09. too young for this

TW: Trauma

M A T T H E O

So dunkel und bösartig Mattheos gebrochene Seele war, so hell und unschuldig war die von Aurora.

Und je mehr Seelen Mattheo im Auftrag des dunklen Lords vernichtete, umso lauter und wütender wurden die Stimmen in seinem Kopf. Sie verfolgten ihn bei jedem seiner Schritte und in den dunkelsten aller Nächten erschienen sie ihm als furchteinflössende Geister und trieben ihn damit in den Wahnsinn.

Mattheo war erst Neunzehn — und doch war sein Leben bereits verflucht und schon oft hatte er sich gefragt, ob es nicht besser wäre es zu beenden.

Doch dann war er ihr begegnet.

Diesem zierlichen, bildschönen Mädchen, deren Seele so gebrochen war, dass sie nach Hilfe schrie, mit jedem glitzernden Diamanten den sie weinte.

Juwelis Clamare.

Eine seltene magische Krankheit, die Mattheo nach stundenlangem Suchen nur in einem einzigen, alten magischen Lexikon gefunden hatte. Und sie zu heilen war schier unmöglich, denn eine derart gebrochene Seele ließ sich nicht wieder zusammensetzen.

Seine Verlobte war krank und schwer depressiv.

Doch nie zuvor hatte er sich so sicher und geborgen gefühlt, als in der Nacht in der Aurora ihn liebevoll und tröstend in den Schlaf gestreichelt hatte.

Nach über einem Jahr, in dem er sich jede Nacht gequält hatte, hatte er endlich schlafen können.

Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Mattheo jemanden seine verletzliche Seite sehen lassen.

Seit er ihr so nah gewesen war, war alles woran er noch denken konnte, ihre zarten Hände in seinem Haar und das beruhigende Geräusch ihres Herzens, das ihn davor bewahrt hatte, sich etwas anzutun.

Doch seit seiner Verlobung mit der Tochter des vertrautesten Todessers seines Vaters, war seine Welt weniger hoffnungslos und dunkel und die Stimmen in seinem Kopf leiser, jedes Mal wenn er bei ihr war.

Mattheo verstand nicht, wieso er sich in ihrer Nähe so sicher fühlte und wieso sein kaltes Herz plötzlich schneller schlug, wenn er in ihre Augen blickte.

Sie waren tiefgrün und hatten die Farbe von Smaragden, seinen liebsten Edelsteinen.

Überfordert von dem was er plötzlich empfand, hatte er sie nach einigen Stunden Schlaf in seinem Bett allein zurück gelassen und war ihr seitdem aus dem Weg gegangen. Er hatte kaum ein Wort mit ihr gewechselt, saß jedoch weiterhin Nachts heimlich an ihrem Bett und verjagte jeden ihrer dunklen Träume.

In jeder Sekunde spürte er den endlosen Kummer des blassblonden Mädchens, fühlte ihren allgegenwärtigen Schmerz als wäre es sein eigener.

Sie war viel zu jung für diese schwere Last die auf ihren zierlichen Schultern lag und nun hatte man sie auch noch gezwungen, sich mit ihm zu verloben.

Mit ihm, dem Sohn des dunklen Lords, einem Killer und dem gnadenlosesten aller Todesser.

Doch Mattheo würde sie beschützen.

Vor ihrem gewalttätigen Vater und vor jedem anderen, der es wagte ihr zu nahe zu kommen.

Er würde sie beschützen, auch wenn er nicht genau wusste, wie er sie vor sich selbst schützen konnte, wenn die Stimmen in seinem Kopf mal wieder zu laut wurden und er diese Anfälle hatte, unter denen er bereits seit mehreren Monaten qualvoll litt.

Er würde niemals zulassen, dass sie noch einmal versuchte sich das Leben zu nehmen, so wie in der schicksalhaften Nacht vor etwas über einem Jahr, in der seine Augen sie zum ersten Mal erblickt hatten.

Die Schlacht von Hogwarts im letzten Frühling, zählte zu den dunkelsten Ereignissen in Mattheos jungem Leben. Sein Vater war damals mehr tot als lebendig gewesen, denn Harry Potter hatte über mehrere Jahre heimlich Teile seiner Seele in Form von Horcruxen aufgespürt und vernichtet.

In einem Anfall von rachsüchtigem Wahnsinn hatte der dunkle Lord Mattheo und seine Todesser damit beauftragt, jeden in diesem verfluchten Schloss zu töten, der sich weigerte sich dem neuen Regime zu beugen. Nur knapp hatten sie am Ende die Schlacht für sich gewinnen können und Harry Potter getötet.

Und damit die Welt in endlose Dunkelheit gestürzt.

Blutüberströmt und mit nichts als Mordlust in den Gedanken war Mattheo ziellos durch das leichenübersähte Schloss gewandelt, bis sein Weg ihn dabei auf den höchsten Turm geführt hatte.

Er hatte seine Augen über die vielen Toten gleiten lassen, dann war sein Blick auf ein zierliches Mädchen mit langen blassblonden Locken und zerrissener Schuluniform gefallen, das am Abgrund gestanden und sich zitternd an das Geländer geklammert hatte.

Mattheo hatte eine ganze Weile verborgen in den Schatten gelauert und stumm ihren verzweifelten Gedanken gelauscht und ihre Erinnerungen angesehen, an all die vielen Freunde die sie in dieser Nacht verloren hatte und die Sehnsucht an ihre Mutter, die bei ihrer Geburt gestorben war.

Sie war einsam gewesen, genau wie er.

So gebrochen, genau wie er.

Lächelnd hatte sie hoch in den Sternenhimmel geblickt, bereit ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen. Doch dann hatte er sich im letzten Augenblick vorbeugt und sie davon abgehalten, sich vom Astronomieturm und in den Tod zu stürzen.

Etwas an ihr war ihm vertraut vorgekommen. Und es hatte ein ganzes Jahr gedauert, bis Mattheo es endlich verstanden hatte. Was auch immer es war, woraus Seelen gemacht waren, ihre und seine bestanden aus demselben endlosen Schmerz.

Diese Nacht war die letzte gewesen, in der Mattheo das funkelnde Licht der Sterne erblickt hatte.

Doch Aurora Avery strahlte heller für ihn, als jeder einzelne Stern je zu leuchten vermocht hatte.

𓆙

Wie immer angespannt lief er durch die eisigen und verlassenen Gänge des gigantischen Schlosses von Hogwarts, dass stets in völliger Dunkelheit lag.

Er hatte einige Wochen gebraucht, um sich in dem
magischen Internat zurecht zu finden und hatte sofort damit begonnen, die schier unmögliche Aufgabe zu erledigen, mit welcher ihn der dunkle Lord kurz nach seiner Verlobung beauftragt hatte.

Den Maulwurf zu finden, den Verräter in ihren eigenen Reihen der sich irgendwo in Hogwarts aufhielt und geheime Informationen an den Orden des Phönix weitergab, der irgendwo noch existierte, verborgen im Untergrund Großbritanniens.

Doch in den schlaflosen Nächten, wenn die Stimmen wieder einmal kaum zu ertragen waren, schlich er sich hinauf auf den Astronomieturm um zu rauchen.

Mit einem Joint in den Fingern hin und her rollend, erreichte er die oberste Stufe und hatte sie gleich wieder vor Augen, wie sie sich rücklings an das Geländer klammerte und im Begriff war zu springen.

Jedes Mal wenn er hier oben war sah er sie dort stehen, doch diesmal schien es so verflucht real.

Ein plötzlicher eisiger Windhauch wehte ihm den sinnlichen Duft ihres Parfums entgegen und dann stürzte er nach vorn und legte die Arme von hinten eng um ihre Taille und drückte sie an sich.

Erschrocken zuckte sie zusammen und versuchte sich aus seiner Umklammerung zu befreien, doch Mattheo ließ nicht locker und packte sie noch fester.

Fluchend zerrte er sie zurück und wirbelte sie herum, drückte sie mit dem Rücken vielleicht ein klein wenig zu hart gegen die steinerne Mauer des Turmes. Er würde jede ihre Wachen verflucht nochmal töten.

»Was zum Teufel sollte das werden?«, knurrte er und schüttelte sie unsanft an ihren zierlichen Schultern.

»I-Ich habe nicht—«

»Bei Salazar Aurora, du wirst nie wieder hierauf kommen, hast du das verstanden?«, herrschte er sie in einem so gefährlichen Tonfall an, das sie ängstlich zusammen zuckte und wie verrückt zu zittern anfing.

»Aber—«

»Antworte verflucht nochmal auf meine Frage«, brüllte er sie an und hektisch nickte sie mit den Kopf.

In ihren Augen glitzerten jetzt Tränen und bevor sie anfangen konnte zu weinen, legte er seine Arme um ihre Taille und zog sie an sich.

Er spürte sie unter sich zittern und hob die Hand zu ihrem Hinterkopf und streichelte ihr beruhigend über ihr langes und weiches Haar. Es dauerte einige Minuten, doch dann schlang sie vorsichtig ihre Arme um ihn und erwiderte seine Umarmung.

»Es tut mir leid«, murmelte sie und er hörte an ihrer zitternden Stimme, wie sie immer noch gegen die Tränen kämpfte. »Ich wollte nicht springen, wirklich nicht. Ich bin gern allein hier oben, weißt du.«

Doch Mattheo glaubte ihr nicht.

Kopfschütteln vergrub er das Gesicht an ihren Hals und atmete sehnsüchtig den Duft ihres Parfums ein.

»Aurora«, flüsterte er und hob den Kopf, legte seine Stirn vorsichtig an ihre. »Ich werde nicht zulassen das du das tust und solltest du es ein drittes Mal versuchen, dann—«, doch er brach sofort ab, als sich ihre Augen bei seinen Worten plötzlich weiteten und er spürte wie ihr Herz wie verrückt zu rasen anfing.

»D-Du warst es oder? Du warst hier oben in der Nacht der Schlacht nicht wahr?«, hauchte sie.

Mattheo nickte und streichelte ihre Wange.

Einen langen Moment blickte sie ihm fassungslos in die Augen, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihre weichen Lippen auf seine.

Und ihre Lippen fühlten sich wie der Himmel an, wie die süßeste aller Sünden und Mattheo würde hier und jetzt sterben für jede weitere Sekunde, in der sie ihm erlaubte sie auf diese Art zu küssen.

Nie zuvor hatte ihn ein Mädchen so berührt, nie hatte ihn jemand zuvor so angesehen wie sie.

Als wäre er wertvoll.

Als verdiente Mattheo es noch zu atmen, nach all den furchtbaren Dingen, die er getan hatte.

Und das war der Moment in dem er verstand, dass so etwas wie Liebe wirklich existierte und nicht nur in den Büchern, in deren Welten er sich oft versteckte.

Mattheo hatte sich in sie verliebt, genau an diesem magischen Ort, vor etwas mehr als einem Jahr.

Eng drückte er sie an sich und brachte sie mit seiner Hand am Hinterkopf noch ein wenig näher zu sich, während er seine Zunge in ihren Mund gleiten ließ.

Ganz vorsichtig küsste Mattheo sie und nach einer Weile hörte sie auf zu zittern, woraufhin er den Kuss etwas vertiefte. Sie legte die Arme um seinen Hals und zog ihn näher zu sich, dann spürte er ihre zarten Hände in seinen Locken und seufzte an ihren Lippen.

Leise stöhnte sie in den Kuss, als er seine Hände auf ihre Hüften legte und sie enger gegen die Wand drückte. Mit jeder verstreichenden Sekunde küssten sie sich hemmungsloser, beinahe verzweifelt.

Überwältigt von ihren Gefühlen fing sie an zu schluchzen und er spürte die filigranen Diamanten ihrer Tränen an seiner Wange und hörte wie sie leise klirrend zu Boden fielen. Sie war so gebrochen, doch nie hatte er etwas Schöneres gesehen.

Sie auf diese Weise zu berühren und ihr so nah zu sein linderte den Schmerz in seiner Seele und er fühlte, dass es der hübschen Slytherin genau so ging.

Mit ihren Lippen auf seinen, konnte er atmen.

Mattheo nahm ihre Handgelenke und drückte ihre Arme links rechts von ihrem Kopf sanft gegen die Mauer, dann verschlang er ihre Finger miteinander.

Vorsichtig löste er seine Lippen von ihren und ließ sie langsam zu ihrem Hals hinab gleiten. »Du hast mir gefehlt«, murmelte er und begann sanfte Küsse auf ihrer Haut zu verteilen. Leise stöhnend vor Lust legte sie den Kopf zur Seite und drückte seine Hände.

Doch plötzlich löste sie sich von ihm und legte die Handflächen auf seine Brust. Verwirrt blickte sie einige Sekunden aus ihren beeindruckend grünen Augen zu ihm hoch, dann schob sie sich an ihm vorbei und rannte ohne ein weiteres Wort davon.

Schon wieder.

𓆙

Lasst doch gern einen Kommi da,
wenn euch die Story gefällt <3

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