39. Unfreiwilliger Abstecher

Schützend hielt Theo einen Arm vor sein Gesicht, als sich Ho-Oh in die Lüfte erhob und einen Wirbelwind verursachte. Staub und Blätter fegten umher und peitschten ihm ins Gesicht. Dann war wieder Stille eingekehrt.

"Endlich ist er weg", seufzte der Junge: "Aber ich sollte mich sputen. Los, Dragoran."

Er tippte auf den Pokéball und der unbegeisterte Drache materialisierte sich: "Die Wasserspritzer von vorhin tun mir leid. Kannst du mir helfen? Wir müssen Ho-Oh folgen und nach Indigo."
Drago gähnte herzhaft, senkte dann seinen Körper, sodass Theo aufsteigen konnte.

Doch der Drache bewegte sich nicht.
"Hopp jetzt. Wir müssen Tristan helfen."

Seine Arme überkreuzte das Pokémon auf dem Boden und legte sein Kinn darauf. Demonstrativ hielt es seine Augen geschlossen.
Theos Auge hingegen zuckte und er drohte: "Drago... Wenn du mir nicht hilfst... Du weißt was jetzt kommt."

Drago warf einen gelangweilten Blick über seine Schulter und gähnte erneut.
Der Junge erhob den Zeigefinger: "Ich sag´s Elena!"

Schon rumpelte der Drache auf und erhob sich ebenfalls in die Lüfte.
Nachdenklich fasste sich Theo ans Kinn und murmelte: "Gar nicht mal so schwierig, ein Pokémon unter Kontrolle zu halten... Mit den richtigen Druckmitteln zumindest."

Zufrieden ließ er sich auf Dragorans Rücken durch die Luft transportieren. Ob Theo im Kampf gegen die Kantonesen überhaupt was ausrichten konnte? Ob der Drache ihm auch gehorchen würde?
Kurze Zeit später bemerkte er jedoch, dass er von dem Pokémon verarscht wurde: "Dragoran? Hatten wir nicht vereinbart, dass wir Ho-Oh hinterherfliegen und mit Tristan in Indigo kämpfen?"

Der Drache gab keinerlei Reaktion von sich und flog unbeirrt weiter. Langsam aber sicher erkannte der Junge, dass er wieder dorthin geflogen wurde, wo er heute Morgen gestartet war: "Merbaum? Was willst du denn hier?"

Drago landete vor Altheas Haus.
Theo winkte ab: "Verstehe, du willst nur nochmal schnell Elena besuchen. Na von mir aus." Er klopfte an die Tür und öffnete diese vorsichtig. Sofort steuerte er auf das Behandlungszimmer zu, gefolgt von Dragoran.

Die Tür war angelehnt, und so hörte der blonde Bube Gesprächsfetzen zwischen Althea und Elena.
"Das ist so erstaunlich, Eli. Ich hatte heute Morgen die Prognose gestellt, dass du nur noch wenige Stunden hast. Aber jetzt...", sprach die alte Dame begeistert: "Deine Lunge ist zwar noch nicht komplett frei, aber sie ist viel stärker als vorhin. Mir ist es komplett ein Rätsel, wie so etwas möglich ist, aber ich freue mich unwahrscheinlich."

Die Patientin nickte mit leuchtenden Augen: "Danke. Mir geht's auch schon viel besser. Ich hätte nur zu gerne mein Dragoran."
Theo schob die Tür auf und trat ein: "Ich denke, diesen Wunsch kann ich dir erfüllen."

"Drago!", rief sie aus und fiel ihrem Pokémon um den Hals. Elena wandte sich an ihren Kumpel: "Dass du schon zurück bist?"

"Dass du schon aufstehen kannst?", entgegnete er mit einem Schulterzucken. Da der Junge den suchenden Blick seiner Freundin bemerkte, fügte er an: "Tristan hat es geschafft, Ho-Oh zu rufen. Er ist direkt danach nach Indigo aufgebrochen."

Die Jugendliche seufzte: "Indigo..." Sehnsüchtig blickte sie auf ihr Pokémon.

Theos Gesichtsausdruck entgleißte: "Moment mal... Willst du etwa?"

"Ja?", fragte sie scheinheilig.
Ihr Kumpel keuchte: "Du willst auch nach Indigo?"
Elena nickte: "Richtig. Und genau das werde ich jetzt auch tun."

"Woh, Stopp!", rief er aus und griff sie am Arm: "Du hast bis vor ein paar Stunden noch im Sterben gelegen und jetzt willst du los und in den Kampf ziehen?"

Die Patientin verdrehte die Augen: "Es bin ja nicht ich, die kämpft, sondern Dragoran."
Der Junge schüttelte den Kopf."Ja! Bravo! Und beim letzten Mal hast du es auch ganz wunderbar geschafft, dich in Lebensgefahr zu bringen."

Althea konnte nur beipflichten: "Auch ich halte das für keine gute Idee, Eli... Ich hab echt geglaubt, du stirbst. Deine Lunge fasst immer noch Blut und ich weiß nicht, ob deine inneren Verletzungen nicht doch wieder aufreißen könnten."

"Aber Tristan", jammerte sie.
"Tristan kommt ganz gut ohne dich klar. Immerhin hat er jetzt Ho-Oh!", betonte Theo.

Leidend seufzte Elena aus und legte sich wieder ins Bett: "Aber ich fühle mich gut."

"Im Vergleich zu heute Morgen ist alles gut", bestätigte die alte Dame: "Aber eben nicht perfekt."

Ihren bettelnden Blick richtete die Patientin auf Althea: "Und wann bin ich wieder fit genug?"
Die Heilerin wandte sich zur Tür: "Das stellt sich raus, wenn es so weit ist."

Theo setzte sich auf den Hocker neben ihrem Bett und legte seine Hand auf ihre: "Es ist wichtig, dass das richtig ausheilt, verstehst du das? Ich weiß, du willst kämpfen, aber nicht zu diesem Preis."

"Ich weiß", seufzte das Mädchen und richtete ihren Blick immer wieder hinter Theo, dann wieder auf ihn: "Als ich im Wald gewohnt hab, hätt ich sowieso nie damit gerechnet, irgendwas in diesem Krieg ausrichten zu können. Aber Dragoran... Schau ihn dir jetzt mal an."

Sie deutete auf ihr Pokémon. Der Junge wandte sich um, nur um direkt gegen Dragorans Bauch zu starren. Zwei Arme packten ihn und ließen ihn nicht mehr los.

"Hey, was wird das?", fragte Theo entgeistert.
Elena richtete sich auf und schlug ihre Bettdecke um: "Wonach sieht´s denn aus?"

Seelenruhig legte sie sich ihre Kleidung an. Dabei ließ sie sich nicht von den schimpfenden Worten ihres Kumpels irritieren, der mit seinen Füßen in der Luft zappelte und nach Bodenhaftung suchte.

"Dragoran", stieß er aus: "Du kannst doch nicht ernsthaft wollen, dass sie sich in Gefahr begibt? Du hast es doch auch gehört, was Althea gesagt hat."

Der Drache wandte seinen Blick von ihm ab und starrte zur Seite.
"Er wird nicht auf dich hören, Theo", erklärte Elena: "Drago weiß, wie wir angefangen haben zu trainieren. Er will mich jetzt, bei diesem letzten Kampf, dabei haben. Und da es mein Wunsch ist, an seiner Seite mit ihm zu kämpfen, wird er sich nicht umstimmen lassen."

"Dann lass mich wenigstens mitkommen!", schrie ihr Kumpel mit glasigen Augen: "Damit ich dir helfen kann, wenn was passiert."
Die Jugendliche seufzte aus: "Na gut."

Plötzlich stand Doro mit Winterlilien in der Hand im Türrahmen: "Hey, und was ist mit mir?"

"Willst du etwa auch mit?", fragten die beiden im Chor.

Die Kleine zuckte mit den Schultern: "Ich glaub, Dori hat Lust zu kämpfen. Außerdem... Wenn du stirbst, Elena, dann hab ich hier eh keinen mehr. Also kann ich doch auch gleich abdanken, oder?"
Grobe Worte, aber so war sie nunmal.

Nicht ganz bei Sinnen gab Elena ihre Zustimmung durch ein Nicken: "Okay..."
Ein breites Grinsen fuhr über das Gesicht ihrer Schwester: "Ouh super, dann zieh ich mich noch schnell um und bin dann bereit."
"Ist gut", sprach die Jugendliche mit trockener Kehle.

Die Kleine legte die Winterlilien auf dem Nachttisch neben dem Krankenbett ab und stürmte zur Tür hinaus.
Theo warf einen kritischen Blick auf seine Kumpanin und seufzte: "Denkst du, das ist eine gute Idee?"

"Natürlich nicht", winkte Elena ab: "Aber sie lässt sich ja doch nicht aufhalten."
Ihr Kumpel grunzte aus: "Man merkt kaum die Verwandtschaft zwischen euch."

Die Patientin warf sich ihren Vulnona-Umhang und schleifte ihren Körper nach draußen. Erst jetzt merkte sie die Anstrengung, die ihr jeder einzelne Schritt abverlangte. Zu schnell war sie außer Atem. Aber sollte sich die Drachentrainerin deswegen von ihrem Vorhaben abhalten lassen? Immerhin wurde sie in Indigo gebraucht.

Plötzlich fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter und sie wandte sich um.

"Du schaust echt nicht gut aus. Willst du nicht doch lieber hier bleiben?", fragte der blonde Junge.

Das Mädchen knirschte die Zähne und streifte seine Hand ab: "Niemals."

Aus der Gasse tappste den beiden Doro mit Theos Eltern entgegen. Heidi und Ludwig hatten leuchtende Augen, als sie Elena aufrecht stehend erblickten.

Die herzliche Frau fiel ihr um den Hals und wisperte: "Oh Eli, ich bin so froh. Aber was machst du hier? Du musst dich ausruhen!"

Mit einem wehmütigen Lächeln verdrehte Elena die Augen und seufzte: "Ich weiß, aber ich muss... nach Indigo. Und zwar sofort."
Mit einer angehenden Zornesfalte schüttelte Heidi den Kopf: "Nein, musst du nicht."

Leider war Elena einer der Menschen, die umso entschlossener waren genau das zu tun, was man ihnen ausreden wollte.
Die Jugendliche stellte ihre Ziehmama vor die Wahl und betonte: "Du wirst es mir eh nicht ausreden können, Heidi. Also, wollen wir im Guten auseinander gehen oder nicht?"

Für einen Moment herrschte eine eisige Stille zwischen den beiden.
Aber Heidi fasste sich ein Herz und schloss das Mädchen in ihre Arme: "Pass auf dich auf, meine Süße."

"Mama, du bist peinlich", murrte Theo. Er machte seiner Mutter klar, dass auch er und Doro nach Indigo fliegen würden.

Die fürsorgliche Dame bekam glasige Augen und fiel ihrem Sohn um die Arme: "Du spinnst doch. Pass auf dich auf."

Endlich hoben die drei ab und Dragoran nahm Kurs nach Osten. Unterwegs herrschte abermals ein Schneesturm.
"In Teak hat heut noch die Sonne gescheint", jammerte Theo und kniff die Augen eng zusammen.

Elena warf einen Blick über ihre Schulter: "Der Silberberg hat seine eigenen Gesetze!"
Das blieb ihr vom gestrigen Tag in Erinnerung; in ganz Johto herrschte Schneegestäuber, am Silberberg hingegen strahlte die Sonne. Heute hatten sie Pech und es war andersrum. Windige Böen peitschten dem Drachen entgegen.

Er biss die Zähne zusammen und kam ins Straucheln. Drago nahm einen Notlandeplatz ins Visier und ging in den Sinkflug. Elenas Magen hob sich und sie verstand. In jenem Schneesturm war es unmöglich, bis Indigo durchzufliegen, ohne völlig ausgelaugt dort anzukommen. Ihr Pokémon brauchte eine Pause.

Unter einem Felsvorsprung fand Dragoran mit seinen Reitern Schutz. Der Drache zitterte am ganzen Leib. Schneeklumpen waren auf seine Haut gefroren. Besorgt strich die Trainerin das Eis von seiner Haut.
Sie legte einen Arm um Dragoran und Sorgenfalten legten sich auf Elenas Stirn: "Drago. Kannst du dir mit Flammenwurf eine eigene Flamme erzeugen?"

Die Nasenflügel des Pokémons wölbten sich auf und es holte tief Luft. Es versuchte, ein Feuer auszuspucken und öffnete sein Maul. Zum Vorschein kam lediglich schwarzer Rauch.

Das Mädchen winkte ab und rieb mit der Innenseite ihres Umhang an Dragorans Körper entlang: "Schon gut. Ich trockne dich ab. Vielleicht wird´s dann besser."

Theo bemerkte die silbern schimmernden Gesteinsmassen um sich herum.
Seine Augen leuchteten, als er fragte: "Ist das hier schon der Silberberg?"
Mit zusammengekniffenen Augen starrte seine Kumpanin nach Süden. Wortlos nickte sie und deutete auf die Ebene vor jenem Berg. Im Schneerauschen war es schlecht zu erkennen, aber wenn man sich konzentrierte, war es klar zu erkennen.

"Die beiden Heere...", wisperte ihr Kumpel.
Doro kaute auf ihren Fingernägeln: "Die Schlacht tobt schon?"
"Mhm", bestätigte die Jugendliche mit trockener Kehle: "Das sinnlose Sterben geht weiter."

"Aber weißt du, was gut ist?", fragte Theo und munterte auf: "Lugia ist nicht hier und bringt unsere Leute um."
Elena fasste sich ans Kinn: "Das müsste bedeuten, dass..."
"... Tristan es bereits aufhält!", bestätigte er mit einem Fingerzeig.

Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken: "Wir müssen weiter. Und zwar sofort."
Aber Dragoran zitterte immer noch erbärmlich.
"Wenn ich dir nur irgendwie helfen könnte", wisperte die Drachentrainerin.

Der Wind pfiff in den Spalten des Silberberges; so laut, dass ein anderes Geräusch kaum zu hören war. Auf leisen Sohlen schlich sich ein unerwarteter Gast an.

"Kani", ertönte es.

Sofort wandten sich alle Blicke auf den Besucher.
Mit großen Augen realisierte die Jugendliche: "Arkani?"

Der Feuerhund hechelte und wedelte mit seinem Schwanz, bevor er auf das Mädchen los stürmte: "Ar, Kani."

Ohne Widerworte ließ sie sich von seiner Schlabberzunge quer über das Gesicht lecken und kraulte das Feuerpokémon hinter den Ohren: "Du bist gar nicht bei den Gefangenen? Was ist passiert?"

Theo war begeistert und er fuchtelte mit den Armen: "Das ist ´n Wink des Schicksals, Eli. Dragoran friert sich den Arsch ab und dann taucht das Feuerpokémon deines Süßen hier auf..."

Jetzt leuchteten auch Elenas Augen: "Kini? Kannst du uns helfen, Drago wieder aufzutauen? Wir müssen zu Tristan, aber wenn wir nicht fliegen können, kommen wir zu spät."

"Ark Ani", hechelte das Feuerpokémon, öffnete sein Maul und bildete eine Flamme.

Dragoran stellte sich vor das wärmende Feuer. Es war ihm direkt anzusehen, wie die Verkrampfungen und Verspannungen vom Frieren von ihm abließen und sich der Drache endlich entspannte.

Müde seufzte Theo: "Ich hasse Tristan. Wenn er selbst nicht der Retter in der Not ist, dann sein Pokémon... Er regt mich auf."
Mit einem Grinsen entgegnete seine Freundin: "Ich weiß."

Naja, ob das so klug von Elena ist, jetzt im Endkampf mitzumachen? Aber wie sie so schön gesagt hat; sie hat mit Dratini so klein angefangen und das ist jetzt so stark.

Sorry übrigens, dass gestern kein Update kam. Wir waren auf der Heimreise im Stau gestanden. Ich muss jetzt dann noch auf eine Hochzeit, also nicht wundern, wenn ich auf eure Kommis heute nicht reagiere^^ (wir holen das Alles nach, versprochen :D)

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