46. crown of tears

A U R O R A

Das erste was ich hörte als wir in der Eingangshalle des Riddle Manor wieder auftauchten, waren Schreie, gefolgt von der mädchenhaften Lache seiner Mutter.

Bellatrix Lestrange.

Die Frau mit den verfilzten schwarzen Haaren stürzte auf Mattheo zu und warf die Arme um ihn. Mattheo versteifte sich sichtlich als sie ihn umarmte. Er er ließ es zwar zu, erwiderte ihre Umarmung jedoch nicht.

Seine Hand lag immer noch fest in meiner, als sie sich wieder von ihm löste. »Oh mein armer Sohn, ich dachte schon ich hätte dich für immer verloren.«

»Spar dir das«, knurrte Mattheo und würdigte die Schwarzhaarige keines weiteren Blickes, wandte sich stattdessen Nagini zu, die sich schon die ganze Zeit zwischen unseren Beinen hin und her schlängelte.

Ohne meine Hand loszulassen, beugte er sich vor und streichelte kurz über den Kopf seiner geliebten Schlange, bevor er Yaxley und einigen anderen seiner engsten Todesser zunickte, die ebenfalls in der Eingangshalle standen. »Ich brauche einen Moment allein mit meiner Frau«, sagte er zu Lestrange.

Lestrange nickte und zwinkerte mir zu.

Ich fühlte wie Mattheo den Arm um mich legte, doch war wie betäubt als er mich durch die schwach beleuchteten Korridore des Riddle Manor führte und in einen der Wohnräume des Anwesens brachte. 

Knisternde Kaminfeuer aus denen smaragdgrüne Flammen schlugen, wärmten die Luft des schmuckvoll dekorierten Raumes, doch ich zitterte immer noch am ganzen Körper vor Kälte und Schock, als Mattheo mir half meinen Umhang auszuziehen.

Er führte mich zu einem Sofa am Kamin, doch als wir uns setzten, kletterte ich sofort auf seinen Schoß und klammerte mich an ihn. Kummer und Schmerz mischten sich mit einem Gefühl von Erleichterung, ließen meine Hormone vollkommen verrückt spielen.

Einen Augenblick versuche ich angestrengt gegen die Tränen anzukämpfen, doch dann brach ich endgültig in seinen Armen zusammen und begann zu weinen.

Ich war am Ende meiner Kräfte.

Körperlich, als auch seelisch.

Das Baby in meinem Bauch war plötzlich ganz ruhig.
Es spürte meinen Schmerz, denn es schickte mir magische Impulse durch meinen Körper, die meine Fingerspitzen zum kribbeln brachten. Ich weinte, fühlte so viel Liebe für den kleinen Engel, der jetzt mit seiner Magie versuchte mich zu beruhigen.

Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch nichts als Laute verzweifelten Schluchzens verließen meine Kehle, denn die Ereignisse der letzten Stunden steckten mir immer noch tief in den Knochen.

Kraftlos krallte ich meine Hände in seine Uniform, konnte immer noch nicht glauben, dass wir einander nach so vielen Monaten endlich wieder hatten.

»Schon gut, meine Süße«, murmelte Mattheo, seine Stimme kraftlos und erschöpft. Seine zitternden Finger zeichneten kleine Sterne auf meinen Rücken und immer wieder flüsterte er mir ins Ohr wie sehr er mich liebte, bis sich meine Atmung etwas regulierte.

Nie würde ich genug davon bekommen diese drei Worte von ihm zu hören, nach denen ich mich so endlos lang gesehnt hatte. Nur wenige Stunden zuvor war ich es gewesen die ihn getröstet hatte, doch nun hielt Mattheo mich in seinen beschützenden Armen.

Er gab mir den Halt den ich so verzweifelt brauchte, obwohl er ebenfalls am Ende seiner Kräfte war.

Sein zitternder Körper war abgemagert und seine Finger zuckten immer noch unkontrolliert von der Folter, die er in den letzten Monaten ausgesetzt war.

Und es war meine Schuld.

Alles nur meine Schuld.

»E-Es tut mir leid«, schluchzte ich mit kraftloser Stimme, doch Mattheo schüttelte den Kopf. »Nein meine Süße«, flüsterte er und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. »Dir muss gar nichts leid tun.«

Meine Hand fand in seine Locken und ich drückte ihn enger an mich, als ich merkte wie sehr sich sein erschöpfter Körper in meine Berührung lehnte.

Mattheos Brustkorb hob und senkte sich bei jedem seiner zittrigen Atemzüge, dann löste er sich ein wenig von mir und hob mein Kinn. »Ich muss dich etwas fragen«, sagte er leise, woraufhin ich nickte.

Es fiel ihm schwer mir in die Augen zu sehen, denn er blinzelte ständig, war immer noch umgeben von seinen Dämonen und kämpfte angestrengt jede Sekunde gegen die Dunkelheit in seinem Kopf.

Der Blick mit dem er mich jetzt ansah, ließ mich das Atmen vergessen. Nie hatte ich einen solch gebrochenen Ausdruck in seinen Augen gesehen.

»Wann hast du das Baby verloren?« Seine raue Stimme war ein einziger gequälter Schmerz, der mir das Atmen jetzt plötzlich ganz schwer machte.

Mein Tränen stoppten und mit großen Augen sah ich ihn an. »Du weißt von dem Baby?«, flüsterte ich.

Plötzlich fielen mir die Worte wieder ein, die er unter Tränen in dem Verließ zu mir gesagt hatte.

Es ist meine Schuld, dass du es verloren hast.

Genau in diesem Augenblick bemerkte ich, wie sich der kleine Engel in meinem Bauch leicht zur Seite drehte, was sich jedes Mal so anfühlte, als hätte ich hunderte wild flatternder Schmetterlinge im Bauch.

Er nickte und es zerriss mir das Herz wie sehr seine Hand zitterte, als er nach seinem Hals griff und das Medallion Salazar Slytherins hervorzog, das er unter einem Desillusionierungszauber verborgen hatte.

Es war abgegriffen und die Farbe abgeblättert, als hätte er es stundenlang in seinen Händen gehalten.

»Ich habe jede Nacht deinem Herzschlag gelauscht«, sagte Mattheo mit ruhiger Stimme, doch seine Schultern begannen jetzt heftig zu zittern. »Alles was ich wollte, war zu dir zurückzukehren—«, Mattheo rang nach Worten. »Doch es war dunkel und so unendlich kalt und ich wollte nicht—«, er holte Luft und ich konnte sehen wie die Erinnerung an diesen Ort ihm einen Schauer über den Rücken jagte.

»Ich wollte selbst bestimmen wie ich gehe, also habe ich versucht—« Er schluckte und brach ab, doch ich wusste auch so, was er mir hatte sagen wollen.

Ich konnte es in seinen Augen erkennen, denn ich fühlte alles, was er fühlte, die selbe Dunkelheit, die selbe Einsamkeit. Seine zerbrochene Seele glich meiner, denn sie hatte die selben Risse, die selben Narben, bestand aus dem selben endlosen Schmerz.

Mattheo hatte versucht sich umzubringen.

»Aber als ich es tun wollte, habe ich einen zweiten Herzschlag gehört und ich habe nicht— ich konnte nicht—« Seine Stimme war jetzt völlig kraftlos.

Schluchzer erschütterten meinen zierlichen Körper und ich weinte stumme Tränen, während ich mit zitternden Fingern durch seine Locken kraulte.

Mattheo zitterte jetzt so sehr.

Ich hatte keine Ahnung wie ich ihm ein wenig von dem Schmerz nehmen sollte, der ihn so furchtbar quälte, wenn mich mein eigener kaum atmen ließ.

Die vielen Monate, einsam und allein in der Dunkelheit hatten ihn tief traumatisiert.

»Ich wollte stark sein für dich und—«, er hielt inne und in seinen Augen spiegelte sich jetzt die selbe Angst, wie auch in dem Verließ. »—Das Baby«, flüsterte er und sah mich traurig an. »Aber dann war es auf einmal wieder nur noch ein Herzschlag.«

Der bittersüße Schmerz der Erkenntnis zog sich durch meinen ganzen Körper, denn mir war sofort klar, dass es die Schutzzauber gewesen sein mussten, die die Magie des Amuletts getäuscht hatten.

Die Schatten die unter seinen dunklen Augen lagen schienen mit jedem neuen Atemzug immer tiefer zu werden. Ein Ausdruck von Schuld erschien auf seinen hübschen Gesicht, dann beugte er sich vor und küsste mir jede meiner Tränen davon, bevor sie sich in filigrane Diamanten verwandeln konnten.

»Es ist alles nur meine Schuld«, flüsterte er, woraufhin ich schluchzend den Kopf schüttelte.

»Ich hätte dich beschützen sollen, hätte euch beide beschützen sollen, doch ich habe versagt. Ich war nicht da, als du mich gebraucht hast.« Er lehnte seine Stirn an meine. »I-Ich werde mir das nie, niemals verzeihen, meine Süße.« Er schluckte. »Aurora, es tut mir so unendlich—«, doch ich unterbrach ihn, in dem ich meine Lippen jetzt ganz zaghaft auf seine drückte.

Mattheo erwiderte meinen Kuss, der ganz salzig schmeckte, durch die Tränen die ich weinte.

Mein Herz hatte nie so schnell geschlagen, wie in diesem Augenblick.

Behutsam griff ich nach seiner Hand, zog sie durch die Schutzzauber und legte sie vorsichtig auf meinen Bauch. Mattheo löste seine Lippen von meinen, dann weiteten sich seine Augen und er starrte auf meinen Babybauch, der zum Vorschein kam, als ich die Magie der mächtigen Schutzzauber endlich aufhob.

»Deinem Baby geht es gut, Theo«, flüsterte ich unter Tränen und schenkte ihm ein schwaches, doch glückliches Lächeln. »Es ist ein bisschen klein für die zweiundzwanzigste Woche, aber es ist gesund.«

Sechs Monate hatte ich auf diesen Moment gewartet, hatte ihn mir immer und immer wieder vorgestellt und jeden neuen Tag ein wenig mehr die Hoffnung verloren, dass er irgendwann noch kommen würde.

Doch jetzt war er wirklich da.

Und er gehörte nur uns beiden.

Nur mir und dem Jungen den ich mehr liebte, als die funkelnden Sterne ihren hell leuchtenden Mond.

Ein flammender Sturm aus Emotionen flackerte in der Dunkelheit seiner Augen auf, während seine Finger ganz vorsichtig über meinen Bauch strichen.

»Du-Du bist noch schwanger?«

Unter Tränen lächelnd nickte ich.

Mattheo schloss die Augen, zwang sich ruhig zu atmen, doch dann begannen seine Lippen plötzlich zu zittern. Sein Lockenkopf sank auf meine Schulter und dann brach er in meinen Armen in Tränen aus.

Zitternd hielten wir einander fest, während ich ihm durch sein dunkles Haar kraulte und die vielen zerbrochenen Teile seiner Seele zusammenhielt.

So, wie er es oft für mich getan hatte.

Ganz vorsichtig schob ich meine zitternden Hände unter den rauen Stoff seiner Uniform, fühlte wie sich seine Atmung sofort beschleunigte als meine Fingerspitzen zaghaft über die Haut seines Rückens glitten, die jetzt nur noch aus Narben bestand.

Genau wie bei mir.

Ich fühlte mich wie betäubt vor Kummer und Glück, als Mattheo nach meinen Händen tastete und mich sanft vom Sofa und auf die Füße zog, nur im nächsten Augenblick vor mir auf die Knie zu gehen.

Er legte die Arme um meine Taille und drückte seine tränennasse Wange vorsichtig gegen meinen Bauch, der für den sechsten Monat leider ein wenig zu klein war. Ich wusste, dass ich mehr essen musste, doch die Sorge um ihn hatte es mich oft vergessen lassen.

»Es tut mir leid, dass ich nicht da war um dich zu beschützen«, flüsterte er heiser, was mein Herz jetzt mit so viel Liebe, doch auch mit Kummer erfüllte, angesichts des Schmerzes in seiner Stimme. »Doch ich bin es jetzt und werde auf dich aufpassen, genau wie auf deine Mommy, mein kleiner Engel.« Stumme Tränen liefen mir über die Wangen, verfingen sich als kleine Diamanten in seinen chaotischen Locken.

Seine Worte ließen meinen zierlichen Körper erschüttern, doch Mattheo hielt mich fest.

»Bitte lass mich nie wieder allein«, flehte ich mit zitternder Stimme und warf mich schluchzend in seine Arme, als er sich wieder erhob. »Nie wieder, Süße.« Sanft griff er nach meinem Kinn und hob es an. »Ich liebe dich«, flüsterte er gegen meine Lippen.

»Ich liebe dich auch«, flüstere ich zurück und fühlte wie die vielen Risse in meinem kleinen gebrochenen Herzen langsam wieder zu heilen begannen. Fest schloss ich die Arme um seine Schultern, spürte plötzlich Knochen, wo vorher Muskeln waren.

Erschöpft lehnte er seine Stirn gegen meine, dann wurde seine Atmung schwerer und er begann zu taumeln. Sofort zog ich ihn zurück zum Sofa und rief ein wenig panisch nach meiner Hauselfe.

Mit einem leisen Plopp erschien Miffy neben dem Sofa, in Begleitung von Winky, die bei Mattheos Anblick in herzzerreißende Tränen ausbrach.

»Master M-Mattheo ist wieder d-da«, schniefte sie und warf sich vor Erleichterung weinend auf den Teppich. Sie hickste, schien zusätzlich zu ihrem Gefühlsausbruch auch noch betrunken zu sein.

»Was kann Miffy für Miss Aurora tun?«, fragte die Elfe, ebenfalls mit Tränen in den Augen bei dem Anblick von Mattheo. »E-Etwas zu essen für—«

»Ja, Miffy«, unterbrach ich sie und strich Mattheo eine Locke aus der Stirn, der jetzt erschöpft an meiner Schulter lehnte. »Und bitte beeil dich.«

Miffy nickte und warf einen beschämten Blick auf Winky, die immer noch hicksend auf dem Teppich lag und sich geräuschvoll die Augen ausweinte. Sie nahm die Hand der betrunkenen Elfe und brachte sie fort, kehrte nur wenige Augenblicke später mit einem eleganten Silbertablett voller Sandwiches zurück.

In den nächsten fünf Minuten musste ich Mattheo bestimmt zehn mal ermahnen nicht so schnell zu essen, denn er stopfte sich eines nach dem anderen in den Mund und verschluckte sich fast durchgehend.

Kummer zog sich durch meinen Körper bei dem Gedanken daran, dass der Orden ihm in den letzten Monaten kaum etwas zu Essen gegeben hatte.

Besorgt blickte ich auf seine Hände, presste die Lippen aufeinander um ein Schluchzen zu unterdrücken. »Miffy«, rief ich erneut und die Elfe kehrte zurück. »Bitte bring den Heiler zu uns.«

Miffy nickte eifrig und dissapparierte.

»Nein, kein Heiler«, flehte Mattheo und fiel entkräftet zurück in die Kissen des Sofas.

Der Slytherin schloss die Augen und kämpfte verbissen gegen die Erschöpfung, die ihn jetzt überkam. »Ich will nicht von Fremden angefasst werden«, murmelte er und schüttelte den Kopf.

»Gut, dass ich kein Fremder bin«, entgegnete Enzo, der in diesem Augenblick durch die Flügeltüren in das Zimmer trat. Er war blass, viel blasser als sonst und hatte einige blutige Schrammen im Gesicht.

Erleichtert atmete ich auf, denn ansonsten schien der dunkelhaarige Slytherin unverletzt zu sein.

Da Hogwarts aufgrund der steigenden Angriffe des Ordens im ganzen Land einen Monat nach Weihnachten vorläufig geschlossen wurde, hatte Enzo die Zeit genutzt um im St. Mungo Hospital eine Ausbildung zum Heiler zu absolvieren.

Enzo war es auch, der meine Schwangerschaft überwachte und regelmäßig nach dem Baby sah.

Denn nach der brutalen, traumatischen Behandlung, die ich Dank meines Vaters im St. Mungo erlebt hatte, hatte ich mich unter Tränen geweigert je wieder einen Schritt dort hinein zu setzen.

Doch Enzo vertraute ich, trank brav all die Vitamintränke, die er jeden Monat für mich braute.

Er trug eine Tasche bei sich und schluckte, als sein Blick den von Mattheo fand, der ihn jetzt halb bewusstlos vom Sofa aus anblinzelte. Ich machte Platz, damit er sich zu ihm setzen konnte.

»Theo—«, begann Enzo mit Tränen in den Augen und zog Mattheo in seine Arme, drückte ihn an sich. »Es tut mir so leid, es war alles nur meine Schuld.« Tränen liefen dem Berkshire Erben nun über die Wangen. »Nur ich bin Schuld, ich hätte nicht—«

»Halt die Klappe, Berkshire« brummte Mattheo und erwiderte die Umarmung seines besten Freundes, was mich jetzt wieder in Tränen ausbrechen ließ.

Wenige Minuten später lag ich zusammengerollt auf Mattheos Schoß, während Enzo sich um seine Hände kümmerte. »Kannst du ihm seine Finger zurück geben?«, flüsterte ich, hatte Angst vor der Antwort.

Enzo nickte, während er sich konzentriert über Mattheos Hand beugte, die blassen Wangen immer noch ein wenig nass von Tränen. Er tippte mit dem Zauberstab auf die Stelle unterhalb des Knochens, an der man ihm den Ringfinger abgetrennt hatte.

»Nichts was ein bisschen Magie und ein wenig Skelewachs nicht wieder richten könnten, Aurora Liebes«, entgegnete Enzo mit sanfter Stimme. Er hob den Kopf und schenkte mir ein schwaches Lächeln, dann zog er eine Flasche mit einem weißen Etikett aus seiner Tasche und füllte die milchige Flüssigkeit in ein Glas, was Mattheo einen Würgreflex entlockte.

Ankeelkelt starrte er auf das Glas, doch als ich ihm einen flehenden Blick zuwarf, kippte er den medizinischen Trank herunter, der dabei helfen würde, seine Fingerknochen nachwachsen zu lassen.

Enzo betrachtete Mattheo mit einem besorgten Blick.

»Hast du noch andere Verletzungen, die ich—«

»Später«, unterbrach Mattheo ihn und fuhr sich mit einer Hand durch sein Haar. »Sie muss das nicht sehen.« Sein Blick glitt zu mir und dann zu meinem Bauch. »Ist sie gesund, Enzo? Und das Baby?«

»Es geht ihr gut und das Baby ist gesund«, beruhigte Enzo ihn und zog einen Vitamintrank aus seiner Tasche, reichte ihn mir. »Nur sie könnte ein wenig mehr essen«, sagte er und blickte mich streng an.

Ich presste die Lippen aufeinander und nickte, warf Mattheo einen sehnsüchtigen Blick zu, den er noch sehnsüchtiger erwiderte. »Ich lass euch mal wieder allein«, entgegnete Enzo und lächelte schwach.

Er stand auf und seine Schritte entfernen sich.

Mattheo stöhnte leise und ballte seine zitternden Finger zu Fäusten. Ich konnte nur erahnen, wie schmerzhaft es war Knochen nachwachsen zu lassen.

»Ich hab meinen Ehering nicht mehr«, murmelte er mir heiserer Stimme, als ich die Arme um seine Schultern legte und mein Gesicht an seinen Hals drückte. »Vergiss den blöden Ring«, flüsterte ich und hob meine Hand in seine Locken, begann ihn zärtlich zu kraulen. Seine Hand zitterte, als er nach meiner tastete und unsere Finger miteinander verschlang.

Ich konnte spüren wie er den Atem anhielt, als er sie ganz vorsichtig auf meinen kleinen Babybauch legte.

Ich schloss die Augen und lächelte, fühlte wie mir diese leicht unsichere Geste Schmetterlinge machte.

Selbst nach all den Monaten berührte er mich immer noch so zaghaft und vorsichtig, als hätte er Angst ich könnte unter seinen rauen Händen zerbrechen.

Ich konnte spüren wie er den Atem anhielt, während seine Finger zärtlich über meinen Bauch glitten.

»Wann ist es—«, er zögerte. »Passiert?«

»An Weihnachten«, flüsterte ich.

Ich spürte wie meine Wangen ganz heiß wurden, bei der Erinnerung an diese magische Nacht mit ihm. Doch das prickelnde Gefühl der Erregung, wich plötzlich erdrückenden Schuldgefühlen.

»Kurz nachdem wir uns gestritten haben, bin ich zurück in mein Zimmer und ins Bad und habe—«

Ich hielt inne und schluckte.

»—mich gezwungen mich zu übergeben«, beendete ich beschämt den Satz. »Ich habe vergessen, dass der Trank eine Weile zum wirken braucht.« Tränen kehrten zurück in meine Augen. »Aber seit ich erfahren habe das ich schwanger bin, habe ich es nicht mehr getan, ich schwöre es. Es tut mir so—«

»Nichts muss dir leid tun, meine Süße.«

Vorsichtig hob er mein Kinn und sah mich an. »Mir tut es leid, alles was passiert ist.« Seine Lippen zitterten und in seinen Augen lag ein Ausdruck von Schuld. »Ich hätte dich nicht anlügen dürfen. Ich hätte dir die Wahrheit über deinen Vater sagen müssen, doch ich habe es nicht getan, weil—«

»Weil du mich beschützen wolltest«, beendete ich flüsternd seinen Satz. Mattheo nickte und schluckte.

»Es tut mir so leid.« Er lehnte seine Stirn erschöpft an meine, seine Stimme ein einziges heiseres Flehen. Seine rauen Finger legten sich um mein Gesicht, hielten es zärtlich in seinen Händen. »Wirst du mir das irgendwann verzeihen können, meine Süße?«

»Hab ich doch schon längst, Theo«, schluchzte ich und verbarg das tränennasse Gesicht an seinem Hals.

»Du bist so wunderschön, weißt du das?«, flüsterte er, was mir jetzt Schmetterlinge machte. »So wunderschön, mit meinem Baby in deinem Bauch.«

Schluchzend klammerte ich mich an ihn.

Beruhigend strich mir Mattheo durch mein langes blondes Haar, als ich plötzlich zu zittern anfing. Ich hatte Angst, denn ich war zu jung um eine Mutter zu sein und auch Mattheo war viel zu jung für das, was ihm noch in dieser Nacht bevor stehen würde.

Den Platz seines Vaters auf dem Thron einzunehmen.

Als der nächste dunkle Lord.

𓆙

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, auch wenn es nur wenige Minuten waren, die Mattheo in dem Raum verbrachte, in dem Lestrange und die anderen Todesser den dunklen Lord untergebracht hatten.

Es war eine Weile her, seit ich ihn das letzte Mal besucht hatte, doch als Mattheo beunruhigend blass im Gesicht die Tür hinter sich schloss wusste ich, dass sich sein Zustand nicht verändert hatte.

Lord Voldermort war nur noch ein Schatten.

Er war weder tot, noch lebendig, starrte einfach nur regungslos an die Decke. Seine makellose Schönheit war verblasst, sein Gesicht eingefallen und seine Augen leblos, wie die einer Wachspuppe. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass Lestrange den Elderstab aus seinen skelettierten Fingern gezogen hatte.

Ich konnte die Last beinahe sehen, die jetzt auf Mattheos Schultern lag, denn nun würde er das Erbe seines Vaters als dunkler Lord antreten müssen.

Kraftlos lehnte er sich gegen die Wand neben der Tür und schloss für einen Moment die Augen. Ich hatte ihm die Haare geschnitten, doch einige seiner Locken fielen ihm immer noch völlig wuschelig in die Stirn.

Trotz allem was er in den letzten Monaten durchgemacht hatte, besaß Mattheo Riddle immer noch dieselbe hypnotisierende dunkle Schönheit, die mir jedes Mal den Atem raubte, wenn ich ihn ansah.

Ich starrte ihn an, konnte nicht genug davon bekommen ihn anzusehen. Mattheo spürte es und als seine Lider flatterten, starrte er mich ebenfalls an.

Sofort hatte ich Schmetterlinge im Bauch.

Ich war so unbeschreiblich verliebt in ihn.

»Komm her«, befahl er mir mit rauer Stimme und streckte die Hand nach mir aus. Mit klopfendem Herzen lief ich zu ihm und kuschelte mich an ihn, während er mich eine Weile in seinen Armen hielt.

Wie von selbst fanden unsere Lippen zueinander und verschmolzen in einem sehnsüchtigen Kuss. Vorsichtig drehte Mattheo uns um, drückte mich mit dem Rücken gegen die Wand und vertiefte den Kuss.

Ein wenig unsanft griff er nach meinem Kinn, hob es an und küsste mir jeden klaren Gedanken davon. Er schob sein Knie zwischen meine Beine, griff in mein Haar und küsste mich verlangender, stürmischer.

»Ich würde ja sagen nehmt euch ein Zimmer, aber ihr habt schon eines. Oder zwanzig«, unterbrach uns Lestranges amüsierte Stimme, der plötzlich wie aus dem nichts neben uns gegen die Wand lehnte.

Schwer atmend löste Mattheo seine Lippen von meinen und bevor ich reagieren konnte, stürzte er sich auf den Todesser neben uns, packte ihn am Kragen und rammte ihn aggressiv gegen die Wand.

In Lestranges Augen trat ein gefährlicher Ausdruck, doch er blieb ganz ruhig, als Mattheo den Elderstab hervorzog und ihn auf seine Brust richtete.

»Wie konntest du meine schwangere Frau in dieses Loch gehen lassen?«, knurrte Mattheo ihn an, seine tiefe Stimme zum zerreißen angespannt. Die smaragdgrünen Flammen der Fackeln, die dem Korridor Licht schenkten, begannen zu flackern.

»Ist nicht so als würde sie ein Nein akzeptieren, seit sie deinen Erben in sich trägt, Riddle«, entgegnete Lestrange seelenruhig, während Mattheo ihn rasend vor Wut mit seinem Zauberstab bedrohte. »Nichts für ungut, Aurora Süße.« Er zwinkerte mir zu.

Meine Wangen wurden ganz heiß.

Lestrange hatte die letzten Monate unzählige meiner Wut und Gefühlsausbrüche abbekommen und mir trotzdem jeden Wunsch von den Lippen abgelesen.

Mattheo schien meinen Gedanken gelauscht zu haben, denn er senkte seinen Zauberstab, funkelte seinen engsten Todesser jedoch weiterhin zornig an.

»Du weißt ich würde für sie sterben, Theo«, sagte Lestrange mit ruhiger Stimme. »So wie wir alle.«

Mattheo senkte den Blick, dann ließ er ihn los und trat einen Schritt zurück, nur um im nächsten Augenblick den Todesser vor sich in eine Umarmung zu ziehen. Erleichtert erwiderte Lestrange seine Umarmung und die beiden Jungs so innig zu sehen, ließ meine Hormone vollkommen verrückt spielen.

Beide lösten sich voneinander, als ich zu schluchzen anfing. Dann war Mattheo bei mir und zog mich an sich. »Danke, Luc«, sagte er mit heiserer Stimme und streichelte tröstend durch mein blassblondes Haar.

»Danke, dass du dich um sie gekümmert hast.«

Lestrange nickte. »Bist du bereit?«, fragte er und seine Miene wurde todernst. »Sie warten auf dich.«

Mattheos spannte seinen Kiefer an. »Nein«, sagte er kopfschüttelnd und warf Lestrange einen zutiefst grimmigen Blick zu. »Doch ich habe keine Wahl.«

𓆙

Wenige Augenblicke später betraten wir den Thronsaal des Anwesens, in dem bereits unzählige seiner Anhänger auf ihn warteten. Unsere Hände waren fest miteinander verschlungen, während er mich durch die Reihen seiner Todesser führte.

Plötzlich fühlte ich mich wie eine Prinzessin, an der Seite des dunklen Prinzen, den alle Anwesenden nicht nur respektierten— sondern auch fürchteten.

Die Atmosphäre war unbeschreiblich.

Mein Herz pochte und ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen wie nervös ich war, angesichts der vielen schwarzen Magier in diesem Raum. Die dunkle Magie die jeder von ihnen ausstrahlte, hing wie eine Gewitterwolke über unseren Köpfen.

Mit angehaltenem Atem ließ ich meinen Blick durch die Reihen der Todesser gleiten und erschrak, denn viele Augenpaare waren vollkommen leer, ihr Verstand endgültig vergiftet durch schwarze Magie.

Und dann verstand ich es.

Sie alle waren nichts weiter als Schachfiguren auf dem Brett des Todes Tom Marvolo Riddles.

Er hatte seine Todesser zu seinen Marionetten gemacht, zu dunklen Soldaten ohne Herz.

Doch nun war es an Mattheo sie anzuführen.

Und ein kurzer Blick zu der Liebe meines Lebens genügte um meinen Verdacht zu bestätigen.

Nichts von all dem hatte Mattheo jemals gewollt.

Genau so wenig wie ich es für mich selbst gewollt hatte, oder für unser Kind, das in mir heranwuchs.

Doch ich liebte diesen Jungen und als seine Frau würde ich ihm bis in die Dunkelheit hinabfolgen.

Sogar bis in die Tiefen der Hölle— weil ich mir sicher war, dass er selbst dort unten regieren würde.

Ich gehörte zu ihm, so wie er zu mir gehörte.

Mein Herz schlug immer schneller und schneller.

Mattheo spürte meine Nervösität und drückte beruhigend meine Hand, während er mich erhobenen Hauptes die Stufen hinauf auf das Podest führte. Der Thron des dunklen Lords wirkte in dieser Nacht noch bedrohlicher, war besetzt mit schaurig dreinblickenden Totenschädeln, deren dämonisches Geflüster in einem unheilvollen Echo von den marmornen Wänden des Thronsaals widerhallte.

Neben dem Thron stand Yaxley, der das Regime in Mattheos Abwesenheit geführt hatte. Mattheo nickte ihm kurz zu, als der Todesser sich vor ihm verneigte.

Er stieg die Stufen hinab und stellte sich neben Lestrange, der ganz vorn stand, neben ihm Draco und Lucius, dahinter Enzo, Theodore und Blaise. Ich fühlte die brennenden Blicke von Bellatrix Lestrange auf mir und als ich sie ansah, ließ das böse Funkeln in ihren Augen meinen Atem kurz stocken.

Sie hatte offensichtlich nicht gewusst, dass ich schwanger war. Ich schauderte, denn es gefiel mir nicht mit welcher boshaften Gier sie auf meinen kleinen Babybauch starrte, ebenso wenig wie Mattheo, der mich jetzt noch etwas enger an sich zog.

Niemals würde ich zulassen, dass sie mein kleines unschuldiges Baby in ihre lieblosen Finger bekam.

»Wenn sie es versucht, töte ich sie«, flüsterte mir Mattheo zu, der meinen Gedanken gelauscht hatte.

Ich nickte und blickte zu Lestrange, der sich jetzt eine Stufe höher stellte und zu den Reihen der Todesser umdrehte. »Kniet vor dem dunklen Lord«, befahl er mit fester Stimme und ich vergaß zu atmen, als nun alle Anwesenden auf die Knie gingen.

Nagini, die neben dem Thron saß, zischte zufrieden.

Lestrange blickte kurz über die Todesser, bevor er sich wieder umdrehte und sich ebenfalls hinkniete.

Einen Moment passierte nichts, dann ließ Mattheo meine Hand los und drehte sich zu mir. »Ich habe etwas für dich«, sagte er leise und zog den Elderstab hervor. »Es war als Hochzeitsgeschenk gedacht, bitte verzeih mir, dass du es erst jetzt bekommst.«

Mattheo schwang seinen Zauberstab und ich blinzelte, als er nun etwas funkelndes und glitzerndes in seinen rauen Händen hielt. Einen Moment war ich wie erstarrt und im nächsten brach ich in Tränen aus.

Ich versuchte sie zu verbergen, wollte nicht, dass jemand sah was passierte, wenn ich weinte. Doch ich konnte sie nicht mehr zurückhalten. Weinend starrte ich auf das, was Mattheo in seinen Händen hielt.

Es war eine atemberaubende Tiara.

Eine Krone gefertigt aus feinstem Silber und hunderten kleiner Diamanten, die sorgsam in die Fassung eingearbeitet waren, sie zu dem schönsten und mit Abstand beeindruckendsten Schmuckstück machen, das meine Augen jemals erblickt hatten.

Doch die Schönheit der Tiara war es nicht, die mein Herz jetzt mit unendlicher Liebe füllte, sondern die Tatsache, woraus sie bestand. Die unzähligen filigranen Diamanten, die mir wie ein Meer aus Sternen entgegen leuchteten, waren Tränen.

Meine Tränen.

Meine Lippen zitterten, als Mattheo vortrat und die Tiara vorsichtig in mein blassblondes Haar schob. »Ich will dass du weißt, dass all diese Tränen dich zu dem gemacht haben, was du jetzt bist, Aurora«, flüsterte er mir so leise ins Ohr, dass nur ich ihn hören konnte. »Die stärkste Frau auf dieser Welt.«

Unter Tränen lächelnd blickte ich zu ihm auf.

»Du bist meine Prinzessin«, flüsterte Mattheo und nahm meine Gesicht in seine Hände, lehnte seine Stirn sanft an meine. »Und alle sollen es sehen.«

Und in diesem Augenblick verliebte ich mich aufs neue in den Jungen mit den chaotischen Locken, dessen Liebe mir trotz all der Dunkelheit in seiner Blutlinie ein wenig vom Himmel in die Hölle gebracht hatte, die mein Leben immer gewesen war.

Mattheo war alles was ich jemals gewollt hatte.

Die Liebe meines Lebens.

Der Vater meines ungeborenen Kindes.

Und nun trug ich meine Tränen voller Stolz.

»Ich liebe dich«, hauchte ich unter Tränen an seinen Lippen, bevor wir beide unsere Sehnsucht und Verzweiflung in einen innigen Kuss fließen ließen.

»So wie ich dich liebe«, entgegnete er.

»Du schenkst mir eine Krone?«, flüsterte ich lächelnd, woraufhin Mattheo an meinen Lippen grinste. Er legte zwei Finger unter mein Kinn und drehte meinen Kopf leicht zur Seite, sodass mein Blick über die Reihen seiner Todesser glitt, die immer noch vor ihm knieten. Vor uns knieten.

»Ich schenke dir eine Armee«, flüsterte er und hauchte mir einen zärtlichen Kuss auf die Wange.

Seine Hand griff nach meiner, dann setzte er sich auf seinen Thron und zog mich auf seinen Schoß.

»Erhebt euch«, sagte er mir fester Stimme und in seinen Augen flammte wieder ein wenig von dem Feuer auf, dass ich so sehr vermisst hatte. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie sich seine Todesser erhoben, doch ich hatte nur Augen für ihn.

Die Macht und Integrität die er als neuer dunkler Lord ausstrahlte, war kaum in Worte zu fassen.

Zärtlich streichelte er durch mein Haar, als ich meinen Kopf an seine Brust lehnte. »Aber ich habe gar kein Geschenk für dich«, flüsterte ich traurig.

»Doch das hast du, Aurora. Sogar das wertvollste, was du mir jemals machen konntest«, sagte er mit ruhiger Stimme zu mir. Er legte den Umhang seiner mitternachtsschwarzen Todesserrobe leicht über mich, damit wir geschützt vor Blicken waren, als er seine Hand vorsichtig auf meinem Babybauch legte.

»Du trägst es unter deinem Herzen, meine Süße.«

𓆙

Ihr bekommt doch noch zwei Kapitel mehr :)
Das nächste ist noch einmal sehr emotional und ein bisschen spicy, bevor es dann langsam das Ende einläutet, das aus zwei dramatischen und seeehr dunklen Kapiteln bestehen wird.

Das pansy & luc Kapitel kommt
am Ende als spicy bonus chapter <3

& bitte vergesst nicht zu voten,
wenn ihr weiterlesen wollt ♡

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