Kapitel 33
Das Meer rauschte mir um die Ohren, die Sonne schien warm vom Himmel und die Wingull krächzten und segelten über den Himmel. Ich lag in meinem blauen Bikini bekleidet, auf meinem Handtuch und ließ mir die Strahlen der Sonne auf den Rücken scheinen. Drei Wochen lagen jetzt schon zwischen Ondula und dem letzten Arenakampf. Wer sich jetzt denkt, dass wir im Urlaubsresort nur faulenzten, hat sich sauber in die Finger geschnitten. Natürlich tat ich in diesem Moment gerade einmal nichts, was mit der Pokemon Liga zu tun hatte, aber wir überquerten schon Täler und Berge, trainierten bei jeder noch so winzigen Möglichkeit und landeten schließlich in Tessera, einem ruhigen, abgelegenen und modernen Örtchen.
Dort erzählten uns Passanten auf der Straße, dass wir uns Abends in das Pokemoncenter verkrümeln sollten, da schon seit Jahrhunderten eine schreckliche Kreatur das Dorf heimsuchte und all diejenigen mitnahm, die sich nachts auf der Straße herumtrieben. Jedenfalls soll dieser Mythos schon seit Jahren an Kindern weitergegeben werden und meiner Meinung nach, soll dies die Kinder nur Angst einjagen, damit diese pünktlich zu Hause waren. N und ich machten uns nichts aus dieser Legende, da diese „Kreatur" höchstwahrscheinlich nur ein Gehirngespinst einiger Leute waren. Außerdem wussten wir beide, dass in der Nähe die Riesengrotte lag, in der Kyurem tief in den Felsen schlummerte. Nach den Ereignissen vergangener Zeiten, war Kyurem bestimmt nicht in unserer Welt, da er sich wahrscheinlich von den Attacken von Team Plasma erholte.
Keine vier Tage später landeten wir in Ondula und entspannten uns dort von unserem hartem Training. Das hatte sich wirklich jeder von unserer Truppe verdient.
Plötzlich stellte sich etwas, oder besser gesagt jemand über mich und versperrte die warme Sonne, die mir bis jetzt auf den Rücken schien. Dieser „Schatten" schüttete mir einen Eimer kaltes Meerwasser über mich und ich fuhr quietschend vom ruckartigen Angriff hoch. Ich blickte verdutzt in N's Gesicht, der mich eiskalt auslachte und die Tatwaffe noch in seiner rechten Hand hielt. Ich starrte den Typen mit offenen Mund an und suchte verzweifelt nach einer passenden Konter, aber spontan fand ich keine, weshalb ich dem Irren auf seinen Rücken sprang. „Ich schwöre dir beim lebendigen Leibe, dass du das kein zweites Mal mehr machst.", lachte ich. „Das werden wir ja sehen.", lachte dieser und rannte mit mir über den honiggelben Sand direkt ins Meer. Dort sprang er mit mir in eine Welle. Ich tauchte auf und schnappte nach Luft. „Na warte!", rief ich empört und schaufelte literweise Wasser in seine Richtung. N rieb sich über sein Gesicht, um das Wasser abzuwehren und ich nutzte die Gelegenheit und tauchte ihn unter. Einen gesamten Nachmittag lang planschten wir im kühlen Nass herum, schnorchelten, sahen uns dabei die Korallen an und schwammen gemeinsam mit den unterschiedlichsten Wasserbewohnern durch das türkis-blaue Meer.
Am Abend setzten wir uns am Strand um das Feuer, das N zündete. Ich legte mir meine weiße Strickweste über, die mir bis zu den Knien ging wenn ich aufrecht stand, zog meine Beine an, umfasste diese mit meinen Armen und beobachtete das Feuer. Hin und wieder knackte ein Ast und durch das Rauschen des Meeres bekam die Situation etwas Atemberaubendes und zugleich wunderschönes. Die leichte Brise, brachte Stimmen und Musik aus dem nahegelegenen Lokal. Durch die beleuchteten Fenster sah man lachende Menschen, die sich mit ihren Getränken zuprosteten.
Meine Gedanken schweiften an den Beginn meiner Reise ab, an dem Tag, kurz nachdem ich Gavina verlassen hatte und N wieder traf. Wir hatten den Tag miteinander verbracht und irgendwie erinnerte mich der heutige Tag stark an den damaligen. Damals hatte ich N meine Sorgen offenbart und er war einfach nur für mich da. Ich lächelte müde und sah weiterhin den glühenden Flammen zu, in denen sich die ganzen Szenen meiner Abenteuer mit N spiegelten.
„Ich bin wieder zurück.", hörte ich eine sanfte Stimme aus der Dunkelheit und als die Person näher kam, erkannte ich N. Er hatte zwei Schüsseln und zwei Stöcke, die an den Enden angespitzt waren, mitgebracht und stellte diese im Sand ab, bevor er sich zu meiner Rechten setzte. In einer der Schüsseln war Teig für Stockbrot, in der anderen waren viele bunte Marshmallow. „Hoffentlich hast du so spät am Abend noch Hunger.", zweifelte N uns sah skeptisch auf das viel zu viele Essen. „Ja klar.", antwortete ich schmunzelnd. N reichte mir einen der langen Stöcke und ich begann, etwas Teig um die angespitzte und saubere Seite zu wickeln und hielt nachher das Brot in das Feuer, damit es braun werden konnte. „Hast den Teig jetzt du, oder jemand anderer zubereitet?" „Ich. Ich habe mir – was das Kochen betrifft – viel von meinen Schwestern angeeignet.", meinte er und hielt seinen Stock ebenfalls in das Feuer. Bei den Gedanken wie N in der Küche stand und Teig zubereitete, musste ich schmunzeln. „Vermisst du sie eigentlich nicht? Ich meine, sie sind zu Hause und du bist hier. Das ist schon ein weiter Weg." „Ja, schon. Aber sie sind ja immer da, wenn ich sie brauche." Das war wirklich wahr! Wenn N in Schwierigkeiten steckte, dann waren die Zwei immer zur Stelle.
Nachdem wir mehr als genug gegessen hatten, bereitete N seine große Picknickdecke aus und wir legten uns auf diese. Der sternenbedeckte Himmel hoch über uns lächelte und strahlte uns entgegen. „Als ich noch klein war, da habe ich immer daran geglaubt, dass jeder einzelner Stern für ein verstorbenes Pokemon steht.", erzählte ich, als es eine Zeit lang still um uns war und keiner ein Wort wechselte. „Wie kam es dazu?", fragte N und legte seine Hände unter seinen Kopf. „Als ich noch ein Kind war, ich glaube, ich war fünf oder sechs, starb Mama's allererstes Pokemon, das sie je bekommen hat. Ihr kleines Dressella. Sie war todtraurig und auch ich liebte dieses kleine Pokemon sehr. Er hat immer im Garten mitgeholfen und mit mir gespielt, egal ob verstecken oder fangen. Eines Tages saß meine Mama schluchzend in der Küche und ich bin auf ihren Schoß geklettert und habe nachgefragt, warum sie denn weint. Mama hat versucht, mir die Lage schonend beizubringen, dass Dressella eben nicht mehr da war. Noch am selben Abend setzte ich mich auf unsere Gartengarnitur und sah zu den Sternen. Die Nacht war genauso wunderschön wie heute. Ich verstand die Welt nicht mehr, da ich mit den Tod noch nie konfrontiert worden und ich immer noch äußerst verwirrt war, warum meine Mutter weinte. Ich wusste nicht, was der Tod bedeutete. Mom kam dann schließlich zu mir und setzte sich neben mich. Schweigend sah ich in den Himmel und plötzlich viel mir ein heller Stern auf. Meine Mom sah ihn ebenfalls und ich begann zu Lächeln. Dann schwafelte ich etwas, dass meine Mutter ein Lächeln bereitete. Ich glaubte tatsächlich, dass Dressella jetzt im Weltall als Stern herum flitzte und dort Unfug trieb, wenn er schon nicht mehr hier war.", erzählte ich die Geschichte weiter und N kicherte leise. Ich lächelte ebenfalls leicht. „Seitdem habe ich auch alleine keine Angst mehr vor der Dunkelheit. Weil ich wusste, dass mich immer jemand bewachte." „Schöne Geschichte.", sagte N und im fahlen Mondlicht erkannte ich, dass er lächelte. „Ich weiß zwar jetzt, dass das alles nicht so ist, also das mit den Sternen, aber irgendwie glaube ich trotzdem noch daran.", gab ich zu. Dann deutete ich in den Himmel und zeigte auf einen hell leuchtenden Stern. „Siehst du ihn? Das soll Dressella sein. Seitdem er hier nicht mehr ist, ist dort oben ein neuer Stern, der nie verschwindet." Ich senkte meine Hand wieder. „An der Geschichte kann schon was Wahres dran sein.", meinte N leise und ich sah ihn leicht überrascht an. Er sah immer noch in den Sternenhimmel hoch und in seinen Augen schimmerten Tränen. Ich lächelte mitfühlend. Eigentlich war es ja nicht der Plan gewesen, ihn schlechte Erinnerungen zu entlocken, da ich eigentlich mit ihm nur eine Kindheitserinnerung teilen wollte. „Ja, er scheint wirklich jede Nacht, auch wenn ihn die Wolken verdecken.", fügte ich flüsternd hinzu. „Dann wäre Kronjuwild auch irgendwo da oben. Siehst du denn Stern dort?", fragte er und deutete weiter östlich auf einen neuen, genauso hellen Stern. „Dann kann dies hier nur mein Freund sein. Dieser Stern ist nämlich auch ständig da. Am selben Fleck.", sprach er und lächelte leicht, während er den Nachthimmel betrachtete. „Beide sind nah beieinander, sie sind bestimmt Freunde. So wie wir zwei hier herunten. Wie schön.", murmelte ich müde und gähnte. Im Halbschlaf kuschelte ich mich an N, der seine Arme um mich legte und schließlich auch einschlief. Ein warmer Abendwind zog über den Strand und das Feuer knisterte und knackte vor sich hin.
Der nächste Morgen brach schnell an und wir wurden von Möwengeschrei und den rauschenden Wellen aufgeweckt. Langsam öffnete ich meine Augen und blinzelte, um mich an den hellen Strahlen der Sonne zu gewöhnen. N schlief noch friedlich und ich befreite mich langsam und vorsichtig aus seinen Arm, um ihn nicht zu wecken. Das Feuer von letzter Nacht war schon gelöscht. Ich sah N beim Schlafen zu und dachte über die Geschichte von gestern nach. N muss auch noch in jungen Jahren einen sehr guten Freund von ihm verloren haben. Und so wie ich G-Cis kannte, hat er den Tod seinem Sohn nicht gerade sanft erklärt. Der düstere Typ war auf gar keinen Fall zimperlich, das hatte ich am eigenen Leibe gespürt. Eine Kindheit kann einem im späteren Leben wirklich prägen. Verhalten sowie Charakter. N tat mir leid. Er musste bestimmt einiges durchmachen und hatte es auch nicht immer leicht. Aber ich hatte keine Zeit, um mir Gedanken darüber zu machen, denn mein Partner riss mich aus diesen. „Pikachu!", rief er und sauste aus der Richtung des Centers zu mir. Auf seinen Rücken trug er eine braune Papiertüte. Pikachu strauchelte, fing sich aber wieder und balancierte die Tüte aus. Schließlich landete er kerngesund bei mir und ich nahm seine Last ab. „Pika-Pika." „Vielen Dank! Das ist wirklich sehr nett, dass du dich um das Frühstück gekümmert hast.", meinte ich und holte das erste Lunchpaket heraus. Mit ihm, viel ein weißer Zettel in den Sand. Ich faltete das Papier auseinander und las leise vor:
„Hier schicke ich euch euer Frühstück und das Essen für unterwegs. Teilt es euch gut ein, ihr zwei! Der weiße Wald liegt am Ende von Route 14, also braucht ihr nur den Wanderweg zu folgen. Der Weg dorthin ist weit, also brecht bald auf. Passt gut auf euch auf und noch viel Erfolg! Schwester Joy."
Lächelnd legte ich den Brief beiseite. Schwester Joy war wirklich eine gute Frau und kümmerte sich mit so viel Hingabe um jeden Besucher.
Ich weckte N und gemütlich aßen wir unser Frühstück. Als wir uns vom Meer verabschiedet hatten, unsere Rucksäcke gepackt waren, ging es weiter zum weißen Wald.
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