33. Attacke!
Die vier Alten teilten sich auf Tauboss und Noctuh auf und flogen nach Indigo.
"Hat jemand eine Ahnung, wo wir hin müssen?", fragte Elena ihre Passagiere.
Tristan direkt hinter ihr zuckte mit den Schultern: "Dorthin wo Lugia ist..."
Sie nickte ernsthaft: "Danke für deine konkrete Antwort, das hilft mir weiter."
Er legte sein Kinn auf ihrer Schulter ab und deutete zu Julius Aerodactyl, das seinen Trainer, Cecilia und Bernd dabei hatte: "Flieg ihm einfach hinterher. Wir müssen sowieso zusammenbleiben, bis wir Lugia gefunden haben."
Sein Atem auf ihrer Haut und seine Nähe ließen Elena die Haare zu Berge stehen. Er suchte doch Körperkontakt zu ihr? Und was war das vorhin mit der Händchenhalterei? Wären die beiden unter sich gewesen, hätte sie den jungen Mann vielleicht sogar danach gefragt. Aber vor Valentin wollte sie nicht über solche Dinge sprechen.
Aerodactyl war längst abgehoben, während die Jugendliche mit ihren Gedanken noch bei Tristan hing.
Verdutzt blickte sie dem Steinvogel hinterher und befahl: "Los Dragoran."
Mit einem Schub hob der Drache ab und drückte seine Passagiere gegen seinen Rücken. Elenas Magen hob sich auf den ersten Metern. Die Häuser unter ihr wurden kleiner. Grobe Orientierung boten einzig die Türme und die Berge.
Wie winzige Nadelstiche schmerzten die Schneeflocken. Wenigstens hatte es noch keinen Schneesturm wie bei ihrem Flug nach Ebenholz. Damals war das Mädchen gekommen, um ihre Stadt zu befreien. Jetzt flog sie zum Silberberg, um Lugia zu befreien. Ob das legendäre Pokémon überhaupt dort war?
Wenn es aber dort wäre, würde heute der Tag seiner Befreiung sein. Mit dem Silberflügel auf ihrer Seite hätte Kanto keine Chance, Lugia länger zu halten - zumindest wenn die Legende um den Silberflügel stimmte.
Vielleicht hätte dann sogar der gestörte General Hermann eine Chance, am Silberberg zu gewinnen und den Krieg zu beenden.
Die beiden Drachen flogen über Viola weg. Der Horizont war wolkenverhangen und es schneite unentwegt. Die östliche Bergkette, auf der Elena und Tristan nach Borkia gewandert waren, markierte die östliche Landesgrenze.
Dragoran stieg knapp über den den schroffen Felswänden empor und schoss über die Gipfel. Dahinter erstreckte sich das Panorama der Berge um den Silberberg. Die strahlende Sonne stand am Himmel und reflektierte den Schnee.
Der Silberberg zeigte sich in seiner ganzen Pracht. Er sah aus wie ein riesiger Kristall, der sich durch seine Brillanz und Schönheit von all den anderen Bergen unterschied.
Jahrzehntelang war jener Berg umkämpft. Ob seine Schönheit der Auslöser dafür war? Oder einfach nur der Größenwahn beider Seiten?
Tristan deutete vor sich auf den Boden: "Kanto marschiert auf."
Geblendet von der Helligkeit schirmte das Mädchen ihre Augen ab und erkannte selbst; die kantonesischen Truppen hatten sich mit der kompletten Manneskraft auf den Weg zum Schlachtfeld gemacht.
Suchend blickte sie gen Westen: "Wo sind Hermanns Leute?"
"Auf dem Weg", entgegnete der junge Mann und zeigte auf Fahnen am Horizont: "Er muss seine Leute sofort nach unserer Verhaftung aus Ebenholz entsandt haben."
Zum ersten Mal bewunderte die Jugendliche ein Tun des Generals: "Hat er etwa geahnt, dass Kanto aufmarschiert?"
Tristan zuckte mit den Schultern: "Zumindest konnte er es sich denken, nachdem wir Kanto komplett zurückgedrängt hatten. Sie versuchen einen letzten finalen Schlag. Und wäre Lugia nicht in ihren Händen, wären ihre Chancen nicht mal so hoch."
Voller Sorgen verzog Elena das Gesicht: "Wir müssen Lugia schlagen, bevor die beiden Heere aufeinander stoßen. Wir müssen dieses sinnlose Sterben verhindern."
Wie gebannt starrte der schwarzhaarige Kerl an den Horizont: "Die Chance dazu wirst du gleich haben."
Auch Elenas Blick fiel dorthin. Etwas Schwarzes näherte sich ihnen pfeilschnell.
"Lugia", hauchte sie aus: "Aber schwarz."
Der junge Mann gestand: "Und es scheint mächtiger zu sein als jemals zuvor."
Sie duckte sich näher an Dragoran: "Drago, mach dich zum Angriff bereit! Los, Drachenpuls!"
Der schwarze Drache schien die Attacke auf seinem Körper überhaupt nicht zu spüren und flog unbeirrt weiter. Lugia pumpte sich auf und schoß einen Luftstoß durch die Gegend. Aerodactyl und Dragoran konnten ausweichen. Beide wendeten, nachdem sie nur wenige Meter entfernt an Lugia vorbei gerauscht waren.
"Kannst du es zu Boden bringen?", fragte Tristan.
Sie warf einen kritischen Blick über ihre Schulter: "Was denkst du, was ich versuch?"
Mit Mühe rief der junge Mann im Flugwind: "Du musst seinen Flügel treffen!"
"Ach nee?", empörte sich die Drachentrainerin: "Vielleicht sind drei Leute auch einfach zu schwer, als dass Dragoran noch vernünftig kämpfen könnte?"
Tristan zuckte mit den Schultern: "Dann setz uns ab und kümmere dich um dieses Vieh."
Dragoran landete inmitten des leeren Schlachtfeldes, wo alsbald die beiden Heere aufeinander treffen würden.
Valentin und Tristan stiegen ab: "Wir versuchen von hier unten unser Möglichstes."
Ethan war mit Lugia so darauf bedacht, Tristan zu Schaden, dass er sich ablenken ließ. Gerade wollte er mit seinem schwarzen Drachen angreifen, als ihm hinterrücks Aerodactyl in den Rücken fiel. Der Steinvogel krallte sich den falschen Johtolesen und ließ ihn in die Tiefe stürzen. Wenigstens war Lugia nun von Ethan getrennt!
Cecilia blickte dem Gestürtzten hinterher: "Ist er tot?"
Bernd seufzte: "Schön wär´s." Dann deutete er zu Boden: "Aber sieht nicht so aus."
Unmittelbar öffnete der Spion seine Augen und klopfte sich den Schnee von der kantonesischen Uniform. Er deutete Richtung Tristan und befahl seinem schwarzen Pokémon einige Worte.
"Schnell, er will meinen Bruder angreifen. Mach was!", rief die schwarzhaarige Lady aus.
Julius reagierte sofort: "Antik-Kraft, hop!"
Aerodactyl raste im Sturzflug auf Lugia zu. Mit Sorge begutachtete Cecilia die Situation. Würden sie zu spät kommen? Lugia pumpte sich auf und war zum Abschuss bereit.
Doch plötzlich stieß Dragoran in Lugias Rücken und brachte den schwarzen Drachen aus dem Konzept. Wenige Sekunden später schlug Aerodactyl auf. Es durchbohrte Lugias Flügel und verletzte es so, dass es sich nicht mehr in der Luft halten konnte. Es landete zwischen Ethan und Tristan und Valentin auf dem Boden und blickte hasserfüllt auf die beiden Flugpokémon.
"Sofort landen. Wir kämpfen mit!", befahl Cecilia ihrem Partner.
Aus einem Meter Höhe sprangen sie und Bernd vom tieffliegenden Aerodactyl und zuckten ihre Pokébälle.
Rizeros und Impergator materialisierten sich. Arkani und Bisaflor griffen bereits an. Eine Komposition aus grünen Zauberblättern, roten Flammen, braunen Gesteinsmassen und blauem Wasser schlugen unaufhörlich auf das schwarze Lugia ein.
Aus der Luft erfolgten Angriffe von Dragoran und Aerodactyl. Lugia wusste nicht, wo es zuerst angreifen sollte. Immer wieder wurde es durch Attacken abgelenkt. Blind verschoss es seine Luftstöße, bis sein Kopf erschöpft zu Boden krachte und liegen blieb.
"Ceci, das ist deine Chance! Der Silberflügel", rief Bernd zu seiner Gefährtin.
Sie verstand und nickte. Sofort lief die junge Lady auf Lugia zu. Sie griff in ihre Hosentasche und holte die schwarze Feder hervor.
Die Auserwählte sprach zu ihrem Vogel: "Lugia, ich befreie dich."
Müde erhob es seinen Kopf und blickte Cecilia entgegen. Zornig kniff es die Augen zusammen und schleuderte die junge Lady mit einer Kopfnuss zu Boden.
Schockiert sah sie auf Lugia, dann auf die immer noch schwarze Feder: "Es funktioniert nicht. Warum hat es nicht funktioniert?"
Hinter dem schwarzen Vogel ertönte Ethans dreckiges Gelächter: "Habt Ihr wirklich geglaubt, Ihr zeigt meinem Lugia seine Feder und schon gehorcht es Euch wieder? Habt Ihr wirklich geglaubt, Ihr könntet es erlösen? Seht es Euch doch an! Es ist mein Pokémon. Es ist meine Kampfmaschine. Egal, ob es besiegt scheint oder nicht. Es wird weiter kämpfen.
Der Zugang zu seinem Herzen ist versiegelt. Es gehorcht nur noch mir und dabei geht es über Leichen. Wollt Ihr eine Kostprobe? Ach. Seht selbst. Lugia! Luftstoß auf ihre verwundbarste Stelle!"
Das schwarze Pokémon holte tief Luft und starrte dabei auf Cecilia. Die junge Frau kroch auf allen Vieren rückwärts, wandte ihren Blick dabei jedoch nicht von Lugia ab.
"Arkani, bring sie weg!", schrie Tristan zu seinem Pokémon.
Sofort sprang der Feuerhund zu Cecilia und brachte sie in Sicherheit. Erleichtert atmete der schwarzhaarige Kerl auf. Doch dann sah er hoch und bemerkte Lugias starren Blick, der plötzlich auf ihn gerichtet war. Mit großen schockierten Augen sah Tristan seinem Schicksal entgegen; er war Lugias Ziel!
Es lief wie in Zeitlupe ab. Er wollte zur Seite hechten, doch hafteten seine Beine wie angewurzelt am Boden. Ein heller Lichtstrahl entlud sich aus Lugias Maul, direkt auf ihn gerichtet.
Der junge Mann spürte einen Stoß.
Jedoch nicht von vorne, sondern von der Seite. Dieser Impuls schleuderte Tristan einige Meter weiter, wo er auf seinem Rücken zum Liegen kam. Über sich sah er Dragoran hinweg fliegen. Doch nicht?
Er rappelte sich auf und starrte zu der Stelle, wo er Sekunden zuvor noch stand.
"Elena!", schrie er auf und rannte zu ihr.
Tristan fiel vor ihr auf seine Knie und drehte sie auf ihren Rücken. Das Mädchen blutete aus Mund und Nase und bewegte sich nicht mehr.
Bei diesem Anblick trieb es dem jungen Mann die Tränen in die Augen. Er befürchtete das Schlimmste. Er befürchtete ihren Tod. Sein Mädchen war mitten in Lugias Luftstoß hineingesprungen. Für ihn.
Ob jemand so etwas überleben konnte?
"Tristan, Vorsicht!", rief Cecilia aus.
Wieder sah er auf und erkannte, dass Lugia den nächsten Angriff vorbereitete. Mit Mühe erhob sich der junge Mann mit Elena in seinen Armen. Wo konnte er Schutz finden?
Plötzlich wurde er von hinten angerempelt. Zwei orange Arme umklammerten ihn und das Mädchen. Tristan verlor die Bodenhaftung. Er sah in die verzweifelten Gesichter der anderen vier, dann sah er hoch auf Dragorans Unterkiefer.
"Lass mich dort, ich muss ihnen helfen!", befahl der junge Mann.
Der Drache schüttelte seinen Kopf: "Drago..."
Er zappelte mit seinen Füßen und wehrte sich gegen seinen Abflug: "Lass mich runter. Ich muss kämpfen."
Cecilia rief ihrem Bruder nach: "Bring dich in Sicherheit. Wir können ohnehin nicht gewinnen."
Ein letztes Mal sah er auf die vier Trainer und auf sein Arkani. Ihm drehte es beinahe den Magen um.
Er wisperte: "Kini. Pass auf dich und Ceci auf."
Elena. Was machst du denn. Schockierend...
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