Kapitel 3

Mit einem Ruck stand ich vom Tisch auf. „Pikachu geht es wieder viel besser. Meine Behandlung hat angeschlagen und sein Zustand hat sich verbessert.", teilte uns die Schwester mit einem Lächeln im Gesicht mit. Ich atmete erleichtert aus und meine Anspannung löste sich langsam. „Oh vielen herzlichen Dank! Dürfen wir zu ihm?" „Ja, natürlich." Schwester Joy führte uns in ein Krankenzimmer, in dem ein Bett für Pokemon stand. Im Bett lag Pikachu und schlief friedlich. Ottaro hüpfte zu seinen Kumpel und rollte sich vorsichtig bei ihm zusammen. Es sah so aus, als wolle er ihn beschützen. Schließlich klappten auch ihn die Augen zu. „Wisst ihr, wie sich Pikachu diese Verletzungen zugezogen hat?", fragte Schwester Joy und notierte sich ein paar Werte auf ihrem Klemmbrett. „Nein, leider nicht. Ottaro hat uns zu Pikachu geführt und wir haben ihn so gefunden.", antwortete ich. „Aber wir werden bestimmt bald herausfinden, welche grauenhafte Person einem kleinem Pokemon so etwas antun kann. Dafür landet er noch hinter Gittern.", fügte ich hinzu. „Wir gehen zuerst mal nicht davon aus, dass ein Mensch Pikachu solchen Schaden zugefügt hat, aber deine Theorie könnte natürlich stimmen. Diese Verletzung kann er sich nicht auf natürlichen Wege zugezogen haben.", meinte sie und sah besorgt zu Pikachu. „Wichtiger ist jetzt, dass Pikachu wieder gesund wird.", lächelte sie aufmunternd und verschwand wieder. Alles was man jetzt noch hören konnte, waren die gleichmäßigen Atemzüge von uns Vieren.

Ns Pov:

Nach zwei Stunden schliefen meine Beine langsam ein und ich beschloss etwas meine Füße zu vertreten. Emily wollte lieber bei Pikachu bleiben. Eigentlich würde ihr die Ablenkung gut tun, da sie die Maus schweigend betrachtete und auch nicht auf meine Fragen antwortete.

Mit den Händen in den Hosentaschen, spazierte ich den langen Gang hinunter. Seufzend überlegte ich, wer das Pikachu angetan haben könnte. Die Antwort war für mich Glasklar, aber so richtig glauben konnte ich das trotzdem nicht. Emily hatte mit ihren Verdacht recht, aber ob sie den Übeltäter wirklich überführen konnte? Jedenfalls wollte ich mich später darum kümmern. Mit dem Verdächtigen meinerseits hatte ich noch ein Hühnchen zu rupfen.

Nach einer vollen Stunde Fußmarsch durch das Pokemoncenter schlich ich wieder zurück in das Zimmer von Pikachu. Emily war immer noch bei ihm und... schlief. Der Mond schien hell in das Zimmer und warf seine Strahlen auf das Bett. Das braunhaarige Mädchen schlief im sitzen, die Hände und der Kopf lagen auf dem Bett. „Wie kann man nur so schlafen?", fragte ich mich selbst und unterdrückte ein lachen. Ich hob sie vorsichtig auf meinen Arm und trug sie aus dem Zimmer. „Was machst du?", gähnte Emily, öffnete etwas ihre Augen, drehte sich ein wenig und umklammerte meinen rechten Arm. Im Wartezimmer legte ich sie auf das Sofa, fischte eine Decke aus dem Stapel und deckte sie damit zu. Dann setzte ich mich selbst neben sie auf das gemütliche, orange Sofa. Ich konnte momentan kein Auge zu tun. Das mit Pikachu, meinen Freund, beschäftigte mich zu sehr. „Was hast du denn, N?", meldete sich Emily zu Wort. Huh? Ich dachte, sie schlief? „Ist schon gut. Schlaf weiter.", flüsterte ich. Sie legte ihren Kopf auf meinen Oberschenkel und schlief friedlich weiter. Hatte sie gerade... gespürt, dass es mir nicht gut ging? Oder war das nur Zufall?

Emilys Pov.:

Am nächsten Morgen wachte ich zugedeckt auf der Couch im Wartebereich auf. Ich setzte mich auf und streckte mich. Die große Uhr im Raum wies mich darauf hin, dass es bereits acht Uhr war. Ich sah in den Spiegel, indem ich mich von Kopf bis Fuß betrachten konnte. Kurz gefasst: Ich sah richtig scheiße aus. Momentan konnte mich mein Aussehen aber den Buckel runter rutschen. Ich trug immer noch das zerrissene Top, das jetzt ein bauchfreies geworden war. Ich richtete meinen Pferdeschwanz und verließ seufzend den Warteraum.

Leise trat ich in das Krankenzimmer von Pikachu ein. Dieser war bereits wach und rief mir ein freudiges „Pika-chu-chu" zu, als ich hinter mir die Tür schloss. Ottaro brachte Pikachu ein Glas Wasser zum Bett, dass der kleine Patient mit einem Zug leer trank. „Na, wie geht es dir?", fragte ich. „Pika-ka" seufzte er und ich lachte. „Das freut mich. Ottaro, du bist ein guter Krankenpfleger.", meinte ich stolz und wir gaben uns ein High-five. „Eine Frage. Kann das sein, dass du das Ottaro aus dem Labor bist?", fragte ich Ottaro. Das Wasserpokemon sah mich geknickt an. Wahrscheinlich erwartete er jetzt eine Standpauke, aber ich wartete geduldig, bis er zum Sprechen ansetzte. Er erzählte mir, dass er jeden Tag mit Pikachu unterwegs war und sie gute Freunde geworden sind. Aber gestern ist er eben nicht nach Hause gekommen, da es Pikachu nicht gut ging. Als er dann mich und N im Wald gesehen hatte, fielen im tonnenschwere Steine vom Herzen. Er hatte gewusst, dass wir 'gute' Menschen waren. „Du bist also nicht ausgebüchst, weil du deinen Trainer nicht kennenlernen wolltest?" Ottaro schüttelte den Kopf. „Danke. Das wollte ich wissen.", meinte ich und streichelte dem Pokemon über den Kopf. „Gut, dann komme ich später wieder vorbei, ja?", stand auf und ließ die Zwei wieder alleine.

Ich beschloss draußen etwas frische Luft schnappen zu gehen. Unter den wenigen Menschen, die sich hier auf den Straßen herumtrieben, gliederten sich Bell, Cheren und Professor Esche heraus. Zu dritt kamen sie auf mich zu. „Und wie geht es dem Pokemon?", fragte die Professorin. „Ihnen auch erstmals einen wunderschönen guten Morgen!", grüßte ich grinsend zurück. Professor Esche sah verlegen zu Boden. „Gut, zum Glück. Hätten wir Pikachu nicht rechtzeitig gefunden, dann hätte er wahrscheinlich nicht überlebt.", beantwortete ich ihre Frage. Bell sah mich leicht verwirrt an. „Wen meinst du mit 'wir'?" Ich sah sie etwas erschrocken an. „Äh, nichts... niemanden.... hab mich.... nur versprochen, haha.", versuchte ich mich aus der Patsche zu retten. Professor Esche sah mit hochgezogener Augenbraue zwischen mir und meinen Freunden hin und her. „Ach ja, ich habe Ottaro gefunden. Er hat uns... mich zu Pikachu geführt. Er hat sich jeden Tag mit Pikachu getroffen und gestern hat er Pikachu eben krank aufgefunden. Ottaro hat seinen Freund sozusagen das Leben gerettet.", informierte ich die Professorin. Puh, ich hatte gerade noch so die Kurve gekratzt. „Dieser kleine Ausreißer.", lachte sie.

„Emily? Ich bin hier, um euch das Pokemoncenter zu erklären, aber ich schätze, du brauchst keine Hilfe mehr, um dich zurecht zu finden. Habe ich recht?" „Nein, Frau Professor. Ich kenne mich jetzt relativ gut aus." „Dachte ich mir. Oh, bevor ich es vergesse. Deine Mutter hat mir einen Rucksack mitgegeben, in dem du alles für deine Reise findest. Falls du doch etwas Vermissen solltest, schickt dir deine Mutter alles ins nächstgelegene Pokemoncenter." „Vielen Dank." Ich nahm den schwarzen Rucksack entgegen und schulterte ihn sogleich. „Ah und noch etwas. Im Rucksack sind Pokebälle und ein Pokedex.", fügte sie noch hinzu. „Und der Pokeball von Ottaro ist auch enthalten!", rief sie noch über die Schulter hinweg. Dann trottete sie mit Bell und Cheren im Schlepptau ins Innere des Centers.

Ich sah mich während des Tages etwas in Gavina um. Viel Interessantes gab es nicht gerade zu sehen. Gavina war ja auch nur eine Kleinstadt. Also beförderte ich mich mit einer Kugel Himbeereis in den Park der Stadt, als plötzlich mein Visocaster klingelte. Als ich abnahm, sah ich Schwester Joy am anderen Ende der Leitung. „Hallo? Emily?" „Ja, Schwester Joy? Was gibt es denn?" „Oh gut. Ich habe doch deine Nummer erwischt.", lachte sie. „Ich wollte dir nur ausrichten, dass ich Pikachu heute Abend wieder entlasse. Ihm geht es fantastisch und er unterhält die gesamte Krankenstation." Ich lachte in den Hörer. „Na, das ist doch wunderbar. Dann komme ich heute Abend vorbei. Ciao.", beendete ich das Gespräch. Ich steckte das Telefon weg, machte einen Freudensprung und jubelte. Dafür erntete ich einige verwirrte Blicke von den Leuten, die im Park waren. Ich setzte mich nichts desto trotz unter den Baum im Park und sah in den Himmel.

Meine Gedanken schweiften zu N ab. Wo war der Typ eigentlich? Ich wollte ihm die gute Nachricht überbringen, aber er war unauffindbar und seine Nummer hatte ich auch nicht. Irgendwie fehlte er mir. Wieso war er auch abgehauen? Er hätte zumindest „Auf Wiedersehen" sagen können. Außerdem fühlte ich mich... na ja, wohl bei ihm. Er war anders als alle anderen Menschen, die ich bis jetzt kannte. Und es lag nicht nur daran, dass er grüne, lange Haare hatte, die er unter seiner grauen Mütze versteckte. „Argh, an was denkst du denn schon wieder?", schimpfte ich mich leise, damit ich nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregte.

Die Sonne versank schon hinter dem Pokemoncenter, als ich mich wieder dorthin begab. Ottaro und Pikachu sprangen mir entgegen, als sich die Tür hinter mir schloss. „Na, alles fit?", fragte ich die zwei und hockte mich auf den Boden. „Pika." „Otta." „Finde ich gut.", kicherte ich. „Also Pikachu. Es ist Zeit nach Hause zu gehen.", meinte ich. Die beiden ließen ihre Köpfe sinken und starrten traurig auf meine Füße. „Pikachu." „Ich habe euch auch lieb.", flüsterte ich traurig. „Otta- Otta- Otta?", schlug Ottaro vor. „Ob ihr mit mir mitkommen dürft? Ottaro, du bist sowieso mein erstes Pokemon, dass weißt du doch.", lachte ich. „Ottaro." „Du wirst nicht mit mir mitkommen, wenn ich Pikachu hier lasse, oder?" Ottaro verschränkte seine Arme und nickte. Die zwei waren beste Freunde, das merkte man. „Aber das kannst nicht du entscheiden, sondern das ist Pikachus alleinige Entscheidung.", klärte ich das Wasserpokemon auf. „Pikaaaa.", quietschte die Elektromaus. „Aha, das hast du jetzt beschlossen.", lächelte ich. Gespannt warteten sie auf eine Reaktion von mir. „Ich wäre der dümmste Mensch hier auf Erden, wenn ich zwei so gute Freunde wie euch einfach hier lasse. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie glücklich ich wäre, wenn wir gemeinsam Einall unsicher machen.", gab ich meine Entscheidung kund. Die beiden Pokemon quietschten und hüpften vor mir auf und ab. Ich befahl Ottaro in seinen Pokeball zurück und Pikachu drückte auf den weißen Knopf eines Pokeballs und beförderte sich somit ins Innere. Eine Weile lang rührte sich nichts und ich dachte, die zwei nisteten sich ihren Heimatstätten ein, doch dann sprangen die Bälle wieder auf und beide materialisierten sich vor mir. „Einverstanden, ihr dürft hier draußen bleiben."

Mein Blick fiel auf die Elektromaus und den Narben, über die noch sein Fell wachsen würde. Mir wurde wieder in Erinnerung gerufen, was ich Pikachu fragen wollte. „Pikachu? Wie ist das mit deinen Arm passiert?" „Pikaa-ka." „Ein Mann in einer Rüstung wollte dich einfangen, aber du bist ihm entkommen?" „Pikka!" „Was?! Er hat mit Steinen nach dir geworfen und du bist eine Felswand hinunter gefallen?" Entsetzen war mir ins Gesicht geschrieben. Mein Mund stand weit offen. Welche grausame Person das auch immer war, der konnte etwas erleben! Ottaro hüpfte hoch und schloss meinen Mund, danach lächelte er zufrieden.

„Wie wäre es mit einem Abendspaziergang?", fragte ich beide und streckte meine Arme aus. Ottaro und Pikachu balancierten diesen bis zu meiner Schulter hoch und brüllten mir ihre Namen zustimmend ins Ohr. „Ich habe es laut und deutlich vernommen.", lachte ich und marschierte mit meinen zwei neuen Begleitern aus dem Pokemoncenter.

Am Marktplatz ging es für die späte Abendstunde noch ziemlich zu und so wurde auch ich neugierig und wanderte zu der immer mehr werdenden Gruppe. Alle starrten gespannt auf den Rasen und ich entdeckte auch N in der vordersten Reihe.

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