Kapitel 14
„Dusselgurr? Hast du Team Plasma gefunden?", rief ich Dusselgurr in den mittlerweile rot- orangenen Himmel zu. Bell und ich irrten durch die Straßen von Stratos City. Team Plasma hatte wieder zugeschlagen, diesmal bei meiner Freundin Bell. Keuchend lehnte sie sich an eine Laterne. Abrupt blieb ich stehen, drehte mich zu ihr um und meinte: „Komm, weiter!" Sie sah mich an und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Das hat doch alles keinen Sinn! Ich werde mein geliebtes Somniam nie wieder sehen!" Ich machte einige Schritte auf sie zu. „Wir finden Team Plasma! Keine Sorge!", beruhigte ich sie und betrachtete sie einfühlsam. Bell gab viel zu schnell auf, aber irgendwie hatte sie auch gute Gründe dazu. Die Schergen von Team Plasma in einer Mega-Stadt wie Stratos City zu finden, war wie das Suchen einer Nadel im Heuhaufen. Das war wirklich ein Ding der Unmöglichkeit, aber dies erzählte ich ihr nicht, sonst verlor sie noch komplett den Verstand.
Plötzlich kamen Lilia und der Arenaleiter Artie aus einer Straße gestolpert. „Und?", fragte ich erwartungsvoll. Artie schüttelte seinen Kopf. „Bei den Piers sind sie nicht." Hoffnungsvoll sah ich Lilia an. „Auch nicht in der Slim Street und Trend Street.", sagte sie enttäuscht. Bell begann wieder zu schluchzen und Lilia nahm sie tröstend in den Arm. Artie betrachtete Bell besorgt und biss sich auf seine Lippen. „Dann bleibt nur noch die Straße zur Pokemon-Arena übrig.", meinte Artie nach kurzem überlegen. Im selben Moment flog Dusselgurr aufgeregt aus der Straße. „Dussel!", rief er mir zu. Erleichtert breitete sich ein Lächeln in meinem Gesicht aus. Es gab doch noch Hoffnung für meine Freundin. „Los kommt! Dusselgurr hat Team Plasma gefunden.", teilte ich ihnen mit. Schnell wischte Bell sich ihre Tränen weg und schöpfte neue Hoffnung.
So schnell wir konnten, liefen wir Dusselgurr hinterher, der uns den Weg zeigte. Kurz nach der Arena, bog Dusselgurr zu einem Gebäude und flatterte aufgeregt mit seinen Flügeln. „Da drinnen müssen sie sein.", meinte Lilia. Ich ging einige Schritte auf die Tür zu, als mir plötzlich drei Plasamarüpeln den Weg versperrten. „Keinen Schritt weiter!", befahl mir der Plasmatyp und baute sich vor mir auf. „Hier gibt es nichts zu sehen.", meinte der zweite der Truppe. „Ja, hier ist kein Team Plasma und auch kein gestohlenes Somniam.", sagte der Dritte und kassierte dafür vom ersten Rüpel einen Schlag auf den Hinterkopf. „Du Idiot!", zischte er. Ich konnte nur grinsen. Dieser Typ war wohl nicht die hellste Birne am Kronleuchter. „Irgendwie habt ihr alle einen an der Waffel.", meinte ich und sah den ersten Rüpel an. „Damit euer Kollege nicht so alleine dasteht.", fügte ich noch hinzu. Ich konnte mich einfach nicht zurückhalten. Meine große Klappe war mal wieder schneller, als mein Gehirn. „Ergreift sie!", kommandierte er seine beiden Kollegen. „Windstoß Dusselgurr, schnell!" Schon wurden die drei von dem sehr starken Windstoß in die Büsche und Bäume verweht. Die Rüpel fluchten und schimpften vor sich her, während sie sich versuchten, aus ihren Uniformen zu schälen, um irgendwie von den Bäumen herunterzukommen. Deshalb nutzten ich, Artie, Lilia und Bell die Gelegenheit, um in das Gebäude hinein zu stürmen.
Meine Augen mussten sich erst vom dunklen, an das grelle Zimmerlicht gewöhnen. Vor uns standen G-Cis und fünf weitere Plasmarüpeln. Als er uns entdeckte meinte G-Cis: „Sieh an, sieh an! Arenaleiter Artie und Emily!" „Ihr von Team Plasma... ihr seid wohl von der Sorte, die sich einfach nimmt, was sie haben will, auch wenn es jemanden anderen gehört, richtig?", stellte Artie zornig fest. Einer der Plasma Rüpeln flüsterte G-Cis etwas ins Ohr. „In der Tat.", antwortete dieser. „Das war nicht sonderlich klug von uns.", meinter er und zog seine Augenbrauen hoch. „Nun, wie auch sei. Sagt mir, kennt ihr die Legende von der Einallregion?" „Ja klar.", schoss es mir und Lilia gleichzeitig heraus. Was hatte der Kerl jetzt schon wieder vor? Eine kleine Lehrstunde in Mythologie oder was? „Wie lässt sich eine Welt vereinen, in der so viele Völker sich bekriegen?", begann G-Cis. „Ich!- Nein, Team Plasma wird Kyurem herbeirufen, um den Pokemon die Freiheit zu schenken! Wir werden diese Welt zu einem besseren Ort machen.", präsentierte er uns stolz und breitete dabei seine Arme aus. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, ihm etwas zu lehren.
„In unserer Welt gibt es so viele unterschiedliche Menschen.", begann ich, nachdem ich kurz einatmete, um nicht loszuschreien. „Alle haben sie andere Ansichten und Lebensweisen. Da ist es eigentlich völlig normal, dass man nicht immer gleich versteht, was jemand zu sagen hat." G-Cis wurde ganz ruhig und sah mich erstaunt an. Er sah mich auffordernd an und deutete mir weiterzusprechen. „Und dennoch gibt es etwas, dass wir alle gemeinsam haben. Uns allem liegt das Wohlergehen unserer Pokemon am Herzen. Mit unseren Pokemon kommunizieren wir mit anderen Menschen, sei es bei Pokemonkämpfen oder beim Tauschen unserer Freunde." Ich trat einen Schritt auf G-Cis zu und lächelte Pikachu kurz an. „Die Ansprache neulich in Gavina... Wir sind dankbar, dass ihr uns einen Anlass gegeben habt unseren Umgang mit den Pokemon zu überdenken. Wir haben geschworen, sie respektvoller zu behandeln. Eigentlich stärkt eure Aktion das Band zwischen Mensch und Pokemon.", beendete ich und hoffte, die Bande somit von ihrem Plan abzuhalten. Ich sah G-Cis fest entschlossen in die Augen. „Was vernehmen meine Ohren da? Ich hätte nicht erwartet, jemanden so junges wie dich mit einem solch scharfen Verstand vorzufinden." G-Cis begann zu Lächeln und auch bei mir breitete sich eines aus. Es sah ganz danach aus, als ob meine Rede etwas bewirkte. „Ich mag kluge Menschen. Deine Meinung in diesem Fall sei dir verziehen. Ich ziehe mich nun zurück.", sagte er zu mir, dann wandte er sich an Bell. Und schon sägte ich mir meinen eigenen Ast ab, auf dem ich saß.
„Junges Fräulein... hier hast du dein Pokemon zurück." Bell konnte Somniam wieder glücklich in die Arme schließen. G-Cis dampfte mit einem „Friede sei mit euch" ab. Bell, Artie und ich starrten ihnen hinterher, nur Lilia sprang leicht verärgert auf und ab. „Artie? Wieso lässt du sie jetzt gehen?", schimpfte sie mit einem hochroten Kopf. „Das wichtigste ist doch, das Bell ihr Pokemon wieder hat.", antwortete Artie stirnrunzelnd. Bell strahlte und hielt ihr Somniam immer noch fest umschlossen. Lilia seufzte verständnislos auf, schnappte sich Bell und zog sie aus dem Gebäude. „Also dann sehe ich dich in der Arena.", meinte Artie und verabschiedete sich. Ich stand alleine im Gebäude und seufzte. Schade, meine Ansprache schien bei Team Plasma nicht viel ausgerichtet zu haben. Außer vielleicht das er jetzt noch mehr danach strebt, seine „Freunde" zu befreien. Ach was soll's. Heute konnte ich sowieso nicht mehr viel gegen Team Plasma unternehmen. „Pikaa.", gähnte Pikachu und schloss kurz seine Augen.
Ich spazierte durch die leeren Straßen von Stratos City. Die Laternen am Straßenrand spendeten mir Licht, die Sonne war bereits untergegangen. Im Zentrum war ein Brunnen und darum standen einige Bänke, auf die wir uns setzten. Mein Blick wanderte in den Himmel. Die Sterne funkelten um die Wette und der Mond versteckte sich zur Hälfte hinter einem Wolkenkratzer. Pikachu rollte sich auf meinen Schoß zusammen und schlief bald darauf ein. Ich machte mir Sorgen. Wird Team Plasma wirklich versuchen, Kyurem herbeizurufen? Es liefen zwar einige dumme Nüsse bei Team Plasma herum, aber so ungefährlich waren sie dann doch nicht. Sie würden ihren Plan durchziehen, egal was und wie viel es kostete.
Plötzlich hörte ich Schritte am Asphalt und wenige Sekunden später stand eine Person vor mir. Mein Herz schlug vor Schreck schneller. Im fahlen Laternenlicht erkannte ich, dass es N war. „Hey!", sagte er freundlich. „Hallo N! Man hast du mich erschreckt." Ich versuchte so fröhlich wie möglich zu klingen und zwang mich zu einem lächeln. „Wo drückt denn der Schuh?", fragte er und pflanzte sich neben mir auf die Bank. Ich seufzte auf. Ihm entging wirklich nichts und das jetzt schon zum vierten Mal. „Team Plasma." Seufzend erzählte ich ihm die Geschichte. Er sah mich währenddessen die ganze Zeit schweigend an. „Sie haben es schon einmal versucht, oder? Team Plasma hat schon einmal versucht, die Pokemon von den Menschen zu lösen.", stellte ich eher schon fest, als das ich fragte. Der Grünhaarige nickte. N sah überhaupt nicht glücklich aus. Sein schmaler Mund trug heute kein leichtes Lächeln oder schelmisches Grinsen und auch seine Augen sahen leblos aus. „K-kann ich dir etwas anvertrauen, Emily? Ich finde, du solltest es wissen.", meinte N zögernd. Ich sah ihn an. „Klar. Du weißt, dass du mir alles sagen kannst." N seufzte. Ihm viel es anscheinend schwer, darüber zu reden. Jetzt wurde ich langsam neugierig, was N auf dem Herzen trug. „Vor ungefähr zwei Jahren..", begann er. „Da wollte G-Cis..." Er verstummte. „Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst.", meinte ich verständnisvoll und schenkte ihm meine volle Aufmerksamkeit. „G-Cis ist mein Adoptivvater. Er hat mich damals zum König von Team Plasma gekrönt. Er wollte mit Hilfe von Reshiram und Zekrom die Pokemon befreien und hat mich und meine Schwestern, Minna und Elfriede dabei ausgenutzt. Lauro, der Champ hatte mir meine Augen geöffnet und ich konnte den Wahnsinn noch rechtzeitig stoppen. Damals war mein Vater kurz davor, Einall zu zerstören. Er hatte mich mein Leben lang ausgenutzt. Früher war ich zwar auch dafür, dass die Pokemon unabhängig von Menschen leben sollten, aber ich habe bemerkt, dass es den Pokemon nichts ausmacht, in Pokebällen zu sein. Sie würden alles tun, damit sie bei ihren Trainern und Verbündeten bleiben können.", erzählte er mir. Ich sah ihn ungläubig an. Er war der König von Team Plasma gewesen? Der Grünhaarige sah zu Boden und schwieg. So zerknirscht hatte ich den Freak noch nie erlebt. „Jetzt hasst du mich, oder?" Ich setzte mich auf den Boden, damit ich ihn in seine Augen schauen konnte und lächelte. „Aber nein. Du hast erkannt, dass das nicht gut ist, was dein Vater vorhatte. Du hast ihn davon abgehalten, die Pokemon von den Menschen zu trennen. Warum sollte ich dich deswegen hassen?" N sah mich ungläubig an und ich lächelte ihn noch mehr an. „Du siehst dennoch das Gute in mir, obwohl ich so viel Mist in meinem Leben gebaut habe?", fragte er zögernd. „Weist du wie viel Blödsinn ich schon angerichtet habe? Trotzdem mögen mich einige Menschen. Dein Vater – tut mir Leid das ich das jetzt sage – ist einfach ein Blödmann den man das Handwerk legen muss. Vielleicht erkennt er früher oder später auch noch, das Menschen und Pokemon sich einander helfen und nicht ausnutzen." N blickte mich leicht lächelnd an. „Danke.", flüsterte er und man sah, dass ihm ein Stein vom Herzen fiel. Ich wusste nicht, ob ich mich täuschte, aber mir kam vor, dass N Tränen in den Augen hatte. „Ach komm her, Harmonia!" Ich schlang meine Arme um seinen Rücken. In diesem Moment schien mir das einfach als richtig, ihn zu umarmen. N, der zuerst mit der Situation sichtlich überfordert war, legte nun auch seine Arme auf meinen Rücken.
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