35. Der Kampf des Lebens
In einem finsteren Schneesturm landete Dragoran mitten in der Nacht in Merbaum. Es entließ Tristan und Elena aus seinem Klammergriff. Der junge Mann stolperte direkt vor eine Haustür. Seine Arme waren eingeschlafen, sodass er sein Mädchen nur mit Mühe halten konnte.
Er wandte sich zur Haustür: "Wo sind wir hier?"
Es war nicht das Haus der Bolcas oder das von Kasimir. Da er zögerte, klopfte stattdessen Dragoran an die Tür.
Es rumpelte und eine angestrengte Stimme beklagte sich: "Zu so später Stunde noch zu Besuch, wo sind wir denn?"
Wenige Sekunden später öffnete sich die Tür und eine winzige alte Dame stand im Türrahmen.
Mit skeptischem Blick musterte sie ihre Besucher, doch ihre Augen wurden größer: "Drago." Ihr Blick fiel auf Tristan und das ohnmächtige Mädchen: "Um Himmels Willen. Was ist denn mit Elena?" Sie trat zur Seite und winkte die drei herein: "Kommt schnell, hier, in mein Behandlungszimmer."
Der junge Mann kam ihrer Bitte wortlos nach. Die Alte war so etwas wie die Dorfheilerin oder Ärztin; je nachdem, wie es einem beliebte. Drago war wohl schon einmal hier und erfuhr medizinische Hilfe. Vielleicht konnte sie ja auch Elena helfen?
Die Alte entzündete in ihrem Arztzimmer eine Lampe und deutete auf ein Krankenbett: "Legt sie da drauf, junger Mann."
Sie legte sich das Stethoskop an und horchte auf Herzschlag und Lungenfunktion der Patientin. Dann tastete sie den Bauch ab. Die Ärztin ließ sich auf ihren Hocker senken, schüttelte den Kopf und seufzte: "Was ist passiert?"
Tristans Zunge klebte an seiner Kehle und er war kaum fähig zu sprechen: "Lugias Luftstoß."
Die Alte nickte tief und ging zu ihrem Medizinschrank: "Ach Tristan... Ihr seid doch Tristan, oder?"
Schnell nickte er; er wollte sofort wissen, was los war. Dragoran neben ihm ließ schon seine Fühler hängen. Es lag Unheil in der Luft.
"Ich will ehrlich mit Euch sein, junger Mann. Es sieht wahrhaft nicht gut aus. Ihr Herz schlägt schwach. Ein Teil ihrer Lunge arbeitet nicht mehr. Das einzig Positive wäre, dass ihre anderen Organe in Ordnung zu sein scheinen."
Sein Blick hing an seinem Mädchen, während die Ärztin dies so unverblümt erzählte. Tristan wiederholte: "Ihre anderen Organe sind in Ordnung."
Sie nickte: "Aber das hilft wenig."
Sein Kopf schnellte in ihre Richtung: "Was?"
"Auf Dauer bekommt sie zu wenig Sauerstoff. Ich vermute, dass durch den Druck des Luftstoßes ein Teil ihrer Lunge zerfetzt wurde und diese Wunde immer noch blutet." Sie deutete auf Elenas Mund: "Das erklärt auch, weshalb sie Blut gespuckt hat. Über kurz oder lang wird das Blut in ihre gesamte Lunge laufen und gewissermaßen wird sie daran ertrinken."
Das war zu viel! Schwindel umhüllte Tristans Sinne und ihm wurde schwarz vor Augen. Er kippte vorn über und krachte zu Boden.
Die Alte zuckte mit den Schultern: "Na toll, noch ein Patient."
Dragoran hielt sie ab Hand an Tristan anzulegen. Der Drache deutete auf seine Trainerin.
Der Blick der Ärztin folgte seinem Fingerzeig und sie lächelte: "Ja ja, ist ja gut. Natürlich versuche ich, Elena zu helfen, Liebes. Dafür musst du dich um ihn hier kümmern."
Der Drache nickte und kümmerte sich um Tristan auf seine Weise; er drehte den Ohnmächtigen auf seinen Rücken und rüttelte ihn solange, bis er wach wurde.
Mit einem Ruck riss Tristan seine Augen wieder auf und starrte an die Decke des Behandlungszimmers. Er sah Dragoran neben sich und bemerkte, dass die Alte gerade an Elenas Bett hantierte.
Der junge Mann richtete sich auf: "Was tut Ihr da?"
"Na was Ärzte nun mal so tun; versuchen, anderen das Leben zu retten", entgegnete sie mit einem Lächeln.
Ihm quollen die Augen über: "Es gibt also doch Hoffnung?"
Die Alte rümpfte die Nase und seufzte: "Ich tue mein Bestes. Aber es sieht trotzdem sehr sehr schlecht aus."
Tränen tropften auf den Holzboden unter ihm und Tristan schluchzte: "Ich danke euch dennoch, dass Ihr es versucht, werte..."
Wie hieß die Ärztin eigentlich?
"Althea", entgegnete sie knapp und erklärte: "Ich bin Althea. Ich gebe ihr ein Gerinnungsmittel, damit die innere Wunde aufhört zu bluten. Und ich gebe ihr ein starkes Schlafmittel, damit sie nicht aufwacht und die Schmerzen wahrnimmt. Ihr Körper würde den Stress nicht aushalten."
Er zog sich mit Dragorans Hilfe auf seine Beine und wisperte: "Danke..." Sein Blick fiel in Elenas blutverschmiertes Gesicht: "Darf ich sie waschen?"
Althea griff ihn am Unterarm: "Aber sicher doch. Ich bring Euch gleich was. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr heute Nacht auch in meinem Gästezimmer schlafen."
Tristan schüttelte leicht den Kopf und fragte schüchtern: "Kann ich bei ihr bleiben?"
"Wie es Euch beliebt", nickte sie und wandte sich zur Tür: "Sie wird es nicht mitbekommen, aber wenn Ihr Euch dadurch besser fühlt."
Der junge Mann setzte sich auf den Stuhl neben Elenas Bett. Müde griff er ihre Hand und knetete ihre Finger.
Zutiefst bedauerte er: "Ich hätte dich nie mitnehmen dürfen. Du hättest in Merbaum bleiben müssen. Ich wollte doch immer nur, dass du in Sicherheit bist. Und jetzt liegst du hier und hast dich für mich geopfert. Warum? Warum hast du das getan? Ich kann ohne dich nicht leben. Ich will nicht ohne dich leben.
Auch wenn du nicht bemerkst, dass ich da bin und du nichts davon mit bekommst, so muss ich dir doch sagen; ich liebe dich. Ich muss es dir jetzt sagen, weil..."
Tristan senkte seinen Kopf in ihre Decke und weinte: "Weil ich nicht weiß, ob es noch eine andere Gelegenheit dazu gibt, es dir zu sagen."
Mit einer Schüssel voll warmen Wassers erschien Althea wieder im Behandlungszimmer und stellte diese neben Elenas Bett.
Sie reichte dem schwarzhaarigen Kerl einen weißen Lappen: "Bitte, junger Mann. Wollt Ihr mir jetzt genau erzählen, wie es dazu kam?"
Er wollte nicht, aber unhöflich wollte er auch nicht sein. Tristan wusch sein Mädchen und begann zu erzählen. So sprach er von Ethan und Lugia und ihrer misslungenen Befreiungsaktion des silbernen Vogels; und dass sich Elena für ihn geopftert hatte.
Die Alte fasste sich ans Kinn. "Als Oberhaupt des Vogeltrios genießt Lugia in unserem Nachbarland einen hohen Stellenwert. Arktos, Lavados und Zapdos. Sie sind eine Legende. Wer Lugia beherrscht, beherrscht auch die drei Vögel. Möglich, dass der kantonesische König deshalb so erpicht darauf war, Lugia zu fangen. Mit der Macht von vier Legenden wäre es ihm ohne Weiteres möglich, über Johto hinweg zu rollen."
Verzweifelt seufzte Tristan: "Das ist mit diesem schwarzgefärbten Lugia auch so möglich..."
"Schwarz?", fragte Althea mit großen Augen: "Lugia ist schwarz?"
Der junge Kerl nickte: "Ethan hat gesagt, der Zugang zu seinem Herzen sei versiegelt."
"Das ist wahr", bestätigte die Alte: "Sonst hätte es keinen Menschen angegriffen. Es gab früher schon Begegnungen mit Lugia. Natürlich hat es gekämpft und Pokémon angegriffen. Noch nie aber hat es je einen Menschen verletzt.
Die Legenden wissen um ihre Macht und wenn sie sie einsetzen, dann nur, um diese zu demonstrieren und die Menschen wieder auf den rechten Pfad zu lenken. Was Elena passiert ist, hätte nicht passieren dürfen und es tut mir unendlich leid."
Er räusperte sich: "Ja, mir auch."
"Aber wenn der Silberflügel nicht geholfen hat, Lugia zu erlösen, dann muss es eine andere Möglichkeit geben", überlegte Althea.
Müde schüttelte Tristan den Kopf: "Was interessiert es mich noch?"
"Schon bald vielleicht mehr, als Ihr denkt", gab sie zurück und verschwand: "Gute Nacht."
Die Nacht verlief für Tristan alles andere als gut. Kaum war er eingeschlafen, wurde er von Albträumen geplagt. Immer wieder verfolgte ihn der Tod. Abwechselnd sah er Marco und dann Elena vor sich sterben. Beide zogen sich in seinem Beisein schwerste Verletzungen zu; opferten sich für ihn.
Sein Kumpel wurde am Bauch getroffen. Dabei war es nur ein Ultrigaria, das einen Solarstrahl ausführte. Bei Elena hingegen war es Lugia und dann auch noch sein mächtiger Luftstoß.
In seinem Albtraum wurde dem jungen Mann klar, dass es für sein Mädchen keine Hoffnung gab.
Immer wieder schreckte er hoch, nur um Elenas schlaffe Hand in der seinen zu fühlen. Immer wieder überkamen ihn Heulkrämpfe und immer wieder bettelte und flehte er für ein Wunder.
Tristan wusste; sein Mädchen würde sterben.
Nach einer nicht enden wollenden Nacht gemischt aus Albträumen und Vorwürfen richtete sich Tristan auf. Sein Rücken schmerzte von der unbequemen Position, die er nachtsüber eingenommen hatte. Aber der junge Mann wollte Elena nah sein und so nahm er jene Schmerzen in Kauf.
Was für Schmerzen sie wohl zu erleiden hatte?
Er erhob sich, streckte sich lang und wäre beinahe über Dragoran gestolpert, das zusammengekauert auf dem Boden geschlafen hatte: "Bei dir war es ja noch unbequemer als bei mir."
Der Drache erhob seinen Kopf und gähnte herzhaft. Tristan gähnte mit und schob die Vorhänge des Zimmers zur Seite. Ein Hauch von Morgendämmerung lag in der Luft. Was der neue Tag wohl Furchtbares bringen würde?
Wieder setzte er sich auf den Stuhl und griff nach Elenas Hand. Ihr Puls war kaum zu fühlen, aber er war noch vorhanden.
"Verlass mich nicht, Elena. Ich brauch dich doch. Du kannst mir nicht drei Mal das Leben retten und mich dann alleine lassen. Das kannst du wirklich nicht mit mir machen. Bitte."
Der schwarzhaarige Kerl schloss die Augen und Tränen rannen gleichmäßig über seine Wangen: "Und wie soll ich es den anderen sagen? Deinem Kumpel und deiner Schwester... Mist."
Er musste ihnen Bescheid geben.
"Dragoran?", wisperte der junge Mann. Fragend schnellte Dragos Kopf in die Höhe.
"Bleibst du bei ihr?", fragte Tristan und erklärte sich: "Ich muss zur Bolca-Sippe."
Der Drache nickte und setzte sich neben Elenas Bett.
"Bis gleich, Kumpel."
Kälte schlug ihm entgegen, als er Altheas Haus verließ. Knöcheltief versank er im Schnee. Trotz der Schäden, die Merbaum erlitten hatte, herrschte Frieden und Stille an diesem Ort. Die ruhige Winterlandschaft schenkte ihm keinen Trost. Ein Gedanke beherrschte den jungen Mann.
Wie sollte er das was geschehen war, schonend rüberbringen? Wie konnte man einer Elfjährigen verklickern, dass ihr letztes Familienmitglied im Sterben lag? Bei dem Gedanken drehte es dem jungen Mann den Magen um und in einer kleinen Gasse übergab er sich. Zumindest hätte er das, wäre was im Magen gewesen.
Tristan zitterte am ganzen Körper und wieder drohte er in Ohnmacht zu fallen. Zusammengekauert setzte er seinen Weg zum Bolca-Haus fort und hielt sich den Bauch. Immer wieder überkam ihn die Übelkeit.
Als er in der Ferne sein Ziel erblickte, schoss sein Puls in die Höhe: "Wie? Wie zur Hölle? Wie soll ich es sagen?"
Doch es war niemand hier, der dem jungen Mann diese Bürde abnahm. Absolut niemand. Er war ganz allein.
Mit zittriger Hand klopfte er an die Tür.
Eine fröhliche Heidi rief aus dem Haus: "Komme gleich! Einen Moment noch."
Tristan wandte sich ab und senkte seinen Kopf. Wie angewurzelt blieb er stehen und nahm sein Schicksal hin.
Die Haustür öffnete sich und Heidi sang: "Tristan! Guten Morgen! Was tust du denn hier?"
Er seufzte und wimmerte: "Ich bin nicht sicher, ob das ein guter Morgen ist."
Der junge Mann hielt sich den Kopf und wandte sich um. Die Hausmutter begutachtete ihn mit großen Augen und offenem Mund. Sie trat zur Seite und ließ ihn herein. Automatisch betrat er das Esszimmer, wo er die gesamte Familie vorfand.
Die Kleine freute sich: "Hey Stani, was machst du denn hier? Und wo ist Elena?"
Als er Doro erblickte, stockte Tristan. Wie zur Hölle sollte er es ihr nur sagen? Es brach Schweigen aus und große Augen richteten sich auf ihn.
Er räusperte sich, um den Kloß im Hals runterzuschlucken. Doch krächzte Tristan die ersten Worte nur, sodass er erneut begann: "Elena ist... schwer verletzt. Sie ringt mit dem Tod."
Das war alles andere als schonend.
Doros leerer Blick schlug dem jungen Mann entgegen. Kraftlos sackte sie auf ihrem Stuhl zusammen und schwieg.
Der einzige, der sich empörte, war Theo: "Warum? Erzähl schon! Warum ringt sie um ihr Leben? Was ist passiert? Oder hast du nicht den Arsch in der Hose, die Wahrheit zu sagen?"
Der blonde Junge hatte Recht; Tristan wollte die Wahrheit nicht aussprechen. Keinesfalls wollte er schuld an ihrem Zustand sein. Aber er war es nun mal. Zumindest fühlte er sich so. Die Wahrheit auszusprechen machte sein Verschulden nur noch wahrer.
"Lugia wollte mich mit seinem Luftstoß umbringen, aber sie...", der junge Mann stockte und senkte den Kopf: "Elena hat mich weggestoßen und wurde selbst getroffen."
"Sie hat sich für dich geopfert?", wisperte Theo fassungslos.
Mit Halsschmerzen und glasigen Augen nickte der schwarzhaarige Kerl.
Elenas Kumpel sprang über den Tisch und ging auf Tristan los: "Du Arschloch! Warum hast du sie nicht beschützt? Verrecke, du Arsch!"
Er haute dem Geplagten mit Fäusten ins Gesicht: "Du bist das Letzte! Wie kannst du dich nur von ihr retten lassen? Und dann traust du dich hier auch noch aufzutauchen?"
Perplex stand der Rest der Familie um die beiden herum.
Einzig Doro erhob ihre Stimme: "Theo, hör auf!"
Doch konnte sie dem schwarzhaarigen Kerl nicht helfen. Er selbst wehrte sich nicht gegen die Schläge. Vielmehr hatte Tristan das Gefühl, jeden einzelnen Hieb verdient zu haben. Endlich gingen Heidi und Ludwig dazwischen und hinderten ihren Sohn daran, Tristan die Zähne auszuschlagen. Der wischte sich das Blut aus seinem Gesicht und blickte schuldbewusst auf Theo.
Der Junge zappelte mit den Füßen und schrie: "Sie liebt dich!"
Tristan sank auf seine Knie und ließ den Kopf hängen. Tränen und Blut tropften unter ihm auf den Holzboden und er flüsterte: "Ich weiß. Ich liebe sie auch."
Er hielt sich seine Hand vor's Gesicht und versuchte, das Nasenbluten zu stoppen. Er murmelte von den weiteren Geschehnissen rund um seine Verbündeten, die zurückblieben sind und von den beiden aufeinander zumarschierenden Heeren, die sich heute vermutlich begegnen würden.
Nach einer Weile erhob er sich mit weichen Knien wieder. Erst jetzt bemerkte der junge Mann, dass immer noch alle Blicke auf ihn gerichtet waren.
Kurz erklärte er: "Sie ist in Altheas Behandlungszimmer. Ich hab keine Ahnung, wie es ihr geht, aber vielleicht..."
Doro erhob zuerst ihre Hand: "Ich will sie sehen."
"Dann komm mit", nickte Tristan.
Wortlos gingen die beiden zu Altheas Haus. Im Krankenzimmer wurden sie bereits von Dragoran erwartet. Als der Drache die kleine Schwester erblickte, quetschte er sie in eine Umarmung.
"Ach Drago, du hast auch Angst um sie, richtig?", murmelte Doro.
Dragoran nickte und ließ sie erst nach einigen Augenblicken wieder auf den Boden.
Sie blickte auf ihre große Schwester und beugte sich über sie: "Sie sieht zufrieden aus." Doro tröstete sich selbst damit, dass Elena sich selbst entschied: "Sie wollte, dass du lebst, Stani. Vielleicht wollte sie selbst nicht getroffen werden, aber zumindest hat sie es in Kauf genommen."
Der junge Mann schüttelte den Kopf: "Ob gewollt oder nicht; sie hat es nicht verdient, hier so zu liegen. Und schon gar nicht hat sie es verdient zu sterben."
Beiden rannen die Tränen übers Gesicht und sie umarmten sich: "Ich bin schuld, Doro. Ich hätte sie nie in Gefahr bringen dürfen."
"Sie ist jetzt fast 17. Mein Bruder war 17. Denkst du, das ist irgend so ´n Fluch, dass wir Lacaors mit 17 Jahren sterben?", fragte die Kleine.
Er griff sie an den Schultern und beugte sich zu ihr hinunter: "Sowas darfst du nicht denken. Elena ist ja noch nicht..." Er wagte es nicht, dieses Wort auszusprechen und fuhr an anderer Stelle fort: "Und Marco war ein Soldat. Ich habe so viele Jungen auf dem Schlachtfeld sterben sehen. Es gibt keinen Fluch. Es ist ein Unglück."
Mit glasigen Augen blickte das kleine Mädchen auf ihre Schwester: "Ich geh Winterlilien pflücken. Seit du ihr eine geschenkt hast, liebt sie diese Blume."
Althea kam auf eine Kontrolle vorbei: "Wie ist die Lage?"
Sie griff zu ihrem Stethoskop und hörte Elena wieder ab. Müde wandte sich die Alte von ihrer Patientin ab und seufzte.
Erschöpft schüttelte sie den Kopf: "Es wird immer schlechter. Ein Wunder, dass Ihr Herz überhaupt noch schlägt, so langsam und schwach... Ich fürchte, es wird nicht mehr lange dauern."
Tristan hielt sich eine Hand vor den Mund und wimmerte: "Wie lange?"
Althea zuckte mit den Schultern: "Ein paar Stunden, vielleicht auch viel kürzer."
Er sank auf den Stuhl und griff die Hand seiner Geliebten. Neben ihrem Bauch legte der junge Mann seinen Kopf ab und fiel in einen unerholsamen Schlaf. Kurze Zeit später schreckte er wieder hoch; hatte er wirklich geschlafen?
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Wieder erschrak Tristan und er fuhr um.
"Kasimir", keuchte er.
Seinem Untergebenen war das Bedauern ins Gesicht geschrieben: "Stani. Es tut mir so leid was passiert ist."
Tristans Blick fiel wieder auf sein Mädchen: "Ich liebe sie. Hast du das gewusst?"
Kasimir nickte und erinnerte: "Du hast es mir sogar schon mal gesagt. Ihr beide. Dabei war es offensichtlich, dass ihr zusammen gehört."
"Ach, war es das?", fragte der schwarzhaarige Kerl: "Ich habe unzählige Male überlegt, ob sie mich nach meiner Aktion noch mag. Ich hab mich nicht fragen trauen. Lieber wollte ich an meiner Hoffnung festhalten, als Gewissheit zu haben. Und jetzt? Jetzt kann ich es ihr nie mehr sagen."
Der ehemalige Untergebenen zuckte mit den Schultern: "Ich bin sicher, sie weiß es. Egal, ob sie im Koma ist oder nicht."
Wie im Tunnel nahm Tristan wahr, dass auch die ganze Bolca-Sippe bei Elena aufgetaucht war. Erst, als die Familie wieder aus dem Behandlungszimmer verschwunden war und Theo ihn direkt ansprach, kam der schwarzhaarige Kerl wieder zu Sinnen.
Theo kaute auf seinen Lippen: "Du, Tristan. Ich wollte mich bei dir entschuldigen, wegen der Prügel, meine ich."
Der junge Mann winkte ab: "Ich hab´s verdient."
Er wandte sich müde zu Elena, aber Theo gab keine Ruhe: "Kann ich irgendwas tun?"
Tristan schüttelte den Kopf und schwieg.
"Ich weiß, dass du nicht schuld bist Stani, okay?", begann Theo erneut und fuhr fort: "Ich war nur so eifersüchtig, dass sie dich wollte. Aber Tristan; Elena zu liebe musst du weitermachen. Du musst weiter gegen diesen Krieg kämpfen und ihn beenden. Ich wüsste nicht, wer es ansonsten schaffen könnte, aber die Gefangenen brauchen dich."
Tristan seufzte. Wo sollte er am Ende der Kraft noch die Kraft hernehmen, alles zu Ende zu bringen? Marcos Tod ließ ihn schon beinahe aufgeben, aber wie sollte er ohne Elena weitermachen?
Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen: "Ich kann nicht mehr, Theo. Verstehst du das? Ich konnte sie nicht beschützen. Ich bin gescheitert. Und ich werde nie mehr in meinem Leben für jemanden so empfinden wie für sie. Ich habe einfach keine Kraft mehr."
Plötzlich zischte eine Ohrfeige in Tristans Gesicht.
Theo betonte mit zusammengekniffenen Augen: "Sie hat dich gerettet. Ihrer Statt stehst du hier. Also unternimm gefälligst was gegen dieses sinnlose Sterben. Das bist du Elena schuldig."
Ja, das sieht jetzt nicht wirklich gut aus. Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen, was hier passiert. Naja, lest einfach das nächste Kapitel bitte (bevor ihr jetzt hier zu lesen aufhört, weil ich meine Protagonistin in den Tod schicke... Gebt mir noch eine Chance!)
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