23. Krankenwache

Mit Dragorans Hilfe hetzte Elena zum Sanitätszelt im Süden. Dort angekommen wurde Tristan auf eine Trage verfrachtet, aber keine der Schwestern oder Chaneiras hatte Zeit für ihn. Das Mädchen verband ihn selbst so gut sie konnte.

Auch Julius, Cecilia und Lorenz betraten wenig später das Sanitätszelt. Sie erkannten den Ernst der Lage, als sie in das blutverschmierte dreckige Gesicht von Tristan blickten.
Lorenz kommentierte monoton: "Die Mühe hättest dir sparen können."

Cecilia griff den Verletzten an der Hand und flehte: "Bitte bleib am Leben." Endlich kam ein Heiteira und brachte Tristan und Arkani zur Behandlung.

Sogar Doro tauchte im Sanitätszelt auf. Elena schilderte ihr die Lage unter Tränen. Zäh wie Wochen verging die Zeit. Erst am Abend, nachdem sich der größte Trubel gelegt hatte, meldete sich eine Krankenschwester bei den Wartenden.

Tristan hatte zwar nur eine tiefe Schnittwunde davongetragen, aber auch viel Blut verloren. Außerdem hatte sie dem jungen Kerl ein Schmerzmittel gegeben, das ihn im Augenblick bewegungsunfähig machte. Seine Angehörigen durften trotzdem zu ihm.

Als Elena seine Kammer betrat, fühlte sie sich in der Zeit zurückversetzt. Es war beinahe derselbe Anblick wie der ihres Bruders. Tristan war an beiden Armen verbunden. Der Rest seines Körpers lag unter der Decke verborgen. Wer wusste schon, wie schlimm er tatsächlich aussah?

Schweigend saßen seine Angehörigen um Tristans Bett. Dieser schwarzhaarigen Lady und ihrem Freund war Elena nie begegnet. Sie blickte kurz auf die Frau und überlegte. Die war eine Hübsche, vielleicht Mitte 20, grüne Augen, leicht dunkler Teint. Sie musste Tristans Schwester sein.

Elena wollte nicht aufdringlich sein, weshalb sie ihre Frage an die Lady umformulierte: "Seid Ihr die Bürgermeisterin von Dukatia?"

Sie fuhr hoch und sah Elena in die Augen: "Ja, zumindest war ich das bis vor einer Weile. Übrigens; ich bin Cecilia, seine Schwester. Und du kannst ,Du' zu mir sagen."

Daraufhin stellte sich die Jugendliche vor: "Ich bin Elena. Seine..." Was eigentlich? Sie zögerte und fügte an: "Reisebegleitung. Also, eigentlich hat er mich begleitet und nach Hause gebracht."

Cecilia entkam ein dämliches Lächeln. Was sie wohl dachte? Gewiss hatte der junge Mann seiner Schwester alles von Elena erzählt. Wie peinlich! Sofort lenkte das errötete Mädchen vom Thema ab. Sie erzählte von Tristans ungehaltener Trauer, als er von Cecilias vermeintlichem Tod erfuhr. Aber dann kam sie zum eigentlich interessanten Thema; dem gestrigen Tag.

Die junge Lady stützte sich mit den Ellenbogen auf Tristans Bett ab: "Was ich dich vorhin schon fragen wollte; wieso bist du heute hierhergekommen und hast mit uns gekämpft? Ich meine, wir sind wirklich froh, dass du uns geholfen hast. Ich glaube, ohne dich und deine Schwester hätten wir es nicht geschafft. Aber was war der Auslöser?"

Der Hass auf Kanto? Der Angriff auf Merbaum? Oder die Angst um Tristan? Elena hatte zwar nicht gewusst, dass er heute hier kämpfen würde, aber doch trieb sie die Furcht um ihn nach Ebenholz. Zugeben konnte Elena das vor seiner Schwester aber nicht. Vor ihm schon; sie würde es ihm auch sagen. Aber vor Cecilia war es ihr peinlich.

Die Jugendliche erzählte von Kantos Angriff auf Merbaum. Sie drehte es so hin, dass ihre heutige Aktion einzig der Rache galt. Außerdem informierte sie darüber, dass Jonas ein Kantonese war und es laut seiner Aussage noch einen Unterwanderer in Johtos Militär geben würde.

Lorenz runzelte die Stirn und warf ein: "Klingt schon sehr nach Verschwörungstheorie..."
Cecilia fauchte ihn an: "Und wer soll sich sowas bitte ausdenken? Wenn das alles stimmt, was Jonas gesagt hat, dann ist Tristan immer noch in Gefahr!"

"Darum bin ich hier", meinte Elena und sah auf den Verletzten: "Und ich bleibe bis der Feind tot ist."

Zur Beratschlagung verließen Lorenz, Julius und Cecilia die Behandlungskammer. Auch Doro sprang auf: "Hab gesehen, dass unser Haus in Ebenholz immer noch steht. Ich werd heut dort schlafen. Dann sehen wir uns morgen?"

Elena nickte mit einem Lächeln: "Pass auf dich auf."

Als das Mädchen mit Tristan alleine war, griff sie zum ersten Mal überhaupt nach seiner nackten Hand. Sie kannte ihn nur mit seinen schwarzen Lederhandschuhen. Erst jetzt wurde der Jugendlichen bewusst, weshalb er sie trug. Seine Hände, Innen- wie Außenflächen, waren von dunklen Linien übersät. Die Narben überkreuzten sich. Sie mutmaßte, dass der junge Mann tiefe Schnittwunden erlitten hatte.
Etwa ein Pokémonangriff?

In dieser Nacht blieb Elena an seinem Bett. Arkani ging es nach wenigen Stunden bereits besser. Jedoch verweigerte es das Futter, so lange sein Herrchen im Koma lag. Nach dem Giftanschlag auf Tristan hatte es sich schon genauso verhalten. Sie wusste daher, dass es nichts bringen würde, wenn sie Arkani zum Fressen zwingen wollte.

Jaulend legte das Pokémon seinen Kopf auf Tristans Bett ab. Die kritischen grauen Augen des Feuerhundes blickten ihr entgegen. Dann sah es wieder auf sein Herrchen. Immer wieder sprang Arkanis Blick zwischen den beiden hin und her, bis es müde zu Boden fiel und schlief.

Nach einer Nacht des Hoffen und Bangens zuckte zum ersten Mal Tristans Hand in der von Elena. Nur ganz schwach griff er zu. Das genügte aber, um sie aufzuwecken. Die Jugendliche schreckte hoch und blickte auf den Verletzten, der seine Augen nur halb öffnete. Sie beugte sich über ihn und wisperte: "Tristan!"

Der junge Mann war kaum fähig zu sprechen: "Bist du die ganze Zeit hier geblieben?"
Elena nickte und ihre Augen quollen über.
Mühsam keuchte er: "Tut mir leid, dass ich einfach so abgehauen bin."
Das Mädchen wischte sich ihre Tränen aus dem Gesicht: "Schon gut. Ich weiß ja, warum du das gemacht hast. Mir tut's leid, dass ich dich erst verflucht hab."

Der Kerl winkte ab und fragte: "Hast du was zu essen?"

Sie verdrehte die Augen. Ein erleichtertes Grinsen machte sich über Elenas Gesicht breit. Ihre Lippen bibberten. Zum ersten Mal überhaupt war das Mädchen froh, dass Tristan etwas zu essen wollte. Auf ihrer Reise war sie immer genervt von seiner Verfressenheit. Aber in diesem Moment war es ein Zeichen dafür, dass es ihm gut ging.

Elena wandte sich zu ihrem Rucksack und kramte ein paar Beeren hervor.
Skeptisch zog er eine Augenbraue in die Höhe: "Beeren? Naja, besser als nichts"
Sie beugte sich wieder über den jungen Mann und legte ihm eine Beere nach der anderen in den Mund. Fast regungslos schluckte er sein Essen, das ihm zu Kräften verhalf.

Tristan richtete sich auf und stellte keuchend fest: "Du bist zurückgekommen."

"Das bin ich. Ich wollt schon viel früher zu dir, aber", Elena stockte, erzählte dann weiter: "Erst hat mir Theo deinen Brief unterschlagen..."

Mit einem Lächeln entgegnete der junge Mann: "Ich hasse Theo. Ich habe es wirklich versucht, mich mit ihm zu verstehen, aber er weigert sich einfach."

Das Mädchen erinnerte sich an ihr Gespräch mit ihrem Kumpel am Lagerfeuer: "Er hat seine Gründe. Irgendwann wird er sich ändern."

Tristan hielt in Worten fest: "Ja, wenn er sich in eine andere verliebt hat."

Elena schüttelte den Kopf: "Nein Stani, ganz so einfach ist es nicht. Es geht nicht um mich. Er ist generell neidisch auf dich. Weil..."

Fragend verzog er seine Augenbrauen in die Höhe: "Weil?"

Das Mädchen schloss ihre Augen, da es ihr peinlich war, was sie zu sagen hatte: "Weil, und ich zitiere originalgetreu meinen Kumpel; du hast 'n starkes Pokémon, Grips, 'ne geile Uniform, gutes Aussehen... und Bartwuchs."

Seine Augen leuchteten: "Ach?" Ein dämliches Grinsen machte sich über Tristans Gesicht breit: "Hab ich das?"

Elena wich zurück, blickte auf den Verletzten und zuckte mit den Schultern: "Das hat Theo gesagt. Ich kann da nix für..."

"Aber... wie denkst du über mich?", schob er errötet hinterher.
Mit halbgesenkten Augenlidern blickte sie auf Tristan: "Das... wirst du nie erfahren." Künstlich empört fügte die Jugendliche an: "Außerdem; stellst du dir das nicht ein bisschen zu einfach vor?"

Sein verlegener Blick fiel auf Arkani: "Ich mein ja nur..."

War es Elenas jetzt oder nie Chance? Aber so wie sie Tristan angefahren hatte, war diese Chance vergeben. Es musste ihn viel Mut gekostet haben, das Mädchen direkt zu fragen. Und sie war so dumm und wies ihn zurück. Elena versank in ihren Gedanken.

Tristan drückte leicht ihre Hand und sie war wieder bei Sinnen. "Richtig, ich muss weitererzählen", bemerkte sie. Aus ihr sprudelten alle Informationen raus, die sie über Jonas, Kanto und den Unterwanderer hatte und fügte an: "Du bist immer noch in Gefahr, Stani."

Wortlos starrte Tristan an die Decke. Er schien seine Gedanken zu sortieren und nachzudenken. "Hermann?", flüsterte der junge Mann und kniff die Augen zusammen.

Die Jugendliche seufzte aus: "Hab ich mir auch schon gedacht. Übrigens hat Jonas gesagt, dass auch Kanto kaum noch Männer hat, aber durch seine Lüge, dass tausende Männer zum Angriff aufmarschieren würden, hat er dich damals dazu gebracht, Ebenholz kampflos aufzugeben."

Tristan ging alles noch einmal von vorne durch und erzählte es Elena. Das Dekret zum Einzug aller Pokémon setzte Hermann durch, indem er so lange auf den König einredete, bis er keinen anderen Ausweg mehr sah. Das Pokémontrainingsprogramm wurde in Borkia nur halbherzig umgesetzt, obwohl Tristan immer wieder darauf aufmerksam machte, dass unterentwickelte Pokémon an der Front nichts ausrichten konnten.
In Ebenholz wurden Soldaten stationiert, die die Stadt im Angriffsfall vor Kanto beschützen sollten. Aber stattdessen zog Hermann wenige Monate später sämtliche Soldaten wieder ab, um Männer für seinen Putsch zu haben.
Aber offenkundig war dies nicht der einzige Grund; Hermann wollte auch freie Bahn für Kanto machen. König Raul hielt sich nach dem Angriff auf Ebenholz noch einige Wochen an der Macht und verordnete, für jede Stadt ein Pokémontrainingsprogramm einzuführen.
Kurz darauf wurde Raul gestürzt und das Programm wurde wieder eingestellt, eben weil Hermann nie Interesse an Johtos Erstarken hatte. Dann folgten die Angriffe auf Viola, welche zurückgedrängt werden konnte. Der General ließ Johto nie eine echte Chance und befahl den Weg nach Oliviana anzutreten, während Kanto erneut über Viola herfallen konnte.
Und zum Ende hin hat Hermann auch noch Lugia gefangen, den besonders in Kanto verehrten Wappenvogel. Aber dass er seine Glaubensbrüder in Oliviana angegriffen hatte, tat der Logik einen Abbruch. Allerdings hatte sich Oliviana nie mit Kanto verbündet und vielleicht war dies ein Racheakt an dem Küstenstädtchen.

So machte alles Sinn. Der General selbst musste der Kantonese sein, der das johtolesische Militär unterlaufen hatte und seither bewusst Fehlentscheidungen traf.

Eine Sache ließ Tristan jedoch zweifeln: "Hermann hat aber immer gegen Kanto gekämpft. Er hat seine eigenen Männer getötet und Rosalia befreit. Warum?"

Elena schoss ihr Gespräch mit Jonas wieder in den Sinn: "Zu dem Schmierlappen meinte ich, dass Hermann wirklich Gefallen daran gefunden haben könnte, ein Land zu führen."

Mit geschlossenen Augen dachte der junge Mann nach. "Vielleicht ist Hermann sogar schon nach Kanto geflohen."

Dies konnte Elena nur Recht sein. So lange dieser gestörte General außer Reichweite war, war der junge Mann wenigstens in Sicherheit. Zufrieden lächelte sie. Das Mädchen umschloss Tristans Hand mit der ihren und drückte seinem Handrücken einen Kuss auf.

Er wollte seine Hand zurückziehen, beließ es aber dabei. "Du hast sie gesehen", stellte er mit trockener Kehle fest. Fragend sah Elena auf den Verletzten, weswegen er anfügte: "Die Narben."

Still nickte sie, konnte sich dann aber einen Kommentar nicht verkneifen: "Handschuhe doch nicht angewachsen, hm? Bist wohl eitel..."

Er schüttelte den Kopf: "Meine Hände sind taub. In Handschuhen fühlt es sich nicht so unangenehm an."

Die Jugendliche fragte nicht nach, von woher die Narben stammten. Wenn Tristan denn wollte, so konnte er es von sich aus erzählen. Der aber legte jene Hand auf ihre Wange und fuhr ihr sanft durch das Haar: "Ich hatte so Angst, dich für immer verloren zu haben."

Elena schüttelte unter Tränen den Kopf: "Wie sollte ich das überstehen..."
"Ich hab dich so vermisst", gestand der junge Mann.
Sie biss auf ihre Unterlippe: "Ich hab dich auch vermisst."

In einem Moment der Stille blickten sich die beiden wie gebannt in die Augen. Endlich hatten sie sich wieder. Die Jugendliche spürte an ihrem Hinterkopf seine Hand, die sie zu ihrem Gebliebten zog. Das Mädchen gab dem Druck nach und folgte. Nervös blickte sie Tristan in die Augen, dann auf seine Lippen. Sie schloss ihre Augen.

"Kontrollbesuch", rief die die Krankenschwester. Sofort wich Elena zurück und richtete sich wieder auf. Der Vorhang zu Tristans Krankenkammer öffnete sich. Sie sah zum Eingang, wo sie die Dame im weißen Gewand samt Chaneira entdeckte.

Überrascht blickte die Pflegerin auf den Verletzten: "Euch geht's ja besser! Was für ein Glück. Gestern hat es wirklich nicht so gut ausgesehen."

"Das tut es öfter nicht", winkte Tristan ab.
"Ich würde nur schnell Euren Verband wechseln, und dann. Nun ja, das Zelt wird noch von ein paar Soldaten bewacht, aber wir sollten dennoch zusehen, mit unserer Krankenstation nach Ebenholz zu ziehen. Könnt Ihr selber laufen oder soll ich eine Trage organisieren?", fragte die Krankenschwester.

Elena mischte sich ein: "Kann ihn selber nach Ebenholz bringen. Dann müsst Ihr keinen Transport organisieren. Wenn's dir recht ist, Tristan."

Der Verletzte zuckte mit den Schultern und nickte. Er begutachtete sein Arkani, das neben seinem Bett stand und mit dem Schwanz wedelte: "Jetzt kommen wir wieder nach Ebenholz, Kini. Freust du dich?" Der Feuerhund ließ ein kurzes Bellen verlauten.

Nachdem die Krankenschwester verschwunden war, wandte sich der junge Mann zu Elena: "Und wie willst du mich jetzt nach Ebenholz bringen?"

Das Mädchen grinste breit: "Kannst du dir das nicht denken? Da hab ich 'ne Überraschung für dich."

Tristan drehte sich aus dem Bett und griff nach seiner Uniform. Er warf einen skeptischen Blick auf Elena, als sie keine Anstalten machte, sich aus dem Zimmer zu bewegen: "Willst du mir etwa zusehen?"

Schulterzuckend verließ sie seine Kammer und grinste: "Da gibt's sowieso nix, was ich noch nicht gesehen hätt. Aber gut, wenn du meinst." Dem jungen Mann kam der Giftanschlag wieder in den Sinn, nach dem Elena ihn versorgt hatte. Ja, sie kannte seinen ganzen Körper, was ihn rot werden ließ.

Sein neuer Gedanke galt dem, wie sie ihn nach Ebenholz bringen wollte. Was meinte die Jugendliche damit, ob er es sich nicht denken konnte?

Dunkel erinnerte sich der junge Leutnant an die Schlacht; der orange Drache mit Elena. Was er gestern in Trance wahrgenommen hatte, war kein Traum sondern Realität. Trotzdem war Tristan gespannt, was er vor dem Zelt finden würde.

In Eile knöpfte er sein Jackett zu und warf sich seinen Umhang über. Unterm Hinausstolpern zog er seine Stiefel an. In gebeugter Haltung hinkte der junge Mann aus dem Sanitätszelt: "Danke Schwester, mir geht's schon viel besser."
Schwanzwedelnd trottete ihm sein treues Arkani hinterher.

Geblendet von der Helligkeit blickte er suchend um sich und entdeckte Elena. Das Mädchen stand neben ihrem Drachen, der doppelt so groß war wie sie. Gerade fütterte sie ihr Pokémon mit Beeren, das jede einzelne hinunterschlang.

Die Drachentrainerin reichte Dragoran noch mehr Beeren und bedauerte: "Ich weiß, ich weiß, du hast heute noch nicht gefrühstückt, tut mir leid."

"Woah", überkam Tristans Lippen. Er erntete jeweils einen fragenden Blick von Elena und ihrem Drachen. Arkani jaulte auf und rannte zu dem Drachen. Hechelnd stellte er sich auf seine Hinterbeine und lehnte sich mit seinen Vorderpfoten gegen Dragorans Brustkorb. Das Drachenpokémon packte seinen alten Kumpel komplett und zwängte ihn in eine Umarmung, wofür es einen Zungenschlecker erntete.

Tristan kam auf die drei zu und grinste: "Dragoran ist ja noch verfressener als ich!"
"Er ist ja auch groß und stark", rechtfertigte sich Elena: "Und du nicht."

Ihren letzten Kommentar ignorierte der junge Kerl: "Du hast wahrhaftig ein Dragoran. Das ist unglaublich!"

Der Drache blickte emotional geladen auf Tristan und umarmte auch ihn. Der junge Mann wurde gegen den Bauch des Pokémons gequetscht, ob er wollte oder nicht. Dragoran verlor ein paar Tränen und klopfte dem Kerl auf die Schultern.
"Au, ah. Vorsicht Dragoran!", warnte der gequälte Kerl.

Elena griff ihren Drachen am Arm und stoppte ihn: "Drago, Tristan ist verletzt. Er hat Schmerzen und wenn du so auf ihn einschlägst, dann machst du's nur schlimmer."

Dragoran ließ seine Fühler hängen und blickte schuldbewusst zu Boden.
"Was? Nicht traurig sein wegen mir, Drago", sprach Tristan: "Ich freu mich doch auch dich zu sehen."

Der Verletzte konnte seine Begeisterung nicht bremsen: "Wenn das dein Bruder sehen könnte. Er wäre unfassbar stolz."

Elena lächelte hastig: "Ich weiß."
Voller Mitleid blickte er auf das Mädchen und fügte leise an: "Das war sein Lebenstraum, wusstest du das? Auf dass Ebenholz wieder die Drachenstadt wird, die sie einst war."

"Ja. Marco hat oft von Opa und den Legenden der Stadt erzählt. Ich hab aber nicht geglaubt, dass Dratini zu 'nem Drachen wird, obwohl er's mir an seinem Sterbebett gesagt hat", sprach sie mit gebrochener Stimme.
Die Jugendliche deutete auf Dragorans Rücken und fügte entschlossen an: "Na dann! Auf nach Ebenholz, Bittesehr!"

"Was?", fragte Tristan mit großen Augen: "Ich steig da nicht auf, ich hab Höhenangst!"

"Sprach der, der regelmäßig mit seinem Arkani durch die Lüfte schwebt", spottete Elena: "Aber schön, wenn du nicht willst, dann kannst du auch nach Ebenholz laufen. Sind bloß so fünf Kilometer, schätz ich."

In einem Satz sprang sie auf Dragoran und reichte dem jungen Mann die Hand. Er wusste, dass er nicht zu zögern brauchte. Elena würde ihn ohne Weiteres stehen lassen.
Tristan griff zu, ließ sich hochziehen und holte Arkani zurück in den Pokéball.

"Na dann wollen wir mal! Dragoran, auf nach Ebenholz!", befahl das Mädchen. Ehe er sich versah, schwebten sie in der Luft. Auf einem Pokémon war Tristan bisher nur einmal geflogen; auf Lugia. Bei diesem Flug stellte er seine vermeintliche Höhenangst fest. Aber hier auf Dragoran war es anders. Hier wusste er, dass ihm nichts passieren würde.

Über Ebenholz wurde ihm schnell klar, wo Elena hin wollte. Sie visierte ihr Elternhaus an. Dennoch blickte Tristan um sich und inspizierte die Zerstörung. Im Norden der Stadt, wo einst die Kaserne stand, war nur noch ein riesiger Krater im Erdboden. Kein normales Pokémon konnte so einen Schaden verursacht haben. Es musste Dragorans Werk gewesen sein.

"Drachen sind schwer zu zähmen, doch die Mühe lohnt sich", war Marcos Spruch. Damit rechtfertigte er sich dafür, dass ihm Dratini in den ersten Wochen, eher Monaten, überhaupt nicht gehorchte.
Verzweifelt versuchte er, das Vertrauen der Wasserschlange zu gewinnen. Wie absurd die Situation war. Tristan fand sich auf einem hörigen Dragoran wieder, das einst Marco gehörte. Sein Kamerad hatte immer Recht; die Mühe hat sich gelohnt.

Dragoran wurde langsamer und landete sanft auf dem Boden. Elena deutete auf das Gebäude vor sich und kommentierte schnippisch: "Hier, mein Elternhaus. Kennst du ja bereits, immerhin bist du hier mal eingestiegen."

Das Mädchen öffnete die Tür: "Normalerweise ist Doro auch schon hier."
Ein rotes gigantisches Monster schlängelte sich um das Dach und schrie das Trio direkt an. Dragoran und Elena blieben unbeeindruckt. Einzig Tristan, der den Anblick noch nicht kannte, zuckte zusammen.

Das Mädchen befahl mit strenger Stimme: "Garados, lass das! Das können wir jetzt nicht brauchen."
Enttäuscht zog sich Garados zurück.

Aufgrund Tristans Sprachlosigkeit erklärte sie: "Das ist aus Karpador geworden: 'n riesengroßes Schwachkopfpokémon, das nur Dummheiten im Kopf hat und sich freut, wenn es jemanden erschrecken kann. Er würde keinem was tun, außer, wenn er wütend wird. Und das ist dann der Fall, wenn Doro wütend ist."

Der junge Mann nickte: "Verstehe." Er kratzte sich am Kopf; lauter abartige Pokémon hier. Tristan war froh um sein Kini. Der war wenigstens flauschig und ließ sich gut streicheln.

Die Wiedersehensfreude bei Doro und Tristan war gleichermaßen groß. Er lobte die Elfjährige für ihre Arbeit mit Karpador. Aufrecht halten konnte er sich aber noch nicht, weswegen Elena ihn ins Bett schickte: "Ich koch dir sogar was, wenn du noch 'n wenig Ruhe gibst! Und ich glaub, ich kann einigermaßen kochen."

Ohne zu zögern folgte Tristan ihr in den oberen Stock, wo sie ihm ein Bett in ihrem alten Zimmer herrichtete. Ihre Fürsorglichkeit erwärmte ihm das Herz. Mit einem dämlichen Lächeln blickte er auf das Mädchen, als sie auf das Bett deutete: "Tada. Und jetzt erhol dich."

Verträumt sah der junge Mann in ihre Augen und wisperte: "Danke." Wie sehr er sie mochte. Fluchtartig huschte Elena aus dem Zimmer, sodass er allein zurück blieb. Tristan legte sich nieder und fiel in einen tiefen Schlaf.

Naja, alles halb so wild bei Stani. Aufstehen tut er trotzdem ziemlich schnell wieder.

"Drachen sind schwer zu zähmen, doch die Mühe lohnt sich."
Wer Rot/Blau bzw. FR/BG gespielt hat und damit auf Siegfried, Oberhaupt der Top4, getroffen ist, dürfte den Satz erkannt haben ^^ (also nein, den hab nicht ich mir ausgedacht, sondern direkt aus den Spielen geklaut).

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