50. still fighting for peace
TW: Mord, Gewalt & Folter
Tod eines Hauptcharakters,
bitte mit Vorsicht lesen.
song empfehlung
elastic heart by SIA
(auf dauerschleife)
A U R O R A
Einen Augenblick hörte ich nichts als das unruhige Pochen meines eigenen Herzens und dem unheilvollen Geflüster der Schatten, die Mattheos zauberstablose Magie heraufbeschworen hatte.
Dunkle Energien hingen wie bedrohlicher Nebel in der Luft und die Aura des Todes schwebte über unseren Köpfen, schien plötzlich allgegenwärtig.
Lestrange, der meine Tochter und mich immer noch in seinen Armen hielt, sah plötzlich beunruhigend blass aus. Ein wenig nervös blickte er sich um, die Hand die den Zauberstab umklammerte erhoben.
Der Sturm der über dem Anwesen tobte, schien nun seinen Höhepunkt erreicht zu haben, denn der Wind heulte wütend durch die zerstörten Fensterscheiben, krachte immer wieder gegen die Mauern des Manor.
»Was zum—«, keuchte Weasley, als der Boden des Anwesens erneut vibrierte, jetzt auch die restlichen Portraits von den zerfetzten Tapeten riss. »Was soll das? Was hast du getan, Riddle«, brüllte er Mattheo an, dessen dunkles Lachen langsam verebbte.
»Ich habe den Tod gerufen um euch zu holen«, zischte der Erbe Slytherins und reckte arrogant das Kinn, grinste die Männer des Ordens teuflisch an. »Ihr werdet sterben. Ihr Bastarde werdet alle sterben.« Dunkelheit quoll aus jeder seiner Poren und in seinen Augen spiegelte sich jetzt der pure Wahnsinn. »Tick Tack, Weasley. Tick Tack.«
Erneut bebte der Boden und lies den Putz von den schmuckvoll verzierten Decken rieseln. »Geht nachsehen, los«, blaffte Weasley seine Männer an, woraufhin die Hälfte eilig die Eingangshalle verließ.
Erschrocken zuckte ich zusammen, als Lestrange mich plötzlich an den Schultern packte, bevor er in die Hocke ging, damit unsere Augen auf demselben Level waren. Er hob Nova hoch und setzte sie wieder in meine Trage, sicherte sie fest vor meiner Brust.
Ich sah ihn ängstlich an, hatte den Todesser nie zuvor so nervös gesehen. »Luc, was—«
»Wir haben keine Zeit mehr«, unterbrach er mich und überprüfte noch einmal die Trage. »Du erinnerst dich doch an das was ich dir zu der Höhle unter dem Anwesen gesagt habe, oder?« Seine Stimme war rau.
Verängstigt nickte ich.
»Als Erbe Slytherins kontrolliert auch Mattheo die Inferi und—«, er zögerte. »Er muss denken, dass ich euch schon lang hier raus gebracht habe, sonst hätte er sie nie gerufen. Ich werde jetzt darunter gehen, den Portschlüssel holen und du wirst genau hier auf mich warten. Hast du das verstanden, Aurora?«
Ich nickte, fühlte wie ich eine Gänsehaut bekam, als die Atmosphäre immer bedrohlicher wurde. Eine Explosion direkt vor dem Manor erschütterte jetzt die Wände des Anwesens. Ein Funke Hoffnung stieg in mir auf, denn es schienen immer noch einige Todesser am Leben zu sein, die sich in den Gärten ein verbittertes Duell mit dem Orden lieferten.
Mein Blick glitt zu Mattheo, doch Lestrange drehte meinen Kopf sanft zurück. »Egal was auch passiert, du bleibst in dem Schutzzauber, verstanden? Ich weiß es tut weh ihn so zu sehen, doch bitte bring dich nicht in Gefahr. Er würde das nicht wollen, Süße.«
Unter Tränen nickte ich.
Lestrange beugte sich vor und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn, warf noch einen letzten Blick auf Nova, dann drehte er sich um und rannte die Treppen hoch, um sie auf der anderen Seite der Halle wieder hinabzusteigen. Erst jetzt sah ich, dass er verletzt war, denn er hinterließ eine tiefrote Blutspur.
»Rede endlich, Riddle«, brüllte Weasley, der nun als einziger hinter der Barriere stand. Er hob seinen Zauberstab und ein qualvolles Gurgeln drang aus Mattheos Kehle als er ihm die Luftröhre blockierte.
»Sag mir jetzt wo Voldemort ist«, brachte der Rothaarige zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Sag es mir oder ich lasse dich an deinem eigenen Blut ersticken«, drohte er ihm voller Hass.
Mattheo antwortete ihm nicht, doch sein angeschwollenes Gesicht bekam jetzt einen beunruhigend bläulichen Farbton.
»Antworte oder stirb jetzt, Bastard«, brüllte Weasley.
Voller Hass sah Mattheo zu ihm auf, hob kraftlos seine zitternde Hand, die immer noch in Ketten lag.
Dann zeigte er ihm den Mittelfinger.
»Gut wie du willst. Dann stirb, Riddle«, knurrte Weasley und verstärkte seinen Zauber, begann Mattheo nun die Luftröhre zu zerquetschen.
Ein Gefühl unvorstellbaren Grauens lähmte meinen ganzen Körper, während ich heftig zitternd auf der Treppe kauerte und der Liebe meines Lebens hilflos dabei zusehen musste, wie sie qualvoll erstickte.
Er würde sterben.
Mattheo würde jetzt jeden Augenblick sterben.
Er würde sterben, noch bevor er die Chance bekam seiner kleinen Tochter beim aufwachsen zuzusehen.
Er würde sterben, ohne ihre ersten Worte gehört— oder ohne sie bei ihren ersten wackligen Schritten begleiten zu haben. Er würde sterben ohne jemals richtig gelebt zu haben — frei und unbeschwert, ohne die Last seiner Blutlinie auf seinen Schultern.
Mattheo würde sterben und ich würde die Liebe meines Lebens verlieren, würde nie wieder seine Wärme— und seine raue Hand in meiner spüren, würde ihn niemals wieder in den Schlaf kraulen, niemals wieder Sterne zwischen die vielen Narben auf seinem Rücken zeichnen, um ihn zu beruhigen.
Mattheo würde sterben und ich würde ohne ihn weiterleben müssen, ohne den Jungen mit den chaotischen dunklen Locken, den ich so sehr liebte.
Mehr als die Sterne ihren hell leuchtenden Mond.
Ich konnte nicht mehr atmen, hatte das Gefühl an den Wunden meines Herzens innerlich zu verbluten und zur selben Zeit an der Dunkelheit zu ersticken, die mich fest in ihren unnachgiebigen Klauen hielt.
Benommen vor Schmerz legte ich die Arme um meine friedlich schlummernde Tochter, fühlte wie ihr Herz mit meinem schlug. Stumme Tränen weinend senkte ich den Blick um nicht zu sehen wie Mattheo starb, hob meine zitternden Finger und kraulte Nova ganz vorsichtig durch ihre samtweichen Löckchen.
Sie hatten genau die selbe Farbe wie seine.
Ich dachte an meine Mutter, an Astoria und an Teddy— an all die Menschen die ich verloren hatte.
Mein Leben lang hatte ich nur Kummer und Leid erfahren, hatte mich mächtigen Männern wie meinem Vater beugen müssen, hatte all die Lügen geglaubt, die er mir jahrelang eingeprügelt hatte.
Das ich wertlos war.
Eine wertlose kleine schwache Hexe. Und ich hatte es geglaubt, hatte all seine Lügen einfach geglaubt.
Bis Mattheo in mein Leben getreten war, der mir niemals das Gefühl gegeben hatte, schwach zu sein.
Nicht für eine einzige Sekunde.
Vielleicht hatte es wirklich eine Zeit in meinem Leben gegeben, in der ich schwach gewesen war.
Doch nun war ich es nicht mehr.
Ich war eine Slytherin.
Und niemand würde mich mehr in Ketten legen.
Und dann ganz plötzlich— fühlte ich es.
Es begann mit einem sanften Kribbeln in meinen Fingerspitzen, bevor meine Magie plötzlich wie ein brennender Sturm durch meinen ganzen Körper pulsierte und die Slytherin in mir in Flammen setzte.
Ich spürte jede einzelne meiner Narben brennen, ließ den Schmerz in meiner gebrochenen Seele frei. Und dann nahm ich ihn und verwandelte ihn in Wut.
Brennende, alles vernichtende Wut.
Nie hatte ich einer anderen Seele ein Leid hinzugefügt, hatte nie das Bedürfnis verspürt jemanden zu töten. Bis zu diesem Augenblick.
Niemand würde mir die Liebe meines Lebens— oder meiner Nova ihren geliebten Daddy wegnehmen.
Niemand.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich mit aller Kraft auf das, was Draco mir vor über einem Jahr über Barrierezauber beigebracht hatte. Wie man sie erschaffte, wie man sie ausweitete—
wie man sie vernichtete.
Meine Lider flatterten, dann erhob ich mich von den Stufen, die eine Hand schützend auf Novas kleines Köpfchen gelegt, die andere, die immer noch Theodores Zauberstab hielt, in die Luft gestreckt.
Ich murmelte einen Zauberspruch, der die Halle mit Sauerstoff flutete, dann atmete ich tief ein und aus, dachte an Mattheo und daran wie sehr ich ihn liebte.
»Incendio«, flüsterte ich und die Luft explodierte.
Die gigantische Druckwelle des Feuerballs, den ich in der Mitte des Raumes heraufbeschworen hatte, schleuderte Weasley und auch die verbliebenen Mitglieder des Ordens meterweit nach hinten, steckte ihre roten Umhänge lichterloh in Flammen und sprengte die Barriere mit einem lauten Krachen.
Chaos brach in der nun endgültig zerstörten Eingangshalle aus, doch ich war schon die Treppen hinauf und über den Flur in Novas Zimmer gerannt.
Ich legte sie in ihre Wiege, überprüfte die Schutzzauber, dann wirbelte ich herum und stürzte den Flur entlang und die Marmortreppen hinab.
Theodores Zauberstab erhoben—
und mit Feuer im Herzen.
Und in der selben Sekunde in der ich durch die Schutzzauber glitt, materialisierte sich Nagini an meiner Seite. Die Schlange war verletzt und blutete,
doch ihre gelben Augen leuchteten angriffslustig.
Mein Herz pochte und mein Körper bebte, genau wie der Boden zu unseren Füßen. Schreie klingelten in meinen Ohren, mischten sich mit dem selben boshaften Geflüster aus den Kellergewölben.
Die Haare in meinem Nacken stellten sich auf als ich feststellte, dass es immer lauter und lauter wurde.
Meine Augen tränten und Rauch biss mir in die Lunge, ließ mich kaum noch atmen. Zwei Feinde entdecken mich und rannten in meine Richtung, ihre Gesichter voller Ruß und Mordlust in ihren Augen.
Ich hob meinen Zauberstab, bereit mich zu verteidigen, doch dann bäumte sich Nagini neben mir auf, stürzte sich auf die Männer und schlug ihre Giftzähne in ihre Hälse, zerfetzte ihre Kehlen.
Die Explosion lockte immer mehr rote Umhänge an und ich spürte ein Gefühl von Angst in mir wachsen.
Dann krachte die halb aus den Angeln hängende Flügeltür zur Eingangshalle auf und die blutüberströmte Gestalt von Lucius Malfoy erschien. Sein sonst so makelloses Gesicht war schmutzig, sein langes silberblondes Haar durchtränkt von Blut, doch in seinen grau-blauen Augen loderte ein Feuer.
Dasselbe Feuer, dass ich auch schon oft in Dracos gesehen hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde blickten wir einander an, dann nickte er mir zu, hob seinen Zauberstab und stürzte sich auf die Zauberer hinter mir, schickte jeden von ihnen in die Hölle.
Hinter ihm folgten weitere Todesser, darunter Yaxley und Dolohow und Rookwood, die sich nun allesamt einen erbitterten Kampf mit unseren Feinden lieferten, die deutlich in der Überzahl waren.
Und dann— zwischen Lichtblitzen und Rauchschwaden entdeckte ich den chaotischen Lockenkopf von Mattheo, der in einer tiefroten Blutlache auf dem staubigen Boden zwischen all den Trümmern lag, immer noch angekettet.
Und vollkommen regungslos.
Irgendwo hinter mir hatte Lestrange das Schlachtfeld betreten, denn ich spürte seine vertraute Dunkelheit, hörte ihn meinen Namen brüllen, mich anschreien zurück in den Schutzzauber zu gehen, doch alles an was ich jetzt nur noch denken konnte war Mattheo.
Und dann war ich bei ihm. »Relaschio«, rief ich durch den Lärm, doch die Ketten lösten sich nicht. Panik stieg in mir auf, als ich mich neben ihn kniete, vorsichtig sein geschwollenes Gesicht umfasste.
Er war nur noch einen Hauch vom Tod entfernt.
Seine Atmung war flach und seit Herz schlug so beunruhigend langsam und kraftlos, als würde es jede Sekunde aufhören. Ich hob meinen Zauberstab und heilte die Quetschungen an seinem Hals und die vielen Verletzungen in seinem Gesicht. Zitternd beugte ich mich vor und küsste seine blutige Stirn.
»Theo, bitte wach auf—«, flehte ich.
Ich presste die Zähne fest zusammen, zog ihn dann mit aller Kraft auf die Knie und in meine beschützenden Arme. »Rennervate«, murmelte ich, immer und immer wieder, doch nichts geschah.
Hilflos umarmte ich seinen regungslosen Körper, während um uns herum tödliche Duelle tobten. Ich hob meine Hand in seine blutverschmierten Locken, kraulte ihn und zeichnete mit den Fingerspitzen kleine Sterne auf seinen vernarbten Rücken.
Sein Herz stolperte, sehnte sich nach Erlösung.
Er starb.
Mattheo starb.
Er starb in meinen Armen und ich konnte nichts dagegen tun. Heilzauber für Heilzauber verließ meinen Zauberstab, doch nichts schien zu helfen.
»Bitte bleib bei mir, Liebling«, flehte ich ihn an, meine Stimme ein einziges schmerzerfülltes Wispern. »Ich liebe dich.« Ich schluchzte. »Bitte verlass mich nicht. Bitte bleib bei mir, Theo.« Meine zitternden Finger glitten über seinen Rücken, dann fühlte ich plötzlich eine Wunde in Höhe seiner Niere.
Mit einem Wink meines Zauberstabs heilte ich sie.
Doch er rührte sich immer noch nicht.
Weinend wiegte ich ihn in meinen Armen, während Schluchzer meinen Körper erschütterten. Ich war so versunken in einem dichten Nebel aus Kummer und Angst, dass ich erst bemerkte, dass er mich zurück umarmte, als ich das Rasseln seiner Ketten hörte. Mattheos raue Finger zitterten, während er kleine Sterne auf meinen Rücken zeichnete, wie er es jedes Mal tat wenn ich weinte, um mich zu beruhigen.
»Theo—«, schluchzte ich, fühlte wie mich ein Gefühl von Erleichterung durchströmte. Sein Lockenkopf lag auf meiner Schulter und sein ganzer Körper zitterte.
»Mir ist so.. so kalt«, murmelte er. »So bitterkalt.«
Ich nickte, umarmte ihn fester. »Du hast viel Blut verloren. Ich kann deine Ketten nicht entfernen, du musst mir sagen wie—«, doch ich stockte, als er plötzlich ruckartig den Kopf hob und mich ansah.
»Nein—«, brachte er keuchend hervor, während sich Panik in seinen Augen spiegelte. »Nein, du darfst nicht hier sein Aurora, Luc sollte dich in S-Sicherheit bringen. Du musst verschwinden, jetzt sofort.«
Dann weiteten sich seine Augen vor Entsetzen.
»Wo ist Nova?«
»Sie ist oben in ihrer Wiege, die Schutzzauber—«
»Nein, nein«, jammerte er jetzt und sein Gesicht verzog sich zu einer einzigen angstverzerrten Grimasse. »Die werden sie nicht aufhalten, sie haben keine S-Seele—«, er rüttelte an seinen Ketten. »Ich brauche meine Magie um sie zu kontrollieren.«
»Wovon redest du?«, flüsterte ich voller Angst und tastete unsicher nach meinem Zauberstab.
Doch ich fand ihn nicht.
»Die Inferi«, keuchte Mattheo, dann weiteten sich seine Augen plötzlich. »Aurora, hinter dir—«
Ich schrie auf, als mich plötzlich jemand an den Haaren packte und brutal aus seinen Armen riss.
»Nein—«, brüllte Mattheo und zerrte den Ketten, die ihn am Boden fixierten. »Fass sie nicht an.«
Verzweifelt wehrte ich mich gegen die blonde Frau, die mich immer noch an den Haaren hielt. »Du—«, schrie sie und zerrte an mir, riss mir dabei einige meiner blonden Strähnen heraus. »Du hast ein Baby oder? Ich habe es gesehen.« Ihre Stimme hatte einen schweren französischen Akzent. »Gib es mir.«
»Nein«, schrie ich, hörte wie Mattheo hinter uns immer noch verzweifelt gegen seine Ketten kämpfte.
»Gib es mir«, schrie sie und schlug mir mit der flachen Hand so hart ins Gesicht, dass ich einen Augenblick Sterne sah. »Du verdienst es nicht.« Ihre Stimme zitterte plötzlich und Tränen liefen über ihr blasses, wutverzerrtes Gesicht. »Ich versuche es seit Jahren und du wirst einmal von diesem Bastard vergewaltigt und bekommst sofort ein Baby und—«
»Mein Baby wurde aus Liebe gezeugt«, fauchte ich und trat ihr so fest gegen das Schienbein, dass sie den Halt verlor und zu Boden krachte. Wut pulsierte durch meine Venen, wie ein feuerspeiender Drache.
Beim Aufprall rutschte ihr der Zauberstab aus den Händen, doch als ich danach greifen wollte, rammte sie mir ihr Knie in den Bauch und hob ihn auf.
»Egal, ich töte dich und nehme es mir einfach—«, zischte sie aggressiv und richtete ihn jetzt direkt auf meine Brust. »Es verdient keine Mutter wie dich.«
Mattheo schrie, zerrte und rasselte an den Ketten, doch alles an was ich jetzt dachte, war mein Baby.
Meine Nova.
Meine wunderschöne kleine Nova.
Wut verzerrte mein Innerstes als ich plötzlich vor Augen hatte, wie sie mein Baby in ihren Armen hielt, es mit ihrer Kälte dabei zu Tode frieren würde.
»Aurora—« sagte Mattheo plötzlich ganz ruhig, was mich sofort aufhorchen ließ. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er mit dem Fuß etwas in meine Richtung kickte. Geistesabwesend stürzte ich zur Seite— und dann schlossen sich meine Finger um etwas hartes.
Etwas fremdes, doch so vertrautes. Ein Gefühl von mächtiger, schier euphorischer Magie durchströmte meinen Körper, wie ich sie nie zu vor gespürt hatte.
Und plötzlich war da eine Stimme in meinem Kopf, die meinen Namen flüsterte. Die mir all meine Angst nahm und mir sagte, dass ich alles schaffen konnte.
Wie von selbst hob ich meine Hand.
»Avada Kedavra«, flüsterte ich.
Nur Sekunden nachdem diese teuflischen Worte meine Lippen verlassen hatten, fühlte ich wie sich etwas in mein Herz schlich. Ein boshafter Schatten, der nun für immer ein Teil von mir sein würde.
Die Dunkelheit.
Sie war verlockend und verführerisch, weckte die sündigsten aller Gedanken in mir mit ihrer dunklen Poesie, kroch wie eine giftspeiende Schlange durch mein Innerstes und verzerrte meinen Verstand.
Töten war leicht, viel leichter als ich gedacht hatte.
Und dann sah ich dabei zu wie ein helles grünes Licht das Leben aus den Augen der blonden Frau stahl, bevor sie zur Seite kippte und regungslos liegen blieb. Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen starrte ich auf meine blutverschmierten Hände hinab und auf das, was meine zitternden Finger umklammerten.
Den Elderstab.
Den mächtigsten Zauberstab der Welt.
Wie ein dunkler Sturm pulsierte mein Herzschlag in meinen Ohren, war so laut, dass ich Mattheos Warnungen erst hörte, als es bereits zu spät war.
Etwas traf mich mitten in die Brust, sog sich in meine Lungen und blockierte meine Sauerstoffzufuhr. Ein Fluch so dunkel und kalt, dass er mein Blut zu Eis gefrieren ließ. Benommen blinzelte ich und fühlte wie mir der Elderstab aus den verfrorenen Fingern fiel.
Geistesabwesend und mit letzter Kraft verbarg ich ihn unter einigen der Trümmer, die neben mir lagen.
Mein Herz begann zu stolpern—
wurde langsamer und langsamer.
Jemand packte mich und schleifte mich einige Meter weiter. Für einige Sekunden fanden meine Augen die dunklen von Mattheo und der Schmerz darin, ließ diamantene Tränen meine Wange hinabrollen.
Wir würden sterben, würden beide sterben.
Nova würde ohne ihre Eltern aufwachsen müssen, wenn sie die heutige Nacht überhaupt überlebte.
Und es war meine Schuld, nur meine allein.
»Nimm deine dreckigen Finger von ihr du verfluchter Bastard, oder ich werde—«, doch Mattheos wutverzerrte Stimme verblasste, als ihm jemand einen schmerzhaften Fluch in die Brust jagte.
Er schrie, doch sein Schrei wurde nur einen Augenblick später von einem anderen übertönt.
»Nein, Fleur—«
Jemand packte meine Schultern und schüttelte sie.
Benommen von Schmerz und Sauerstoffmangel blinzelte ich, erkannte das wutverzerrte Gesicht von Bill Weasley. »Was hast du getan, was hast du—«, doch seine Stimme erstarb und er ließ mich los, offenbar getroffen von einem mächtigen Fluch.
Mit einem dumpfen Aufschlag fiel ich zurück auf den Boden, während Mattheo meinen Namen schrie.
Verzweifelt legte ich meine zitternden Hände auf meine Brust und rollte mich zusammen. Meine Zehen verkrampften sich und ich wusste, dass ich jeden Augenblick das Bewusstsein verlieren würde.
Ich würde ersticken.
Dunkelheit begann mein Sichtfeld zu verschleiern, doch dann ganz plötzlich—fühlte ich wie die Luft zurück in meine Lungen kehrte. Verzweifelt sog ich sie ein, dann wurde ich zurück auf die Füße gezogen.
»Atme langsam oder du hyperventilierst«, drang Lestranges vertraute Stimme dumpf an mein Ohr, der jetzt schützend den Arm um mich legte.
Kraftlos nickte ich und hielt mich an dem Todesser fest, der im Sekundentakt einen dunklen Fluch nach dem anderen blockte, die jetzt von überall zu kommen schienen. »Wo ist Nova?«, fragte er mit gedämpfter Stimme und zog mich hinter sich. »In ihrer Wiege«, hauchte ich unter Tränen, meine Stimme ein einziges, schuldbewusstes Flüstern.
Panisch blickte ich in Mattheos Richtung, der immer noch gegen seine Ketten kämpfte. »Er hätte Theo getötet. Ich musste ihn aufhalten, ich musste—«
»Ich weiß, ist schon gut, Süße«, murmelte Lestrange, schoss einen Fluch gegen Mattheos Ketten, doch nichts geschah. »Fucking Hell, was—«, doch er stockte mitten im Satz, dann drang ein raues und dunkles Stöhnen aus seiner Kehle, denn ein violetter Lichtblitz hatte ihn in die Schulter getroffen.
Er nahm meine Hand, drückte mir etwas kleines hinein. Mit zitternden Fingern umklammerte ich den Portschlüssel, der die Form eines unauffälligen, vergoldeten Löffels hatte. »Lauf—«, befahl er mir.
Ein roter Lichtblitz schoss in meine Richtung, doch Lestrange schirmte mich mit seinen Körper ab.
Seine Muskeln verspannten sich.
»Lauf, bitte.«
Doch ich konnte mich nicht bewegen, war wie erstarrt vor Angst. Lestrange stöhnte vor Schmerz, als ihm ein weiterer, mächtiger dunkler Fluch nun in die Knie zwang. Sie entwaffneten ihn, dann packten ihn gleich vier Zauberer des Ordens gleichzeitig und zerrten ihn von mir weg, drückten ihn auf den Boden und begannen aggressiv auf ihn einzuprügeln.
Mattheo schrie und blickte flehend in meine Richtung. »Aurora, verschwinde hier.« Verzweifelt zerrte er an seinen metallenen Ketten. »Bitte—«
Doch es war zu spät.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ein Mann mit einem seltsam vergrößerten Auge Lucius Malfoy mit einem präzisen Todesfluch hinrichtete, dann Yaxley und Dolohow— und all die restlichen Todesser, die nicht bereits im Kampf zuvor gefallen waren.
Und dann war es plötzlich ganz still, nur das Rasseln von Mattheos Ketten war zu hören, der sich so heftig gegen das Metall wehrte, dass seine Handgelenke mittlerweile schon blutig und geschwollen waren.
»Auf die Knie du Miststück«, schrie Weasley, das blutige Gesicht gezeichnet von Trauer und Hass.
»Meine Frau kniet vor niemandem«, knurrte Mattheos dunkle Stimme, bevor er nach einem Teil eines Trümmers griff und dem Rothaarigen an den Kopf warf. Blut spritzte aus der Platzwunde an Weasleys Schläfe, der jetzt vor Schmerz aufschrie.
»Halt dein verdammtes Maul, Riddle. Sie hat meine Frau getötet. Meine Fleur—«, seine Stimme brach.
Dann riss mich sein Fluch von den Füßen. Unauffällig versuchte ich während des Falls den Portschlüssel im Ärmel meiner Todesserrobe zu verstecken, doch jemand nahm ihn und ließ ihn mit einem Reduktor-Fluch zu Staub zerfallen. Ich zitterte am ganzen Körper vor Angst und auch vor Wut, als Weasley seinen Zauberstab direkt auf mich richtete.
»Weg von ihr«, brüllten Mattheo und Lestrange gleichzeitig, was Weasley ein lautes Lachen entlockte.
»Wirklich herzerwärmend— oder eher erbärmlich wie sie selbst im Angesicht ihres Todes noch versuchen dich zu beschützen— Avery, richtig?«
Herablassend blickte der Rothaarige auf mich hinab, seine Augen durchzogen von Hass. »Du hattest kein Recht das zu tun, du hattest kein Recht mir meine Frau zu nehmen. Fleur war alles für mich.« Tränen stiegen ihm in die Augen und er wischte sie hastig mit dem Ärmel davon, dann blickte er zu Mattheo.
»Eigentlich wollte ich dich vor ihren Augen töten, doch jetzt—« Ein hämisches Grinsen umspielte seine rissigen Lippen. »Mache ich es andersherum.«
Mattheo schrie meinen Namen und zerrte an seinen Ketten als Weasley seinen Zauberstab auf die Stelle richtete, an der sich mein Herz befand. Es blutete, als ich die Augen schloss und an Nova dachte.
»Es tut mir so leid. Es tut mir so furchtbar leid mein kleiner Engel«, flüsterte ich kaum hörbar und fühlte wie mir bitterkalte Tränen die Wangen hinabliefen und leise klirrend auf dem Marmor aufschlugen.
Plötzlich passierte alles ganz schnell.
Ein leuchtend grüner Lichtblitz.
Schreie.
Und dann spürte ich etwas warmes auf meinem Gesicht, fühlte wie es meine Lippen benetzte.
Blut.
Weasleys Augen weiteten sich, bevor er vor mir auf die Knie fiel, in seinem Rücken— ein Dolch.
Für den Bruchteil einer Sekunden fanden meine Augen die von Mattheo, der wieder auf den Beinen stand, ein teuflischer Ausdruck auf dem Gesicht.
Weasley röchelte.
»Riddle«, sagte ich zu ihm und blickte ihm jetzt direkt in die Augen, fühlte wie all die Angst von mir abfiel und sich in pure Entschlossenheit wandelte.
»Mein Name ist Riddle.«
Und dann schubste ich ihn mit aller Kraft die ich aufbringen konnte von mir weg, stürzte nach vorn, zog den Elderstab aus den Trümmern und richtete ihn auf Mattheo, fühlte mich wie berauscht von der Macht, die der Zauberstab tief in mir entfesselte.
»Relaschio«, schrie ich mit fester Stimme.
Und diesmal wirkte der Zauber.
Mit einem lauten Klirren fielen die Ketten von seinen Handgelenken, dann war er bei mir, nahm mir den Zauberstab aus der Hand und zog mich hinter sich.
Und dann spürte ich es.
Der Boden zu unseren Füßen begann zu beben, doch diesmal ließ es nicht nach. Schwaden dunkler Magie füllten die Eingangshalle und boshaft flüsterte Schatten begannen über unseren Köpfen zu tanzen.
Der Tod.
Er war hier, direkt unter uns.
»Keine Angst, meine Süße«, flüsterte Mattheo mit rauer Stimme und warf mir einen kurzen Blick über die Schulter zu. »Ich kann sie kontrollieren.«
Grauen erfüllte meinen ganzen Körper, als ich den Marmorboden unter marschierenden Schritten plötzlich vibrieren spürte. »Theo, was hast du getan?« Zitternd vor Angst und Entsetzen klammerte ich mich an Mattheo, als dunkle Kreaturen in die Halle einmarschierten, die mit ihrer Aura des Todes sogleich jegliches Licht zu verscheuchen schienen.
In seinen Augen loderte ein gefährliches Feuer.
»Faszinierend, nicht wahr?« Dunkelheit triefte aus seiner Stimme, während er die Hand hob und sich die Kreaturen nun kerzengerade aufrichten ließ.
Sie waren fleischlos, bestanden nur aus Knochen, hatten tief liegende Augen, blind und milchig. Grotesk wandelten sie umher, grinsten jeden aus ihren eingefallenen Gesichtern heimtückisch an.
Ein Gefühl elender Übelkeit erfasste mich, denn sie rochen streng nach nasser Erde und Verwesung.
Männer, Frauen und auch Kinder.
Eine Armee von Toten.
Fahrig streckten die Inferi ihre verrotteten Hände aus, als versuchten sie in die Körper der Männer des Ordens einzudringen und ihre Seelen zu fressen, die jetzt voller Verzweiflung versuchten sie abzuwehren.
Doch kein Zauber konnte die Toten aufhalten.
Sie waren stumme Soldaten, dunkle Marionetten—deren Strippen Mattheo in seinen Händen hielt.
Ein teuflisches Grinsen umspielte Mattheos Lippen, als er sich abwandte, mit präzisen Todesflüchen die Männer tötete, die Lestrange immer noch auf den Boden drückten. Der Todesser rappelte sich auf, kickte einen der Männer mit dem Fuß und nahm sich seinen Zauberstab zurück, dann war er bei uns.
»Ich steh ja sonst echt auf Risiko, aber das war selbst mir diesmal ein bisschen zu knapp, Riddle«, keuchte er und wischte sich mit dem Ärmel seiner Todesserrobe grinsend das Blut aus dem Gesicht.
Schützend nahmen die Jungs mich in ihre Mitte, während wir uns langsam einen Weg durch die Halle in Richtung der Treppen bahnten. Nagini erschien plötzlich zwischen den Toten, schlängelte sich nun vor uns her, die gelben Augen bedrohlich leuchtend.
Der Orden feuerte den Kreaturen der Dunkelheit Flüche entgegen, doch sie hatten keine Chance. Die Inferi waren wie eine ansteckende Plage, rissen alles und jeden mit sich in einen gewaltsamen Tod.
Dann endlich— erreichten wir den Absatz der Treppen. Mattheo wandte sich zu mir, hauchte mir einen Kuss auf die zitternden Lippen. »Hol unsere Tochter Süße und dann verschwinden wir von hier.«
Ich nickte, stellte mich auf die Zehenspitzen und stahl ihm einen weiteren himmlischen Kuss, inmitten der Hölle, die Mattheo heraufbeschworen hatten.
Nagini an meiner Seite, lief ich die Treppen hinauf und durch den Schutzzauber. Mein Herz pochte, als ich die Tür zu Novas Zimmer öffnete. Trotz all dem was unten passierte, schlief sie immer noch wie ein Engel, über ihr ein funkelnder Sternenhimmel.
Schnell packte ich die wichtigsten Sachen in eine Tasche, zum auch Schluss den Knuddelmuff, der auf einem der smaragdfarbenen Samtsessel hüpfte, zuletzt hob ich meine Tochter aus ihrer Wiege.
Ich verließ das Zimmer, überquerte den Flur und blieb am oberen Treppenabsatz stehen, entsetzt und fasziniert zugleich, von dem Anblick der sich mir bot.
Mattheo Riddle und Lucifer Lestrange waren die Hölle in menschlicher Form. Rücken an Rücken kämpften die beiden Jungs gegen unsere verbliebenen Feinde, deren Zahl sich jede weitere Sekunde drastisch reduzierte. Flüche, dunkler und grausamer als alles was ich bisher gesehen hatte, schossen aus ihren Zauberstäben hervor—
und vernichteten Feind für Feind.
Präzise, effizient— und ohne jede Gnade.
Und die Toten trugen ihren Teil dazu bei, schienen vollständig Mattheos Kontrolle zu unterstehen.
Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus, angesichts der seelenlosen Kreaturen. Nie hatte ich so etwas derart beängstigendes gesehen. Meine Finger zitterten, als sie über das Geländer glitten und nur zögerlich trat ich aus dem Schutzzauber, eine bedrohlich zischende Nagini treu an meiner Seite.
Einen Moment blieb mein Blick an der Stelle am Ende der Treppe hängen, an der Theodore den Tod gefunden hatte, doch sein lebloser Körper war fort.
Trauer fand zurück in mein Herz und ich fühlte, wie mich die Erschöpfung langsam einholte. Mattheo nahm meine Hand und zog mich zwischen sich und Lestrange, während wir langsam die Halle verließen.
Der Wind schlug uns seine eisigen Fäuste in die Gesichter, als wir in den Garten des Riddle Manor hinaus traten, der ein einziges Schlachtfeld war.
Die Statuen und Springbrunnen lagen in Schutt und Asche und die Kämpfe hatten tiefe Löcher in den verdorrten Rasen gerissen. Alles war zerstört.
Leblose Körper lagen überall verstreut— waren ein einziges morbides Gewirr aus schwarzen, roten und nachtblauen Umhängen. Die Luft war seltsam aufgeladen, knisterte nur so vor dunkler Magie.
Am Himmel tobte immer noch ein Sturm— ein ungezähmter Tornado aus Unheil, der die Dunkelheit widerzuspiegeln schien, die sich schon vor vielen Jahren an diesem Ort niedergelassen hatte.
Die hohen Türme des dunklen Palastes lagen im Schatten, die Lichter waren erloschen. Nur wenige Fackeln brannten noch, die smaragdfarbenen Flammen starben jedoch langsam vor sich hin.
Kampfgeschrei drang aus den kaputten Fenstern des Anwesens in die bitterkalte Novembernacht hinaus, doch der Sturm verschluckte jetzt jegliche Geräusche, als wollte er ihnen keine Stimme mehr geben.
»Wo ist Nagini?« Ich drehte mich um und sah, dass die Schlange nicht mehr bei uns war. Ich blickte zu Mattheo und der tieftraurige Ausdruck in seinen Augen, ließ mein Herz jetzt ganz schwer werden.
»Nagini ist beim dunklen Lord«, sagte er leise. »Sie weiß, dass sie ein Horcrux ist und sie weiß auch, dass es enden muss. Sie will bei ihm sein, denke ich.«
Traurig nickte ich.
»Komm her, meine Süße«, verlangte Mattheo und zog mich an sich, hauchte mir einen sanften Kuss auf die Wange, bevor er mit einem Zauberspruch das Blut von seinen Händen entfernte und durch Novas Löckchen streichelte. Ganz vorsichtig, um das schlafende Baby in meinem Arm nicht zu wecken.
»Meine Mädchen«, flüsterte er und hielt uns fest in seinen Armen, obwohl er selbst kaum noch Kraft hatte. »Ich bringe euch jetzt in Sicherheit.«
Ich nickte und schluckte meine Tränen herunter, während er uns in seinen beschützenden Armen hielt. Lestrange stand einige Meter weiter und versuchte die Barriere zu zerstören, die uns daran hinderte das Anwesen durch das zersprengte Tor zu verlassen.
Nach einigen Minuten drehte er sich wieder um und warf Mattheo einen grimmigen Blick zu, dann schüttelte er den Kopf. »Wir müssen es auf der anderen Seite versuchen.« Mattheo nickte und nahm meine Hand in seine raue, hielt sie ganz fest.
Lestrange trat auf meine andere Seite und wir begannen die Gärten in Richtung Rückseite des Anwesens zu durchqueren. Plötzlich blieb er jedoch stehen und starrte auf etwas, was vor ihm lag.
Es war der leblose Körper eines Todessers, den ich als Rodolphus Lestrange erkannte. Grimmig blickte er einen Moment auf die Leiche zu seinen Füßen. »Er war dein Vater, oder?«, hakte ich zaghaft nach.
Lestrange lachte, doch es war ein raues und dunkles Lachen, durchzogen von kaltem Hass.
»Dieser Mann war alles, nur kein Vater«, knurrte er verächtlich und spannte den Unterkiefer an. »Er hat mich gehasst, genau so sehr wie meine Mutter mich gehasst hat.« Verachtung spiegelte sich in seinen tiefblauen Augen. »Und ich hab sie beide gehasst.«
Ich wandte den Blick ab, als der Todesser den Körper mit einem Fingerschnipsen in Flammen aufgehen ließ und etwas undeutliches murmelte was sich verdächtig nach Brenn in der Hölle angehört hatte.
Wir waren kaum einige Schritte weit gekommen, als das Riddle Manor von einer heftigen Explosion erschüttert wurde. Sofort zog Mattheo mich hinter sich, schirmte Nova und mich zusammen mit Lestrange vor Schutt und Glasscherben ab, die jetzt wie tödliche Geschosse in unsere Richtung flogen.
Einen Augenblick geschah nichts, doch im nächsten riss uns eine Druckwelle fast von den Füßen. Entsetzt sah ich dabei zu, wie eine Hälfte des Anwesens in einer gigantischen Feuerwolke in Flammen aufging, bevor sie wie in Zeitlupe in sich zusammenfiel.
Staub, Asche und Schreie hallten durch die Nacht, dann schossen Lichtblitze in unsere Richtung.
Mattheo brüllte Lestrange etwas zu, doch ich verstand nichts, hatte durch die Explosion nur noch ein Klingeln in den Ohren. Die Druckwelle hatte Nova aufwachen lassen, die jetzt unruhig strampelte.
»Schon gut«, flüsterte ich und legte meine zitternden Finger auf ihr Köpfchen. »Alles gut mein Engel.«
Kalte Angst lähmte meinen Körper, denn einige der Inferi erhoben sich jetzt aus den brennenden Trümmern und torkelten in die Gärten, um den Flammen zu entkommen. Für einen Augenblick erkannte ich ein oder zwei rote Umhänge in dem beißenden Qualm der jetzt in der Luft hing, doch dann versperrte Mattheos Rücken mir die Sicht.
»Los bring sie hier weg«, hörte ich Mattheo zu Lestrange sagen. »Das hintere Tor ist womöglich—«
»Nein, ich gehe nicht ohne dich«, schluchzte ich und klammerte mich an ihn. Er drehte sich zu mir, lehnte seine Stirn an meine und strich mir eine Strähne aus den Augen. »Ich komme nach meine Süße, versprochen. Ich—«, doch er stockte mitten im Satz.
Seine Pupillen vergrößerten sich, dann tropfte ihm Blut von den Lippen. »Ich liebe dich«, sagte er undeutlich, seine Stimme ein heiseres Flüstern.
Panik stieg in mir auf, als er plötzlich zu wanken anfing. Ich schrie, als er vor mir auf die Knie fiel und ich den Dolch sah, der tief in seinem Rücken steckte.
Seinen Dolch.
Verzweifelt drehte ich mich zu Lestrange, nur um zu sehen, wie ihn in diesem Augenblick drei Flüche in die Brust trafen und ebenfalls auf die Knie gehen ließen. Dann war der Mann mit dem seltsamen Auge plötzlich bei mir, packte meinen Arm und zerrte mich davon, weg von Mattheo, der jetzt auf dem Rasen lag.
Bewusstlos oder tot— denn in der Dunkelheit der Nacht konnte ich nicht mehr sehen ob er atmete.
»Nimm deine Hände von ihr, Moody«, brüllte Lestrange, woraufhin ihm einer der Männer so hart ins Gesicht schlug, dass seine Unterlippe aufplatzte.
Doch Moody lachte nur, bevor er mich einige Meter weiter ins Gras schubste. Ich fing den Sturz mit meinem Oberkörper ab, damit Nova nichts passierte, fühlte wie eine meiner Rippen brach. Verängstigt drückte ich meine weinende Tochter an mich, während ich am ganzen Körpern zitternd aufsah.
»Mad Eye, sie hat ein Baby«, ertönte eine vertraute Stimme, die ich als die von Dean Thomas erkannte, doch der ältere Zauberer mit dem seltsamen Auge richte seinen Zauberstab direkt auf mein Gesicht.
»Ich mache keine Ausnahmen was Frauen und Kinder angeht. Sie sind genau so schuldig«, knurrte er, als sein Blick zu meiner Tochter glitt. »Avada—«
Die smaragdgrünen Funken, die aus der Spitze seines Zauberstabs hervorgebrochen war, erloschen, genau wie das Leben in seinem gesunden Auge, als sich Mattheo auf ihn stürzte und ihm mit einem aggressiven Schrei den Dolch in die Brust jagte.
Im selben Augenblick hatte Lestrange die Männer des Ordens erledigt die ihn festgehalten hatten, hatte sie mit bloßen Händen erwürgt— oder sie am Kragen ihrer scharlachroten Umhänge gepackt und ihre Köpfe gewaltsam miteinander kollidieren lassen.
Nova streckte ihre kleinen Händchen nach Mattheo aus, der jetzt vor uns ins Gras fiel, schwer verletzt und blutüberströmt. »Wo ist mein Zauberstab?«, murmelte er entkräftet, woraufhin meine Augen fieberhaft den Rasen absuchten. Doch bevor ich danach greifen konnte, hörte ich einen dumpfen Schlag, dann ein vertrautes, hämisches Lachen.
Entsetzt hob ich den Kopf und sah in das blutige Gesicht von Bill Weasley, der so eben aus den Trümmern des brennenden Anwesens geklettert war. Hinter ihm rannten die Inferi gegen eine unsichtbare Barriere, die er heraufbeschworen hatte.
Lestrange lag bewusstlos neben ihm im Rasen, eine fiese Platzwunde an seiner Stirn. »Oh keine Sorge—« Weasley schnalzte mit der Zunge, als er meinen Blick bemerkte. »Incarcerus«, murmelte er mit amüsierter Stimme und fesselte ihn mit Seilen.
»Für Lucifer werde ich mir nach eurem Tod besonders viel Zeit nehmen. Er hat meine Eltern getötet. Er verdient es besonders langsam und qualvoll zu sterben, genau wie sie«, knurrte er.
»Und nun zu dir, Riddle.« Er hob seinen Zauberstab und richtete ihn auf Mattheo, blickte mit Rachsucht in den Augen auf ihn hinab, bevor ein teuflisches Lächeln seine rissigen Lippen umspielte. »Nun spielen wir nach meinen Regeln.« Mattheo versuchte sich aufzurichten, doch er kippte wieder zurück.
»Imperio.«
Ein goldfarbener Schimmer löste sich aus der Spitze seines Zauberstabs und legte sich wie ein zarter Windhauch über Mattheos krampfenden Körper.
»Aurora, lauf«, brachte er gequält hervor, doch ich konnte mich nicht rühren, war wie erstarrt vor Angst.
»Töte deine Familie, so wie du meine getötet hast«, befahl Weasley ihm mit zischender Stimme, bevor ein wahnsinniges Lachen seine Kehle verließ.
Alles in mir wurde taub, als Mattheo sich aufrichtete, bis er in dem verdorrten Gras kniete. Seine Schultern zitterten, dann begann sein ganzer Körper zu beben und er kippte nach vorn, die Hände im Gras. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein—« Seine Finger krallten sich in die Erde und er begann zu keuchen.
»Ich sagte, töte sie«, brüllte Weasley jetzt.
»Nein—«, brüllte Mattheo mit bebender Stimme zurück, spannte all seine Muskeln an, während unaufhörlich Blut aus der Wunde an seinem Rücken quoll. Er brach zusammen, griff sich in seine Locken und zerrte daran, während er verbissen gegen den Imperius Fluch ankämpfte. »Aurora, lauf. Bitte—«
Schluchzend kniete ich mich auf den Boden, bis die Zähne zusammen als der Schmerz in meiner Rippe immer pochender wurde. »Du bleibst—«, brüllte Weasley und stellte sich bedrohlich vor mir auf.
»Töte sie, Riddle. Töte deine Familie. Sieh zu wie sie durch deine eigenen Hände den Tod finden.«
Ein rauer Schrei verließ Mattheos Kehle, als sich sein Körper ganz langsam erhob. Dann war er auf den Beinen. »Töte sie—«, zischte Weasley noch eimal.
Ganz langsam drehte Mattheo sich um und ich schauderte als ich sah, dass der Dunkelheit seiner Augen vollkommene Leere gewichen war.
Dann stürzte er nach vorn, packte den Dolch der immer noch in Moodys leblosem Körper steckte und sank zurück auf die Knie. Panik erfasste mich, als er ihn hob um ihn sich in die Brust zu rammen.
»Nein—«, schrie ich. »Nein, Theo—«
»Ich liebe dich«, flüsterte Mattheo mit heiserer Stimme, während er mir direkt in die Augen sah. »Mehr als der M-Mond seine funkelnden Sterne.«
»Ich liebe dich auch«, schluchzte ich unter Tränen. »Mehr als die S-Sterne ihren leuchtenden Mond.«
Tränen strömten ihm über die blutigen Wangen, während seine Hände den Dolch unklammerten. »Du warst das beste an meinem Leben, Aurora«, flüsterte er mit heiserer Stimme. »Du und unser wunderschöner kleiner Engel. Ich liebe euch. Ich werde euch finden, ich verspreche es dir.«
»Schluss damit Riddle, ich sagte töte sie«, schrie Weasley zornentbrannt. »Imperio.«
Mattheo kämpfte weiter heftig dagegen an und ein gequälter rauer Schrei verließ seine Kehle.
Dunkelheit sickerte aus seiner Seele in seine Augen und die Hand mit dem Dolch zitterte. »Ich finde euch«, hauchte er ein letztes Mal, bevor er die Augen schloss. Ich konnte ihm ansehen, dass er keine Kraft mehr hatte noch länger gegen den Imperiusfluch anzukämpfen, zu schwer war er verletzt.
Sich selbst zu töten, schien der einzige Ausweg.
Verzweifelt tastete ich im Gras nach seinem Zauberstab, doch ich fand ihn einfach nicht.
Und in der selben Sekunde, in der Mattheo den Dolch in Richtung seines Herzens gleiten ließ, schrie Weasley auf, denn Lestrange hatte seine Fesseln gesprengt, sein Bein gepackt und ihn zu Boden gerissen. »Riddle, lauf—«, brüllte der Todesser, der jetzt eine Hand um Weasleys Kehle gelegt hatte.
Der Dolch rutschte Mattheo aus seinen blutigen Händen und dann fanden seine Augen ein letztes Mal meine, bevor er sich auf die Knie hiefte, dann auf die Beine, dabei immer noch angestrengt gegen die Macht des unverzeihlichen Fluches kämpfte, der ihn in seinen unnachgiebigen Klauen hielt.
Ich wusste wie schwer es ihm fiel uns zurück zu lassen, doch wir waren nicht sicher in seiner Nähe, so lang der dunkle Fluch auf ihm lastete. Mit zitternden Fingern kraulte ich Novas Löckchen, die immer noch bittere Tränen weinte, während ich dabei zusah wie sich Mattheo durch den Garten schleppte, dabei immer wieder stehen blieb und gegen den Fluch kämpfte, der ihn zur Rückkehr zu zwingen versuchte.
Lestrange und Weasley kämpften nur wenige Meter entfernt von mir auf dem Rasen, versuchten einander mit bloßen Händen zu erwürgen.
Mit letzter Kraft schaffte ich es mich in eine kniende Position zu bringen, doch der Schmerz meiner gebrochenen Rippe raubte mir fast das Bewusstsein.
Und dann sah ich ihn.
Keuchend kroch ich auf den Knie einige Meter durch das Gras, dann schlossen sich meine Finger um den Elderstab. Ich konnte nicht mehr atmen, hatte das Gefühl mein Brustkorb würde in Flammen stehen.
Dunkelheit begann mein Sichtfeld zu fluten, doch bevor ich in eine tiefe Bewusstlosigkeit sinken konnte, fühlte ich wie mich warme Hände vorsichtig auf den Rücken drehten. Ich blinzelte ein paar Mal, bis ich das Gesicht von Lestrange erblickte, der sich mit besorgten Ausdruck über Nova und mich beugte.
Er murmelte etwas und tippte mit dem Zauberstab sanft gegen meinen Brustkorb, dann fühlte ich den Schmerz plötzlich weichen und holte tief Luft.
»Wir müssen hier sofort weg—«, rief Lestrange und zog mich auf die Beine. Ich nickte und drückte Nova enger an mich, während ich über Weasleys Leiche stieg, der mit offenen Augen auf dem Rasen lag.
»Der Teufel gewinnt immer, Bastard«, knurrte er.
»Wir müssen Mattheo suchen«, brachte ich verängstigt hervor. Lestrange nickte und nahm meine Hand, verschlang unsere Finger miteinander.
Und dann rannten wir.
Der Sturm hatte sich aufgelöst, doch vor uns lag jetzt eine flammende Hölle. Die Schreie der Verdammten hallten in einem grauenerweckenden Echo durch die Nacht, denn Feuer schien das einzige zu sein, das den Inferi etwas anhaben konnte. Ziellos liefen sie umher, prallten gegeneinander, während sie verzweifelt versuchten den Flammen zu entkommen.
Doch dann ganz plötzlich— blieben sie stehen.
Mein Herz pochte als ich sah, wie sie sich ganz langsam umdrehten, bevor sie im nächsten Moment ihre skelettierten Arme nach uns ausstreckten und torkelnd in unsere Richtung zu stolpern begannen.
»Okay das ist nicht gut«, bemerkte Lestrange trocken. Der Todesser schleuderte einen Feuerball nach dem anderen gegen die wandelnden Toten, ließ die Flammen mit einer Handbewegung über ihre knochigen Körper tanzen. Einige verbrannten zu nichts als einem Hauch von Asche, doch es waren einfach zu viele, schienen immer mehr zu werden.
Magie erfüllte die Luft, als er mit purer Leichtigkeit einen flammenden Wirbelsturm heraufbeschwor, der hunderte der wiedererweckten Toten vernichtete.
Doch auf jeden zu Staub zerfallenen Inferius—
schienen zwei weitere zu folgen.
»Wo kommen die alle her?« Mein Herz raste immer schneller, während ich mich verängstigt umblickte.
»In der Höhle mussten mehr gewesen sein, als wir gedacht hatten«, antwortete Lestrange, beschwor eine flammende Wand herauf, die einige für eine Weile aufhielt, bis sie jedoch in sich zusammenfiel.
»Bei Salazar, Voldemort musste geplant haben mit dieser Armee von Toten auch noch den Rest der verfluchten Erde einzunehmen. Wir haben sie gesichert, doch jemand muss die Bannzauber dort unten vor kurzem vollkommen zerstört haben.«
Nova weinte, strampelte aufgelöst in meinen Armen und versuchte sich die rosa Ohrenschützer von ihren Öhrchen zu zerren, doch ich ließ sie nicht. Ich drückte ihren kleinen Körper an mich, versuchte zu verhindern, dass sie sah, was um sie herum passierte.
Die Schreie meines Babys zerrissen mir das Herz, genau wie die Tatsache, dass Mattheo wahrscheinlich irgendwo inmitten der brennenden Trümmer lag—
bewusstlos und schwer verletzt.
Der Boden zu unseren Füßen begann heftig zu beben, dann tat sich die Erde auf. Im letzten Augenblick schafften wir es über den Krater zu springen, der sich plötzlich inmitten des Gartens auftat und anfing alles in seinen Abgrund zu reißen. Die Säulen vor der Eingangshalle des Manor brachen zusammen, das mit jeder weiteren Sekunde immer instabiler wurde.
Ich schrie Mattheos Namen, immer und immer wieder, bis mein Hals schmerzte und ich heiser war.
»Luc, wir müssen—«, doch ich stockte mitten im Satz, als ich den Ausdruck in seinen Augen sah.
Liebe.
Nichts als pure Liebe.
Und dann erfasste mich ein Gefühl endlosen Grauens als ich sah, wie hunderte von Inferi aus dem Krater nach oben zu klettern begannen, direkt auf uns zu.
Die Toten waren überall.
Und dann fühlte ich etwas in mir zerbrechen, als ich erkannte, dass es keinen Ausweg mehr gab.
Wir waren verloren.
Das hier war das Ende.
Lestrange, der offenbar meinen Gedanken gelauscht hatte, schüttelte den Kopf. »Nein, das ist noch lange nicht das Ende, Süße. Nicht für dich und Nova.«
Unter Tränen schüttelte ich den Klopf, krallte meine Hände in seine Uniform und zerrte daran. »Luc—«
»Versprich mir etwas«, murmelte er und beugte sich vor, hauchte mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er Nova eine Träne von der Wange strich, die sofort ihre kleinen Händchen nach ihrem Paten ausstreckte.
»Alles«, flüsterte ich unter Tränen.
»Kümmer dich gut um Pansy«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Und sag dieser wundervollen Frau, dass ich sie liebe, mehr als alles auf dieser Welt. Mein Leben war die Hölle, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie mir den Himmel nach dort unten gebracht hat.«
Ich weinte, als er sich vorbeugte und Nova einen Kuss auf den Hinterkopf hauchte. »Ich liebe dich, meine wunderhübsche kleine Prinzessin. Pass gut auf deine Mommy auf.« Nova lächelte ihn glücklich an und quietschte, als er gegen ihr Näschen stupste.
»Luc—«, schluchzte ich und schüttelte den Kopf.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, dann drehte er sich um und hob seinen Zauberstab. »Sobald ich den Zauber gewirkt habe der sie aufhält, wirst du rennen, verstanden? Lauf zur Rückseite und bring deine Tochter und dich in Sicherheit, Aurora.«
Weinend schüttelte ich den Kopf. »Pansy—«
»Sie wird es verstehen, meine Süße. Ich habe es für meine Familie getan.« Der Todesser wandte den Blick nach vorn, dann hob er das Kinn und lief in entschlossenen Schritten an den Rande des Kraters.
»Lauf«, brüllte er, während sich aus der Spitze seines Zauberstabs brennende Spiralen in die Luft erhoben.
Und dann beschwor er den mächtigsten dunklen Zauber herauf, den ich jemals gesehen hatte.
Das Dämonsfeuer das in Form einer flammenden Schlange aus der Spitze seines Zauberstabs hervorbrach, fraß alles was sich ihr in den Weg stellte. Mit einem Zischen schloss sie sich wie ein flammender Ring um den Krater, vernichtete die Inferi und hinderte neue daran auszubrechen.
Flammen spiegelten sich in Lestranges tiefblauen Augen, entlockten ihnen ein entschlossenes Funkeln.
Und dann verließ ein verzweifelter Schrei meine Kehle als ich realisierte, was das für ihn bedeutete.
Sein Zauberstab fiel zu Boden und dann verzogen sich seine Lippen zu einem derart teuflischen Grinsen, das seinem Namen nun alle Ehre machte.
Lucifer Lestrange fürchtete den Tod nicht, sondern breitete die Arme aus und begrüßte ihn wie einen alten Freund, bevor die dämonischen Flammen seinen Körper umhüllten und verschluckten.
Liebe und Dankbarkeit mischten sich mit dem endlosen Schmerz in meinem Herzen, der sein Verlust für mich, doch vor allem für Pansy bedeutete.
Diamantene Tränen liefen mir über die Wangen, als ich mich abwandte, um meine Tochter aus der Flammenhölle des Riddle Manor zu bringen.
Die dämonische Schlange, die Lestranges mächtige dunkle Magie heraufbeschworen schien mit jeder Sekunde immer weiter an Kraft zu gewinnen, brannte alles nieder und schoss jetzt zischend in den Krater hinein, brachte die Erde von unten zum brennen.
Ein Hand schützend auf dem Köpfchen meiner Tochter, die andere den Elderstab umklammernd rannte ich, erreichte nach wenigen Minuten endlich die Rückseite des brennenden Anwesens.
Plötzlich erstarrte ich, fühlte ihre vertraute Kälte noch bevor ich sie sah. Hunderte von Dementoren schwebten in einem Sturm aus dunklen Umhängen über mir in der Luft, sanken immer tiefer und tiefer, angelockt durch die Angst und den Schmerz in mir.
Wirres und boshaftes Geflüster ging von ihnen aus und ich wich zurück, starrte voller Panik in ihre vermummten Gesichter. Statt Münder hatten sie nur schwarze Schlünde, mit denen sie jetzt näher kamen, bereit mir meine gebrochene Seele auszusaugen.
Ich kannte den Zauberspruch, der diese Kreaturen verjagte, hatte ihn vorher nie ausgesprochen. Ich versuchte es, doch nichts als schwache Funken brachen aus der Spitze des Elderstabs hervor.
Mein Herz pochte in meinen Ohren und angestrengt versuchte ich Ruhe zu bewahren. Doch plötzlich streckte einer der Dementoren ganz langsam seine knorrige, skelettartige Hand nach meiner Tochter aus, woraufhin ich stolpernd vor ihm zurück wich.
Konzentriert schloss ich die Augen, kuschelte mich enger an das Baby in meinem Arm, die Hand die den Zauberstab hielt in die Luft gereckt. »Expecto Patronum«, flüsterte ich und dachte an meine Tochter und daran wie sehr ich sie liebte.
Ich spürte die Kälte weichen und als ich die Augen wieder öffnete, waren die magischen Seelenfresser verschwunden und die Dunkelheit erfüllt von unzähligen, blassblauen Schmetterlingen.
Fröhlich streckte Nova ihre kleinen Fingerchen nach den Schmetterlingen aus, fing jedoch gleich wieder an zu weinen, als sie merkte, dass sie diese wunderschöne Magie nicht greifen konnte.
Und dann sah ich ihn.
Unseren letzten rettenden Ausweg.
Thestrale.
Aneinander gepfercht standen die Wesen der Dunkelheit in ihrem Stall, unfähig zu entkommen, aufgrund des Zaubers, der sie dort gefangen hielt.
Mit zitternden Fingern öffnete ich das Tor und glitt hinein. Mein Herz pochte als einige von ihnen gleich auf mich zu trabten. Die für die meisten Menschen grotesk aussehende Wesen kannten mich, vertrauten mir, schienen verängstigt und suchten Schutz.
Mit gebrochenem Herzen hob ich meine zitternde Hand und streichelte einem von ihnen über seine lederne Haut. Ich hielt den Atem an, denn seine gespenstisch weißen Augen sahen so tief in meine, als blickten sie bis in meine Seele. Verständnisvoll sah mich der Thestral an, als fühlte er meinen Schmerz.
Und dann beugte er sich langsam vor.
Ich zögerte keine Sekunde, kletterte auf den Rücken des geflügelten schwarzen Pferdes und hob den Zauberstab in meiner Hand, richtete ihn auf das Tor.
»Bombarda«, flüsterte ich unter Tränen und hielt mein Baby ganz fest an mich gedrückt, während der Thestral den anderen aus dem Tor folgte. Nova hörte sofort auf zu weinen, als das dunkle Wesen seine skelettierten schwarzen Lederflügel ausbreitete und sich auf majestätische Weise in die Lüfte erhob.
Kalter Wind tanzte über mein Gesicht, fegte all meine diamantenen Tränen davon, während wir immer weiter an Höhe gewannen, unter uns eine flammende Hölle, bestehend aus hunderten brennender Inferi.
»Bitte—«, flüsterte ich dem Thestral zu, der sofort verstand und sein Tempo drosselte, anfing langsame Kreise über die brennenden Trümmer zu ziehen.
Ich wusste, dass es hoffnungslos war ihn in den brennenden Trümmern zu finden, doch mein Herz war noch nicht bereit Abschied zu nehmen.
Abschied von der Liebe meines Lebens, meinem Seelenverwandten, dem Vater meiner Tochter.
Der Rauch schien immer immer dichter zu werden und ich hob meinen Zauberstab, schützte meine Tochter und mich davor, die Gifte einzuatmen.
Meine Hand zitterte, als ich sie unter den Ärmel meiner zerrissenen Todesserrobe schob und meine Finger ein letztes Mal auf mein dunkles Mal legte.
Stumme Tränen weinend schloss ich die Augen.
Und dann fühlte ich ihn, fühlte seine vertraute Dunkelheit, spürte die Nähe seiner Seele, konnte sie in meinen Kopf kraftlos nach meiner schreien hören.
Wie von selbst glitt der Thestral tiefer.
Und dann sah ich ihn.
Mattheo kauerte auf einem der letzten Balkone, die noch übrig waren, denn der Rest des Manor war bereits von dem Dämonsfeuer erfasst worden.
Er rührte sich nicht, schien bewusstlos zu sein, während einige Meter unter ihm die Inferi einen grotesken Todestanz aufführten, als hofften sie, der Erbe Slytherins würde sie vor den Flammen retten.
Der Thestral kam zum stehen, hielt sich nun durch kräftige Schläge seiner dunklen Flügel in der Luft.
»Mattheo«, schrie ich seinen Namen, immer und immer wieder, doch er rührte sich nicht. Mit zittrigen Fingern richtete ich den Elderstab auf ihn.
»Rennervate«, brachte ich kaum hörbar hervor, denn Angst hatte meine Kehle nun fest zugeschnürt. Ein Gefühl von Erleichterung erfasste mich, gab mir neue Kraft, als ich sah wie er sich zu regen begann.
Kraftlos hob er den dunklen Lockenkopf, blinzelte ein paar Mal, dann wich er mit vor Entsetzen aufgerissen Augen zurück, als er sah was vor sich lag. Seine blutigen Hände zitterten, als er seine zerrissene Todesserrobe nach seinem Zauberstab abtastete.
»Theo—«, schrie ich mit letzter Kraft.
Sofort hielt er inne, dann legte er den dunklen Lockenkopf in den Nacken und blinzelte in den Nachthimmel hinauf. Und als seine Augen meine fanden, griff er hastig nach dem Geländer und zog sich mit letzter Kraft daran hoch. Seine Lippen formten stumm meinen Namen und Tränen traten ihm in die dunklen Augen als er sah, dass auch Nova unversehrt war, die fasziniert in die Flammen blickte.
Fieberhaft überlegte ich, mit welchem Zauber ich ihn da raus holen konnte, als es passierte. Meine Hände zitterten so sehr, dass mir der Elderstab aus den Fingern rutschte und hinab in das Feuer, das ihn in einer smaragdgrünen Stichflamme vernichtete.
Mattheo schluckte und sah wieder zu mir auf.
»Gib mir deine Hand«, schrie ich heiser und versuchte den Thestral dazu überreden, noch tiefer abzusinken. Er gehorchte, doch flog nun unruhig, schien furchtbare Angst vor dem Feuer zu haben.
Mattheo nickte, hielt sich am Geländer fest, während er seine andere Hand nach mir ausstreckte. Doch jedes Mal wenn sich unsere Hände näher kamen, flog der Thestral wieder leicht höher, denn die Flammen unter uns wuchsen und wuchsen.
Ich schrie auf, als sich unsere Fingerspitzen für einen kurzen Augenblick berührten und sich der Balkon plötzlich absenkte, nun jeden Augenblick drohte in die Flammen zu stürzen. Der Thestral gab einen furchtbar gequälten Laut von sich, als das Feuer einen seiner Flügel versenkte. Erneut streckte ich die Hand aus, doch Mattheo schüttelte nur den Kopf.
Und dann war nur noch Liebe in seinen dunklen Augen. »Bringt euch in Sicherheit«, rief seine Stimme durch die zischenden Flammen. »Bitte, Aurora.« Flehend blickte er zu mir auf.
Niemals würde ich ihn hier zurück lassen.
»Nein ich gehe nicht ohne dich«, schrie ich ihn jetzt an, fühlte wie meine Seele auseinander riss bei dem Gedanken daran ihn zu verlieren. »Ich brauche dich, Mattheo.« Nova strampelte in meinen Armen, weinte plötzlich bittere Tränen, denn die Unruhe des Thestrals machte dem Baby furchtbare Angst.
Doch dann entdeckten ihre großen smaragdgrünen Augen Mattheo, der jetzt dicht unter uns beinahe in den Flammen versank. Sie begann vor Freude zu quietschen und streckte ihren kleinen Händchen nach ihm aus. »Versuch es nochmal«, flehte ich, doch wieder schüttelte er den Kopf. »Deine Tochter braucht dich. Sie braucht dich verflucht nochmal.«
Den letzten Teil des Satz brüllte ich, fühlte nichts als endlosen Schmerz bei dem Gedanken daran, wie ich ihr erklären sollte das ihr geliebter Daddy niemals zurück kommen würde, sie nie mehr in den Schlaf wiegen— oder ihre Träume bewachen würde.
Tränen liefen ihm nun die verschmutzten Wangen hinab, während er seine Tochter betrachtete.
Mattheo liebte Nova so sehr.
»Bitte—«, flehte ich mit flüsternder Stimme.
Unter Tränen nickte er.
Mattheo biss die Zähne zusammen, zog sich unter furchtbar qualvollen Schmerzen an dem glühend heißen Geländer hoch und streckte seine Hand aus.
Ein letztes Mal sank der Thestral tiefer—
und dann fanden unsere Hände zueinander.
Das Tierwesen neigte sich leicht zur Seite und mit aller letzter Kraft zog ich Mattheo auf den Rücken des geflügelten Pferdes, das sich mit kraftvollen Flügelschlägen sogleich in die Lüfte erhob.
Erschöpft legte er seine Arme von hinten um meine Taille und umarmte mich, hielt mich fest, denn das Gefühl der Erleichterung das mich jetzt erfasste, brachte meinen ganzen Körper heftig zum zittern.
»Atme ganz ruhig, meine Süße«, flüsterte mir seine raue Stimme heiser ins Ohr, während er mich fest in seinen Armen hielt. Ich nickte, fühlte wie ich Schmetterlinge im Bauch bekam, als er seinen Kopf auf meine Schulter legte und mich sein Haar kitzelte.
»Luc?«, flüsterte seine raue Stimme, doch ich schüttelte nur den Kopf. Mattheo nickte, zog mich enger an sich und streckte die Hand aus, begann mit Novas winzigen Fingern zu spielen, die jetzt fröhlich vor sich hin brabbelte, hin und wieder lachte und die Risse in meinem Herzen mit endloser Liebe füllte.
Zusammen warfen wir einen letzten Blick zurück und sahen dabei zu, wie das Dämonsfeuer unser Zuhause in ein einziges Flammenmeer verwandelte, alles vernichtete— so auch Voldemorts Körper.
Und Nagini.
»Ich liebe dich so sehr«, flüsterte Mattheos dunkle Stimme in mein Ohr, während seine andere Hand kleine Sternchen auf meine Schulter zeichnete. »Ich liebe dich auch«, entgegnete ich mit zitternder Stimme und schloss für einen Moment die Augen.
Und als ich sie wieder öffnete, befanden wir uns inmitten von Wolken. Mattheo tastete nach meiner Hand, verschlang unsere Finger miteinander, während wir lächelnd unsere wundervolle Tochter betrachteten, die völlig fasziniert von den Wolken war und immer wieder danach zu greifen versuchte.
Und dann wurde es mir plötzlich klar.
Wir hatten es geschafft, waren nun in Sicherheit.
Ich fühlte etwas heißes und nasses meine Wangen hinablaufen. Ich hob die Hand und wischte meine Tränen davon, doch dann hielt ich plötzlich inne und starrte auf meine Hände, denn sie waren nass.
Nass von meinen Tränen.
Und dann weinte ich— weinte echte Tränen und keine glitzernden Diamanten mehr.
Ich weinte um meine erste große Liebe Theodore Nott und um meinen besten Freund Lucifer Lestrange, die sich beide heldenhaft geopfert hatten, damit unsere kleine Tochter nicht ohne die Liebe ihres Vater und die ihrer Mutter aufwachsen musste.
Die sich geopfert hatten um ihr das Leben zu ermöglichen, das wir alle niemals gehabt hatten,
Ein freies Leben.
Ohne Dunkelheit und ohne Schmerz.
Mattheo zog mich enger an sich, hielt seine kleine Familie ganz fest in seinen beschützenden Armen.
Die Welt und insbesondere unsere Väter hatten versucht uns zu brechen, hatten versucht nicht nur unseren Verstand mit Lügen zu füllen, sondern auch unsere Liebe mit dunkler Magie zu vergiften. Doch nun waren wir frei, weil wir nie aufgehört hatten zu kämpfen. Für unsere Freiheit, unseren Frieden—
unsere Liebe.
Der Thestral flog höher und höher und mit jedem seiner kräftigen und entschlossenen Flügelschläge vertrieb das majestätische Tierwesen die Finsternis.
Und dann ganz plötzlich— geschah es.
Der Himmel brach auf und wir ließen die Dunkelheit hinter uns, flogen in die Nacht hinaus und mitten in einen funkelnden Sternenhimmel hinein.
E N D E
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