anderen Leuten, saßen schon gespannt Rocko, Ash und Lilia, die sich meinen Kampf ansehen wollten und mich von dort aus anfeuerten. Auf dem Bildschirm hier in dem kleinen Warteraum konnte ich den Kampf verfolgen, der sich gerade in Halle A abspielte. Es schlugen sich gerade ein Vegichita und ein Somnivora ihre Köpfe ein, doch das Psychopokemon war um einiges stärker und konnte sich den Rundensieg für sich und seinen Trainer holen. Die beiden Gegner schlugen einander ein und dem Trainer mit dem Somnivora gratulierte man mit viel Applaus.

Er verließ das Kampffeld und dieser verschwand im Boden. Jetzt war es soweit, ich war an der Reihe gegen Sebastian zu kämpfen. Also stand ich auf und öffnete die Tür. N folgte mir schweigend. Bis jetzt hatte er kein Wort gesagt und auch ich blieb stumm. Wir wanderten gemeinsam den langen Gang hinab und der Trainer, der gewonnen hatte, kam mir entgegen. „Viel Glück, Emily!", rief er, lächelte und klatschte mit mir am Vorbeigehen ein. „Danke, Eren! Gratuliere zum Sieg.", warf ich zurück. Eren war ein Junge aus dem rotem Bereich und ich lernte ihn heute Morgen beim Frühstück kennen.

„Und jetzt einen kräftigen Applaus für die Trainerin aus Avenitia, Emily!", kündigte Daniel, der Moderator mich an. Als ich durch den Tunnel in die offene Halle trat, wurde ich zuerst einmal ordentlich von der hellen Sonne geblendet und benötigte einige Sekunden, um mich zu besinnen. Meine Augen gewöhnten sich schließlich an die Helligkeit und ich trat auf meine leicht erhöhte Fläche. „Und vom weit entfernten Dausing-Hof, Sebastian!" Auch er betrat seine Stelle und funkelte mich herausfordernd an.

Normalerweise müsste jetzt der Zeitpunkt sein, wo sich das Kampffeld hoch bewegte, doch stattdessen schloss sich die Mechanik und wir wurden in die Höhe geschoben. „Die Kampfrichter haben entschieden einen Luftkampf auszutragen.", moderierte er. Jetzt verstand ich, ein Luftkampf! Na bitte, damit kann ich doch leben. Bei ungefähr fünf, sechs Meter Höhe blieb meine Plattform stehen und aus dem Kerbungen an der Seite kam ein Gerüst heraufgefahren, dass uns sicherte. Am Monitor wurden unsere Bilder eingeblendet und ein Feld, in den dann unsere Pokemon angezeigt werden. Viel Auswahl in luftiger Höhe hatte ich sowieso nicht, aber Fasasnob war stark und schnell. Er würde sich durchboxen! „Beginnt!", rief der Schiedsrichter.

„Fasasnob, komm heraus!" Mein Flugpokemon materialisierte sich sofort und stieß einen lauten Kampfschrei aus, bevor er um meine Plattform flog und links von mir her flatterte. „Swaroness! Ich wähle dich!" Aha, das Schwanenpokemon also. Einmal sind mein Team und ich gegen eines angetreten und das war in der Arena von Panaero City. Aber jetzt war definitiv der falsche Zeitpunkt um in Erinnerungen zu schwelgen. Hier gab es schließlich einen Kampf zu gewinnen!

„Luftschnitt, Swaroness!" „Weich mit Ruckzuckhieb aus!", befahl ich. „Aero-Ass!", setzte ich drauf. „Ausweichen!", startete Sebastian durch. „Blubbstrahl, Swaroness!" „Flügelschlag!" Mein Fasasnob flog mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit durch die Blasen, die daraufhin platzten und setzte einen eleganten Treffer bei seinem Gegner. Nach diesem Zug, segelte das Pokemon zu mir zurück. „Aeoro-Ass!" „Du auch, Fasasnob!" Wieder gerieten die zwei aneinander und lieferten sich ein Duell vom Feinstem. Je länger sich der Kampf hinauszögerte, desto Kräftezerrender wurde es. „Aquawelle!" Ich wollte meinem gefiederten Freund noch befehlen, dass er ausweichen soll, doch mein Entschluss kam ein Fünkchen zu spät, den Swaroness traf und Fasasnob wurde hinter mich geschleudert und stürzte in den Abgrund. „Fasasnob! Komm, reiß dich am Riemen, du schaffst das!", feuerte ich mein Pokemon an. Meine Hände griffen fest um das Gerüst und ich sah zu, wie mein Vogel dem Boden immer näher kam. „Das macht dir noch lange nichts aus, nicht wahr?", rief ich ihm zu und kurz vor dem Aufprall zischte Fasasnob wieder scharf in die Höhe. Ich machte kehrt und blickte meinen Gegner an, der schon glaubte, dass der Kampf vorbei war. „Luftschnitt!", befahl ich. Mein Freund rauschte hinter meinen Rücken hoch und ein Wind kam mit ihm auf, der meine Haare zum Flattern brachten. „Swaroness, ausweichen!", rief unsere Gegner hektisch, doch es war zu spät. Wenn Fasasnob einmal der Ehrgeiz gepackt hatte, dann war er unaufhaltsam und nicht zu stoppen. Mein Partner schoss einen Luftschnittattacke los, die sich gewaschen hatte. Durch den Aufprall der Attacke wirbelte der Wind zurück zu Sebastian, der zusehen musste, wie sein Schwan am Boden aufkam und dort liegen blieb. „Swaroness kann nicht mehr weiterkämpfen und somit hat sich Emily für die nächste Runde qualifiziert!", kam es vom Schiedsrichter. Fasasnob flog mir glücklich entgegen und warf mich um, als er mich umarmen wollte. Lachend hievte ich mich zurück auf meine Beine und streichelte das Gefieder meines Partners, als wir wieder langsam nach unten fuhren. Das Publikum applaudierte und jubelte mir zu. Am Boden angelangt, ging ich als erster zu meinen Gegner und dankte ihm für den sensationellen Kampf. Lange hatte ich nicht Zeit mit ihm zu reden, da wurde ich wieder gebeten, die Halle frei zu machen, da die nächsten Trainer bereit für den Kampf waren.

„Unglaublich! Du hast es geschafft!", freute sich auch mein grünhaariger Freund und ich schlug mit ihm ein. „Ich kann es gar nicht fassen! Ich bin eine Runde weiter!", meinte ich glücklich und griff mir auf die Stirn. Wir wanderten wieder den langen Gang entlang und die nächste Trainerin kam mir entgegen. Ich wünschte ihr viel Erfolg und sie gratulierte mir für den großartigen Kampf.

Als ich vor die Halle trat, standen dort schon Ash, Rocko und Lilia, die mir entgegenflogen. „Das war ein Hammerkampf! Ich gratuliere dir!", meinte Ash. „Vielen Dank.", lächelte ich freundlich. Wir beschlossen erst einmal gemütlich in unserem Viertel essen zu gehen, denn Ash's Kampf war voraussichtlich erst um halb fünf. Da noch genug Zeit war und wir uns keine weiteren Kämpfe mehr ansehen wollten, war Essen eine gute Alternative.

„Du bist richtig stark geworden.", meinte Ash, der sich gerade einen Berg an Nudeln in den Mund schob. „Ich und mein Team haben seit unserem letzten Treffen wirklich hart an uns gearbeitet." „Das sieht man.", mischte sich auch Lilia in das Gespräch ein. „Wahnsinn was aus deinem Navitaub geworden ist." „Pika.", beschwerte sich meine gelbe Maus. „Keine Angst, ihr alle seit gewachsen und stärker geworden.", beruhigte ich kichernd meinen Kumpel lachend.

„Jetzt wird es Zeit für meinen Kampf! Denen werden wir's zeigen, oder Pikachu?", jubelte Ash und riss seinen rechten Arm in die Höhe. „Pika-Pika-Pikachu!", stimmte dieser eifrig zu. „Na dann, enttäusche mich nicht, Ash!", lachte ich und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.

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