sixth chapter
16.04.2020
Einen Augenblick starrten wir uns nur gegenseitig an. Ich beobachtete ihn dabei, wie sich seine Augen kaum merklich weiteten, als er mich hier oben auf dem Stück Holz mit nur einer einzigen Wand erkannte.
Ich wandte zuerst den Blick ab und wischte mir erneut über meine Augen, um nochmal auf Nummer sicher zu gehen, dass man keine Tränen mehr sah. Denn das fehlte mir noch gerade, dass mich ein Fremder dabei erwischte, wie ich zusammenbrach. Es würde nicht lange dauern und die ganze Welt erfuhr davon. Ich sah schon die Schlagzeile vor mir: Erneuter Zusammenbruch im Hause Lopez? Was steckt jetzt wieder dahinter? Sind die Lopez überhaupt noch fähig eine große Firma zu leiten nach so einem Schicksalsschlag?
Kurz sammelte ich mich, schloss die Augen und setzte meinen schon seit Jahren perfekt einstudierten, undurchdringlichen Blick auf, sodass er meinen wirklichen Gefühlszustand nicht ergründen konnte. Dann blickte ich erneut nach unten, wo er immer noch stand, sich aber mittlerweile wieder von seinem kurzen Schock mich hier zu sehen erholt hatte, denn er seine Augen waren wieder auf Normalgröße geschrumpft und die Überraschung in seinem Blick wurde durch reinen Spott ersetzt.
Bevor er etwas sagen konnte und mich dafür verhöhnen würde, dass ich hier alleine auf einer Plattform im Wald sitze, ergriff ich das Wort: »Was machst du hier?« Meine Stimme klang fest und abweisend. Man konnte mir nicht ansehen, dass vor ein paar Minuten meine Welt erneut eingebrochen ist.
»Darf ich nicht, wie jeder andere Mensch auch, einfach einen Waldspaziergang machen? Oder wird mir das verboten, weil ich neu in der Stadt bin?«, ertönte seine Stimme von unten, aus der man mehr als deutlich heraus hörte, dass es ihn amüsierte. Bestätigend war sein spöttisches Grinsen auf seinen vollen Lippen.
Automatisch verdrehte ich die Augen und stöhnte genervt auf. Dieser Typ war die Definition von nervig. »Nein, natürlich nicht, du Idiot. Aber du musst wissen hier geht eigentlich niemand einfach so spazieren. Die Leute haben viel zu viel Respekt vor diesem Wald.«, erklärte ich ihm genervt und verdrängte die Bilder, welche sofort bei dem letzten Satz in meinem Kopf auftauchten. Bilder, bei denen mir sofort mein heutiges Mittagessen wieder hoch kommt. Bilder, die ich eigentlich schon seit zwei Jahren in der hintersten Ecke meines Gehirns verdrängt habe und die ich nicht mehr sehen wollte.
Es ist nicht deine Schuld, LaLa.
Er runzelte die Stirn und sah zu mir nach oben. Ich rutschte bis an Ende der Plattform und ließ meine Beine über dem Boden aus grünem Moos und brauner Erde baumeln. »Was meinst du damit, dass die Leute zu viel Respekt vor dem Wald haben? Hat sich hier ein Einwohner das Leben genommen, oder was ist hier passiert?« Wenn er bloß wüsste, wie falsch -und zugleich richtig- er liegt. Mir war zwar klar gewesen, dass wenn ich solche Andeutungen mache, er nachfragen wird. Trotzdem hätte ich gehofft, dass dies nicht eintritt.
Erneut bemerkte ich, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Wie sich mein nur mühelos zusammengeflicktes Herz erneut in Stücke zerriss. Aber ich würde nicht weinen. Nicht vor ihm. Nicht vor einem Fremden, den ich gerade mal zwei Wochen kannst. Niemals. Ich schloss die Augen, atmete tief ein und wieder aus - so, wie ich es immer tat, wenn ich merkte, meine Gefühle würden mich jeden Tag überwältigen.
»So etwas in der Art«, flüsterte ich und hoffte, dass er mich verstehen würde, denn ein weiteres Mal würde ich es nicht wiederholen. Ich hatte Angst, wenn ich zu laut würde, dass diesen Frieden -oder auch nicht Frieden- zerstören, den ich hier empfand. Offensichtlich hatte er mich verstanden, denn er nickte nur, ehe er das Konstrukt, auf dem ich saß, genauer betrachtete und sich verwundert eine Falte auf seiner Stirn bildete. »Was genau soll dieses Teil darstellen?"«, fragte er nach einer kurzen Zeit der Still und deutete mit seinem Kopf auf mich, wobei er wahrscheinlich eher das Holz meint, auf dem ich saß.
Ich zuckte unmerklich zusammen und verkrampfte mich. Mit diesen sechs Wörtern hatte er es ein weiteres Mal geschafft innerhalb weniger Minuten mein Herz, meine Seele, meinen Verstand zu brechen. Wie schaffte er das nur, ohne auch nur zu bemerken, dass er dies gerade tat?
LaLa, was genau soll dieses Teil sein?
Wie konnte er genau den gleichen Wortlaut benutzen, wie sie? Das ist doch unmöglich. Das darf einfach nicht möglich sein.
»Das geht dich gar nichts an, unknown Boy!«, zischte ich leise und funkelte ihn gefährlich an. Sobald das offensichtlich noch nicht fertige Konstrukt zur Sprache kam, wurde ich empfindlich und wenn man dann auch noch genau den gleichen Wortlaut verwendet, war vorbei. Das war eine Sache zwischen Dad, Ava und mir, wobei Dad nur notgedrungen mitgemacht hatte. Wir brauchten ihn, denn alleine hätte ich es nicht geschafft und Ava schon gar nicht.
Auch Darian zuckte kurz zusammen, so sehr hatte er sich vor meinem Tonfall und Blick erschrocken. Er hätte wahrscheinlich nicht damit gedacht, dass ich auf so eine einfache Frage so reagieren. Aber er wusste schließlich auch nicht, was mir dieses Teil bedeutete und was genau diese Frage in mir auslöste. Woher auch? Er kannte mich und meine Geschichte nicht und würde sie auch niemals erfahren.
Er hatte sich aber schnell wieder im Griff und ehe ich mich versah, stand vor mir wieder der nervige, überhaupt nicht gut aussehender Typ, der Tommy unterstellt hatte, er mache seine Arbeit nicht richtig. »Sorry, Tiger, komm mal wieder runter. Das war eine ganze normale Frage.«, ertönte seine tiefe Stimme ernst von unten und er hob seine Hände abwehrend nach oben, wobei man an seinem zuckenden Mundwinkel sah, dass es für ihn alles andere ernst ist.
Meine Augen verdrehten sich automatisch. Ich wusste, dass er recht hatte. Es war eine normale Frage gewesen, die mich aber trotzdem wieder drei Jahre zurück katapultierte und mich an die zarte und liebliche Stimme von Ava erinnerte. Mit einem letzten Blick zu unseren Initialen im Baumstamm wandte ich mich von Darian ab und kletterte mit geübter Schnelligkeit die Leiter herunter. Keine Sekunde später stand von dem dunkelbraunen Fremden, der mich zweimal am heutigen Tag aus der Bahn geworfen hat und das nicht mal mit Absicht, ging ich von aus.
Unser Date war nun schon wieder eine Woche her und ich hatte ihn außer an seinem Spind oder in den Fluren unserer Schule nicht mehr gesehen. Auch gesprochen hatte wir nicht, denn seit diesem Tag wich mir Aaron nicht mehr von der Seite. Sei es in der Schule oder auch zuhause. Wir waren entweder bei ihm oder bei mir, wobei letzteres eher seltener vorkam, denn ich nutzte jede Gelegenheit um von Zuhause wegzukommen. Tagtäglich gingen Geschäftspartner von meinen Eltern in unserem Haus ein und aus, als wohnten sie dort. Tagtäglich durfte ich mir anhören, wie groß und hübsch ich doch geworden bin und dass sie mich schon als Baby kannten. Tagtäglich warfen sie mir mitleidige Blicke zu, wenn ich in die Küche kam, um mir ein Getränk zu holen. Und ich hasste es.
»Also, unknown Girl, sagst du mir jetzt, was es mit diesem Konstrukt auf sich hat?«, stellte er die Frage erneut, obwohl ich ihm schon beim ersten Mal eigentlich deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass ich es ihm nicht verraten wollte. Aber so wie ich ihn nach dieser kurzen Zeit kennengelernt hatte, ließ er nicht locker, bis er bekam was er wollte. »Ohne mich anzuschreien, würde ich bevorzugen.«, fügte er noch mit einem frechen Grinsen hinzu.
Ich schnaubte genervt und fuhr mir durch meine braunen langen Haare, ehe ich zu einer Antwort ansetzte. »Das ist ein Baumhaus.«, klärte ich ihn widerwillig auf, drehte mich zu Avas und meinem Versteck um und zuckte mit den Schultern. »Nun ja, es sollte eigentlich ein Baumhaus werden.«
Mit einem skeptischen Blick musterte er das Stück Holz mit nur einer einzigen Wand. Er legte den Kopf schief. Zuerst nach links, dann nach rechts und wiederholte den Vorgang ein weiteres Mal. Zuerst links, dann rechts. Ich beobachtete ihn dabei und verkniff mir ein Grinsen. Es sah echt merkwürdig aus.
Doch bevor ich mir zu viele Gedanken über seine komischen Angewohnheiten machen konnte, grinste er mich an. Etwas geheimnisvoll, etwas hinterhältig. Ich hob verwundert und irgendwie auch verängstigt eine Augenbraue. Er machte mir echt Angst. Zuerst musterte er das niemals fertig werdende Baumhaus und dann grinste er mich an, fehlt nur noch, dass er sagt: ›Ich habe eine Idee.‹
»Tiger, ich habe eine Idee.«
•••
heyy, nach langer zeit kommt nun auch mal wieder ein chap von mir, heheh.
tbh, ich saß ewig an diesem kapitel. ich kann nicht genau sagen, wie lang - aber lang. meine motivation war mal wieder einfach völlig weg, hat sich in der hintersten ecke meines gehirns versteckt und wollte nicht hervorkommen, bis heute. ich hab in der letzten zeit so viel gelesen und jedes mal, wenn ich ein buch zuende gelesen habe, kam mir der gedanke: wie cool wäre es selber auch mal ein buch endlich beenden zu können? und damit war meine motivation heute irwie wieder da, hahah.
allerdings weiß ich, dass sie auch ganz schnell wieder weg sein kann, deswegen kann es passieren, dass es bis zum nächsten kapitel wieder so lange dauern wird, huch xd
naja, ich hoffe, euch gefällt das kapitel :)
xx maja
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