02. bruised and broken

TW: Suizidgedanken, Trauma,
Gewalt & Essstörung

A U R O R A

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Das silbrige Licht des Vollmondes spiegelte sich in den tiefroten Blutlachen, in denen unzählige, reglose Körper durcheinander lagen. Ein rotes Meer aus Leichen meiner Feinde und wie ich mit schwerem Herzen feststellen musste, auch meiner Freunde.

Es war totenstill, kein einziger Laut drang mehr durch diese unheilvolle und schicksalhafte Nacht. In genau dieser Sekunde breitete sich ein neues Regime über die magische Welt aus und würde sie in den nächsten Stunden in eine endlose Odyssee aus Hass und nicht endender Dunkelheit stürzen.

Zitternd schritt ich die Stufen zum Astronomieturm hinauf, vorbei an den blutüberströmten, leblosen Körpern meiner Mitschüler, deren Augen nun für immer in die Endlosigkeit der Sterne blicken würden.

Ich erreichte die oberste Ebene und wankte schwach hinüber zum Geländer, umklammerte nach Halt suchend das kühle Metall und blickte hinaus in die Dunkelheit der Nacht, die alle paar Sekunden von schwachen Lichtblitzen ein wenig erhellt wurde.

Einige Hexen und Zauberer weigerten sich immer noch aufzugeben, leisteten weiter unerbittlichen Widerstand. Doch es war sinnlos, denn sie hatten längst verloren. Harry Potter war tot und der dunkle Lord hatte gesiegt, der Krieg war endgültig vorbei.

Doch ich war müde, so unendlich müde.

Mit letzter Kraft schwang ich meine Beine über das Geländer und stellte mich auf die vorderste Stufe, hob das Kinn und blickte in den Nachthimmel, der jetzt übersäht war von funkelnden Sternen.

Ein Lächeln umspielte meine blutigen Lippen, bei dem Gedanken daran, dass jeder dieser glitzernden Sterne nun eine der Seelen war, die in dieser gottlosen Nacht ihr Leben lassen mussten.

Stumme Tränen liefen mir über die Wange, denn der Himmel war das Letzte was ich von dieser grausamen Welt sehen würde, wenn ich mir nun endlich den Frieden verschaffte, nach dem sich mein Herz schon so viele Jahre verzweifelt gesehnt hatte.

Ich breitete die Arme aus und dachte an meine Mutter, fragte mich ob ich sie gleich wiedersehen würde. Ich ließ das Geländer des Turmes los und wartete darauf, dass das Adrenalin des Falls durch meinen erschöpften Körper strömte und mich ein letztes Mal lebendig fühlen ließ.

Doch es passierte nicht.

Wie aus dem Nichts, schlang plötzlich jemand die Arme von hinten um meine Taille und hielt mich fest, verhinderte, dass ich mich in dieser Nacht vom Astronomieturm stürzte und mein Leben beendete.

Sanft wurde ich vom Abgrund weggezogen, während ein dunkler, maskuliner Duft meine Sinne umhüllte, mich in einen mächtigen und mystischen Bann zog.

Meine Knie knickten weg, doch starke Arme hielten mich fest und drückten mich gegen eine harte Brust.

Ich wusste nicht, wer es war der mich in seinen Armen hielt, doch ich spürte die Gefahr, die von ihm ausging, fühlte die Wellen von dunkler Magie die er ausstrahlte, bei jedem seiner ruhigen Atemzüge.

Seine Präsenz war mehr als bedrohlich, vielleicht sogar mächtiger als der Tod selbst. Doch etwas an ihm kam mir vertraut vor, beinahe so als wäre er eine alte Seele aus einem früheren Leben.

Stille, schier endlose Minuten vergingen, doch als ich endlich die Kraft hatte den Kopf zu heben und meinem Retter ins Gesicht zu sehen, hob er die Hand und flutete meinen Verstand mit Dunkelheit.

**

Ein stechender Schmerz riss mich aus dem vertrauten Albtraum meiner Erinnerungen und raubte mir für einen Augenblick den Atem.

Stöhnend presste ich mir die Hand aufs Gesicht, spürte wie mein Auge bereits leicht anschwoll.

»Ich sagte du sollst aufstehen, verflucht«, knurrte die tiefe Stimme meines Vaters und schnell sprang ich aus dem Bett, bevor er mir noch ein zweites Mal die Faust ins Gesicht schlagen konnte. »Es ist soweit.«

Ich stolperte ins Bad, klammerte mich zitternd ans Waschbecken und versuchte mich zu beruhigen.

Langsam atmete ich tief ein und aus, zählte dabei die Sekunden, so wie Theodore es mir gezeigt hatte.

Theodore.

Bei dem Gedanken an ihn und an die Ereignisse vor einigen Wochen, begann mein Herz zu rasen und kalter Schweiß benetzte meine blasse Haut.

Beinahe jede Nacht seit Bekanntgabe der Liste, war er unter meinem Fenster aufgetaucht und hatte versucht mit mir Kontakt aufzunehmen.

Anfangs hatte er nur kleine Steine gegen die Scheibe geworfen und versucht zu mir herein zu kommen, doch mein Vater hatte das Haus mit einen magischen Bann versiegelt, den selbst Theodore, der wirklich ein verdammt begnadeter Zauberer war, absolut nicht geschafft hatte zu durchbrechen.

Entweder hatte ich still vor dem Fenster gekauert oder schluchzend im Bett gelegen und mir die Kissen aufs Ohr gedrückt, als ich seine herzzerreißenden Schreie nach mir nicht mehr ertragen konnte.

Doch irgendwann wurde er ruhig und brüllte nicht mehr, aber ich spürte ihn, wusste, dass er da war.

Theodore war immer da.

Zitternd sank ich auf die Knie, umklammerte die kühle Keramik und beugte mich darüber.

Wie von selbst glitten meine Finger tief in meinen Hals und befreiten mich von meiner elenden Übelkeit. Etwas, dass ich schon seit Jahren tat um den Schmerz in mir aushalten zu können.

Ich war krank — und so unendlich müde.

»Beeil dich gefälligst«, zischte die dunkle Stimme meines Vaters, während er seine Faust ungeduldig gegen die Badezimmertür rammte.

»Und sei bloß vorzeigbar, ich will keinen einzigen Kratzer oder Makel sehen, wenn ich dich heute Abend dem dunklen Lord übergebe«, drohte er mir.

»J-Ja«, keuchte ich und drückte die Spülung, stand dann hastig auf, um mir die Zähne zu putzen.

Nach der Dusche lockte ich mein langes Haar mit dem magisch verzauberten Lockenstab, den Pansy mir vor einiger Zeit heimlich besorgt hatte, als ich ihr anvertraut hatte, dass mein Vater mir meinen Zauberstab immer gleich wegnahm, sobald wir in den Ferien zurück nach Hause kehrten.

»Aurora«, brüllte mein Vater und hämmerte erneut gegen die Tür. »Dein Zauberstab liegt auf deinem Bett, du hast fünf Minuten für die üblichen Zauber.«

Ich wartete bis ich sicher war, dass er mein Zimmer wieder verlassen hatte, dann trat ich aus dem Bad und nahm meinen Zauberstab und stellte mich vor den Spiegel gegenüber von meinem Bett.

Ich schloss die Augen und genoss für einen Moment das vertraute kribbelnde Gefühl der Magie, als sie durch meine Finger glitt, bevor ich anfing jeden der sichtbaren Blutergüsse auf meinem Körper sorgsam unter einem Tarnzauber zu verbergen.

Ich hätte sie auch ganz verschwinden lassen können, doch meine Finger zitterten zu stark, als das ich in diesem Zustand einen ordentlichen Heilzauber zustande gebracht hätte.

Ich biss die Zähne zusammen und ignorierte den pochenden Schmerz in meinem Gesicht und verbarg dann zum Schluss auch die heutige Grausamkeit meines Vaters erfolgreich unter einem Zauber.

Ohne jegliche Emotion auf dem Gesicht starrte ich meinem traurig wirkenden Spiegelbild entgegen, fühlte wie immer nichts als endlose Leere in mir.

Als ich damit fertig war, mich wie üblich hinter einer Fassade perfekter und makelloser Schönheit zu verstecken, zog ich ein elegantes, tiefschwarzes Kleid mit langen Ärmeln an, sowie halbhohe High Heels.

Hastig legte ich den Rest meiner Bücher über meine Schuluniform, klappte dann den kleinen schwarzen Koffer zu und verschloss ihn mit einem Zauber.

Es war ungewohnt die Klinke meiner Zimmertür herunter zu drücken, denn normalerweise hinderten mich eine Vielzahl an Schutzzaubern, es zu verlassen.

Doch bevor ich hinaus auf den dunklen Flur treten konnte, ertönte ein leises Plopp und ich blickte direkt in die großen Kulleraugen einer zierlichen Hauselfe.

Tränen glitzerten in ihren Augen, als sie traurig zu mir aufblickte. »Miss Aurora wird von ihrem Besuch bei dem dunklen Lord nicht zurück kehren, oder? Miffy hat gehört wie die anderen Hauselfen in der Küche darüber gesprochen haben«, schluchzte sie.

Seufzend ging ich auf die Knie und schüttelte traurig den Kopf. »Nein, Miffy. Ich werde nicht mehr zurück nach Hause kommen«, entgegnete ich leise.

Die Elfe zog ein nicht mehr ganz so weißes Taschentuch hervor und brach in Tränen aus.

Tröstend legte ich ihr die Hand auf die Schulter, doch nichts schien sie beruhigen zu können. Sie weinte so laut, dass ich die Schritte meines Vaters erst hörte, als er direkt vor uns stand. Er hob einen seiner schweren Todesserstiefel, doch bevor er die Chance hatte die Elfe zu treten, dissapparierte sie.

»Zauberstab her«, knurrte er, als ich mich wieder aufrichtete. Ich gehorchte und er packte meinen Arm und schleifte mich über den dunklen Flur, die Treppen herunter und in die Eingangshalle.

Das verstaubte Portrait meiner Mutter, das gegenüber an der Wand hing, blickte mich traurig an.

Die bildhübsche junge Frau mit den blassblonden Locken hob zum Abschied die Hand, doch kein einziges Wort kam über ihre Lippen als sie den Mund öffnete, denn mein Vater hatte das Portrait schon vor Jahren mit einem Schweigezauber belegt.

Er hatte ihr nie verziehen, dass sie gestorben war und mich mit ihm allein gelassen hatte.

Wir sprachen kein Wort miteinander, während wir uns unsere Reiseumhänge überwarfen, doch ich spürte die kalten Augen meines Vaters auf mir und dann seinen Zauberstab unter meinem Kinn. Er hob es an und zwang mich ihn anzusehen. Ich schluckte und schaffte es, seinem starren Blick standzuhalten, während er mich von Kopf bis Fuß musterte.

»Du wirst ihm gehorchen und du wirst alles tun was er von dir verlangt, hast du das verstanden?«, zischte er bedrohlich und rückte meinen Umhang zurecht.

Ich schluckte und nickte.

»Gut«, schnarrte der Todesser und hob die Hand, strich mir eine blassblonde Strähne hinters Ohr. Ich presste die Zähne zusammen und atmete tief durch, um nicht aus Angst vor ihm zurück zu weichen.

»Der Sohn des dunklen Lords ist ein wenig— nun nennen wir es temperamentvoll. Und er ist nicht dafür bekannt Gnade walten zu lassen, wenn jemand seine Regeln nicht befolgt. Sobald du deinen Abschluss in Hogwarts gemacht hast, wirst du seine Frau werden und ihm einen Erben schenken.«

Ich nickte und fühlte wie ich zu zittern anfing, bei dem Gedanken daran mit jemandem schlafen zu müssen, der mehr Menschen getötet hatte, als der dunkle Lord selbst.

»In die royale Familie einzuheiraten, ist die größte Ehre die den Averys jemals zu Teil wurde«, murmelte der Todesser stolz, mehr zu sich selbst als zu mir.

Er ließ von mir ab und ich senkte den Kopf und versuchte nicht darüber nachzudenken, dass ich einen der gefährlichsten und gefürchtetsten Todesser des Landes würde heiraten müssen. Ich wusste nicht viel über ihn, nur, dass er zwei Jahre älter als ich war.

Und ein kaltblütiger Killer.

Ein Monster.

Vielleicht gelang es mir ihn zu provozieren, damit er mich noch vor der Hochzeit tötete und mir damit die Qual ersparte, seine Frau zu werden.

Ein raues Lachen drang aus der Kehle meines Vaters, während er seinen Daumen über die Konturen meiner Wange gleiten ließ. »So wunderschön«, murmelte er und beugte sich vor, gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. »Keine Sorge, du wirst dem jungen Riddle gefallen, da bin ich ganz sicher.«

Er lächelte kühl und hob meinen Koffer mit einem Fingerschnipsen in die Luft, verzauberte ihn so, dass er uns hinterher schwebte. Dann drehte er sich um und öffnete mit einem flüchtigen Wink seines Zauberstab die Tür und trat hinaus in die Dunkelheit.

Ich setzte mich ebenfalls in Bewegung, blieb jedoch auf halbem Weg kurz stehen und warf einen flüchtigen Blick zurück in die Hölle, die Achtzehn endlos lange Jahre mein Zuhause gewesen war.

Einige der Hauselfen standen auf der Treppe und starrten mir mit wässrigen Augen hinterher. Ich hob die Hand und winkte ihnen traurig zum Abschied.

Dann folgte ich dem erbarmungslosen und kaltblütigen Todesser der mein Vater war, in die nächste, noch tiefere Hölle, in der in wenigen Tagen meine Verlobungsfeier stattfinden würde.

Meinem neuen Zuhause.

Dem Anwesen des dunklen Lords.

Wenn sie wüsste wen sie da heiraten muss, würde sie bestimmt ganz anders denken.. hehe

Bitte vergesst nicht zu voten, danke <3

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