Kapitel 18
Ich erwachte in kompletter Dunkelheit. Eine mir bekannte Stimme flüsterte meinen Namen. „Wer bist du?", wagte ich es zu fragen. Meine Augen waren weit geöffnet und bereit, jeder denklichen Gefahr zu trotzen und dies meinem Gehirn zu melden, damit dieses richtig reagieren konnte. Langsam stand ich auf und sah mich vorsichtig um. Außer Dunkelheit war hier nichts. Meine Schritte hallten und es fühlte sich so an, als ob ich in einer Tropfsteinhöhle war. Hinter mir hörte ich ein Flügelschlagen und ich wirbelte herum. Es blickten mich wieder diese zwei Augen an. Diese Augen, die ich schon in meinem letzten Traum zu sehen bekam. Diesmal waren sie voller Kummer und Sorgen. „Was hast du?", fragte ich besorgt. Ich hatte schlagartig keine Angst mehr und alles was ich jetzt fühlte war pures Mitleid mit dem Fremden. „Es werden schlimme Zeiten eintreten, wenn du uns nicht hilfst.", sagte die sanfte Stimme traurig. „Wie kann ich dir helfen? Hat das alles mit Team Plasma zu tun?" Ich machte einen Schritt auf den Unbekannten zu. „Hör zu.", unterbrach mich die Stimme sanft und verleitete mich, stehen zu bleiben. „Zuerst musst du mich finden. Du weist wer ich bin." Die Stimme verhallte zum Ende hin. Es waren wieder Flügelschläge zu hören und ich verlor den Boden unter den Füßen.
Ich schlug meine Augen auf und setzte mich ruckartig auf. Pikachu fiel vor Schreck aus meinen Bett. „Pika.", beschwerte er sich und rieb sich seinen Kopf. „Entschuldigung, das wollte ich nicht!" Ich hatte schon ziemlich eigenartige Träume in den letzten Tagen. Immer wieder tauchten diese Augen auf und die Stimme wollte mir etwas Erzählen, aber es endete immer gleich.
Ich hob Pikachu zurück auf das Bett und strampelte die Bettdecke weg. Dann watschelte ich auf den Balkon. Die Sonne schien mir warm in mein Gesicht. Einige Vogelpokemon sangen ihre Lieder. Ich schloss meine Augen und genoss den Moment. Auf den Straßen herrschte schon reges treiben. Erwachsene bahnten sich einen Weg durch Menschengruppen, die ihnen im Weg standen. Meine Gedanken schweiften zu meinen Traum ab. Ich wurde traurig, als ich mich an die besorgten und kummervollen Augen zurück erinnerte. Ich überlegte, wer oder was der Unbekannte sein könnte. Auf jeden Fall konnte es kein Mensch sein, da der Unbekannte Flügeln besaß. Wie konnte ich den Unbekannten finden? Ich kannte ihn nicht. Oder zumindest glaubte ich das. Der Unbekannte meinte, das ich ihn schon einmal gesehen hatte. „Pikachu.", riss mich mein kleiner, gelber Partner aus den Gedanken. Er stupste mich am Bein an und sah zu mir hoch. Ich lächelte ihm zu und antwortete: „Ja, lass uns frühstücken gehen." Pikachu hüpfte vor Freude und sauste zur Tür voraus. Er sprang zur Türschnalle hoch und öffnete die Tür. Ich lachte kurz, schnappte mir meinen Rucksack und schloss dann die Tür hinter mir. Pikachu war mit einem Satz auf meiner Schulter und wir spazierten zum Frühstücksbuffet hinunter.
Ich klappte das Prospekt auf, das mir Schwester Joy gab. Im Prospekt waren alle Sehenswürdigkeiten von Rayono City aufgezeichnet. Das Musical, die Sporthallen, der Vergnügungspark und die Kampfmetro. Die Kampfmetro war eigentlich ein Zug und ich wunderte mich, warum es gerade Kampfmetro hieß. Einer dieser Züge fuhr nach Ferrula. „Mhm, interessant.", murmelte ich, als ich durch die Infos las. „Hey Pikachu, hast du Lust nach Ferrula zu fahren?", fragte ich meinen kleinen, gelben Freund, der neugierig von meiner Schulter in das Prospekt lugte. Er stimmte mit einen „Pikachu" zu und ich ging die Hauptstraße entlang, in der die Metro lag. Ich stand nun vor dem Gebäude und betrat das große Tor. Eine endlos lange Stiege führte zu den einzelnen Bahnsteigen. Auf der großen Anzeigetafel las ich die Fahrzeiten der Züge. Der Zug, der uns nach Ferrula brachte fuhr um Punkt 12 Uhr ab. Mein Blick schweifte auf die große Uhr, die mitten in der Eingangshalle angebracht war. Es war 11:59 Uhr. Warte, 11:59 Uhr?! „Mist!", rief ich und sprintete los. Ich hatte eine Minute Zeit, den Zug zu erwischen. Ich bahnte mir einen Weg durch die vielen Menschen, bis ich den Zug sah. Die Tür stand noch speerangelweit offen und ich sprang zusammen mit einem anderen Mädchen in den Waggon.
Wir lagen beide lachend am Boden. Ich war schneller auf den Beinen und ich streckte dem Mädchen meine Hand hin. Lächelnd nahm sie meine Hand und bedankte sich. Sie klopfte sich ihre Hose ab und hob ihre Tasche vom Boden auf. „Tut mir leid, ich habe dich nicht gesehen.", entschuldigten wir uns gleichzeitig. Ihre blauen Augen funkelten amüsiert. Ich kicherte kurz. Das Mädchen schien sehr sympathisch zu sein. „Ich heiße Emily und das auf meiner Schulter ist Pikachu.", stellte ich mich freundlich vor. „Hey, ich heiße Anna und das hier ist Zorua." Sie öffnete ihre Tasche und ein kleines, graue-rotes Pokemon steckte seinen Kopf aus der Tasche und gähnte ein herzhaftes „Zor". „Bist du süß.", entfuhr es mir leise und brachte Anna damit zum Lächeln. Sie setzte sich auf die Bank und kramte in ihrer Tasche herum. Ihre orangenen Haare fielen ihr in das Gesicht. Ich sah währenddessen auf den Boden. Mir fiel auf, dass am Boden ein Kampffeld aufgezeichnet war und der Waggon generell sehr großräumig war.
„Ähm, wieso ist da ein Kampffeld aufgezeichnet?", fragte ich Anna verwundert. Sie lächelte mich an und erklärte: „Die Metro ist deshalb so besonders, da man während der Fahrt Kämpfe austragen kann." Anna kramte erneut in ihrer Tasche herum und zog einen elektrischen Reiseführer heraus. „Heute finden Doppelkämpfe statt.", beendete sie. „Klasse!", rief ich begeistert. Schon ging die Waggontür auf und zwei Jungs traten ein. „Hey! Wir fordern euch zu einem Kampf heraus.", sagte einer der beiden und zeigte mit den Zeigefinger auf uns. Anna und ich sprangen gleichzeitig von unseren Sitzen hoch. „Herausforderung angenommen.", schoss es aus mir heraus. Wir stellten uns gegenüber auf. Die beiden Jungs zogen ihre Pokebälle und ein Toxiped und ein Ganovil erschienen. Nachdem ich beide Pokemon eingescannt hatte, zog ich Yorkleffs Pokeball. „Yorkleff, komm raus!", rief ich und warf den Pokeball. Yorkleff kläffte mich fröhlich an und wandte sich dann seinen Gegnern zu, die er herausfordernd anknurrte. Anna wählte Zorua und schon startete der Kampf. „Yorkleff, leg mit Biss-Attacke los." „Zorua, Tackle!", befahl Anna. Schon schossen unsere Pokemon los. Nach einigen Attacken, die zwischen den vier Pokemon hin und her schossen, gingen die gegnerischen Pokemon erschöpft zu Boden. Anna und ich lachten und fielen uns jubelnd um den Hals. Enttäuscht setzten sich die Jungs auf die Bank. „Das war ein toller Kampf. Ihr seid wirklich sehr stark.", munterte ich die beiden wieder auf. Tatsächlich brachten sie ein Lächeln über die Lippen.
„Emily? Wir müssen in den nächsten Waggon.", sagte Anna und deutete mir mit ihrer Hand, ihr zu folgen. Wir schlenderten in den nächsten Abteil und setzten uns dort hin. „Ach ja!", begann Anna. „Wenn wir zehn Siege in Folge gewonnen haben, gibt es einen besonderen Kampf.", erklärte Anna. „Cool.", meinte ich beeindruckt.
Anna und ich gewannen einen Kampf nach den anderen, obwohl die Gegner bis zum Ende hin immer stärker wurden. Eine Lautsprecherdurchsage sagte uns, dass wir bereits in Ferrula angekommen waren. „Herzlichen Glückwunsch an Anna und Emily. Ihr habt zehn Kämpfe in Folge gewonnen. Ihr seid dazu Eingeladen, gegen die Metromeister Hin und Her anzutreten.", beendete die Durchsage. „Das ist also der besondere Kampf?", fragte ich und Anna nickte. Die Türen öffneten sich und wir betraten den Bahnsteig von Ferrula.
Ferrula war ein kleines Dörfchen am Rande eines Berges. Die Bewohner versuchten auf den Straßen Souvenirs an Touristen zu verkaufen. Anna und ich schmökerten durch die einzelnen Marktstände. An einem Stand blieb ich stehen. Zwei Figuren, die aus Holz geschnitzt waren, waren ausgestellt und standen zum Verkauf. Als ich sie näher betrachtete, stellte ich fest, dass es sich um die legendären Pokemon, Reshiram und Zekrom handelte. „Wie viel kosten diese beiden Figuren?", fragte ich den Standbesitzer, der ein älterer Herr war. „Ach, die zwei Figuren.", krächzte er. Er seufzte auf, als ich ihn erwartungsvoll ansah und er sich durch seinen Bart fuhr. „Nimm sie, du kannst sie haben.", meinte er und packte jede Figur einzeln in einen kleinen Beutel. „Vielen Dank, dass ist wirklich sehr nett von Ihnen.", bedankte ich mich und nahm die Figuren an mich. Ich gab ihm dennoch einen kleinen Geldbetrag. Solch einen netten, älteren Herren traf man nur selten. „Eine Frage hätte ich noch. Wissen sie etwas über diese legendären Pokemon?" Er schüttelte seinen Kopf und zeigte dann auf ein Haus, das ganz oben am Dorfrand stand. Ich folgte seiner Hand und er sagte: „Aber frag doch die Dorfältesten. Sie sind Zwillinge und kennen sich mit den Legenden von Einall aus. Vielleicht können sie dir ja weiterhelfen?" Ich bedankte mich bei ihm, nahm Annas Hand und rannte mit ihr die Bergstraße hoch.
Wir klopften an die Tür und eine der beiden Zwillinge machte auf. „Guten Tag, ich bin Emily. Mir wurde gesagt, dass sie sich mit den Legenden der Einallregion auskennen." Die Damen begann zu lächeln und ließ uns in das Haus. Sie rief: „Thea, wir haben Besuch!" Aus einem anderem Raum hallte es zurück: „Oh wie schön! Ich komme gleich, Astrid!" „Setzt euch erst mal, ihr Lieben.", sagte Astrid. Thea brachte Tee und Kuchen und gesellte sich zu uns dazu. „Also, was möchtet ihr denn wissen?", fragten sie gleichzeitig. Ich holte die Holzfiguren heraus und sagte: „Alles über Reshiram und Zekrom bitte." „Also, gut.", begann Thea. „Reshiram hat die Macht, die Welt mit seinen Flammen einzuäschern. Das Pokemon hilft allen die nach Wirklichkeit streben." „Zekrom hingegen.", fuhr Astrid fort. „Erzeugt mit seinen Schweif Strom. Es verbirgt sich hinter dichten Gewitterwolken und fliegt durch den Luftraum über Einall." Die zwei erzählten mir jedes Detail über Reshiram und Zekrom und ich hörte gespannt zu.
„Glaubt ihr, das eines der Pokemon auch in Träumen erscheinen könnte?", fragte ich und erntete verwirrte Blicke. „Angeblich sollte Reshiram jemanden Träume zuschicken können, wenn es die Hilfe von einem Menschen braucht. Einen Menschen, der die Wahrheit und den Verstand in seinem Herzen trägt. Aber das ist im weißen Kapitel der Einalllegenden nur kurz angebracht." Ich schluckte kurz. Diese Information brachte mich zum Nachdenken.
Nach einer Ewigkeit verließen wir die Zwillinge und marschierten zum Kampffeld des Dorfes. Eine Menge an Leuten hatte sich darum versammelt. „Sehen die alle zu?", fragte ich mich selbst laut. „Hier müsste unser Kampf gegen die Metromeister stattfinden.", meinte Anna aufgeregt. Schon kamen zwei recht große Männer auf uns zu. Beide waren wie Lokführer gekleidet. „Seit ihr Emily und Anna?", fragte der Rechte, etwas dunkler gekleidete Typ. Wir nickten eifrig. „Schön! Wir sind die Metromeister Hin und Her.", stellten sie sich vor. „Wenn ihr wollt, könnt ihr gegen uns antreten." „Aber klar doch.", schoss es Anna heraus. „Und wie wir wollen.", stimmte ich zu.
Schon stellten wir uns auf das Kampffeld und zückten alle vier zur selben Zeit unsere Pokebälle und warfen diese. Bei Hin und Her materialisierten sich ein Strepoli und ein Sedimantur, Anna wählte Washakwil und ich entschied mich für Ottaro. Unsere Gegner waren wirklich stark, dennoch gewannen Anna und ich. Wir bekamen einen Pokal, der aus einer kleiner Lok bestand und einen Applaus von den Zuschauern. Der nächste Zug brachte uns zurück nach Rayono City. Den Tag ließen wir mit einem Musical im Theater ausklingen.
Müde fiel ich in das Bett meines Zimmers. Die Figuren stellte ich auf mein Nachtkästchen und betrachtete sie kurz. „Eine Figur schenke ich N.", gähnte ich und schlief danach ein.
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