Das Gefängnis

"Du weißt, wo sie sind?", fragte ich und beäugte die Person, die vor mir stand. "Warum bist du nicht in deiner menschlichen Form? Das ist unhöflich, weißt du."-"Das liegt daran, dass ich keine besitze. Dadurch sind auch die Ritter der Redlichkeit auf mich aufmerksam geworden. Ich bin ihr Schüler Keldeo." Ich sprang auf. "Du bist Keldeo? Klasse, dann musst du ja wissen, wo sind!"-"Ja, aber ich konnte sie nicht befreien, als ich es versucht hatte. Es wird schwer."-"Keine Sorge, das sind wir gewohnt." Matthew nickte. "Also, wo sind sie?"

"Sag mal, willst du mich veräppeln? Als ob die in einem Baderesort gefangen sind!"-"Na ja, da vermutet sie halt keiner... schätze ich. Auf jeden Fall sind sie hier." Ich ließ meinen Blick über die Menge am Strand schweifen. "Und wo genau?"-"Das weiß ich leider nicht. Wer suchet, der findet, nicht wahr?" Ich verzog mein Gesicht. "Na gut. Teilen wir uns auf. Am Strand wird das Versteck wohl kaum sein. Ich gehe in die Stadt und frage nach den dreien, ich bin am unauffälligsten, wenn es darum geht. Matthew, du gehst in den Unterwassertunnel. Keldeo, du gehst in den Trainingsbereich, da fällt es nicht so auf, dass du keine menschliche Form hast." Matthew und Keldeo nickten.

Nach einigen Stunden erfolglosem Suchen traf ich mich wieder mit Keldeo und Matthew am Strand. "Irgendetwas gefunden?", fragte ich. Keldeo schüttelte den Kopf, aber Matthew nickte. "Wirklich? Wo?" Matthew winkte uns, mitzukommen. "Er spricht wirklich ungern, was?", flüsterte Keldeo mir zu. "Ehrlich gesagt habe ich ihn noch nie sprechen gehört", gab ich zurück. Dann zeigte Matthew auf einen Luftschacht. "Da durch? Das ist doch total eng!", sagte ich. Matthew runzelte die Stirn und schaute zu Keldeo. "Nein, da passe ich nicht durch", sagte er. "Na toll. Und wir müssen jetzt alleine durch diesen dreckigen, ölverschmierten Schacht?" Matthew nickte. Ich stöhnte. "Warum war mir das klar?"

"Mir reichts jetzt langsam, weißt du? Immer machen wir beide die Dreckarbeit, obwohl es noch jemanden gibt, der helfen könnte." Matthew schwieg. Wie immer. "Du bist auch keine große Hilfe. Egal, da vorne ist ein Ausgang." Ich sprang aus dem Schacht. "Und wo sind-" Ich brach ab. Das hier... war ein Gefängnis. "Es sieht fast so aus wie bei Simsala..." Ich erinnerte mich nur ungern an die Begegnung mit ihm. Dann musste ich an Victini denken. Das Kleine war ja auf irgendeiner Insel und ruhte sich aus. Ich vermisste es. Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen. Konzentration. Erst mal mussten wir Kobalium, Viridium und Terrakium befreien. Ich schaute mich genauer um. Das Gefängnis schien noch relativ neu zu sein, was heißen dürfte... Ich zog eine Gefängnistür auf. Und, wie erwartet, war das Matrifol darin erfreut, mich zu sehen. Keine Spur von Melancholie oder Aggressivität. Ich befreite es und sagte ihm, es solle durch den Lüftungsschacht fliehen. Das Matrifol verwandelte sich kurz in eine junge Dame, pflanzte mir einen Kuss auf die Wange und verschwand. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Matthew mich angrinste. Ich knurrte nur und boxte ihm in die Seite, was ihn aber nur dazu brachte, mir zu bedeuten, dass ich knallrot war. Ich musste auch grinsen.
Auch in diesem Gefängnis ging es weiter, wie es anfing. Sämtliche Wandler freuten sich, bedankten sich bei uns und verschwanden. Na ja, einige blieben da und halfen uns. Ich war an der letzten Zelle angekommen, als ich Schreie hörte. "Was ist los? Habt ihr etwas entdeckt?", rief ich. "Nein, wir werden angegriffen!", kam die Antwort. "Verdammt! Wartet einen Moment, ich komme gleich!" Ich zog die letzte Tür auf, befreite die angeketteten Gestalten, ohne sie mir näher anzusehen und rannte in Richtung der Schreie. "Ja, ich finds auch schön, dich wiederzusehen", sagte eine Stimme sarkastisch. Ich schnellte herum. "Lara! Gerda! Terry! Was macht ihr denn hier?"-"Wir wollten dich nach Hause holen. Und, tja, auf dem Weg wurden wir gefangen. Aber jetzt müssen wir erstmal den anderen helfen", sagte Gerda und stürzte aus der Zelle. Ich rannte hinterher. Alle waren in einem Zweikampf mit ihrem eigenen Klon verwickelt. Es war ausgeglichen, jeder kannte den anderen und wehrte alle Angriffe ab. Ich, Gerda, Lara, Terry und Matthew liefen überall lang, schlugen die Klone schnell oder stellten ihnen ein Bein, um die aggressiven Versionen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Es dauerte nicht lang, bis alle jubelten und sich zum Lüftungsschacht drängelten. "Komm, Matthew... Wir sind hier noch nicht fertig." Er nickte. 'Wo sind denn Gerda, Lara und Terry abgeblieben?', fragte ich mich in Gedanken. Wir suchten kurz, dann fanden wir eine Art Durchgang, die uns vorher in der Hektik nicht aufgefallen war. Wir betraten den nächsten Raum, in dem sich ein Käfig befand. Man hörte Schnarchen von drinnen, wahrscheinlich war er mit Schlafgas gefüllt. Ich fand einen Schlüssel, schloss den Käfig auf, hielt den Atem an und zog die Ritter der Redlichkeit heraus, die, mal so nebenbei, ziemlich schwer sind.
Als die drei schließlich aufwachten, bereitete ich mich schon auf so ziemlich alles vor. Nur tat Kobalium nichts, auf das ich vorbereitet war. Er starrte Matthew an, dann rannte er auf ihn zu und presste ihn an die Wand. "Rede!", befahl er. Matthew schaute ihn nur, genau wie ich, schockiert an. "Sag etwas!", brüllte Kobalium. Matthew schüttelte hysterisch den Kopf und versuchte, sich zu befreien. "MACHST DU JETZT, WAS ICH DIR SAGE? ODER WILLST DU ERSTICKEN?" Kobalium starrte Matthew an, als ob er der Abfall der Welt wäre. Matthew schaute traurig und erschlaffte. "Es... tut mir... l-leid", sagte er. Ich erstarrte. Jetzt wusste ich, warum er nie sprach. Seine Stimme klang so unwirklich wie die von Caesurio. Er war auch ein Klon.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top