Kapitel 25
Langsam wurde ich richtig hibbelig und ungeduldig. Ich stand schon eine volle Stunde vor dem Pokemoncenter und wartete auf die Ankunft von Geraldine. Ein lauter Aufschrei eines Pokemons bekam meine volle Aufmerksamkeit und ich suchte den Himmel nach dem Pokemon ab. Ein riesiges Flugpokemon flog oberhalb des Pokemoncenters und suchte einen Landeplatz.
Ich lächelte leicht, als Geraldine mit Swaroness am Boden landete und von ihrem weiß-blauen Schwan sprang. Mit einem Koffer, der höher als breit war, ging die Arenaleiterin auf mich zu. Ich spürte eine starke Präsenz, die vom Koffer aus ging. Die Präsenz von Reshiram. „Emily! Pass gut auf dich und den Lichtstein auf", sprach die Arenaleiterin, als sie mir den Koffer überreichte. „und viel Glück!" Ich nickte dankend und sah ihr zu, wie sie auf Swaroness kletterte und in die aufgehende Sonne davonflog. „Es wird Zeit.", flüsterte ich Pikachu zu, der auf meine Schulter sprang. „Pika.", hauchte er. Mit dem Koffer in den Händen ging ich in den Wald und schlug einen Trampelpfad ein, der zur Drachenstiege führte. Je näher ich zur Drachenstiege kam, desto schneller wurde ich. Zum Ende hin rannte ich förmlich. Hinter einigen Zweigen und Ästen plätscherte Wasser. Ich trat auf die mit Blumen besetzte Grünfläche und sah auf das azurblaue Wasser. Die Wasseroberfläche spiegelte die Sonnenstrahlen wider und fing auch die weißen Wolken auf, die oben am Himmel vorbeizogen.
„Bei allen...", staunte ich und schluckte laut die Spucke weg, die sich in meinem Mund ansammelte. Inmitten des blauen Wassers zog sich die Drachenstiege in die Höhe. Der Turm konnte sich locker mit einem vierzig stöckigen Hochhaus messen. Ich schweifte die steinerne Mauer ab, doch einen Eingang konnte ich nicht entdecken. Ohne den Blick von dem verwachsenem Turm abzuwenden, zog ich Navitaubs Pokeball und schleuderte diesen in die Luft. „Navi-Navi!", begrüßte mich mein Flugpokemon, doch Unsicherheit lag in seiner Stimme. Navitaub musste also auch die Gegenwart von Reshiram spüren. „Navitaub? Könntest du eine Runde um das Anwesen fliegen und nach einem Eingang suchen?", bat ich das Pokemon, das daraufhin nickte und mit dem Schwung eines aufziehenden Windes davonflog. Seufzend ließ ich mich in das Gras zwischen den Blumen fallen und wartete gespannt auf die Rückkehr von meinem gefiederten Freund. Keine zwei Minuten später flatterte das graue Pokemon aufgeregt zu mir zurück und landete vor mir. „Navitaub.", berichtete er kurz und knapp. „Sehr gut, danke Navitaub." Ein Herzschlag verging, bevor ich weitersprach: „Schaffst du es, den Koffer mit dem Lichtstein zum Eingang zu fliegen? Pikachu und ich schwimmen dir hinterher." „Navi-vi.", stellte Navitaub selbstbewusst fest, hob den Koffer mit seinen Krallen an und flog davon. Pikachu sprang auf meine Schulter und kletterte weiter auf meinen Kopf. „Also gut Pikachu, Zeit baden zu gehen.", grinste ich und köpfelte in das kühle Nass. Ich paddelte so schnell ich konnte Navitaub hinterher. Das Ufer und der Eingang, der nicht natürlichen Weges entstanden sein konnte, kam immer näher. Ich kletterte ans Ufer und kniete mich zuerst einmal ins Gras. Wasser triefte aus meiner Kleidung und erschwerte mir das Gehen um einiges. „Denkt ihr, dass da jemand ein Loch mit Gewalt hineingeschlagen hat?", fragte ich meine Begleiter. Pikachu zuckte nur mit seiner Schulter und auch Navitaub hatte nicht mehr zu sagen.
Navitaub hatte sich auf den Koffer gesetzt und es schien schon fast, als ob er den Lichtstein mit seinem Leben bewachen würde. „Gut gemacht, Navitaub.", lobte ich meinen fliegenden Freund. Ich schnappte mir seinen Pokeball vom Gürtel und richtete ihn auf Navitaub, doch dieser wich dem roten Strahl aus und erhob sich in die Lüfte. „Navi!", rief er empört und verpasste mir ein dickes grinsen. „Na gut, du fliegst immer voraus und berichtest uns, ob auch alles okay ist.", gab ich lächelnd nach. Vielleicht war es wirklich keine schlechte Idee, Navitaub vorauszuschicken, damit er uns über die Lage informieren konnte. Mein Flugpokemon zwitscherte fröhlich und flog in die Dunkelheit des Turmes davon. „Komm Pikachu.", sprach ich motiviert und lief ohne Furcht mit dem Koffer in der Hand in das Innere.
Die Drachenstiege war wie ein brüchiger Irrgarten. Wasser tropfte von der Decke und bildete Pfützen am Boden. Wenn ich mich nicht täuschte, sah ich sogar eine Stelle unter Wasser gesetzt. Es sah so aus, als ob hier der Boden unter dem Turm nachgab. Von innen ähnelte das Gebäude einer Ruine. Überall waren umgestürzte und zerbrochene Säulen und einige Flächen an der Decke waren offen. Ich vermutete, dass dies die weiteren Etagen waren. „Taub.", hallte die Stimme von Navitaub durch den Gang. Er hatte eine Treppe gefunden, die weiter hoch führte. „Sehr gut.", murmelte ich, als ich die Silhouette der Stufen erkannte. An der Wand hingen Fackeln und befreite Fukano aus seinen Pokeball. „Fukano? Siehst du die Fackeln? Sei so lieb und zünde sie mit einem Flammenwurf an.", flüsterte ich. Ein rot-orange-gelber Strahl kroch langsam auf die erste Fackel zu und blitzte kurz darauf in Flammen gehüllt auf. Die Fackel war mit weiteren verbunden, die sich die Treppe hoch von selbst entflammten. „Jetzt sehen wir besser, wo wir hintreten.", meinte ich und rief Fukano wieder in seinen Pokeball zurück. Ich begann die Wendeltreppe hoch zu steigen und kam nach endlosen Stufen in einer weiteren beleuchteten Raum an. Die Fackeln mussten sich das ganze Bauwerk hochziehen. Ich stöhnte, als ich die umgefallenen Säulen betrachtete. „Das sieht ganz nach einem Labyrinth aus.", seufzte ich und sah auf das marmorierte Säulengemetzel. Langsam schritt ich in den Irrgarten hinein. „Auf in den Kampf.", murmelte ich noch meinen Pokemon zu, bevor ich nach links ging.
***
Ich steckte immer noch im Irrgarten fest. Ich bog um die nächste Ecke und stieß ein genervtes Stöhnen aus. „Sackgasse." In diesem blöden Säulen wirrwarr lief ich schon einige Stunde umher und hatte mich schon zigtausende Male verlaufen. Laut Navitaub waren wir schon in der Mitte. Das Pokemon gönnte sich in seinem Pokeball eine Pause, da er mit der Zeit langsam müde wurde. Ich atmete einmal laut aus und sah dann zu Pikachu. „Lass uns weitergehen. Es bringt uns nicht weiter, wenn wir hier alt und grau werden.", beschloss ich schließlich und marschierte mit Pikachu auf der Schulter zurück. Wieder kamen wir um eine Ecke und ich hoffte, dass wir dieses mal richtig waren. Unerwartet schoss eine weitere Person um die Kante und rannte geradewegs in mich hinein. Ich hörte den Koffer aufschlagen und noch einen dumpfen Schlag in Folge, als ich schließlich selbst mit dem Hintern auf den Boden landete. Schnell setzte ich mich aufrecht hin und sah meinem Gegenüber direkt in die Augen. „N?", flüsterte ich. „Ja?", kam eine fast tonlose Antwort zurück. Ich lächelte kurz, als sich N vor mir auf die Beine rappelte. „Tut mir leid. Ich habe nicht damit gerechnet, dass noch jemand hier ist. Ich dachte, du bist schon oben angekommen.", entschuldigte N sich. Er streckte mir seine kräftige Hand hin und half mir ebenfalls auf die Beine. „Schon gut, das hat ja niemand kommen sehen.", antwortete ich. „Nur, wo sind die Koffer?", fragte ich verwundert. N sah durch den schmalen Gang und deutete auf einen Fleck. „Dort.", sagte er. Wir hoben unsere grauen Boxen auf. „Wir könnten zusammen weitergehen, wenn wir uns schon mal gefunden haben.", schlug ich vor und N lächelte zustimmend.
Nach einigen Sackgassen und Ecken später, standen wir in der nächsten Endstation. „Wir sind jetzt bestimmt jeden Gang zweimal abgelaufen, haben aber keinen weiteren Weg gefunden.", seufzte ich und setzte mich auf den Boden. „Führt überhaupt ein Weg hier hoch?", fügte ich enttäuscht hinzu. N rutschte mit dem Rücken an der Wand zu mir auf den Boden und grinste schelmisch. „Du gibst doch nicht auf, oder?", fragte er. Der ernst in seiner Stimme war genauso groß wie ein ausgewachsenes Dedenne. „Spinner," grinste ich. „du weißt doch, dass ich nie aufgebe." Ich stieß ihn leicht mit meiner Schulter an und er lachte kurz auf. Die gesamte Situation war etwas angespannt und es tat gut, sie aufzulockern. „Das Problem ist, dass wir hier am Boden keine Orientierung haben. Wenn wir von ober herabsehen könnten, würden wir den Weg finden.", überlegte er. „Ich weiß. Navitaub ist zu schlapp um uns zu helfen.", warf ich ein. Plötzlich hatte ich einen Gedankenblitz. „Wir können zwar nicht fliegen lernen, aber dafür können wir klettern.", sprach ich sogleich meine Idee aus. N sah mich verdutzt an. „Wenn wir es schaffen, auf die Stützen zu klettern, dann können wir darüber balancieren...", erklärte ich. „und wenn wir auf den Säulen sind, dann haben wir bessere Sicht.", ergänzte N meine Idee. „Ja." Ns Miene hellte sich auf: „Du Genie!" „Jetzt müssen wir nur da hoch.", holte ich N aus seinen Gedankengängen zurück. „Kein Problem. Da vorne liegen Felsbrocken. Die können wir als Aufgang benutzen.", erwiderte N. In Windeseile hatten wir die andere Raumseite erreicht und waren einen Stock höher. „Geschafft.", jubelte ich. „Fast.", äußerte sich N. Stimmt, wir waren ja auch noch nicht ganz oben. Je höher wir kamen, desto brüchiger wurde der Boden und desto besser musste man aufpassen, wohin man trat. N ging immer voraus und tastete sich langsam über den Boden.
Die Etage, auf der wir uns momentan befanden, war bis jetzt die Gefährlichste, da man auf beiden Seiten sehr tief fallen konnte. Dann geschah das, was niemand wollte, das passierte. Der Boden gab unter mir nach und ich ließ den Lichtstein fallen, um mein eigenes Leben zu retten. Meine Finger bekamen den Bodenrand zu fassen und unter mir bröckelte der Untergrund davon. „N! Hilf mir!", rief ich panisch. Sofort war der Grünhaarige bei mir und stellte die Box ab. „Ich kann mich nicht mehr lange halten.", stieß ich heraus. Meine Finger glitten vom Bodenrand ab und ich verlor den Halt. Bevor mich die Dunkelheit der Tiefe verschluckte, federte ich ab und sah hoch. N hatte sich mein Handgelenk geschnappt und versuchte mich hoch zu ziehen. „Emily! Gib mir deine andere Hand!", rief er außer Atem. Auch er rutschte langsam ab. „Lass mich los, sonst sterben wir beide!", rief ich. Die Lage war aussichtslos. Ich sah kurz hinunter und mein Herz begann wie wild zu rasen. „Dann sterben wir beide! Ich lass dich nicht alleine und ohne dich will ich auch gar nicht am Leben bleiben!", entgegnete er. Hatte er das gerade wirklich gesagt, oder bildete ich mir das nur ein? „Emily, deine zweite Hand!", hörte ich N ächzen. Schnell griff ich nach seiner Hand und der Grünhaarige stemmte die Füße gegen einen Felsen und zog mich hoch. Einige Sekunden später hatte ich wieder festen Boden unter den Füßen und atmete erst mal durch.
„N! Danke!", bedankte ich mich bei ihm. Ich zitterte am ganzen Leib und N nahm mich vorsichtig in eine warme Umarmung. „Wie schon gesagt. Ich lass dich nicht hängen.", flüsterte er und löste sich langsam aus der Umarmung. „Der Lichtstein... ich muss ihn holen gehen.", sagte ich bestimmt, als ich meinen Mut wiederfand. Navitaubs Pokeball sprang auf und er materialisierte sich. Ohne nur einen Pieps von sich zu geben, stürzte er in den Abgrund.
„Ich vermute, dass sich um den Lichtstein schon jemand kümmert.", beruhigte mich N. Ich nickte. Es war wundervoll wie mich meine Pokemon unterstützten. „Glaubst du, er schafft es den schweren Koffer so weit hochzufliegen?", fragte ich N, der mich auf die andere Seite führte. „Vertrau ihm.", antwortete er lächelnd.
Von unten kam ein hellblauer Strahl hochgeschossen. Mit ihm, ein großes Geschöpf. Dieses Wesen hatte meinen Koffer zwischen den Krallen und flog direkt auf mich und N zu. „Fasasnob.", brachte er keuchend heraus und landete. „Du hast dich weiterentwickelt.", bewunderte ich mein Pokemon begeistert. Nur Fasasnob sah nicht gut aus. „Fas-...", begann das Pokemon, brach aber ab und fiel erschöpft in einen Schlaf. „Warum beeilen?", fragte ich und stürmte zu meinen Pokemon. Liebevoll streichelte ich über das Gefieder. „Komm, wir müssen uns sputen.", meinte N. Sorge prägte seine Stimme und auch in seiner Mimik spiegelte sich etwas Angst wider. Der rote Strahl zog Fasasnob zurück in seinen Pokeball. Ich hauchte ihm noch ein „Danke" entgegen und hetzte dann N hinterher. Hinter mir schoss erneut ein blauer Strahl hoch und zerstörte die letzte Möglichkeit, die Seiten zu wechseln. „Was zum...", entfuhr es mir entsetzt. „Los, Beeilung!", rief mir N über die Schulter zu und ich stolperte ihm hinterher.
Endlich waren wir oben angekommen. Das Bauwerk war oben aufgebrochen und der Himmel war in einem wunderschönen orange-lila gehüllt. Die Plattform war ebenfalls mit Säulen ausgestattet, die anders angeordnet waren, als die anderen Stützen. Links waren die Säulen in einem Kreis angeordnet und hatten die Form einer Flamme. Die rechte Seite war mit steinernen Blitzen versehen. Ich sah noch einmal kurz zu N, der mir aufmunternd zunickte und dann rechts in den Kreis wanderte. Ich folgte den linken Weg. Meine Arme griffen automatisch zur Box und öffneten diese. Im Koffer lag der rot-orange-marmorierte Stein, den ich in meine Hände legte. Zum ersten Mal hatte ich den Lichtstein in der Hand. Flammen schossen aus dem Stein und umhüllten mich. Jeder normale Mensch würde Verbrennen, aber das Feuer löste ein wohliges Befinden in mir aus. Ich spürte am eigenen Leibe die Gegenwart von Reshiram.
Ich legte den Lichtstein in eine erhöhte Einkerbung und ließ das Geschehen seinen Lauf. Am Boden füllten Flammen die Schlitze, die zu einem Muster wurden. Das Motiv war eine Sonne, dessen Strahlen je zu einer Säule gehörte. In den Säulen zogen sich spiralförmig Flammen bis zur Säulenspitze hoch, die sich dort weiter aufluden. Der Lichtstein begann zu schweben und die Flammensäulen schossen das Feuer auf den Lichtstein ab, der daraufhin über den Säulen schwebte. Er feuerte einen roten Strahl gen Himmel ab und dieser verdunkelte sich von einem Atemzug auf den anderen. Graue Wolken zogen auf und kündigten einen Sturm an. Der Lichtstein vergrößerte sich, bis ein schrecklicher Schrei die Luft durchschnitt und der Lichtstein sich in tausenden von Glitzerplättchen auflöste und auf mich herabregneten. Ein Pokemon, größer als man es sich vorstellen konnte, umhüllt von schlagenden und lodernden Flammen, landete vor mir. Mit einem weiteren Schrei und einem kräftigen Flügelschlag, verbannte das Pokemon die um sich tanzenden Flammen. Ich zog schützend die Hände vor mein Gesicht. Das Feuer rauschte an mir vorbei und schließlich war die Umgebung in Stille gepackt. Die dunklen Wolken verschwanden und eine klarer Sternenhimmel funkelte uns entgegen. Es wehte ein leichter Wind und ich sah zu Reshiram empor und lächelte. „Du hast es geschafft.", waren die ersten Worte des mächtigen Pokemon. „Reshiram.", lächelte ich. Die Präsenz war nun doppelt so stark als vorher. „Und jetzt?", fragte ich. Reshiram nickte auf die andere Seite der Plattform. N stand bereits mit Zekrom im Hintergrund in der Mitte und wartete auf uns. Am Grund unter N hatte sich eine Schrift geöffnet. „Wenn Flammen und Blitz zur selben Zeit aufleuchten, kann die Welt gerettet werden.", las N vor. „Du kennst die alte Schrift von Einall?", fragte ich beeindruckt. Der Grünhaarige nickte. Alles schien so friedlich, bis uns ein scharfes: „Halt! Keine Bewegung und niemanden passiert etwas!", zusammenzucken ließ.
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